5. Liegen der Staatsregierung Informationen vor, bei welchen Anwendungen (z. B. Unkrautbekämpfung, Fungizideinsatz , Insektizideinsatz, Einsatz von Halmverkürzern ) das Risiko einer Abdrift besonders groß ist? 6. a) Werden Mindestabstände zu Nicht-Zielflächen bei Pestizideinsätzen durch die Landwirtschaftsverwaltung kontrolliert? b) Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? 7. Wird die Belastung von Nicht-Zielflächen durch die Abdrift von Pestiziden von staatlichen Stellen untersucht, wenn ja, von wem und mit welchen Ergebnissen? 8. Welche Maßnahmen werden von der Landwirtschaftsverwaltung im Bereich Beratung, Ausbildung und Kontrollen unternommen, um Abdriftprobleme zu minimieren ? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 15.02.2016 1. a) Wie viele Schäden durch Verdriftung von Pestiziden und Pflanzenbehandlungsmitteln wurden durch Ökolandwirte und -landwirtinnen in den letzten drei Jahren in Bayern und in den Regierungsbezirken gemeldet (bitte für jedes Jahr getrennt angeben)? b) Welche Wirkstoffe wurden in den letzten drei Jahren bei Verdriftungsschäden in Bayern festgestellt (bitte jeweils die Fallzahl für die einzelnen Wirkstoffe pro Jahr angeben)? c) Welche Schadenssummen wurden in den letzten drei Jahren durch Verdriftungsschäden in Bayern ausgelöst? Kenntnisse über mögliche Schäden durch Abdrift werden im Wesentlichen über folgende Informationswege erlangt: – Die Ökokontrollstellen informieren das Institut für Ernährungswirtschaft und Märkte (IEM) der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) über etwaige Abdrift auf Flächen von Ökobetrieben, um für die betroffenen Landwirte die KULAP-Prämie aufrechterhalten zu können . Hierzu unterrichtet das IEM der LfL die entsprechenden Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) über die Meldungen. Für das Jahr 2013 wurden zehn, für das Jahr 2014 wurden 27 sowie für das Jahr 2015 18 Meldungen verzeichnet. 17. Wahlperiode 08.04.2016 17/10035 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gisela Sengl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 25.11.2015 Schäden durch Verdriftung von Pestiziden in Bayern Bei der Abdrift können Wind und Thermik Pestizide über weite Strecken transportieren. So fanden sich in den Fenchelpflanzen eines Brandenburger Öko-Betriebes Rückstände der Pflanzenschutzwirkstoffe Pendimethalin und Prosulfocarb , obwohl der nächste Betrieb, der mit chemischem Pflanzenschutz arbeitet, kilometerweit entfernt lag. Die vorgesehene Vermarktung des Bio-Fenchels für Babynahrung oder Arzneimittel war somit nicht mehr möglich. Für den Betrieb ein großer finanzieller Verlust, auf dem er sitzen blieb, denn der Verursacher der Pestizid-Abdrift ließ sich nicht mehr ermitteln. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Schäden durch Verdriftung von Pestiziden und Pflanzenbehandlungsmitteln wurden durch Ökolandwirte und -landwirtinnen in den letzten drei Jahren in Bayern und in den Regierungsbezirken gemeldet (bitte für jedes Jahr getrennt angeben)? b) Welche Wirkstoffe wurden in den letzten drei Jahren bei Verdriftungsschäden in Bayern festgestellt (bitte jeweils die Fallzahl für die einzelnen Wirkstoffe pro Jahr angeben)? c) Welche Schadenssummen wurden in den letzten drei Jahren durch Verdriftungsschäden in Bayern ausgelöst ? 2. a) Welche Kulturen (z. B. Weinbau, Kräuter etc.) waren durch Verdriftungsschäden in den letzten drei Jahren in Bayern betroffen (bitte jeweils Fallzahlen pro Jahr angeben)? b) Welche Wirkstoffe waren in den jeweiligen Kulturen verursachend für den Verdriftungsschaden (bitte einzelne Wirkstoffe, Kultur und Fallzahl angeben)? 3. a) Wie oft wurden in den letzten drei Jahren Verdriftungen von Pestiziden in benachbarte Biotope festgestellt (bitte für jedes Jahr getrennt angeben)? b) Welche Wirkstoffe wurden dabei wie oft ermittelt? 4. Ausgehend von der Pestizid- und Pflanzenbehandlungsmittelanwendung welcher Kulturen kommt es am häufigsten zu Verdriftungsschäden (bitte jeweils Kulturart und Fallzahl der letzten drei Jahre angeben)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10035 Da es sich bei den Meldungen der Ökolandwirte um Meldungen zur Sicherung der Öko-Prämie (im Rahmen von KULAP) und nicht um Meldungen zur Schadensaufklärung handelt, liegen keine weitergehenden Kenntnisse über geschädigte Kulturen, Wirkstoffe oder behandelte Kulturen, von denen die Abdrift herrühren könnte, vor. – Bei konkretem Verdacht auf Abdrift melden Landwirte z. T. auch unmittelbar an die ÄELF. Im Jahr 2013 wurden von Öko-Landwirten zwei Fälle gemeldet, davon jeweils ein Fall in den Regierungsbezirken Ober- und Niederbayern . Im Jahr 2014 wurde von einem Öko-Landwirt ein Fall im Regierungsbezirk Oberbayern gemeldet. Im Jahr 2015 wurden von Öko-Landwirten insgesamt sechs Fälle gemeldet, davon jeweils zwei Fälle in den Regierungsbezirken Ober- und Niederbayern sowie jeweils ein Fall in den Regierungsbezirken Oberfranken und Schwaben. Sofern in solchen Fällen Wirkstoffuntersuchungen durchgeführt werden, werden diese in den meisten Fällen privat in Auftrag gegeben. Für die Jahre 2013 und 2014 sind keine Wirkstoffuntersuchungen bekannt geworden. Für die Fälle im Jahr 2015 wurde den ÄELF in zwei Fällen Glyphosat sowie in einem Fall Terbutylazin als Pflanzenschutzmittelwirkstoff benannt. In drei Fällen liegen keine Informationen zu den Wirkstoffen vor, jedoch werden in einem Fall aufgrund des im Nachbarfeld angewendeten Pflanzenschutzmittels die Wirkstoffe Pyroxsulam und Florasulam vermutet. Erhebungen über mögliche Schadenssummen liegen nicht vor. 2. a) Welche Kulturen (z. B. Weinbau, Kräuter etc.) waren durch Verdriftungsschäden in den letzten drei Jahren in Bayern betroffen (bitte jeweils Fallzahlen pro Jahr angeben)? Im Folgenden werden die vorliegenden Daten aller gemeldeten Fälle aus dem konventionellen und dem ökologischen Anbau angeführt: Folgende Kulturen waren betroffen: – Im Jahr 2013 zweimal Grünland und einmal Erbse. – Im Jahr 2014 zweimal Grünland, einmal Winterraps sowie einmal Kohl. – Im Jahr 2015 zweimal Grünland, zweimal Erdbeeren, einmal Obstwiese, einmal Feldrand, einmal Erbsen, einmal Fenchelsamen sowie einmal Grünlandneuansaat und Triticale . b) Welche Wirkstoffe waren in den jeweiligen Kulturen verursachend für den Verdriftungsschaden (bitte einzelne Wirkstoffe, Kulturen und Fallzahlen angeben)? Im Jahr 2013 wurden in einem Fall (betroffene Kultur Grünland ) die Wirkstoffe Cyprodinil, Fludioxonil, Difenoconazol, Metribuzin im Rahmen einer privat veranlassten Analyse festgestellt. In den beiden anderen Fällen wurde, wie in Antwort 1 ausgeführt, keine Wirkstoffuntersuchung bekannt . Im Jahr 2014 wurden in einem Fall (betroffene Kultur Grünland) im Rahmen einer amtlich veranlassten Probe die Wirkstoffe Dimethenamid, Glyphosat, Metribuzin, Pendimethalin festgestellt. In den drei anderen Fällen wurde keine Wirkstoffuntersuchung bekannt, allerdings wurde in einem Fall aus der betroffenen Kultur der Rückschluss auf einen Wuchsstoff gezogen. Im Jahr 2015 wurden, wie in Antwort 1 angeführt, den ÄELF in zwei Fällen Glyphosat sowie in einem weiteren Fall Terbutylazin als Pflanzenschutzmittelwirkstoff gemeldet . In sechs Fällen wurde keine Wirkstoffuntersuchung bekannt, allerdings werden in einem Fall (siehe Antwort zu Frage 1) aufgrund des im Nachbarfeld angewendeten Pflanzenschutzmittels die Wirkstoffe Pyroxsulam und Florasulam vermutet. Zudem wurden auch Meldungen über mögliche Abdrift in Hausgärten registriert. Im Jahr 2013 erfolgten zwei Meldungen über eine vermeintliche Abdrift in Hausgärten. Als behandelte Kulturen wurden einmal Weinbau und einmal Raps angegeben. Im Jahr 2014 gab es keine Meldungen. Im Jahr 2015 erfolgten drei Meldungen über eine vermeintliche Abdrift in Hausgärten. Als behandelte Kulturen wurden einmal Weinbau und zweimal Mais angegeben. 3. a) Wie oft wurden in den letzten drei Jahren Verdriftungen von Pestiziden in benachbarte Biotope festgestellt (bitte für jedes Jahr getrennt angeben)? b) Welche Wirkstoffe wurden dabei wie oft ermittelt? Hierzu liegen keine Kenntnisse vor. 4. Ausgehend von der Pestizid- und Pflanzenbehandlungsmittelanwendung welcher Kulturen kommt es am häufigsten zu Verdriftungsschäden (bitte jeweils Kulturart und Fallzahl der letzten drei Jahre angeben)? Jahr Kultur Fallzahl 2013 Spargel 1 Mais 1 2014 Spargel 1 Mais 2 Getreide 1 2015 Mais 4 Stoppelfeld 3 Weizen 1 5. Liegen der Staatsregierung Informationen vor, bei welchen Anwendungen (z. B. Unkrautbekämpfung, Fungizideinsatz, Insektizideinsatz, Einsatz von Halmverkürzern) das Risiko einer Abdrift besonders groß ist? Ausgehend von der insgesamt geringen Anzahl an gemeldeten Schadensfällen, bei denen auch eine Wirkstoffaufklärung durchgeführt wurde, ist keine „statistisch abgesicherte“ Aussage möglich. 6. a) Werden Mindestabstände zu Nicht-Zielflächen bei Pestizideinsätzen durch die Landwirtschaftsverwaltung kontrolliert? b) Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Im Rahmen des Bundeskontrollprogramms werden Mindestabstände zu Nicht-Zielflächen, worunter auch Gewässer fallen, kontrolliert. Die Fachrechtskontrollen zur Einhaltung von Anwendungsbestimmungen zum Gewässerschutz waren in den Jahren 2013 bis 2015 ein bundesweiter Kontrollschwerpunkt . (siehe http://www.bvl.bund.de/SharedDocs/ Downloads/04_Pflanzenschutzmittel/08_psm_kontrollprg/ psm_KontrolleUeberwachung_pskp_jahresbericht2014. pdf?__blob=publicationFile&v=3) Drucksache 17/10035 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Kontrollzahlen aus Bayern: Jahr Zahl der Kontrollen (Betriebe) Zahl der Beanstandungen 2013 25 1 (d. h. der mit der Zulassung festgesetzte Abstand zu Oberflächengewässern wurde nachweislich nicht eingehalten) 2014 25 1 (d. h. der mit der Zulassung festgesetzte Abstand zu Oberflächengewässern wurde nachweislich nicht eingehalten) 2015 25 noch nicht abgeschlossen Fachrechtskontrollen während der Anwendung sind auch als „abdriftrelevante“ Kontrollen anzusehen. Der Kontrolleur kann hier beurteilen, ob die Windverhältnisse für die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln nach guter fachlicher Praxis geeignet sind. Ebenso kann anhand des Spritzbildes bzw. der Fahrgassen festgestellt werden, ob die Abstände zum Gewässer und zu Saumbiotopen eingehalten werden. Kontrollzahlen aus Bayern: Jahr Zahl der Kontrollen (Betriebe) Zahl der Beanstandungen 2013 377 0 2014 397 0 2015 385 0 Zusätzlich sind zwei Anlasskontrollen bezüglich Einhaltung des in der Bekanntmachung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) 11/02/27 vom 16. Dezember 2011 ausgewiesenen Mindestabstands zum Schutz von Umstehenden und Anwohnern zu nennen. Bei den betroffenen Flächen handelt es sich um Hausgärten. – Im Jahr 2013 erfolgte die Anzeige eines Landwirtes durch einen Anwohner wegen Nichteinhaltung des 1-m-Abstandes zum Privatgarten. Dass der 1-m-Abstand auf der ganzen Schlaglänge des behandelten Rapses nicht eingehalten wurde, war nicht eindeutig belegbar. Der Landwirt wurde beraten. Für den Wiederholungsfall wurde er auf eine mögliche behördliche Anordnung hingewiesen. – Im Jahr 2015 erfolgte die Anzeige eines Landwirtes durch eine Anwohnerin. Bei der behandelten Kultur handelte es sich um Mais. Der Landwirt wurde beraten. Für den Wiederholungsfall wurde er auf eine mögliche behördliche Anordnung hingewiesen. 7. Wird die Belastung von Nicht-Zielflächen durch die Abdrift von Pestiziden von staatlichen Stellen untersucht, wenn ja, von wem und mit welchen Ergebnissen ? Abdrift und Verflüchtigung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen werden bereits im Vorfeld der Zulassung des jeweiligen Pflanzenschutzmittels von der für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln zuständigen Bundesbehörde, dem BVL bewertet. Hierzu wird auch auf die Antwort der Bundesregierung vom 14.10.2015 zu Frage 5 der Kleinen Anfrage „Schäden bei ökologisch wirtschaftenden Betrieben durch Luftverfrachtungen von Pendimethalin und Prosulfocarb“ (Drucksache 18/6338) verwiesen. Danach wird zur Abschätzung der abdrift- und verflüchtigungsbedingten Deposition von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen auf angrenzende Nichtziel-Flächen (Nahtransport bis 20 Meter) im Zulassungsverfahren ein eigens dafür konzipiertes Programm („EVA“) eingesetzt. Die im Modell integrierten Annahmen zu abdrift- und verflüchtigungsbedingter Deposition basieren auf den Ergebnissen experimenteller Untersuchungen. Das Potenzial für einen weiträumigen Transport über den Luftpfad (Ferntransport ) wird auf Grundlage der modellierten Halbwertszeit in der Luft berechnet, wobei die Reaktion mit Bestandteilen der Umgebungsluft (zum Beispiel Hydroxylradikale) berücksichtigt wird. 8. Welche Maßnahmen werden von der Landwirtschaftsverwaltung im Bereich Beratung, Ausbildung und Kontrollen unternommen, um Abdriftprobleme zu minimieren? Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Offizial- und Verbundberatung werden von der LfL im Rahmen von Arbeitsbesprechungen und Veranstaltungen über das Thema Abdrift und Verflüchtigung von Pflanzenschutzmitteln informiert. So wurde u. a. auch im Rahmen der Winterarbeitsbesprechung 2015 des Instituts für Pflanzenschutz der LfL mit den Fachzentren Pflanzenbau der ÄELF auch ein aktuelles Online-Modul, der sogenannte TOPPS-Prowadis Abstandsmanager vorgestellt (TOPPS = Train Operators to Prevent water pollution from Point Sources). Anhand dieses – im Rahmen des EU-Projekts TOPPS Prowadis entwickelten – Programms, können Landwirte und andere Nutzer das Risiko für Abdrift unter Angabe der betriebs- und situationsbezogenen Daten simulieren. Dies gilt nicht nur für Abstände zu Gewässern, sondern auch zu anderen Nicht-Zielflächen (http://topps-drift.org/?LANG=DE). Das Programm ist für den Nutzer kostenfrei. Zudem wird die angesprochene Thematik generell verstärkt in Internetbeiträgen der LfL und der ÄELF berücksichtigt . Besonders zu erwähnen sind auch die speziellen Beiträge der Fachzentren Pflanzenbau der ÄELF in den regionalen Versuchsberichtsheften. So wurde z. B. im Versuchsberichtsheft für die Saison 2014/15 der Einsatz von Randdüsen zu Vermeidung an Abdrift thematisiert. Die Versuchsberichtshefte werden den Landwirten über den Erzeugerring bereitgestellt. Generell wird das Thema Abdrift und Verdriftung von den ÄELF bereits seit mehreren Jahren in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität auf folgende Weise aufgegriffen: Im Rahmen von Pflanzenbautagen, Veranstaltungen, Felderbegehungen, Lehrlingsschulungen, im Unterricht an den landwirtschaftlichen Fachschulen, im Rahmen des Bildungsprogramms Landwirt sowie in Erzeugerring-, Maschinenring - und VlF-Rundschreiben. Besonders zu erwähnen sind zudem die Sachkunde-Lehrgänge und Fortbildungen, bei denen aktuelle Themen zum Umwelt- und Verbraucherschutz besondere Berücksichtigung finden.