Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 970 17. 11. 2016 1Eingegangen: 17. 11. 2016 / Ausgegeben: 20. 12. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie beurteilt sie das ein Ein-Betriebs-Konzept der Krankenhäuser Balingen und Albstadt im strukturschwachen, großflächigen Zollernalbkreis? 2. Wie beurteilt sie aus ihrer Sicht die wirtschaftlichen Situationen der Kliniken Albstadt und Balingen? 3. Gibt es nach ihrer Auffassung andere geeignete Mittel, die Patientenversorgung der Zollernalb Klinikum gGmbH wirtschaftlich zu sichern? 4. Welche Auswirkungen hat nach ihrer Ansicht eine Schließung des Klinikums Albstadt? 5. Wie hoch waren die öffentlichen Investitionen in die Krankenhäuser der Zollernalb -Kliniken in den vergangenen 40 Jahren (aufgeschlüsselt nach Landeszuschüssen und Mitteln des Kreises für die einzelnen Standorte)? 6. Welche Maßnahmen für den Fortbestand beider Standorte hält sie für wirtschaftlich erfolgreich? 7. Wie hat sich die Schließung des Kreiskrankenhauses Hechingen auf die medizinische Versorgung der Menschen im Steinlachtal und für die Stadt Burladingen mit seinen vielen Teilorten auf der Alb und im Killertal ausgewirkt? 8. Wie hat sich die Versorgung mit Krankenhausbetten im Zollernalbkreis seit 1965 entwickelt? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Auswirkungen auf die Region Zollernalb durch weitere Krankenhausschließung in Albstadt Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 970 2 9. Wie viele Krankenhausbetten pro 10.000 Einwohner gibt es im Landesdurchschnitt im Zollernalbkreis? 10. Wie plant sie – nach der Schließung des Standorts Hechingen – zukünftig mit nur einer Standortlösung den gesamten Zollernalbkreis notärztlich zu bedienen (unter Berücksichtigung der 15-Minuten-Regel)? 10. 11. 2016 Herre AfD B e g r ü n d u n g Ein Landrat, der eine Klinik schließt, verliert die nächste Wahl! Der Landkreis hat seine Hausaufgaben bereits gemacht, indem er die Schließung einer Klinik in Hechingen und die Schwerpunktverteilung der einzelnen Fachrichtungen zwischen Balingen und Albstadt vornahm. Zudem müsse man sich bei einem offenbar nicht defizitären Haus fragen, was die Gesundheit der Bevölkerung der Kommunal - politik wert sei. Die älter werdende Bevölkerung ist auf eine wohnortnahe Versorgung sowohl ambulant als auch stationär angewiesen. Albstadt würde fraglos erneut massiv geschwächt. Eine Schließung hat durchaus Einfluss auf die Entscheidung von Menschen für Zuzug oder Wegzug aus Albstadt, und auch die Fachkräftesuche der Industrie wäre davon massiv betroffen, ebenso wie die ambulante medizinische Versorgung: Junge Ärztinnen und Ärzte lassen sich gerne in der Stadt nieder, in der sie am Krankenhaus ihre Ausbildung gemacht haben. Bereits jetzt hat Albstadt massiv Probleme, frei werdende Arztsitze zu besetzen. Auch ist es nicht die Aufgabe, dass Kliniken Gewinne machen, da es sich um öffentliche Daseinsfürsorge handelt. 33.500 Unterschriften hat Landrat Pauli auf dem Tisch und widersetzt sich mit dem Kreistag, diese anzuerkennen. Für den neuen Anbau in Balingen wurden gerade 90 Millionen Euro Steuergelder aufgewendet. Auch werden die Wege der Bevölkerung und der zurückgebliebenen Fachkräfte am einzigen noch vorhandenen Standort mit seinen Rettungskräften länger und das Risiko längerer Transportzeiten der Patienten nimmt zu. Das heißt, dass man sich auf ein Patientensterben einstellen muss. Der Wegzug von jungen Leuten wird im Zollernalbkreis aufgrund der Schließung des Krankenhauses der größten Stadt zunehmen . Die Begründung entspricht der öffentlich zugänglichen Information der lokalen Presse im Zollernalbkreis. Mit dieser Kleinen Anfrage soll die Zukunft und die aktuelle Situation von knapp 46.000 Einwohnern in Albstadt sowie knapp 194.000 Einwohnern im Zollernalbkreis näher beleuchtet werden. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 970 A n t w o r t Mit Schreiben vom 12. Dezember 2016 Nr. 56-5443-417 beantwortet das Ministerium für Soziales und Integration im Einvernehmen mit dem Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie beurteilt sie das ein Ein-Betriebs-Konzept der Krankenhäuser Balingen und Albstadt im strukturschwachen, großflächigen Zollernalbkreis? Nach Informationen des Ministeriums für Soziales und Integration wägt der Krankenhausträger derzeit verschiedene Lösungen für Erweiterungs- und Umbaumaßnahmen an den Standorten Albstadt und Balingen gegeneinander ab. Erwogen wird auch der Neubau eines Zentralklinikums. Ein schriftliches, detailliertes Konzept zur Weiterentwicklung des Zollernalb Klinikums liegt dem Ministerium für Soziales und Integration bislang noch nicht vor. Eine Konzentration von Krankenhausleistungen an einem Standort kann aus krankenhausplanerischer Sicht grundsätzlich sinnvoll sein. 2. Wie beurteilt sie aus ihrer Sicht die wirtschaftlichen Situationen der Kliniken Albstadt und Balingen? Nach Auskunft des Krankenhausträgers ist die wirtschaftliche Situation insgesamt als negativ zu beurteilen. Das Zollernalb Klinikum ist ein einheitliches Krankenhaus mit Betriebsstellen in Balingen und Albstadt. Da für die Betriebsstellen des einheitlichen Krankenhauses keine Einzelbilanzen erstellt werden, ist keine Einzelbetrachtung möglich. Keine Betriebsstelle kann zu einem insgesamt positiven Deckungsbeitrag beitragen, weshalb die Verluste jedes Jahr ansteigen. 3. Gibt es nach ihrer Auffassung andere geeignete Mittel, die Patientenversorgung der Zollernalb Klinikum gGmbH wirtschaftlich zu sichern? Gem. § 4 KHG werden Krankenhäuser dadurch wirtschaftlich gesichert, dass ihre Investitionskosten im Wege öffentlicher Förderung übernommen werden (Investitionskosten ) und sie leistungsgerechte Erlöse aus den Pflegesätzen, die nach Maßgabe des KHG auch Investitionskosten enthalten können, sowie Vergütungen für vor- und nachstationäre Behandlung und für ambulantes Operieren erhalten (Betriebskosten ). Dem Land obliegt hierbei die Förderung der Krankenhausinvestitionen . In den letzten Jahren wurden die hierfür zur Verfügung stehenden Fördermittel erheblich aufgestockt. 4. Welche Auswirkungen hat nach ihrer Ansicht eine Schließung des Klinikums Albstadt? Wie unter 1. geschildert, liegt dem Ministerium für Soziales und Integration kein schriftliches, detailliertes Konzept zur Weiterentwicklung des Zollernalb Klinikums vor. Die zukünftige Entwicklung kann daher derzeit nicht beurteilt werden. 5. Wie hoch waren die öffentlichen Investitionen in die Krankenhäuser der Zol - lernalb-Kliniken in den vergangenen 40 Jahren (aufgeschlüsselt nach Landeszuschüssen und Mitteln des Kreises für die einzelnen Standorte)? Im Rahmen der dem Ministerium für Soziales und Integration zur Verfügung stehenden Daten können für die Einzelförderung ab dem Jahr 1982 und für die Pauschalförderung ab dem Jahr 1995 nachfolgende Beträge genannt werden: Im Zeitraum von 1982 bis 2016 haben die Zollernalb Kliniken für die beantragten Baumaßnahmen Fördermittel für Einzelinvestitionen in Höhe von insgesamt 62,014 Mio. Euro vom Land Baden-Württemberg erhalten. Diese gliedern sich auf die einzelnen Standorte folgendermaßen auf: Kreiskrankenhaus (KKH) Hechingen (bis 2008) 7,226 Mio. Euro, KKH Balingen 35,991 Mio. Euro und KKH Albstadt 18,797 Mio. Euro. In der Zeit von 1995 bis 2016 wurden den Zollernalb Kliniken insgesamt 33,087 Mio. Euro Pauschalfördermittel von der Landesseite zur Verfü- Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 970 4 gung gestellt, diese teilen sich folgendermaßen auf: KKH Hechingen (bis 2008) 5,104 Mio. Euro, KKH Balingen 7,677 Mio. Euro, KKH Albstadt (bis 2010) 11,741 Mio. Euro und das einheitliche Plankrankenhaus Zollernalb Klinikum mit den Standorten Balingen und Albstadt (von 2011 bis 2016) 8,565 Mio. Euro. Zu den Kreiszuschüssen kann vonseiten des Landes keine Aussage getroffen werden. 6. Welche Maßnahmen für den Fortbestand beider Standorte hält sie für wirtschaftlich erfolgreich? Die Entwicklung und Beurteilung von geeigneten Maßnahmen zum Erhalt der Wirtschaftlichkeit des Zollernalb Klinikums ist ausschließlich Sache des Krankenhausträgers . 7. Wie hat sich die Schließung des Kreiskrankenhauses Hechingen auf die medizinische Versorgung der Menschen im Steinlachtal und für die Stadt Burladingen mit seinen vielen Teilorten auf der Alb und im Killertal ausgewirkt? Wichtiger als die Dauer des Anfahrtswegs oder die Anzahl der Krankenhaus - standorte im Landkreis ist die Qualität der medizinischen Versorgung. Viele Menschen der benannten Teilorte nutzen inzwischen die Krankenhausbetriebsstelle in Albstadt, aber auch in Balingen. Die Erstversorgung im Notfall wird im Zollernalbkreis durch das Zollernalb Klinikum mit vier Notarztstandorten abgedeckt , von denen drei rund um die Uhr besetzt sind. 8. Wie hat sich die Versorgung mit Krankenhausbetten im Zollernalbkreis seit 1965 entwickelt? Die Entwicklung der Krankenhausbetten im Zollernalbkreis kann mit den dem Ministerium für Soziales und Integration vorliegenden Daten bis zum Jahr 2002 dargestellt werden. Der Bedarf an Krankenhausbetten im Zollernalbkreis ist seit dem Jahr 2002 insgesamt zurückgegangen. Während im Jahr 2002 640 Betten bedarfsgerecht waren, ist diese Zahl im Jahr 2015 auf 449 erforderliche Betten gesunken . Die Zahl der im Landeskrankenhausplan ausgewiesenen Planbetten hat sich seit dem Jahr 2002 im Zollernalbkreis entsprechend verändert. Für das Jahr 2002 waren insgesamt 785 Planbetten (gegenüber 505 Betten im Jahr 2015) im Krankenhausplan ausgewiesen, d. h. 280 Planbetten wurden abgebaut. Der Bedarf an Krankenhausbetten war zu jedem Zeitpunkt gedeckt. 9. Wie viele Krankenhausbetten pro 10.000 Einwohner gibt es im Landesdurchschnitt im Zollernalbkreis? Im Zollernalbkreis stehen pro 10.000 Einwohner durchschnittlich 26,8 im Landes - krankenhausplan ausgewiesene somatische Planbetten zur Verfügung. Im Landesdurchschnitt gibt es pro 10.000 Einwohner 40,9 Planbetten. Vertragsbetten sind hierbei nicht berücksichtigt. Die vergleichsweise niedrige Bettenmessziffer im Zollernalbkreis ist darauf zurückzuführen, dass viele Patienten aus dem Zollern - albkreis auch das Universitätsklinikum Tübingen aufsuchen. 10. Wie plant sie – nach der Schließung des Standorts Hechingen – zukünftig mit nur einer Standortlösung den gesamten Zollernalbkreis notärztlich zu bedienen (unter Berücksichtigung der 15-Minuten-Regel)? Zur notärztlichen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Rettungsdienstbereich Zollernalbkreis bestehen folgende Notarztstandorte und -systeme: 5 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 970 Mit Ausnahme des zweiten Notarzteinsatzfahrzeuges (NEF) am Standort Balingen sind alle Einsatzfahrzeuge an 365 Tagen 24 Stunden im Einsatz. Das zweite NEF am Standort Balingen wird von Montag bis Freitag in der Zeit von 8.00 bis 16.00 Uhr vorgehalten. Zusätzlich ist eine Versorgung durch die Luftrettung gewährleistet . Mit den im Bereichsplan für den Rettungsdienstbereich Zollernalbkreis verankerten Hubschraubern Christoph 11 (Villingen-Schwenningen), Chris - toph 41 (Leonberg), Christoph 45 (Friedrichshafen) und Christoph 22 (Ulm) stehen gleich vier Luftrettungsmittel in der Primärrettung zur Verfügung, die sowohl als Notarztzubringer als auch als schnelles Transportmittel eingesetzt werden können. Insgesamt wirken nach Mitteilung der Geschäftsstelle des örtlichen Bereichsausschusses bei der notärztlichen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Rettungsdienstbereich Zollernalbkreis derzeit rund 62 Ärztinnen und Ärzte mit entsprechender notärztlicher Qualifikation mit. Zuständiges Planungsgremium für die Sicherstellung der Notarztversorgung ist der Bereichsausschuss für den Rettungsdienstbereich Zollernalbkreis. Bei einer Schließung des Zollernalb Klinikums Albstadt ergäben sich zwangsläufig längere Einsatzwege in der Notfallrettung und auch die Notarztbindung würde zunehmen. Dies müsste durch den Bereichsausschuss in seiner Verantwortung für die Sicherstellung der Notarztversorgung planerisch berücksichtigt werden. Lucha Minister für Soziales und Integration Standort Einsatzfahrzeuge Rettungsdienstorganisation Albstadt 1 NEF DRK Balingen 2 NEF DRK Hechingen 1 NEF DRK Haigerloch 1 NEF Selbstfahrend