Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Linus Förster SPD vom 03.11.2015 Kinder- und Jugendarmut in Bayern Gemäß einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung (Social Justice Index) sind 26 Millionen Kinder und Jugendliche in der Europäischen Union von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Kinder und Jugendliche in Bayern werden von der Staatsregierung als von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht eingestuft (bitte nach Regierungsbezirken aufgeschlüsselt)? b) Spiegelt sich das von der Stiftung festgestellte Nord- Süd-Gefälle innerhalb der EU auch in Bayern wider (Index-Werte: Schweden 7,23; Deutschland 6,52; EU- Durchschnitt 5,63; Griechenland 3,61)? c) Können äquivalente Ungleichheiten im Vergleich von Stadt und Land in Bayern festgestellt werden? 2. Mit welchen konkreten Maßnahmen und Programmen versucht die Staatsregierung der sozialen Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken (bitte als Auflistung mit Titel, Laufzeit und (Zwischen -)Bilanz)? 3. a) Wie hoch ist der Anteil von Jugendlichen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen (befristete Verträge, Niedriglohnsektor) in Bayern (bitte nach Regierungsbezirken aufgeschlüsselt)? b) Welche konkreten Maßnahmen führt die Staatsregierung durch, um Jugendliche von atypischen Beschäftigungsverhältnissen in reguläre Arbeitsverhältnisse zu überführen (bitte als Auflistung mit Titel, Laufzeit und (Zwischen-)Bilanz)? c) Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Staatsregierung zur Bekämpfung des Phänomens „Armut trotz Vollzeitbeschäftigung“ (bitte als Auflistung mit Titel, Laufzeit und (Zwischen-)Bilanz)? 4. Wie schätzt die Staatsregierung die Auswirkungen der atypischen Beschäftigungsverhältnisse Jugendlicher auf die Entwicklung der Altersarmut ein? 5. Mit welchen Maßnahmen und Programmen versucht die Staatsregierung der zukünftigen Entwicklung der Altersarmut entgegenzuwirken (bitte als Auflistung mit Titel, Laufzeit und (Zwischen-)Bilanz)? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 29.02.2016 1. a) Wie viele Kinder und Jugendliche in Bayern werden von der Staatsregierung als von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht eingestuft (bitte nach Regierungsbezirken aufgeschlüsselt)? Von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffene Kinder und Jugendliche: Auf Basis eines bundesweit mittleren Einkommens (Bundesmedian ; Daten auf Basis des bayerischen mittleren Einkommens für das Jahr 2014 nicht verfügbar) entwickelten sich im Zeitraum von 2005 bis 2014 die Armutsgefährdungsquoten im Sinne der Definition der amtlichen Sozialberichterstattung und die absolute Anzahl armutsgefährdeter Kinder und Jugendlicher unter 18 Jahren in den Regierungsbezirken wie folgt: Armutsgefährdungsquoten von Personen unter 18 Jahren , in Prozent 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Bayern 13,9 12,8 12,8 12,2 12,5 11,6 11,6 11,6 11,6 11,9 Mittelfranken 16,7 15,6 15,7 16,0 15,4 12,9 15,5 14,0 14,2 16,0 Niederbayern 12,9 12,1 12,2 11,9 10,4 10,6 9,5 10,1 11,8 14,0 Oberbayern 11,7 10,3 10,6 9,8 9,9 9,5 10,0 10,0 10,1 9,1 Oberfranken 17,0 15,5 15,9 13,9 17,0 15,4 14,4 16,2 13,0 14,2 Oberpfalz 14,3 12,6 12,0 10,6 14,9 12,5 9,4 9,9 10,1 9,6 Schwaben 13,3 13,0 13,1 13,7 12,1 11,7 12,3 11,5 12,1 13,1 Unterfranken 15,9 15,4 14,3 13,2 14,6 14,1 12,9 13,0 12,2 12,4 zum Vergleich z. B. Baden- Württemberg 12,9 12,1 12 11,9 12,9 13,2 13,1 13,2 12,6 12,7 Hessen 17,8 16,4 15,9 16,4 16 15,3 15,5 16,5 16,4 16,8 Nordrhein- Westfalen 20,4 19,7 20,0 20,3 21,0 20,9 22,5 21,4 22,8 23,6 Armutsgefährdete Personen unter 18 Jahren, in Tausend 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Bayern 315 291 286 267 268 244 245 243 240 245 Mittelfranken 49 47 47 47 43 35 44 39 40 45 Niederbayern 30 27 26 26 22 22 19 20 23 26 Oberbayern 87 78 81 74 73 70 75 75 74 67 Oberfranken 33 30 29 24 29 24 23 27 22 24 Oberpfalz 29 25 23 20 28 23 17 18 18 16 Schwaben 46 43 43 44 39 37 39 37 38 41 Unterfranken 40 40 35 31 34 32 28 28 25 25 zum Vergleich z.B. Baden- Württemberg 262 241 236 231 246 246 241 242 229 229 Hessen 192 174 166 169 163 153 156 165 163 168 Nordrhein- Westfalen 678 643 639 636 647 627 671 630 667 684 Insgesamt ist danach in Bayern die Armutsgefährdungsquote für Personen unter 18 Jahren im Zeitraum von 2005 bis 2014 von 13,9 Prozent auf 11,9 Prozent gesunken, die absolute Zahl ging von 315.000 auf 245.000 zurück. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 20.05.2016 17/10345 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10345 Erläuternde Hinweise: – Armutsgefährdungsquoten orientieren sich am Konzept der relativen Armut: Sie messen den Anteil der Personen mit einem Nettoäquivalenzeinkommen von weniger als 60 Prozent des Medians der Nettoäquivalenzeinkommen (Armutsgefährdungsschwelle) der Bevölkerung in Privathaushalten am Ort der Hauptwohnung. Insofern ist die Armutsgefährdungsquote ein Verteilungsmaß, das Teilhabechancen am mittleren Lebensstandard erfasst, sich aber nicht auf eine absolute Armut im Sinne eines physischen Überlebens (wie in sehr leistungsschwachen Volkswirtschaften) bezieht. – Bundesmedian: Grundlage der Berechnungen ist die Armutsgefährdungsschwelle des Bundes. Diese wird anhand des mittleren Einkommens (Median) im gesamten Bundesgebiet errechnet. Regional unterschiedliche Einkommensniveaus werden dabei nicht beachtet. Dies kann dazu führen, dass Armutsgefährdungsquoten in Regionen mit geringerem Einkommensniveau tendenziell überschätzt werden, da in ihnen zumeist auch ein niedrigeres Preisniveau besteht. In Regionen mit höherem Einkommensniveau werden sie tendenziell unterschätzt, da in ihnen zumeist auch ein höheres Preisniveau besteht . Das mittlere Einkommensniveau (Nettoäquivalenzeinkommen ) liegt in Bayern nominal ca. 7 Prozent über dem Bundesdurchschnitt; die regionalen Armutsgefährdungsquoten (auf Basis des Landesmedians) lagen in den vergangenen Jahren über den Quoten auf Basis des Bundesmedians. – Von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffene Menschen : Das Statistische Amt der EU (Eurostat) veröffentlicht auf Basis des europäischen Haushaltspanels EU- SILC Werte für von Armut und/oder sozialer Ausgrenzung betroffenen Personen. Derartige Daten wurden aber für einzelne Bundesländer seitens Eurostat nicht veröffentlicht , sodass dazu keine Auswertungen für Kinder und Jugendliche in Bayern verfügbar sind. SGB II/XII-Bezug von Kindern und Jugendlichen: Für Hilfebedürftige, die kein ausreichendes eigenes Einkommen zur Verfügung haben, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, werden von den Jobcentern und Sozialämtern gesetzliche Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Sozialgesetzbuch – SGB – Zweites Buch – II –) oder der Sozialhilfe (SGB XII) erbracht. Diese dienen der Sicherstellung des Existenzminimums, einschließlich der sozialen Teilhabe. Sie umfassen insbesondere den Regelbedarf und die Kosten für Unterkunft und Heizung. Der Regelbedarf deckt neben dem physischen Existenzminimum (Energie, Nahrung) auch das soziokulturelle Existenzminimum ab. Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene können daneben Bildungs- und Teilhabeleistungen erbracht werden. Für Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufs-bildender Schulen werden unter bestimmten Voraussetzungen die Aufwendungen anerkannt für Schulausflüge, mehrtägige Klassenfahrten, Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf, Schülerbeförderung, ergänzende angemessene Lernförderung und gemeinschaftliche Mittagsverpflegung. Auch die Kosten für Kita-Ausflüge und die Teilnahme an der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege können berücksichtigt werden. Für Kinder und Jugendliche wird bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (unabhängig vom Schülerstatus) ein Teilhabebedarf in Höhe von 10 € monatlich anerkannt für Mitgliedsbeiträge in den Bereichen Sport, Spiel, Kultur und Geselligkeit , Unterricht in künstlerischen Fächern und vergleichbare angeleitete Aktivitäten der kulturellen Bildung und die Teilnahme an Freizeiten. Die Bildungs- und Teilhabeleistungen können auch dann als Leistungen des SGB II oder XII gewährt werden, wenn das Einkommen im Übrigen zur Abdeckung des Lebensunterhalts ausreicht (auch Bezieher von Kinderzuschlag oder Wohngeld haben für ihre Kinder einen Anspruch auf die o. g. Bildungs- und Teilhabeleistungen). Vor diesem Hintergrund können weitere Anhaltspunkte für die Entwicklung der Armutsgefährdungsquote von Kindern und Jugendlichen in Bayern folgendem Vergleich der Quoten der nichterwerbsfähigen Hilfebedürftigen unter 15 Jahren (Sozialgeldempfänger nach dem SGB II) in den Regierungsbezirken entnommen werden: Quoten der nichterwerbsfähigen Hilfebedürftigen unter 15 Jahren (Sozialgeldempfänger), in Prozent O be rba ye rn N ie de rba ye rn O be rpf al z O be rfra nk en M itt el - fra nk en U nt er - fra nk en S ch w abe n B ay er n 2007 7,1 7,3 8,4 10,7 11,6 8,8 7,1 8,3 2008 6,8 6,8 7,8 10,2 11,1 8,4 6,8 7,9 2009 6,7 6,7 7,5 9,7 10,9 8,1 6,8 7,7 2010 6,9 6,4 7,3 9,6 11,1 7,8 7,1 7,8 2011 6,6 5,6 6,4 8,5 10,4 7,1 6,4 7,2 2012 6,4 5,3 6,1 8,0 10,2 6,8 5,9 6,9 2013 6,5 5,4 6,2 8,2 10,4 7,0 5,9 7,0 2014 6,7 5,5 6,2 8,3 10,8 7,1 5,9 7,1 Insgesamt ist danach in Bayern die Quote der nichterwerbsfähigen Hilfebedürftigen unter 15 Jahren im Zeitraum von 2007 bis 2014 von 8,3 auf 7,1 Prozent gesunken. Im Juni 2015 war die Quote der nichterwerbsfähigen Hilfebedürftigen unter 15 Jahren in Bayern mit 7,3 Prozent im Vergleich zu allen anderen Bundesländern am niedrigsten (Baden-Würtemberg – BW –: 8,6 Prozent; Deutschland – D –: 15,7 Prozent). Insgesamt lebten 141.032 unverheiratete Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die Leistungen nach dem SGB II erhielten, in Bayern, davon 122.855 unter 15 Jahren (D insgesamt: 1.933.747, davon 1.665.800 unter 15 Jahren). Im Rahmen der Sozialhilfe (SGB XII) kommen für Kinder und Jugendliche lediglich Leistungen im Rahmen des 3. Kapitels (Hilfe zum Lebensunterhalt) in Betracht, da Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erst ab dem vollendeten 18. Lebensjahr möglich sind. Insgesamt lebten am 31. Dezember 2014 in Bayern 2.643 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren, die Leistungen nach dem SGB XII erhielten, davon 2.112 unter 15 Jahren (D insgesamt: 30.121 unter 18 Jahren). b) Spiegelt sich das von der Stiftung festgestellte Nord-Süd-Gefälle innerhalb der EU auch in Bayern wider (Index-Werte: Schweden 7,23; Deutschland 6,52; EU-Durchschnitt 5,63; Griechenland 3,61)? Insoweit wird auf die Ausführungen zu Frage 1 a verwiesen. c) Können äquivalente Ungleichheiten im Vergleich von Stadt und Land in Bayern festgestellt werden? Armutsgefährdungsquoten liegen nur für Großstädte vor. Die vorliegenden Daten zeigen jedoch keinen einheitlichen Trend im Stadt-Land-Vergleich. So weist nach den Daten Drucksache 17/10345 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 des Statistischen Bundesamts München mit 9,4 Prozent eine unterdurchschnittliche und Nürnberg mit 20,8 Prozent eine überdurchschnittliche Armutsgefährdungsquote im Vergleich zum bayernweiten Durchschnitt in Höhe von 11,5 Prozent auf (jeweils auf Basis des Bundesmedians gemessen). 2. Mit welchen konkreten Maßnahmen und Programmen versucht die Staatsregierung der sozialen Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken (bitte als Auflistung mit Titel, Laufzeit und (Zwischen-)Bilanz)? Lebensbedingungen in Bayern: Für die Bekämpfung bestehender Armutsgefährdung und der damit verbundenen Gefahr sozialer Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen gilt: Die Lebenslage von Kindern und Jugendlichen kann nicht isoliert von der Situation der Eltern angegangen werden. Vielmehr handelt es sich um eine von den Eltern abgeleitete Situation, zu deren Bekämpfung es auf Grund vielfältiger Ursachen kein „Einheitsrezept“ gibt. Notwendig ist ein Maßnahmenbündel. Dazu gehört insbesondere auch die Verbesserung der Bildungs- und Teilhabechancen der Kinder und Jugendlichen, um eine künftige Armutsgefährdung zu verhindern. Maßnahmen für Eltern (Ermöglichung von Erwerbstätigkeit, finanzielle Unterstützung , Beratung) sowie Maßnahmen für Kinder und Jugendliche (insbesondere Kinder- und Jugendhilfe einschließlich frühkindlicher Bildung und Betreuung, Förderung von Ausbildung ) ergeben zusammen ein tragfähiges Netz für Familien . Arbeitsmarkt in Bayern: Zentrale Voraussetzung zur Verhinderung von Armutsgefährdung bei Familien ist ein existenzsichernder, qualifikationsgerechter Arbeitsplatz für Eltern. Am bayerischen Arbeitsmarkt bietet sich für Familien eine grundsätzlich gute Ausgangslage: Derzeit sind rund 5,3 Mio. Menschen in Bayern sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Das ist ein historischer Höchststand. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell bei 3,4 Prozent (0,2 Prozentpunkte niedriger als im Vorjahr). Bayern hat damit die niedrigste Arbeitslosenquote aller Bundesländer . Zudem zeigt sich die bayerische Wirtschaft weiterhin robust , die Nachfrage an Arbeitskräften ist groß. Preisstabilität , niedrige Zinsen sowie steigende Einkommen stärken den privaten Konsum als Stütze der Konjunktur. Auch die geringe Jugendarbeitslosigkeit zeigt, dass junge Menschen in Bayern grundsätzlich gute Zukunftsperspektiven haben. Dass die Jugendarbeitslosenquote in Bayern mit aktuell 2,6 Prozent (Dezember 2015) zu den niedrigsten in Deutschland und Europa gehört, ist auch ein Ergebnis der jahrelangen Förderung des Übergangs leistungsschwächerer junger Menschen in Ausbildung durch das Programm „Fit for Work“. Denn trotz der anhaltend guten Situation auf dem Ausbildungsstellenmarkt haben Jugendliche mit niederen oder fehlenden Schulabschlüssen kaum Chancen, in eine duale Ausbildung einzumünden. Diese Jugendlichen benötigen während der Ausbildung in der Regel vermehrt eine zeitintensive Unterstützung in Theorie und Praxis. Hier greift „Fit for Work“ und federt diesen Mehraufwand mit einem Zuschuss zu den Kosten der Ausbildungsvergütung ab. In der letzten Förderperiode des Europäischen Sozialfonds (ESF) von 2007 bis 2013 wurden 11.001 Ausbildungsverhältnisse mit rd. 27,7 Mio. Euro gefördert. Darüber hinaus leisten die Partner in der „Allianz für starke Berufsbildung in Bayern“ ihren Beitrag, möglichst viele Jugendliche unmittelbar in Ausbildung zu bringen und somit der Jugendarbeitslosigkeit vorzubeugen, z. B. Maßnahmen für junge Erwachsene ohne Berufsabschluss oder Studienabbrecher (nähere Ausführungen bei Frage 3 b). Finanzielle Unterstützung für Familien: Neben den guten Chancen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, werden die Lebensbedingungen für Familien zudem durch Interventionsleistungen gestärkt: Familien werden durch Familien- und Sozialleistungen des Bundes und des Freistaats Bayern finanziell unterstützt (u. a. Kindergeld, Kinderzuschlag , Unterhaltsvorschuss, Wohngeld, Bayerisches Landeserziehungsgeld, künftig auch durch das Bayerische Betreuungsgeld). Viele dieser Leistungen wurden erst kürzlich oder werden 2016 angehoben bzw. eingeführt. Maßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe: Sozial benachteiligte junge Menschen und deren Familien erhalten besondere Aufmerksamkeit auf der Grundlage des am 11. Juni 2013 vom Kabinett beschlossenen Kinder- und Jugendprogramms der Staatsregierung. Ziele sind dabei insbesondere die Stärkung familiärer Ressourcen, soziale und berufliche Integration junger Menschen, Sicherung der Funktionsfähigkeit des Sozialstaates und des sozialen Friedens sowie die Bekämpfung von Jugendgewalt und Extremismus . Mit dem Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen und den Investitionen in Qualität wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert, Erwerbstätigkeit ermöglicht und frühkindliche Bildung gefördert. Der Freistaat Bayern unterstützt die zuständigen Kommunen umfassend bei der Schaffung eines bedarfsgerechten, qualitativ hochwertigen Angebots. Die Jugendarbeit umfasst ein breites und vielfältiges Spektrum von Bildungs- und Freizeitangeboten in Jugendverbänden, Vereinen und Einrichtungen der offenen Jugendarbeit und wirkt damit auch der sozialen Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen entgegen. Darüber hinaus sind beispielhaft zu nennen die Landesförderprogramme Koordinierende Kinderschutzstellen (KoKi), Erziehungsberatungsstellen (EB); Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) und Arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit (AJS). Alle diese Förderprogramme haben starke integrative Wirkungen . Ein herausragendes Anliegen ist vor allem auch die schulische und berufliche Eingliederung sozial benachteiligter junger Menschen (JaS und AJS): – Förderprogramm Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS): Zielgruppe wird direkt am Ort der Schule durch sozialpädagogische Fachkräfte unterstützt; Laufzeit der Förderrichtlinie: 31.12.2019; Haushaltsansatz 2015: 13,7 Mio. Euro, 2016: 14,6 Mio. Euro (Stand 12.11.2015: 735 geförderte JaS-Stellen an 1.008 JaS-Einsatzorten). – Förderprogramm Arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit (AJS): Hochwertiges Angebot an ganzheitlichen Qualifizierungs- und Ausbildungsprojekten in einem realistischen betrieblichen Rahmen, insbesondere in Jugendwerkstätten . Dauerförderung; Ansätze im Landeshaushalt 2015: rd. 4 Mio. Euro, 2016: rd. 5,5 Mio. Euro; zudem stehen im ESF-Förderzeitraum von 2014 bis 2020 40 Mio. Euro ESF-Mittel zur Verfügung. Hinzu kommen jährlich rd. 0,7 Mio. Euro Landesmittel aus dem Arbeitsmarktfonds . Darüber hinaus trägt das Strukturprogramm Nürnberg/ Fürth mit den Modellprojekten „Perspektiven für Fa- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10345 milien“ in Nürnberg und „TANDEM“ in Fürth (Laufzeit: 01.07.2010–30.06.2016) dazu bei, der sozialen Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen entgegenzuwirken. Die Modellprojekte verfolgen das Ziel, das „Weitervererben“ von Hartz IV-Karrieren durch Verbindung von Arbeitsmarktmaßnahmen mit eltern- und kindbezogenen Maßnahmen der Jugendhilfe zu durchbrechen (sog. ganzheitlicher Ansatz). Die Maßnahmen verfolgen damit eine Doppelstrategie: – Eltern sollen aus der Langzeitarbeitslosigkeit herausgeholt werden. Ebenso sollen Kinder ihre Eltern eigenverantwortlich , als Vorbild und mit fester Tagesstruktur erleben. Bei gelingender Integration ist das Risiko der Armut und sozialen Ausgrenzung (gerade auch bei den Kindern) deutlich geringer. – Gleichzeitig werden spezielle Maßnahmen für ein gelingendes Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen umgesetzt , damit diese aus eigener Kraft den Hartz-IV-Bezug nach Erreichen des erwerbsfähigen Alters vermeiden können. Die Erfolge der Modellprojekte in der ersten Projektphase (07/2010–06/2013) sind im Hinblick auf die Zielgruppe und die regionalen Gegebenheiten beachtlich: Beispielsweise konnte in Nürnberg bei 32 Prozent der teilnehmenden Familien eine Eingliederung in Arbeit erfolgen; in Fürth lag dieser Wert bei 30 Prozent. Die Kosten-Nutzen-Analyse belegt – bei allen immanenten Prognoserisiken – in der Lebensverlaufsperspektive eine eindeutige positive Bilanz (vgl. dazu http://www.stmas.bayern.de/presse/pm1411-324.php mit Links zu weiterführenden Informationen). In der zweiten Projektphase (07/2013–06/2016) liegt die Eingliederungsquote der teilnehmenden Bedarfsgemeinschaften in Fürth aktuell bereits bei rund 45 Prozent, in Nürnberg sogar bei über 50 Prozent. Insgesamt stehen im Arbeitsmarktfonds (AMF) für Härtefälle (Kap. 13 44 Tit. 633 80) bis zu 10 Mio. Euro zur Verfügung . 3. a) Wie hoch ist der Anteil von Jugendlichen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen (befristete Verträge, Niedriglohnsektor) in Bayern (bitte nach Regierungsbezirken aufgeschlüsselt)? Der Staatsregierung liegen keine diesbezüglichen Daten vor. Deshalb wurde die Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit um Übermittlung von Angaben zur Fragestellung gebeten. Es wird auf die nachfolgenden Auswertungen aus der Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit zur Beschäftigung in Teilzeit, zu geringfügig entlohnter Tätigkeit sowie zur Beschäftigung in der Arbeitnehmerüberlassung , jeweils aufgegliedert nach Regierungsbezirken (Stand: jeweils zuletzt verfügbarer Quartalsstichtag 31.03.2015), verwiesen. Datenmaterial zur Beschäftigung im „Niedriglohnsektor“ liegt nicht vor. Ebenso wurden keine Informationen zur befristeten Beschäftigung übermittelt. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) am Arbeitsort (AO) in Teilzeit nach Alter Region Insgesamt darunter unter 15 Jahre 15 bis unter 20 Jahre 20 bis unter 25 Jahre 09 Bayern 1.317.917 6 9.739 65.737 091 Oberbayern 475.883 * 4.069 27.384 092 Niederbayern 112.213 * 722 4.401 093 Oberpfalz 110.568 - 686 4.822 094 Oberfranken 112.899 - 712 4.917 095 Mittelfranken 195.665 - 1.356 10.751 096 Unterfranken 133.907 - 766 5.541 097 Schwaben 176.782 * 1.428 7.921 Geringfügig entlohnte Beschäftigte (GeB) sowie ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte nach Alter Region Geringf. entlohnte Beschäftigte darunter ausschließlich GeB Insgesamt darunter Insgesamt darunter un te r 1 5 Ja hr e 15 b is u nt er 2 0 Ja hr e 20 b is u nt er 2 5 Ja hr e un te r 1 5 Ja hr e 15 b is u nt er 2 0 Ja hr e 20 b is u nt er 2 5 Ja hr e 09 Bayern 1.254.491 3.194 67.025 120.120 763.454 3.194 56.029 76.491 091 Oberbayern 451.040 822 26.042 46.823 258.730 822 21.963 29.336 092 Niederbayern 121.152 376 5.549 9.339 78.041 376 4.427 5.470 093 Oberpfalz 106.979 512 5.205 9.753 70.061 512 4.252 6.432 094 Oberfranken 94.234 426 5.287 8.993 61.663 426 4.550 6.358 095 Mittelfranken 157.826 327 8.234 16.356 95.896 327 7.022 11.001 096 Unterfranken 131.994 476 7.184 12.075 85.611 476 6.136 8.256 097 Schwaben 191.266 255 9.524 16.781 113.452 255 7.679 9.638 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) am Arbeitsort (AO) in der Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ) nach Alter Region Insgesamt darunter unter 15 Jahre 15 bis unter 20 Jahre 20 bis unter 25 Jahre 09 Bayern 118.944 * 1.917 18.207 091 Oberbayern 38.307 * 560 5.849 092 Niederbayern 12.508 * 191 2.331 093 Oberpfalz 13.940 - 205 2.143 094 Oberfranken 8.580 - 158 1.209 095 Mittelfranken 20.348 - 369 2.846 096 Unterfranken 7.198 - 144 1.111 097 Schwaben 18.063 * 290 2.718 Zu * folgender Hinweis der Bundesagentur für Arbeit (BA): Aus Datenschutzgründen und Gründen der statistischen Geheimhaltung werden Zahlenwerte von 1 oder 2 und Daten , aus denen rechnerisch auf einen solchen Zahlenwert geschlossen werden kann, anonymisiert. Drucksache 17/10345 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Erläuternde Hinweise: – Arbeitsort (AO): Alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten , die in der betreffenden Region arbeiten, unabhängig vom Wohnort. – Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ): Klassifikation der Wirtschaftszweige WZ 2008 (Wirtschaftsgruppen 782 „Befristete Überlassung von Arbeitskräften“ und 783 „Sonstige Überlassung von Arbeitskräften“). Beschäftigte in Betrieben mit Schwerpunkt „Überlassung von Arbeitskräften“, inklusive Stammpersonal. b) Welche konkreten Maßnahmen führt die Staatsregierung durch, um Jugendliche von atypischen Beschäftigungsverhältnissen in reguläre Arbeitsverhältnisse zu überführen (bitte als Auflistung mit Titel, Laufzeit und (Zwischen-)Bilanz)? Junge Menschen haben in Bayern schon heute nicht zuletzt aufgrund der zielgerichteten arbeitsmarktpolitischen Strategie der Staatsregierung die besten Startchancen ins Berufsleben . Die Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen beträgt aktuell 2,6 Prozent (Dezember 2015). Dies ist – gleichauf mit Baden-Württemberg – die bundesweit niedrigste Quote der Jugendarbeitslosigkeit. Basierend auf dieser bereits sehr guten Ausgangslage setzt sich die Staatsregierung dafür ein, die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Jugendliche und junge Erwachsene – insbesondere leistungsschwächere und/oder individuell beeinträchtigte – nachhaltig zu verbessern. Ziel bayerischer Arbeitsmarktpolitik ist die Förderung der Beschäftigung junger Menschen und damit die grundsätzliche Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit bis zur Fluktuationsarbeitslosigkeit . So hat das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) mit den Organisationen der Wirtschaft, der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit (RD) sowie dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) und dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi) die „Allianz für starke Berufsbildung in Bayern“ geschlossen. U. a. soll für jeden ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen Jugendlichen ein Ausbildungsplatz oder ein sonstiges Beschäftigungsangebot zur Verfügung stehen. Denn eine gute Ausbildung ist immer noch die beste Arbeitslosenversicherung. In der „Allianz für starke Berufsbildung in Bayern“ haben sich die Paktpartner am 15. September 2014 verpflichtet, geeignete Maßnahmen für Jugendliche mit Startschwierigkeiten, junge Erwachsene ohne Berufsabschluss, Studienabbrecher, Jugendberufsagenturen und Jugendliche mit Behinderung zu ergreifen. Die Maßnahmen werden jährlich fortgeschrieben. Im Bereich der Beschäftigungsförderung für junge Menschen kann des Weiteren auf eine bereits seit vielen Jahren praktizierte Zusammenarbeit zwischen StMAS und Arbeitsverwaltung aufgebaut werden. Beispiele: – Rahmenvereinbarung zur Bekämpfung und Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit in Bayern vom 21. Mai 2008. – Darauf aufbauend: „Kooperationsvereinbarung zur Zusammenarbeit und Förderung sozial benachteiligter junger Menschen im Sinne des § 13 SGB VIII“ vom 26. August 2008 (Staatsregierung mit RD, bayerischen kommunalen Spitzenverbänden, Landesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit und Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege). – Gemeinsames Ziel von Staatsregierung und Arbeitsverwaltung : Reduzierung der Arbeitslosigkeit junger Menschen bis auf Fluktuationsarbeitslosigkeit. Am 10. November 2010 haben die Spitzen von StMAS, StMBW und RD eine gemeinsam erarbeitete Erklärung „Fit für die Zukunft – Chancen für alle jungen Menschen in Bayern – Nachhaltige Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit“ unterzeichnet. Sie ist Basis und Ausgangspunkt für die weitere gemeinsame Arbeit, u. a. für die konkrete Umsetzung der jeweiligen Konzepte und Maßnahmen der beteiligten Ressorts und der RD. Ziel ist, die Jugendarbeitslosigkeit nachhaltig und dauerhaft zu reduzieren. c) Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Staatsregierung zur Bekämpfung des Phänomens „Armut trotz Vollzeitbeschäftigung“ (bitte als Auflistung mit Titel, Laufzeit und (Zwischen-)Bilanz)? Eine konkrete Auflistung einzelner Maßnahmen mit Titel, Laufzeit und (Zwischen-)Bilanz ist nicht möglich. Die Zahlung eines auskömmlichen Arbeitsentgelts ist jedoch seit jeher ein zentrales Anliegen bayerischer Arbeitsmarktpolitik , das in verschiedenen Ansatzpunkten verfolgt wird: Mit dem Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie (Tarifautonomiestärkungsgesetz ) vom 11. August 2014 wurde zum 1. Januar 2015 ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Zeitstunde für das ganze Bundesgebiet eingeführt. Die Staatsregierung steht zum gesetzlichen Mindestlohn. Damit trotz Vollzeitbeschäftigung keine Armut entsteht, ist es das Ziel der Staatsregierung, dass möglichst alle Jugendlichen , die ausbildungsfähig und ausbildungswillig sind, eine Ausbildung in den verschiedenen Bildungssystemen beginnen . Im Bereich der dualen Berufsausbildung konnte in Bayern in den letzten Jahren stets eine der günstigsten Ausbildungsstellensituationen zum Ende des Berufsberatungsjahres verzeichnet werden. Im September 2015 überstieg die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen (10.737) die Zahl der unversorgten Bewerber (874) erheblich. Auf 100 unversorgte Bewerber kamen damit rein rechnerisch 1.229 unbesetzte Ausbildungsstellen. Dies ist auch ein Ergebnis der Umsetzung der ESF-Förderungen durch „Fit for Work“ im Rahmen der „Allianz für starke Berufsbildung in Bayern“, bei dem Betriebe bei Ausbildung leistungsschwächerer Jugendlicher Prämien erhalten . Seit 2007 wurden in Bayern 11.001 betriebliche Ausbildungsverhältnisse aus „Fit for Work“ mit rd. 27,7 Mio. Euro gefördert (nähere Ausführungen bei Frage 2). Außerdem sprechen Ausbildungsakquisiteure die Jugendlichen und deren Umfeld an und geben Hilfestellungen. Ebenso werden Studienabbrecher durch Akquisiteure angesprochen und zur Aufnahme einer Berufsausbildung angeregt. Die Akquisiteure werden aus dem Arbeitsmarktfonds (AMF) gefördert. Von 2010 bis 2015 wurden dafür rd. 6,41 Mio. Euro bereitgestellt. Darüber hinaus gibt es drei Projekte zur Unterstützung bei Teilzeitausbildung. Auch aus dem AMF werden Maßnahmen zur Arbeitsförderung und Qualifizierung gefördert. Jugendliche bilden im AMF eine besondere Zielgruppe mit zwei separaten Förderschwerpunkten , die das Ziel verfolgen, die Integration von Jugendlichen in Ausbildung bzw. in Arbeit zu fördern. Seit 1997 wurden durch den AMF bayernweit insgesamt 530 Projekte mit rd. 111 Mio. Euro gefördert; aktuell befinden sich 76 Projekte in der Förderung. Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10345 4. Wie schätzt die Staatsregierung die Auswirkungen der atypischen Beschäftigungsverhältnisse Jugendlicher auf die Entwicklung der Altersarmut ein? Atypische Beschäftigungsverhältnisse junger Menschen können neben persönlichen und arbeitsmarktlichen Faktoren unterschiedliche Gründe haben, wie z. B. die Überbrückung bis zu einem Berufs- oder Ausbildungsstart, ein Zuverdienst neben Schule oder Studium oder auch eine längere berufliche Orientierungsphase. Es kann deshalb aus atypischen Beschäftigungsverhältnissen in der Jugendzeit nicht pauschal auf den späteren Erwerbsverlauf geschlossen werden, der wiederum Grundlage für die Einkommenssituation im Alter ist. Gleichwohl bleibt primäres Ziel, dass möglichst alle Jugendlichen eine Ausbildung machen. Wegen des sog. „Klebeeffekts“ können auch atypische Beschäftigungsverhältnisse , wie die Einstiegsqualifizierung, zu einer Ausbildung führen. Die Berichterstattung in der gesetzlichen Rentenversicherung zur Höhe der Altersversorgung ermöglicht keine Rückschlüsse auf die Auswirkungen atypischer Beschäftigungsverhältnisse in der Jugendphase. 5. Mit welchen Maßnahmen und Programmen versucht die Staatsregierung der zukünftigen Entwicklung der Altersarmut entgegenzuwirken (bitte als Auflistung mit Titel, Laufzeit und (Zwischen-) Bilanz)? Ältere Menschen in Bayern nehmen unterdurchschnittlich oft die Grundsicherung im Alter in Anspruch (BY: 2,6 Prozent, D: 3,0 Prozent; jeweils am 31. Dezember 2013). Ein guter Arbeitsmarkt ist dabei die beste Prävention gegen Altersarmut : In Bayern herrschen mit der höchsten Erwerbstätigenquote (Personen von 15 bis 65 Jahren) und der niedrigsten Arbeitslosigkeit aller Bundesländer ideale Rahmenbedingungen . Die Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitsstunde liegen in Bayern 3 Prozent über westdeutschem Niveau und 7 Prozent über dem gesamtdeutschen Niveau. Diese positive Arbeitsmarktsituation wird sich künftig auf die Altersarmut günstig auswirken. Die momentane höhere Altersarmutsgefährdung in Bayern dürfte u. a. darauf zurückzuführen sein, dass Bayern noch bis in die 1970er-Jahre wirtschaftsstrukturell stärker agrarisch geprägt war als andere Bundesländer und deshalb die Renten der älteren Menschen in Bayern derzeit noch relativ niedriger ausfallen. Im Minimum ist aber eine Angleichung der bayerischen an die west- bzw. gesamtdeutschen Altersarmutsgefährdungsquoten langfristig aufgrund der guten Arbeitsmarkt- und Einkommensentwicklung und dementsprechend generierten Rentenanwartschaften und sonstigen Alterseinkommen zu erwarten. Folgende wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Altersarmut in Bayern wurden voseiten der Staatsregierung bereits ergriffen: Da Frauen von Altersarmut überdurchschnittlich oft bedroht sind, hat die Staatsregierung bundesweit die Mütterrente durchgesetzt. Seit 1. Juli 2014 unterstützt diese Leistung alle Mütter oder Väter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, besser und berücksichtigt die Erziehungsleistung mit einem zusätzlichen Kindererziehungsjahr in der Alterssicherung . Das bedeutet durchschnittlich 350 Euro mehr Rente im Jahr pro Kind. Von der Mütterrente sind bundesweit ca. 8 Mio. Frauen begünstigt, davon etwa 1,1 Mio. in Bayern. Zudem werden Frauen bereits während ihres Erwerbslebens in allen Regierungsbezirken Bayerns durch Servicestellen ganzheitlich unterstützt. Diese werden aus ESF-Mitteln in Höhe von 15 Mio. Euro (ESF 2014–2020) gefördert und bieten Frauen Coaching, Beratung und Qualifizierung an. Die Förderung richtet sich primär an Frauen, die in der Phase der Berufsorientierung bzw. -rückkehr, zur Verbesserung ihrer aktuellen Beschäftigungssituation oder der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit Unterstützung benötigen. Die Maßnahme fördert weiter die Erwerbsbeteiligung der Frauen durch Unterstützung und Coaching für eine existenzsichernde Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit. Auch von der Problematik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind immer noch mehr Frauen als Männer betroffen und somit der Gefahr der Altersarmut ausgesetzt. Für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Bayern haben Staatsregierung und bayerische Wirtschaft vergangenes Jahr den „Familienpakt Bayern“ geschlossen . Die Staatsregierung, die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, der Bayerische Industrie- und Handelskammertag sowie der Bayerische Handwerkstag kamen hier überein , die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gemeinsam kontinuierlich zu verbessern. Wesentliches Element des Familienpakts Bayern ist die Servicestelle. Sie ist zentrale Ansprechpartnerin für Unternehmen in Bayern bei der Umsetzung einer familienfreundlichen Personalpolitik und stellt ein tief gehendes Informations- und Beratungsangebot zur Verfügung, das seit 1. Februar 2016 durch ein umfangreiches Online-Informationsportal ergänzt wird. Den Betrieb der Servicestelle hat die PricewaterhouseCoopers AG in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik (FFP) übernommen. Die Servicestelle hat am 1. September 2015 ihre Arbeit aufgenommen und ist unter servicestelle@familienpakt-bayern.de sowie unter der Telefonnummer 089/5790 6280 erreichbar. Ziel ist es, die zahlreichen existierenden Informationen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf dort für Bayern zusammenzufassen, konkrete Maßnahmen und Hilfestellungen darzustellen, vorbildhafte Unternehmen und Mitglieder des „Familienpakts Bayern“ vorzustellen, sowie über Veranstaltungen zu informieren. Ergänzend wird auf die Ausführungen zu den arbeitsmarktspezifischen Maßnahmen „Perspektiven für Familien“ und „TANDEM“ mit Elementen der Kinder- und Jugendhilfe bei Frage 2 hingewiesen. Das Beenden bzw. Durchbrechen von Langzeitarbeitslosigkeit ist ein wichtiger Schritt zur Vermeidung von Altersarmut. Ziel der Staatsregierung ist es, den ganzheitlichen Ansatz in die Regelstrukturen des SGB III und SGB II zu überführen. Nur so ist es möglich, dass nicht nur die Betroffenen der Region Nürnberg/Fürth von der erfolgreichen Strategie profitieren, sondern all diejenigen im Bundesgebiet, die eine intensive Unterstützung zur Beendigung der Langzeitarbeitslosigkeit und für das Durchbrechen des Weitervererbens von Hartz IV benötigen. Daneben setzt die Staatsregierung auf Qualifizierung, angefangen von der Ausbildung bis hin zum lebenslangen Lernen . Dieses Ziel soll u. a. durch die nachstehenden Maßnahmen vor allem durch bessere Vernetzung vorhandener Strukturen und Maßnahmen erreicht werden: – Initiative „Fit für die Zukunft – Chancen für alle jungen Menschen in Bayern“: Mit der Initiative soll die Jugendarbeitslosigkeit nachhaltig und dauerhaft bis auf die Fluktuationsarbeitslosigkeit reduziert werden (vgl. dazu http://www.stmas.bayern.de/ Drucksache 17/10345 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 7 arbeit/initiative/zukunft.php). Im engen Schulterschluss aller beteiligten Akteure vor Ort sollen junge Menschen auf ihrem Weg von der Schule in Ausbildung und Arbeit unter Berücksichtigung der jeweiligen Situation begleitet, unterstützt und gefördert werden. Ein gelingender Start in das Erwerbsleben ist der wichtigste Grundstein zur Vermeidung von Altersarmut. – Initiative „Ältere und Arbeitswelt“: Ziel der Initiative ist es, älteren Arbeitnehmer/(inne)n eine lange Erwerbstätigkeit bei guter Gesundheit und Motivation zu ermöglichen. Qualifizierung und lebenslanges Lernen spielen dabei eine herausragende Rolle. Im Rahmen konzertierter Aktionen wie Jahresveranstaltungen oder auch der „Woche der Weiterbildung“ wurde bereits auf die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens aufmerksam gemacht (vgl. http://www.stmas.bayern.de/ arbeit/initiative/aeltere.php). Auch hier greifen zudem die Projekte, die durch den Arbeitsmarktfonds gefördert werden, um punktuelle Hilfe für ein selbstgestaltetes Leben unabhängig von staatlichen Transferleistungen zu leisten. Darüber hinaus leistet auch der ESF einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Qualifizierungsziels der Staatsregierung . Die ESF-Förderstrategie des operationellen Programms Bayern 2014–2020 basiert auf den für den Freistaat Bayern identifizierten Bedarfen. Die Ausrichtung des Programms richtet sich dabei nach den im Rahmen der Europa 2020-Strategie definierten Zielen. Das bayerische operationelle Programm gliedert sich in die Bereiche „Förderung von Beschäftigung“, „Bekämpfung von Armut“ sowie „Investitionen in Bildung“. Die Förderung wurde auf drei Prioritätsachsen (Thema) und 14 Förderaktionen (Maßnahmen) konzentriert : Prioritätsach - se Thema Nr. Förderaktion A Förderung nachhaltiger und hochwertiger Beschäftigung und Unterstützung der Mobilität der Arbeitskräfte 1 Förderung von Ausbildungsstellen 2 arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit 3 Vorgründercoaching 4 Qualifizierung von Erwerbstätigen 5 lokale Demografie relevanter Aktionen 6 Netzwerktätigkeit zw. Hochschulen und Unternehmen 7 Coaching, Beratung und Qualifizierung für Frauen 8 Überbetriebliche Lehrlingsunterweisungen B Förderung der sozialen Inklusion und Bekämpfung von Armut und jeglicher Diskriminierung 9 Qualifizierungsmaßnahmen für Arbeitslose 10 Bedarfsgemeinschaftscoaching C Investitionen in Bildung, Ausbildung und Berufsbildung für Kompetenzen und lebenslanges Lernen 11 Praxisklassen 12 Berufsintegrationsjahr (BIJ) 13 BIJ-Vorklasse 14 Ganztagsbetreuung für Übergangsklassen