Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 03.02.2014 Belastung der Wiedersbacher Brunnen Laut einem Bericht der Fränkischen Landzeitung vom 17.01.14 sind die Wiedersbacher Brunnen in der Gemeinde Leutershausen mit Pflanzenschutzmitteln belastet. Nun soll der Ortsteil an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen werden. 1. Was waren die Gründe für die Anordnung des Landrats- amtes Ansbach gegenüber der Stadt Leutershausen, den Ortsteil Wiedersbach im Jahr 2014 an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen? 2. a) Bei welchen Brunnen wurden Belastungen mit Pflanzenschutzmitteln festgestellt? b) Wie hoch war die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln in den einzelnen Brunnen? Angaben bitte nach einzelnen Pflanzenschutzmitteln bzw. gemessene festgestellte Wirkstoffe. c) Ist die Belastung nur auf den Bereich der Wiedersbacher Brunnen beschränkt oder liegt hier eine größere Belastung des Grundwassers vor? 3. a) Wie oft wurde von der Deutschen Bahn in den letzten 25 Jahren auf der Bahnstrecke Ansbach – Stuttgart eine sogenannte chemische Vegetationskontrolle durchgeführt? b) Welche Pflanzenschutzmittel wurden dabei in den einzelnen Jahren eingesetzt? 4. a) Welche Mengen der einzelnen Pflanzenschutzmittel wurden dabei eingesetzt? Angaben bitte Wirkstoff pro km für die einzelnen Jahre? b) Ist es denkbar, dass die Belastung der Brunnen durch die sogenannte chemische Vegetationskontrolle der Bahn verursacht wurde? 5. a) Welche anderen Verursacher kommen sonst in Betracht ? b) Was wird konkret unternommen, um die Verursacher zu ermitteln? c) Werden die Verursacher zur Verantwortung gezogen? d) Welche Maßnahmen werden ergriffen, um die Belas- tung der Brunnen zu verringern? 6. a) Was würde der Fernwasseranschluss von Wiedersbach kosten? b) Was würde der einzelne Hausanschluss zusätzlich kosten? c) Mit welchen staatlichen Zuschüssen könnte die Gemeinde Leutershausen rechnen? 7. Was würde die Sanierung inklusive der Aufbereitung aller Hausbrunnen kosten? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 12.03.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet : 1. Was waren die Gründe für die Anordnung des Landratsamtes Ansbach gegenüber der Stadt Leutershausen, den Ortsteil Wiedersbach im Jahr 2014 an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen ? Im Stadtteil Wiedersbach der Stadt Leutershausen findet die Trinkwasserversorgung über Hausbrunnen statt. Nach den beim Gesundheitsamt Ansbach vorliegenden Befunden liegen bei 111 von 136 Hausbrunnen Grenzwertüberschreitungen gemäß der Trinkwasserverordnung vor. Die Gemeinden sind gesetzlich verpflichtet, die aus Gründen des öffentlichen Wohls erforderlichen Einrichtungen zur Versorgung mit Trinkwasser herzustellen und zu unterhalten . Aus Sicht des Landratsamts besteht aufgrund der vorliegenden Untersuchungsergebnisse in Wiedersbach ein Sanierungsbedarf für die Trinkwasserversorgung. Hauseigentümer , die wegen der qualitativen Defizite bei der Hausbrunnenversorgung einen Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung beantragt haben, können rechtlich nicht dazu verpflichtet werden, selbst für eine ordnungsgemäße Trinkwasserversorgung zu sorgen. Daher ist es bereits aus diesem Grund erforderlich, den Stadtteil Wiedersbach an die öffentliche Trinkwasserversorgung anzuschließen. Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat anlässlich der Eingabe eines Bürgers von Wiedersbach nach Prüfung der Sachlage gefordert, dass die Stadt Leutershausen zeitnah ein Konzept und einen zeitlichen Ablaufplan für den Anschluss des Stadtteils Wiedersbach an die öffentliche Wasserversorgung erarbeitet. Die Regierung von Mittelfranken fordert in diesem Zusammenhang , dass der Anschluss des Stadtteils Wiedersbach Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 15.04.2014 17/1007 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1007 von der Stadt Leutershausen mit hoher Priorität verfolgt wird. Das Landratsamt Ansbach wird die Aufstellung und die Umsetzung des Anschlusskonzepts rechtsaufsichtlich begleiten. 2. a) Bei welchen Brunnen wurden Belastungen mit Pflanzenschutzmitteln festgestellt? Im gesamten Stadtteil Wiedersbach wurden im Rahmen der Überwachung der Hausbrunnen Grenzwertüberschreitungen bei Pflanzenschutzmittelwirkstoffen oder relevanten Metaboliten festgestellt. b) Wie hoch war die Belastung mit Pflanzenschutzmitteln in den einzelnen Brunnen? Angaben bitte nach einzelnen Pflanzenschutzmitteln bzw. gemessene festgestellte Werte. Bei insgesamt 59 Hausbrunnen konnten Pflanzenschutzmittel im Trinkwasser nachgewiesen werden. Bei folgenden Pflanzenschutzmittelwirkstoffen bzw. Metaboliten wurden Grenzwertüberschreitungen in den Hausbrunnen festgestellt : Atrazin (26 Hausbrunnen), Desethylatrazin (38 Hausbrunnen ), Desisopropylatrazin (26 Hausbrunnen), Ethidimuron (40 Hausbrunnen) und Simazin (6 Hausbrunnen). Die Spanne der gemessenen Werte reichte von 0,1µg/l bis 0,51µg/l, wobei der Grenzwert bei 0,1 µg/l liegt. Der Grenzwert des Summenparameters Pflanzenschutzmittel von 0,5 µg/l wurde insgesamt bei 16 Hausbrunnen überschritten. Aus datenschutzrechtlichen Gründen ist eine Benennung der einzelnen privaten Hausbrunnen mit ihren Grenzwertüberschreitungen nicht möglich. c) Ist die Belastung nur auf den Bereich der Wiedersbacher Brunnen beschränkt oder liegt hier eine größere Belastung des Grundwassers vor? Wiedersbach liegt geologisch im Bereich des Blasensandsteins und teilweise im Bereich geringmächtiger, quartärer Talsedimente. Im Umfeld von Wiedersbach herrscht landwirtschaftliche Nutzung vor. Das oberflächennahe Grundwasser im Blasensandstein und der quartären Ablagerungen wie auch das Grundwasser der darunter folgenden Gesteinseinheiten ist geogen wie auch anthropogen grundsätzlich belastet. Bei überwiegend landwirtschaftlicher Nutzung sind im oberflächennahen Grundwasserstockwerk Nitratwerte über dem Grenzwert der Trinkwasserverordnungen zu erwarten. Auffälligkeiten bei Pflanzenschutzmitteluntersuchungen sind lokal gelegentlich feststellbar. Die zwei Kilometer nordöstlich von Wiedersbach gelegene öffentliche Trinkwassergewinnungsanlage Tiefenthal und die zwischenzeitlich für Trinkwasserzwecke aufgelassene öffentliche Wasserfassung Leutershausen liefern dem Wasserwirtschaftsamt Ansbach Daten über die Wasserqualität des oberflächennahen Grundwassers. Die Wasserfassung Tiefenthal weist in der Regel keine Probleme mit Pflanzenschutzmittelwirkstoffen aus. Die aktuell für gewerbliche Brauchwasserzwecke genutzte Wasserfassung der ehemaligen öffentlichen Trinkwasserversorgung Leutershausen wurde nicht auf Pflanzenschutzmittelwirkstoffe untersucht, da hierfür keine rechtliche Verpflichtung vorliegt und auch keine Veranlassung gesehen wurde. 3. a) Wie oft wurde von der Deutschen Bahn in den letzten 25 Jahren auf der Bahnstrecke Ansbach – Stuttgart eine sogenannte Chemische Vegetationskontrolle durchgeführt? b) Welche Pflanzenschutzmittel wurden dabei in den einzelnen Jahren eingesetzt? 4. a) Welche Mengen der einzelnen Pflanzenschutzmittel wurden dabei eingesetzt? Angaben bitte Wirkstoff pro Kilometer für die einzelnen Jahre. b) Ist es denkbar, dass die Belastung der Brunnen durch die sogenannte chemische Vegetationskont- rolle der Bahn verursacht wurde? Die Fragen 3 und 4 beantwortet die Deutsche Bahn AG wie folgt: Auf die chemische Vegetationskontrolle kann bei Bahnstrecken mit Schotteroberbau aus Gründen der Betriebssicherheit nicht verzichtet werden. In den letzten Jahren wurden mehrere alternative Methoden getestet, die sich aber bislang als nicht praxistauglich erwiesen haben. Der Herbizideinsatz erfolgt nur im zwingend erforderlichen Umfang. Die Applikation erfolgt ausschließlich auf dem Gleisschotter mit einem rund 20 cm breiten Band im angrenzenden Randbereich . Eine Abdrift ist durch die großtropfige Ausbringung nahezu ausgeschlossen. Es kommen nur Herbizide mit spezieller Zulassung für den Gleisbereich und jeweiliger behördlicher Genehmigung zur Anwendung. Diese Präparate wären sogar für den Einsatz in Wasserschutzgebieten zugelassen. Dabei wird nicht kontinuierlich die ganze Gleisbreite gespritzt, sondern nur an denjenigen Stellen, an denen tatsächlich Aufwuchs vorhanden ist, sodass die jeweils zugelassene Aufwandsmenge bei Weitem nicht erreicht wird. Aus diesem Grund kann keine örtlich konkrete Ausbringmenge benannt werden. Es ist bei der Deutschen Bahn intern untersagt, außerhalb des beschriebenen Bereichs Herbizide auf anderen Grundstücksteilen auszubringen. Die Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, durch die das Brunnenwasser in Wiedersbach beeinträchtigt ist (Atrazin, Ethidimuron , Simazin), wurden von der Deutschen Bahn in den letzten 25 Jahren nicht mehr verwendet. Außerdem ist es aus Sicht der Deutschen Bahn auch wegen der Grundwasserfließrichtung, die ebenso wie die Bahnlinie von West nach Ost verläuft, ausgeschlossen, dass durch ihre Instandhaltungsmaßnahmen die Brunnen in Wiedersbach beeinträchtigt wurden. 5. a) Welche anderen Verursacher kommen sonst in Betracht ? b) Was wird konkret unternommen, um die Verursacher zu ermitteln? c) Werden die Verursacher zur Verantwortung gezogen ? d) Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um die Belastung der Brunnen zu verringern? Den Ursachen der bekannt gewordenen Belastungen wird nachgegangen. Die gefundenen Herbizidwirkstoffe wurden auch flächenhaft bei landwirtschaftlichen und gärtnerischen Nutzungen ausgebracht. In zurückliegenden Jahrzehnten war ihre Anwendung rechtmäßig. Es besteht jedoch für Atrazin und Ethidimuron seit 1991, für Simazin seit 1999 in Deutschland keine Zulassung mehr. Für Atrazin galt seit 1991 zudem ein vollständiges Anwendungsverbot. Es ist daher nicht möglich, noch konkrete Verursacher zu ermitteln. Neuere Anwendungen sind unwahrscheinlich. Im Grundwasser findet kaum ein Abbau und nur langsam eine Verdünnung der Pflanzenschutzmittelrückstände statt. 6. a) Was würde der Fernwasseranschluss von Wiedersbach kosten? Drucksache 17/1007 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Nach der Kostenschätzung im Rahmen des Vorentwurfs durch das beauftragte Ingenieurbüro betragen die Kosten für den Anschluss von Wiedersbach an die öffentliche Wasserversorgung der Stadt Leutershausen rd. 1,29 Mio. Euro (brutto). Von diesen Gesamtkosten belaufen sich nach den Richtlinien für Zuwendungen bei wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas) die zuwendungsfähigen Kosten auf rd. 730.000 Euro. b) Was würde der einzelne Hausanschluss zusätzlich kosten? Die Kosten des einzelnen Hausanschlusses betragen nach Angaben der Stadt Leutershausen in Abhängigkeit der Länge der Anschlussleitung auf privatem Grund zwischen 1.000 und 3.000 Euro. Zu diesen Kosten kommen noch die Kosten für die Anschlussleitungen auf öffentlichem Grund, die nach Kostenschätzung des Ingenieurbüros im Mittel bei 1.350 Euro je Grundstücksanschluss liegen. c) Mit welchen staatlichen Zuschüssen könnte die Gemeinde Leutershausen rechnen? Die Stadt Leutershausen kann nach aktuellem Stand mit staatlichen Zuwendungen in der Größenordnung von rd. 169.000 Euro rechnen. Der genaue Zuwendungsbetrag kann erst dann exakt berechnet werden, wenn der vollständige Zuwendungsantrag geprüft wurde. 7. Was würde die Sanierung inklusive der Aufbereitung aller Hausbrunnen kosten? Im Vorfeld eines möglichen Anschlusses des Ortsteils Wiedersbach an die zentrale kommunale Wasserversorgung wurde bereits die Planung für die Sanierung des Hausbrunnens des Kindergartens in Angriff genommen, da hier aus Sicherheitsgründen ein dringender Handlungsbedarf gegeben war. Diese Planung wird jedoch nach dem absehbaren Anschluss an die zentrale Wasserversorgung nicht mehr umgesetzt. Nach Auskunft des mit der Planung befassten Büros ergäben sich Investitionskosten für die Sanierung der Trinkwasserversorgung des Kindergartens von rd. 50.000 Euro, wobei für die Entfernung von Pestiziden, Sulfat und Uran verschiedene Aufbereitungsschritte wie der Einbau von Aktivkohlefiltern, Ionenaustauscher und einer UV-Desinfektionsanlage erforderlich wären. Neben dem Bau von Aufbereitungsanlagen ist im Regelfall auch eine Sanierung der Brunnenanlagen erforderlich. Zu diesen Investitionskosten kommen noch die kontinuierlich anfallenden Betriebsund Wartungskosten der Anlagen. Da die Kosten für die Sanierung der einzelnen Hausbrunnen je nach Bauzustand und erforderlicher Aufbereitungsanlage unterschiedlich ausfallen, können die Gesamtkosten für die Sanierung sämtlicher Hausbrunnen nicht zuverlässig geschätzt werden.