Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 12.02.2016 1. a) In welchem ökologischen und chemischen Zustand nach Wasserrahmenrichtlinie befindet sich die Windach? Die Windach befindet sich im fraglichen Flussabschnitt nach Wasserrahmenrichtlinie in einem „unbefriedigenden“ ökologischen Zustand. Der chemische Zustand ist mit Ausnahme des bayernweit ubiquitären Schadstoffs Quecksilber / Quecksilberverbindungen „gut“. Ursache für die Zielverfehlung beim ökologischen Zustand sind Defizite bei der Qualitätskomponente Fischfauna. b) Sind Maßnahmen zur Erreichung des geforderten „guten Zustands“ erforderlich, und wenn ja, welche ? Aufgrund der Zielverfehlung bei der Qualitätskomponente Fischfauna sind ergänzende Maßnahmen notwendig. Ausschlaggebend für den „unbefriedigenden“ Zustand der Fischfauna sind insbesondere Beeinträchtigungen aufgrund der Wasserkraftnutzung. Die bestehenden Querbauwerke unterbinden die freie Durchgängigkeit der Windach sowie die Anbindung an die Amper. Gewässerstrecken und Teillebensräume wurden isoliert, und streckenweise die Lebensraumeigenschaften durch Rückstau und/oder Wasserausleitungen in künstlich geschaffene Mühlkanäle maßgeblich verändert. Mit dem Verlust des natürlichen Abflussgeschehens und dem zeitweiligem Trockenfall sind die fließgewässertypischen Lebensräume in den als Restwasserstrecken (Ausleitungsstrecken) verbliebenen alten Gewässerbetten verloren gegangen. Der Bewirtschaftungsplan für den Zeitraum 2016–2021 sieht als Schwerpunkt des Maßnahmenprogramms für die Windach die Herstellung einer linearen Durchgängigkeit vor. Der Rückbau des zerstörten Ausleitungswehres zur Wasserkraftanlage Fasching und die damit verbundene Wiederherstellung der natürlichen Durchgängigkeit der Windach sowie die Reaktivierung des natürlichen Abflussgeschehens in einem herausragend naturnah erhaltenen 1,2 km langen Fließgewässerabschnitts (ehemalige Restwasserstrecke) leistet einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung des ökologischen Zustandes. 2. Ist die Windach in ihrer Gesamtheit durchgängig bzw. an welchen Stellen ist die Durchgängigkeit nicht gegeben? Vom Windachspeicher bis zur Mündung in die Amper weist die Windach acht Querbauwerke auf. Oberhalb des Windachspeichers gibt es noch weitere Abstürze, deren Durchgängigkeit z. T. auch mangelhaft ist: • Kraftwerk Wimmer eingeschränkte Funktionalität der Fischaufstiegsanlage 17. Wahlperiode 08.04.2016 17/10115 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17.12.2015 Windach (Landkreis Landsberg) Ich frage die Staatsregierung: 1. a) In welchem ökologischen und chemischen Zustand nach Wasserrahmenrichtlinie befindet sich die Windach ? b) Sind Maßnahmen zur Erreichung des geforderten „guten Zustands“ erforderlich, und wenn ja, welche? 2. Ist die Windach in ihrer Gesamtheit durchgängig bzw. an welchen Stellen ist die Durchgängigkeit nicht gegeben ? 3. Welche Auswirkungen hätte bzw. hat die fehlende Wasserzufuhr in den Mühlbach (im Ort Windach, Landkreis Landsberg a. Lech) insbesondere auf das dortige Vorkommen der Bachmuschel und der Mühlkoppe und welche Ausgleichsmaßnahmen werden für den Verlust des Lebensraumes verwirklicht? 4. Welche Auswirkungen hätte bzw. hat die fehlende Wasserzufuhr in jenen Mühlbach auf weitere dort lebende geschützte oder gefährdete Arten und welche Arten sind das? 5. Inwieweit stünde eine dauerhafte fehlende Wasserzufuhr in jenen Mühlbach mit den Vorgaben und Zielen des FFH-Gebiets in Einklang (FFH = Fauna-Flora- Habitat)? 6. Welche Alternativen zur Erreichung des geforderten guten Zustands der Windach wurden neben der Verhinderung der Wasserzufuhr in den Mühlbach geprüft und mit welchen Kosten bzw. Vor- und Nachteilen sind diese jeweils verbunden? 7. Welche Rolle spielt der Mühlbach für den Hochwasserschutz im Ort Windach und wie würden sich die geplanten Änderungen auswirken? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10115 • Schwelle vor A96 M-LL eingeschränkt durchgängig • Aumühle nicht durchgängig • Klostermühle nicht durchgängig • Obermühle seit Zerstörung durch ein • (ehem. Fasching) Hochwasser im Januar 2015 eingeschränkt durchgängig • Wehr Ferstl Immhof nicht durchgängig • Triebwerk und Wehr Haniel nicht durchgängig • Windachspeicher nicht durchgängig 3. Welche Auswirkungen hätte bzw. hat die fehlende Wasserzufuhr in den Mühlbach (im Ort Windach, Landkreis Landsberg a. Lech) insbesondere auf das dortige Vorkommen der Bachmuschel und der Mühlkoppe und welche Ausgleichsmaßnahmen werden für den Verlust des Lebensraumes verwirklicht ? Ursache für die fehlende Wasserzufuhr in den Mühlbach ist die Zerstörung des Ausleitungswehres zur Wasserkraftanlage Fasching durch ein Hochwasserereignis im Januar 2015. Bis zur Zerstörung der Wehranlage im Januar 2015 war die 1,2 Kilometer lange Ausleitungsstrecke die überwiegende Zeit im Jahr nahezu abflusslos. Undichtigkeiten und unbedeutende Wasserzuflüsse haben eine geringe Restwassermenge ergeben. Erst ab einem Gesamtabfluss von über 635 Liter pro Sekunde (nach Altrecht gestatteter Ausleitungsabfluss in den Mühlbach) erfolgt ein Abfluss über das Ausleitungswehr in die Windach. Seit Januar 2015 hat sich die Situation umgekehrt. Die Windach ist ökologisch wieder im vollen Umfang funktionsfähig . Der Mühlbach, der nur noch durch diffuse Wassereintritte mit Wasser versorgt wird, verliert seinen Fließgewässercharakter . Der Rückstau oberhalb des ehemaligen Kraftwerks erzeugt einen Wandel zu einem Lebensraum mit überwiegendem Stillgewässercharakter. In diesem Zustand ist ein dauerhaftes Überleben der Fließgewässerarten Koppe und Bachmuschel unwahrscheinlich. Anderseits können im Mühlbach neue wertvolle Lebensstätten, z. B. für Amphibien, Libellen und andere geschützte Arten entstehen . Die Windach ist in der gesamten 1,2 Kilometer langen Ausleitungsstrecke (Mutterbett der Windach bzw. Restwasserstrecke ) Teil des FFH-Gebiets Nr. 7932-371 mit der Beschreibung : Naturnaher Bachlauf des nördlichen Alpenvorlands mit Weichholzaue und Extensivgrünland (besonders oberhalb des Speichers) sowie Hangmischwäldern an den Einhängen. Der Mühlbach liegt, bis auf ein etwa 60 Meter langes Teilstück nach der Ableitung, nicht im FFH-Gebiet. Er ist ein Biotop nach § 30 Bundesnaturschutzgesetz. Für die Aufgabe des Wasserrechts zur Wasserausleitung und den geplanten Rückbau des zerstörten Wehres ist ein wasserrechtliches Verfahren erforderlich. Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim lässt derzeit hierfür die Antragsunterlagen erarbeiten. Bestandteil der Unterlagen wird auch ein landschaftspflegerischer Begleitplan sein. Dieser besteht aus einem Bestand-, Konflikt- und Maßnahmenplan und wird insbesondere auch den erforderlichen Ausgleich darstellen . Im Vorgriff auf die Erstellung des landschaftspflegerischen Begleitplans ist die Darstellung evtl. Ausgleichsoder Ersatzmaßnahmen nicht möglich. Für den Mühlbach ist unklar, welche Wassermengen ausreichen würden, um einen dauerhaft überlebensfähigen Bestand an Bachmuscheln zu erhalten. Mit einer Wassermengen die so gerade das Überleben eines ggf. noch vorhandenen Restbestandes adulter Bachmuscheln ermöglichen würde, sind noch lange nicht alle Voraussetzungen auch zur Reproduktionsfähigkeit dieses Bestandes gewährleistet (z. B. Fischlebensraum, Fischdurchgängigkeit, Strömungsverhalten , Sauerstoff-, Nährstoff- und Temperaturhaushalt ). Eine Wiederbeschickung des Mühlbaches wäre mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand sowie mit einem erneuten , beeinträchtigenden Eingriff in das FFH-Gebiet verbunden . Gleichzeitig ist weder eine positive Wirkung hinsichtlich der Rettung des Bachmuschelbestandes sichergestellt noch bestehen Verbesserungsaussichten für den ökologischen Zustand der Windach. 4. Welche Auswirkungen hätte bzw. hat die fehlende Wasserzufuhr in jenen Mühlbach auf weitere dort lebende geschützte oder gefährdete Arten und welche Arten sind das? Über weitergehende Auswirkungen auf geschützte oder gefährdete Arten aufgrund der fehlenden Wasserzufuhr kann keine Aussage getroffen werden, da uns keine Bestandserhebungen über die Besiedlung durch Tiere und Pflanzen im Mühlbach vor dessen Trockenfall vorliegen. Generell gilt auch hier die Aussage zu Punkt 3, dass an Fließgewässerverhältnisse gebundene Arten verschwinden werden und solche ohne Strömungspräferenz sowie Stillgewässerbewohner profitieren werden. 5. Inwieweit stünde eine dauerhafte fehlende Wasserzufuhr in jenen Mühlbach mit den Vorgaben und Zielen des FFH-Gebiets in Einklang (FFH = Fauna- Flora-Habitat)? Die vom Wasserwirtschaftsamt verfolgte Lösung des Wehrrückbaus ist mit der Wasserrechtsbehörde sowie den Naturschutzbehörden abgestimmt. Der Mühlbach ist ein künstliches Gerinne (fast zur Gänze außerhalb des FFH-Gebietes ), das der Wasserkraftnutzung diente. Die Wiederherstellung des natürlichen Abflussgeschehens und der ökologischen Durchgängigkeit in der naturnahen Windach ist sowohl Ziel des FFH-Gebietes (Ziel 3: „Erhaltung bzw. Wiederherstellung der naturnahen Großbäche, Lebensraumtyp – LRT – 3260, mit ihrer naturnahen Dynamik, naturbelassenen Ufer- und Sohlenstrukturen sowie ihrem natürlichen Wasser-, Nährstoff- und Mineralstoffhaushalt“) als auch der EG-Wasserrahmenrichtlinie (Erreichung des „guten“ ökologischen Zustands). Der Mühlbach ist im Gegensatz zur Windach nicht Bestandteil des gemäß Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) zu betrachtenden Gewässernetzes. Maßgeblich ist, dass sich aufgrund des „unbefriedigenden“ ökologischen Zustands für die Windach ein zwingender Handlungsbedarf für zielführende Maßnahmen ergibt. Durch die Wiederbelebung der natürlichen Fließgewässerverhältnisse auf 1,2 Kilometern Länge wird eine positive ökologische Entwicklung sichergestellt . Insofern steht eine dauerhaft fehlende Wasserzufuhr in den Mühlbach mit den Vorgaben und Zielen des FFH-Gebietes und der WRRL in Einklang. 6. Welche Alternativen zur Erreichung des geforderten guten Zustands der Windach wurden neben der Verhinderung der Wasserzufuhr in den Mühlbach geprüft und mit welchen Kosten bzw. Vorund Nachteilen sind diese jeweils verbunden? Drucksache 17/10115 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Für die Restwasserstrecke der Windach besteht die Verpflichtung zur Gewährleistung einer aus ökologischen Gründen erforderlichen Mindestwasserführung (§ 33 Wasserhaushaltsgesetz ). Für die erforderliche, ganzjährig gleichmäßige Versorgung von Mühlbach und Restwasserstrecke reicht der Wasserzulauf der Windach gerade während der lang andauernden Niedrigwasserphasen nicht aus. Die Wasserzufuhr in den Mühlbach wird nicht aktiv verhindert . Durch den Bruch des Ausleitungswehrs bei einem Hochwasserereignis im Januar 2015 haben sich die Randbedingungen allerdings so verändert, dass eine Wasserausleitung nur mit erheblichem Aufwand wiederhergestellt werden kann. Eine Niedrigwasseraufhöhung über den Windachspeicher während einer Trockenwetterperiode ist aufgrund des geringen Stauinhaltes des Speichers nicht möglich. Zudem würde dies zum Trockenfallen der Stauwurzel im Speicher führen. Die dort befindlichen Verlandungszonen und Flachwasserbereiche sind Bestandteil des FFH-Gebietes. Ein Ausleitungsrohr für die Beschickung des Mühlbachs mit Wasser aus der Windach müsste weit nach oberstrom verlegt werden, da der Einlauf des Mühlbaches ca. 1,5 Meter über der Gewässersohle der Windach liegt. Dafür müsste auf eine Länge von ca. 400 Metern baulich in den Auwald (prioritärer Lebensraum) eingegriffen werden, was zu einer Zerstörung prioritärer Lebensräume führen würde. Zudem würde voraussichtlich eine regelmäßige Unterhaltung des Einlaufbereichs gegen Verlegung mit Geschwemmsel oder Zukiesung (Eingriffe in das Gewässerbett) erforderlich werden. Das über das Rohr abgeleitete Wasser würde der Windach insbesondere bei Niedrigabfluss wieder fehlen, was zweifelsohne zu einer Verschlechterung gegenüber dem gegenwärtigen Zustand mit dem zerstörten Wehr führen würde. 7. Welche Rolle spielt der Mühlbach für den Hochwasserschutz im Ort Windach und wie würden sich die geplanten Änderungen auswirken? Der Hochwasserabfluss der Windach bei einem hundertjährlichen Hochwasserereignis beträgt 39,8 Kubikmeter pro Sekunde. Diese Wassermenge hätte sich ursprünglich am Wehr in 1,2 Kubikmeter pro Sekunde im Mühlbach und 38,6 Kubikmeter pro Sekunde in der Windach aufgeteilt. Durch den Wehrdurchbruch verbleiben nun die gesamten 39,8 Kubikmeter pro Sekunde in der Windach, da aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nahezu kein Wasser mehr in den Mühlbach gelangen kann. Die Überschwemmungssituation bei einem hundertjährlichen Hochwasser wurde für den betroffenen Bereich überrechnet . Die der Berechnung zu Grunde liegenden Daten haben eine Genauigkeit von +/–0 Zentimeter bezüglich der Geländehöhen. Rein rechnerisch verändert sich das Überschwemmungsgebiet aufgrund der Minderausleitung in den Mühlbach nur unwesentlich. Tendenziell erhöht sich die Überschwemmung in der Flussaue unterhalb des Wehres, während sich in der Ortslage im Bereich der Einmündung des Mühlbaches eine leichte Senkung der Wasserspiegel errechnen lässt.