Daher frage ich die Staatsregierung: 1. Kann ein Auslagenersatz als privatrechtliches Entgelt für Sprachkurse im Rahmen einer studienbegleitenden Fremdsprachenausbildung, die nicht in den jeweiligen Studien- und Prüfungsordnungen vorgeschrieben ist, auf der Grundlage von Art. 71 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BayHSchG erhoben werden? 2. Kann ein Auslagenersatz als privatrechtliches Entgelt nach den vorgenannten Vorschriften oder einer anderen Bestimmung für solche sachlichen Ausbildungsmittel erhoben werden, deren Erforderlichkeit nicht in einer Studien- oder Prüfungsordnung geregelt ist? 3. a) Können aufgrund Art. 71 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BayHSchG privatrechtliche Entgelte nach Maßgabe pauschal festgelegter Sätze erhoben werden? b) Falls die Oberfrage zu bejahen ist, wie weit reicht das Pauschalierungsermessen der Hochschule bei der Festlegung der Entgeltsätze, sind die Hochschulen – auch unter dem Gesichtspunkt des Verbots einer „Flucht ins Privatrecht“ – dabei an allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze wie das Kostendeckungsprinzip und den Äquivalenzgrundsatz gebunden? c) Falls die Oberfrage zu bejahen ist, sind die Hochschulen zur anteiligen Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen verpflichtet, falls der tatsächliche Marktwert der an die Studierenden abgegebenen sachlichen Ausbildungsmittel – ggf. unter Berücksichtigung eines Pauschalierungsermessens der Hochschule – den geforderten Auslagenersatz unterschreitet? 4. a) Sind die Hochschulen verpflichtet, einen als privatrechtliches Entgelt vereinnahmten Auslagenersatz für die Abgabe sachlicher Ausbildungsmittel an die Studierenden zu verwenden? b) Falls die Oberfrage zu bejahen ist, haben die Studierenden einen korrespondierenden Rechtsanspruch auf entsprechende Verwendung des Auslagenersatzes – auch unter dem Gesichtspunkt einer privatrechtlichen Vertragsbeziehung? c) Falls die Oberfrage zu verneinen ist, wie haben die Hochschulen die vereinnahmten Mittel sonst zu verwenden , wenn sie nicht vollständig für die Abgabe sachlicher Ausbildungsmittel an die Studierenden aufgebraucht werden? 5. Wie wird die Verwendung des durch die Hochschule oder eine ihrer Fakultäten bzw. Einrichtung vereinnahmten Auslagenersatzes hochschulintern und -extern kontrolliert? 17. Wahlperiode 08.04.2016 17/10141 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Margit Wild SPD vom 08.12.2015 Auslagenersatz in der Studienbegleitenden Fremdsprachenausbildung Durch Beschluss des Präsidiums der Universität Regensburg vom 24.11.2014 wird für die Sprachkurse der Studienbegleitenden Fremdsprachenausbildung am Zentrum für Sprache und Kommunikation der Universität Regensburg ein Auslagenersatz nach Maßgabe der Ordnung über den Auslagenersetz (usw.) vom 27.01.2015 erhoben. Die Ordnung bestimmt unter anderem, dass Lehrbücher für die Studierenden vom Auslagenersatz nicht umfasst sind (§ 1 Abs. 1 Satz 1), und setzt für Studierende der Universität Regensburg und der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH) „Sätze pro Kurs“, nämlich für 2 SWS 25,00 EUR, für 4 SWS 50,00 EUR fest (§ 2). Alle Studierenden, die aufgrund einer für sie geltenden Studien- und Prüfungsordnung in bestimmten Modulen ausschließlich auf Sprachkurse der Studienbegleitenden Fremdsprachenausbildung zurückgreifen können, werden gem. § 1 Abs. 2 der Ordnung auf Antrag vom Auslagenersatz befreit. Die Erhebung des Auslagenersatzes als privatrechtliches Entgelt wird auf Art. 71 Abs. 4 Sätze 2 und 3 Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG) gestützt. Art. 71 Abs. 4 BayHSchG lautet wie folgt: Für Hochschulprüfungen und staatliche Prüfungen werden Gebühren und Auslagen nicht erhoben, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Hochschulen sind nicht verpflichtet, alle nach Studien- und Prüfungsordnungen erforderlichen sachlichen Ausbildungsmittel unentgeltlich zur Verfügung zu stellen; für Exkursionen gilt dies entsprechend . Etwaige Entgelte nach Satz 2 werden privatrechtlich erhoben. In der Begründung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung eines Bayerischen Hochschulgesetzes vom 06.12.2005 (Drs. 15/4396) wird zur wortlautgleichen Vorgängerbestimmung (Art. 71 Abs. 9 BayHSchG a. F.) ausgeführt, dass die Regelung in Satz 2 den Haushaltsvermerken bei den Hochschulkapiteln Titelgruppe (TG) 73 entspreche, wonach aus den Mitteln für Lehre und Forschung die für das Studium notwendigen Verbrauchsmittel an Studierende unentgeltlich abgegeben werden dürfe. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10141 Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 15.02.2016 1. Kann ein Auslagenersatz als privatrechtliches Entgelt für Sprachkurse im Rahmen einer studienbegleitenden Fremdsprachenausbildung, die nicht in den jeweiligen Studien- und Prüfungsordnungen vorgeschrieben ist, auf der Grundlage von Art. 71 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BayHSchG erhoben werden? 2. Kann ein Auslagenersatz als privatrechtliches Entgelt nach den vorgenannten Vorschriften oder einer anderen Bestimmung für solche sachlichen Ausbildungsmittel erhoben werden, deren Erforderlichkeit nicht in einer Studien- oder Prüfungsordnung geregelt ist? Beide Fragen sind zu bejahen. Art. 71 Abs. 4 Satz 2 BayHSchG erlaubt den Hochschulen, ein Entgelt für den Studierenden zur Verfügung gestellte sachliche Ausbildungsmittel zu fordern. Art. 71 Abs. 4 Satz 3 BayHSchG verlangt, dass Kosten hierfür als privatrechtliches Entgelt erhoben werden. Die Berechtigung, ein Entgelt für sachliche Ausbildungsmittel zu verlangen, deren Erforderlichkeit in einer Studien- und Prüfungsordnung festgelegt ist, erstreckt sich erst recht auf den Bereich der sachlichen Ausbildungsmittel , die nicht von einer Studien- und Prüfungsordnung gefordert sind. Es ist zulässig, dass Hochschulen im Rahmen einer studienbegleitenden Fremdsprachenausbildung ein Entgelt für sachliche Ausbildungsmittel erheben. 3. a) Können aufgrund Art. 71 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BayHSchG privatrechtliche Entgelte nach Maßgabe pauschal festgelegter Sätze erhoben werden? Ja. b) Falls die Oberfrage zu bejahen ist, wie weit reicht das Pauschalierungsermessen der Hochschule bei der Festlegung der Entgeltsätze, sind die Hochschulen – auch unter dem Gesichtspunkt des Verbots einer „Flucht ins Privatrecht“ – dabei an allgemeine rechtsstaatliche Grundsätze wie das Kostendeckungsprinzip und den Äquivalenzgrundsatz gebunden? Art. 71 Abs. 4 Satz 3 BayHSchG regelt nur die Art und Weise der Kostenerhebung und schließt damit aus, dass eine Hochschule entsprechende Kostenforderungen öffentlich -rechtlich durch Bescheid festsetzt. Die privatrechtliche Erhebung begünstigt die Kostenschuldner , denn sie zwingt die Hochschulen, ausstehende Zahlungen im Streitfall allenfalls mithilfe eines vor den ordentlichen Gerichten zu erstreitenden Vollstreckungstitels einzutreiben, und schließt Vollstreckungsmaßnahmen nach dem Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz aus. Art. 71 Abs. 4 Satz 3 BayHSchG befreit die Hochschulen nicht von ihrer Grundrechtsbindung gegenüber den Studierenden . Eine „Flucht ins Privatrecht“ ist daher nicht zulässig . Allgemeine Grundsätze wie das Kostendeckungsprinzip und der Äquivalenzgrundsatz gelten unabhängig von der Art der Kostenerhebung. Insbesondere darf die Entgelthöhe nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zur der tatsächlichen Zurverfügungstellung sachlicher Ausbildungsmittel stehen und auch nicht dazu führen, dass eine nicht durch Gesetz vorgesehene Einnahmequelle erschlossen wird. Zu bedenken ist, dass der Aufwand zur Ermittlung der Berechnungsgrundlage zur Kostenfestsetzung seinerseits nicht so hohe Kosten verursachen darf, dass im Ergebnis die für sachliche Ausbildungsmittel erhobenen Entgelte dadurch aufgebraucht werden. Die Angemessenheit eines Entgelts, also seine Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn, lässt sich nur in Kenntnis aller Umstände des Einzelfalls beurteilen. c) Falls die Oberfrage zu bejahen ist, sind die Hochschulen zur anteiligen Rückerstattung bereits geleisteter Zahlungen verpflichtet, falls der tatsächliche Marktwert der an die Studierenden abgegebenen sachlichen Ausbildungsmittel – ggf. unter Berücksichtigung eines Pauschalierungsermessens der Hochschule – den geforderten Auslagenersatz unterschreitet? Unangemessene Überzahlungen sind grundsätzlich auszugleichen . 4. a) Sind die Hochschulen verpflichtet, einen als privatrechtliches Entgelt vereinnahmten Auslagenersatz für die Abgabe sachlicher Ausbildungsmittel an die Studierenden zu verwenden? Eine rechtliche Verpflichtung besteht nicht. Faktisch sind jedoch hochschulinterne Absprachen üblich, wonach die zusätzlichen Einnahmemittel dem Etat der betreffenden Fachabteilungen/Fakultäten zugeteilt werden. An der Universität Regensburg ist z. B. hochschulintern geregelt, dass das Zentrum für Sprache und Kommunikation die Einnahmen aus dem Auslagenersatz für Sprachkurse der Studienbegleitenden Fremdsprachenausbildung im Rahmen der dezentralen Ressourcenverwendung selbst verwaltet. b) Falls die Oberfrage zu bejahen ist, haben die Studierenden einen korrespondierenden Rechtsanspruch auf entsprechende Verwendung des Auslagenersatzes — auch unter dem Gesichtspunkt einer privatrechtlichen Vertragsbeziehung? c) Falls die Oberfrage zu verneinen ist, wie haben die Hochschulen die vereinnahmten Mittel sonst zu verwenden, wenn sie nicht vollständig für die Abgabe sachlicher Ausbildungsmittel an die Studierenden aufgebraucht werden? Die Studierenden haben keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Verwendung von Haushaltsmitteln. Derartige Individualansprüche sind dem Haushaltsrecht fremd. Ausgehend vom Grundsatz der Gesamtdeckung (vgl. Art. 8 Satz 1 BayHO) lässt das Haushaltsrecht ausnahmsweise zu, dass durch Koppelung eines Einnahmetitels mit einem Ausgabetitel die von einer Hochschule vereinnahmten Entgelte auch der Hochschule verbleiben (vgl. Art. 8 Satz 2 Nr. 1 BayHO, Art. 5 Abs. 1 Satz 5 BayHSchG). In jedem Fall können die Hochschulen ihre Haushaltsmittel nur zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben, also zu Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung verwenden. 5. Wie wird die Verwendung des durch die Hochschule oder eine ihrer Fakultäten bzw. Einrich- Drucksache 17/10141 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 tung vereinnahmten Auslagenersatzes hochschulintern und -extern kontrolliert? Die Hochschulen sind in Fragen der Haushalts- und Wirtschaftsführung an die geltenden Bestimmungen gebunden . Die interne Kontrolle erfolgt durch die Hochschulverwaltung (Haushaltsabteilung/Finanzmanagement) und regelmäßig durch die betroffenen Fakultäten bzw. Einrichtungen , wie z. B. in dem der Schriftlichen Anfrage zugrunde liegenden Ausgangsfall dem Zentrum für Sprache und Kommunikation der Universität Regensburg. Wie andere staatliche Stellen auch unterliegen die bayerischen Hochschulen der Prüfung durch den Obersten Rechnungshof (vgl. Art. 88 Abs. 1 BayHO).