Landtag von Baden-Württemberg 16. Wahlperiode Drucksache 16 / 998 17. 11. 2016 1Eingegangen: 17. 11. 2016 / Ausgegeben: 16. 12. 2016 K l e i n e A n f r a g e Ich frage die Landesregierung: 1. Hält sie die Handhabung von Fristen bei Ordnungswidrigkeiten, die innerhalb einer Woche ab Zugang eines Schreibens der Bußgeldstellen rechtskräftig werden , noch für zeitgemäß? 2. Ist ihr bekannt, dass es Verkehrsteilnehmer gibt, die länger als eine Woche nicht an ihrem für das Fahrzeug zuständigen Standort anzutreffen sind bzw. Post empfangen? 3. Ist sie bereit, bei den Ordnungsämtern darauf hinzuwirken, dass zukünftig zeitgemäße Fristen gesetzt werden? 10. 11. 2016 Dr. Bullinger FDP/DVP Kleine Anfrage des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Antwort des Ministeriums für Verkehr Zu kurze Fristen bei Verwarnungen aufgrund von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente Der Landtag druckt auf Recyclingpapier, ausgezeichnet mit dem Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 998 2 B e g r ü n d u n g Eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern, die von Bußgeldstellen Verwarnungen wegen einer Ordnungswidrigkeit, z. B. bei Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erhalten, werden rechtsverbindlich aufgefordert, innerhalb einer Woche ab Zugang des entsprechenden Schreiben zu zahlen, Stellung zu nehmen bzw. Widerspruch einzulegen. Sicherlich ist der Landesregierung nicht entgangen, dass es Bürgerinnen und Bürger gibt, die zwei, drei oder mehr Wochen im Urlaub verbringen oder sich mehrwöchig beruflich im Ausland aufhalten. Die derzeitige Handhabung ist unpraktikabel und nicht mehr zeitgemäß und kann schlicht häufig von den Betroffenen faktisch nicht umgesetzt werden, da sich diese aus beruflichen oder privaten Gründen nicht dauerhaft an ihrer postalischen Anschrift aufhalten. Die Landesregierung sollte die Ämter für öffentliche Ordnung und Bußgeldstellen darauf hinweisen und für eine zeitgemäße Befristung sorgen. A n t w o r t Mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 Nr. 3-3859.1-0/898 beantwortet das Minis - terium für Verkehr im Einvernehmen mit dem Ministerium der Justiz und für Europa die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Hält sie die Handhabung von Fristen bei Ordnungswidrigkeiten, die innerhalb einer Woche ab Zugang eines Schreibens der Bußgeldstellen rechtskräftig werden , noch für zeitgemäß? Bei Verkehrsverstößen nach § 24 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), die gemäß der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) mit einem Regelsatz von bis zu 55 Euro sanktioniert sind, ist zunächst ein Verwarnungsgeld zu erheben. Erst ab einer Höhe von 60 Euro kommt ein Bußgeld zur Anwendung. Bei der Verwarnung ergeht wegen der geringeren Vorwerfbarkeit des Verstoßes nicht sofort ein Bescheid mit Gebührenerhebung, vielmehr wird zunächst ein Verwarnungsgeld - angebot an den Betroffenen zur Vermeidung eines gebührenpflichtigen Bescheids übersandt. Die Frist von einer Woche zur Bezahlung der Verwarnung ist bundesgesetzlich in § 56 Abs. 2 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) geregelt und im Interesse eines zügigen Verfahrens – insbesondere mit Blick auf die kurze Verjährungsfrist von nur drei Monaten bei Verwarnungen im Straßenverkehr – bewusst kurz gesetzt. Eine Verwarnung wird nur bei Zahlung des Betroffenen innerhalb der Frist wirksam . Erfolgt keine fristgerechte Zahlung, ergeht ein förmlicher und gebühren - pflichtiger Bescheid. Gegen diesen Bescheid ist binnen zwei Wochen Einspruch möglich, § 67 OWiG. Nach Ablauf dieser Einspruchsfrist und Rechtskraft des Bescheids beträgt die Zahlungsfrist nochmals zwei Wochen, § 66 Abs. 2 Nr. 2 OWiG. 2. Ist ihr bekannt, dass es Verkehrsteilnehmer gibt, die länger als eine Woche nicht an ihrem für das Fahrzeug zuständigen Standort anzutreffen sind bzw. Post empfangen? Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und ist den Behörden bekannt, dass es Verkehrsteilnehmer/-innen gibt, die länger als eine Woche nicht an ihrem für das Fahrzeug zuständigen Standort anzutreffen sind bzw. Post empfangen, z. B. urlaubsbedingt. Mit Blick hierauf wird in der Praxis häufig eine verspätete Zahlung noch als Erledigung der Verwarnung angenommen, ohne dass noch ein gebührenpflichtiger Bescheid ergeht. Ein Anspruch des Betroffenen auf Zuwarten 3 Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 16 / 998 der Behörde besteht allerdings nicht. Der Rechtsbehelf einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt erst im förmlichen Verfahren zur Anwendung, z. B. bei unverschuldeter Versäumnis der Einspruchsfrist in den Fällen einer längeren Abwesenheit . 3. Ist sie bereit, bei den Ordnungsämtern darauf hinzuwirken, dass zukünftig zeitgemäße Fristen gesetzt werden? Die Landesregierung sieht hierzu keinen Handlungsbedarf. Hermann Minister für Verkehr