Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 981 17. 11. 2016 1Eingegangen: 17. 11. 2016 / Ausgegeben: 19. 12. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Wie hat sich die Situation des Hausärztemangels im niedergelassenen Bereich in den vergangenen fünf Jahren im Zollernalbkreis entwickelt? 2. Wie schätzt sie die Anreizwirkung des 2009 eingeführten Programms „Verbundweiterbildung PLUS“ zur Weiterbildung junger Medizinerinnen und Mediziner als Hausärzte ein? 3. Wurde die finanzielle Unterstützung ihrerseits im Rahmen des Programms „Verbundweiterbildung PLUS“ mit dem Jahr 2014 beendet? 4. Trifft es zu, dass die Krankenhäuser nun in Form eines Beitrags an die zentrale Weiterbildungsstätte finanziell belastet werden, sofern sie weiterhin eine entsprechende Weiterbildung zum Hausarzt anbieten? 5. Inwieweit wird sich die Einstellung von unterstützenden Landesmitteln im Rahmen des Programms „Verbundweiterbildung PLUS“ bei gleichzeitiger Einführung der die Krankenhäuser belastenden „Weiterbildungsgebühr“ ihrer Meinung nach auf die Entwicklung der Hausärztesituation im niedergelassenen Bereich auswirken? 6. Welche Maßnahmen ergreift sie, um dem drohenden Hausärztemangel im niedergelassenen Bereich 2016 bis 2021 entgegenzusteuern? 7. Welche Programme plant sie bis April 2021, um die Versorgung im Zollernalbkreis sowie allgemein in Baden-Württemberg besser auszugestalten? Kleine Anfrage des Abg. Stefan Herre AfD und Antwort des Ministeriums für Soziales und Integration Ärztemangel und Weiterbildungsmöglichkeiten für Hausärzte im ländlichen Raum Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 981 2 8. Wie viele Hausärzte werden aufgrund ihres Alters im Zollernalbkreis bzw. in Baden-Württemberg zwischen 2016 und 2021 in Ruhestand gehen und ausscheiden ? 9. Wie viele Kassensitze werden neu besetzt bzw. wie viele Kassensitze bleiben nach Ausscheiden der Hausärzte im Zollernalbkreis unbesetzt? 10. Was tut sie, um diesem Mangel in der Zukunft zu begegnen? 02. 11. 2016 Herre AfD B e g r ü n d u n g Um dem drohenden Hausärztemangel im niedergelassenen Bereich im ländlichen Raum – vor allem im Zollernalbkreis – entgegenzuwirken, hat das Land Baden- Württemberg unter der CDU/FDP-Regierung im Jahr 2009 das Programm „Verbundweiterbildung PLUS“ aufgelegt, von dem zahlreiche junge Medizinerinnen und Mediziner, aber auch die Ausbildungsstätten in den teilnehmenden Praxen und Kliniken profitiert haben. Ziel des Programms war es, angehenden Medizinerinnen und Medizinern eine Weiterbildung als Hausärzte zu ermöglichen und in Praxen und Krankenhäusern nach einem Rotationskonzept eine Ausbildung in den verschiedenen Medizinsektoren zu erlangen. Die finanzielle Unterstützung des Landes hat die Verbundausbildung zur hausärztlichen Tätigkeit attraktiver gemacht . Die Krankenhäuser konnten mit dieser Ausbildung dazu beitragen, dass sich junge Medizinerinnen und Mediziner nach dem Berufsabschluss in den entsprechenden Regionen niedergelassen haben und damit einer Unterversorgung entgegenwirken. Die grün-rote Landesregierung hat das Programm „Verbundweiterbildung PLUS“ mit dem Jahr 2014 wohl ersatzlos auslaufen lassen und damit diesen guten Ansatz infrage gestellt. Sofern Krankenhäuser weiterhin diese Ausbildung anbieten, um einen Beitrag zur künftigen Hausarztversorgung zu leisten, müssen die Krankenhäuser dem Vernehmen nach nun einen Beitrag an die Zentrale Weiterbildungsstelle (Kompetenzzentrum Allgemeinmedizin – Koordinationsstelle Universität Heidelberg) entrichten – ab dem 1. Januar 2016 sind halbjährlich je Teilnehmer 750 Euro zu bezahlen. In vielen Ortschaften des Zollernalbkreises verabschieden sich immer mehr praktizierende Hausärzte und haben über Jahre hinweg keinen Nachfolger finden können, sodass es für viele Ältere immer schwieriger wird einen neuen Hausarzt aufzusuchen, da die Wege immer länger und beschwerlicher werden, um an einer vernünftigen medizinischen Versorgung teilnehmen zu können. Mit dieser Kleinen Anfrage soll der Sachverhalt geklärt und die Situation insbesondere im Zollernalbkreis näher beleuchtet werden. 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 981 A n t w o r t Mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 Nr. 52-0141.5/61 beantwortet das Ministerium für Soziales und Integration die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie hat sich die Situation des Hausärztemangels im niedergelassenen Bereich in den vergangenen fünf Jahren im Zollernalbkreis entwickelt? Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) haben in den vergangenen fünf Jahren 30 Hausärzte ihre vertragsärztliche Tätigkeit beendet. Im gleichen Zeitraum seien 25 junge Hausärzte neu als Versorger in den Zollernalbkreis gekommen. Die Zahl der Hausärzte ging seit 2011 folglich von 114 auf 109 zurück. Zu beobachten sei ein Trend zu größeren Einheiten, da acht Praxen ohne Nachfolger geschlossen wurden, allerdings gleichzeitig in den drei bereits vorhandenen Praxen Hausärzte dazukamen. 2. Wie schätzt sie die Anreizwirkung des 2009 eingeführten Programms „Verbund - weiterbildung PLUS“ zur Weiterbildung junger Medizinerinnen und Mediziner als Hausärzte ein? 3. Wurde die finanzielle Unterstützung ihrerseits im Rahmen des Programms „Verbundweiterbildung PLUS“ mit dem Jahr 2014 beendet? 4. Trifft es zu, dass die Krankenhäuser nun in Form eines Beitrags an die zentrale Weiterbildungsstätte finanziell belastet werden, sofern sie weiterhin eine entsprechende Weiterbildung zum Hausarzt anbieten? 5. Inwieweit wird sich die Einstellung von unterstützenden Landesmitteln im Rahmen des Programms „Verbundweiterbildung PLUS“ bei gleichzeitiger Einfüh - rung der die Krankenhäuser belastenden „Weiterbildungsgebühr“ ihrer Meinung nach auf die Entwicklung der Hausärztesituation im niedergelassenen Bereich auswirken? Die Fragen 2 bis 5 der Kleinen Anfrage stimmen wörtlich mit der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Wolfgang Reuther CDU vom 11. Dezember 2015 überein. Neue Sachverhalte haben sich seitdem nicht ergeben. Das Ministerium für Soziales und Integration verweist daher auf die Landtagsdrucksache 15/7868. 6. Welche Maßnahmen ergreift sie, um dem drohenden Hausärztemangel im niedergelassenen Bereich 2016 bis 2021 entgegenzusteuern? 7. Welche Programme plant sie bis April 2021, um die Versorgung im Zollern - albkreis sowie allgemein in Baden-Württemberg besser auszugestalten? 10. Was tut sie, um diesem Mangel in der Zukunft zu begegnen? Im Sommer 2012 hat das Ministerium für Soziales und Integration ein überarbeitetes Förderprogramm für Landärzte mit einem Fördervolumen von 2 Mio. Euro initiiert. Hausärzte können auf Antrag bis zu 30.000 Euro Landesförderung erhalten , wenn sie sich in Baden-Württemberg in einer ländlichen Gemeinde niederlassen , die als Fördergebiet ausgewiesen ist. Ziel des Programms ist es, möglichst passgenau dort Anreize für eine Niederlassung zu setzen, wo Schwierigkeiten bei der hausärztlichen Versorgung bestehen oder sich diese aus Gründen des Alters der praktizierenden Mediziner abzeichnen. Die bisherige Bilanz des Förderprogramms ist positiv: Stand November 2016 wurden 81 Anträge aus 20 Landkreisen bewilligt und mit insgesamt über 1,6 Millionen Euro gefördert. Durch die gemeindescharfe Betrachtungsweise der Versorgungssituation , die stets in aktueller Absprache mit der KV erfolgt, kommen die Fördermittel genau dort an, wo sie benötigt werden. Darüber hinaus zeigt auch die steigende Zahl der Fördergebiete, dass das Förderprogramm ein sinnvoller Baustein zur Unterstützung der hausärztlichen Versorgung im ländlichen Raum ist. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 981 4 Die konzeptionelle Grundausrichtung des Programms hat sich also bewährt und ist als Erfolg zu bewerten. Baden-Württemberg wird mit dem Förderprogramm Landärzte auch in Zukunft die Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten auf dem Land fördern. In diesem Zusammenhang findet im Ministerium für Soziales und Integration aktuell eine Überprüfung der Programminhalte statt, um Änderungs- und Anpassungsbedarfe zu identifizieren. Die internen Gespräche zur Weiterentwicklung dauern derzeit noch an. Um den Dialog zwischen den Akteuren verschiedener Sektoren des Gesundheitswesens zu fördern, hat das Ministerium für Soziales und Integration im Jahr 2011 den Sektorenübergreifenden Landesausschuss (SLA) eingerichtet und mittlerweile auch im Landesgesundheitsgesetz (LGG) fest verankert. Mit dem SLA gelingt es, auf oberster Ebene die an der Gesundheitsversorgung maßgeblich beteiligten Akteure (Selbstverwaltung, Patientenvertretungen, Kommunale Landesverbände) an einen Tisch zu bringen. Der SLA hat die Aufgabe, Empfehlungen zur Weiterentwicklung der medizinischen Versorgungsstrukturen im Land auszusprechen. Die Landesgesundheitskonferenz hat mit Beschluss vom 19. Oktober 2016 das Ministerium für Soziales und Integration unter Einbindung des Sektorenübergreifenden Landesausschusses gebeten, Eckpunkte für die zukünftige Versorgungsstruktur in Baden-Württemberg mit den relevanten Akteuren sowie den Patien - tinnen und Patienten zu erarbeiten und die Ergebnisse der vom Land initiierten Modellprojekte zur sektorenübergreifenden und ambulanten Versorgung einzubeziehen . 8. Wie viele Hausärzte werden aufgrund ihres Alters im Zollernalbkreis bzw. in Baden-Württemberg zwischen 2016 und 2021 in Ruhestand gehen und ausscheiden ? 9. Wie viele Kassensitze werden neu besetzt bzw. wie viele Kassensitze bleiben nach Ausscheiden der Hausärzte im Zollernalbkreis unbesetzt? Die KVBW geht von einer landesweiten Nachbesetzungsproblematik aus, weshalb sie für den Zollernalbkreis kein gesondertes Versorgungsproblem prognostiziert . Gehe man von einer Fortsetzung des Trends der letzten fünf Jahre aus, dann stünden 31 Ärzten, die ihre Praxis aus Altersgründen abgeben, 25 Nachbesetzungen gegenüber. Die KVBW weist darauf hin, dass die Vertragsärzte Freiberufler seien, weshalb es für sie keine „Zwangsverrentung“ und keine Bestimmung des Niederlassungsortes gebe. Lucha Minister für Soziales und Integration