Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Klaus Adelt SPD vom 17.12.2015 Suizidfälle in bayerischen Asylbewerberheimen Meine Schriftliche Anfrage vom 2. Oktober 2014 (Drs. 17/4185) hatte bereits eine signifikant steigende Anzahl an Suiziden und Suizidversuchen in Asylbewerberheimen offenbart . Seitdem ist die Zahl der Flüchtlinge in Bayern im Speziellen und Deutschland im Allgemeinen nochmals deutlich angestiegen. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Suizide und Suizidversuche von Flüchtlingen und Asylbewerberinnen bzw. -bewerbern in bayerischen Notunterkünften, Asylbewerberheimen und sogenannten Aufnahme- und Rückführungseinrichtungen in den Jahren 2013, 2014 und 2015 (einschließlich September 2015) sind der Staatsregierung bekannt (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Einrichtung und Herkunft, sofern bekannt)? 2.1 In wie vielen der benannten Fälle fanden entsprechende polizeiliche Untersuchungen statt? 2.2 Welche Motive lagen den jeweiligen Fällen zugrunde, sofern feststellbar? 3.1 Erhalten alle Flüchtlinge und Asylbewerberinnen bzw. -bewerber, die einen Suizidversuch überlebt haben, adäquate ärztliche Unterstützung? 3.2 Falls dies nicht der Fall ist, warum nicht? 4. Wie viele der Flüchtlinge und Asylbewerberinnen bzw. -bewerber, die Suizid begangen haben, befanden sich davor in psychologischer Behandlung? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 07.03.2016 Die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Klaus Adelt wird im Benehmen mit dem Staatsministerium des Innern , für Bau und Verkehr (StMI) wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Suizide und Suizidversuche von Flüchtlingen und Asylbewerberinnen bzw. -bewerbern in bayerischen Notunterkünften, Asylbewerberheimen und sogenannten Aufnahme- und Rückführungseinrichtungen in den Jahren 2013, 2014 und 2015 (einschließlich September 2015) sind der Staatsregierung bekannt (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Einrichtung und Herkunft , sofern bekannt)? Die Daten für den Berichtszeitraum 2013 und 2014 basieren auf den Daten der jährlich veröffentlichten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken erfolgt für die Jahre 2013 und 2014 eine Auflistung der Suizide und Suizidversuche, die mit der Tatörtlichkeit „Asylbewerberunterkunft “ in der PKS gelistet wurden. Suizide und Suizidversuche in Asylbewerberunterkünften 2013 Regierungsbezirk erfasste Fälle davon Versuche davon vollendet Oberbayern 10 10 / Niederbayern 5 5 / Oberpfalz 3 3 / Oberfranken 4 3 1 Mittelfranken 2 2 / Unterfranken 3 3 / Schwaben 3 3 / Bayern gesamt 30 29 1 Suizide und Suizidversuche in Asylbewerberunterkünften 2014 Regierungsbezirk erfasste Fälle davon Versuche davon vollendet Oberbayern 25 23 2 Niederbayern 9 9 / Oberpfalz / / / Oberfranken 2 2 / Mittelfranken 4 4 / Unterfranken 5 5 / Schwaben 7 6 1 Bayern gesamt 52 49 3 Die Daten der PKS für das Jahr 2015 sind bislang noch nicht vollständig ausgewertet. Die Angaben für das Jahr 2015 basieren daher, soweit bekannt, auf den Meldungen der jeweiligen Regierungen. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 15.04.2016 17/10353 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10353 Suizide und Suizidversuche in Asylbewerberunterkünften 2015 Regierungsbezirk erfasste Fälle davon Versuche davon vollendet Oberbayern 14* 14* / Niederbayern 4** 3** 1 Oberfranken nichts bekannt nichts bekannt nichts bekannt Mittelfranken nichts bekannt nichts bekannt nichts bekannt Unterfranken 27 27 / Schwaben 2 2 / Oberpfalz nichts bekannt nichts bekannt nichts bekannt Bayern gesamt (soweit bekannt ) 47 46 1 * Bzgl. des Regierungsbezirks Oberbayern konnten 2 der 14 Suizidversuche nicht eindeutig dem Zeitraum 2014 oder 2015 zugeordnet werden. ** Im Regierungsbezirk Niederbayern hat 2015 eine Person zweimal versucht, sich das Leben zu nehmen. Insofern handelt es sich bei den 4 Fällen nur um 3 unterschiedliche Personen. Eine manuelle retrograde Aufschlüsselung der Daten der PKS für die Zeiträume 2013 und 2014 nach Einrichtungen war in der für die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu bewerkstelligen. Die nachfolgenden Angaben für 2015, aufgeschlüsselt nach Einrichtungen, basieren auf den diesbezüglichen Angaben der Regierungen, soweit diese eine Aufschlüsselung erlauben. 1. Regierungsbezirk Oberbayern • Bereich München – Aufnahmeeinrichtung (AE): 9 Versuche – Gemeinschaftsunterkunft (GU): 3 Versuche • Lkrs. Mühldorf a. Inn – GU: 2 Versuche* 2. Regierungsbezirk Niederbayern Keine Erkenntnisse. 3. Regierungsbezirk Oberpfalz Keine Erkenntnisse. 4. Regierungsbezirk Oberfranken Keine Erkenntnisse. 5. Regierungsbezirk Mittelfranken Keine Erkenntnisse. 6. Regierungsbezirk Unterfranken • Bereich Würzburg – GU: 1 Versuch – Notunterkunft: 1 Versuch – Jugendhilfe: 2 Versuche • Bereich Aschaffenburg – GU: 2 Versuche – Dezentral: 9 Versuche – Notunterkunft: 1 Versuch • Bereich Schweinfurt – GU: 8 Versuche – Dezentral: 3 Versuche 7. Regierungsbezirk Schwaben • Lkrs. Aichach-Friedberg – GU: 2 Versuche Herkunftsländer: Nationalität der Suizidenten in Asylbewerberunterkünften 2013 Staatsangehörigkeit Anzahl afghanisch 12 iranisch 6 russisch 2 serbisch 2 algerisch 1 belarussisch 1 bosnisch-herzegowinisch 1 irakisch 1 nigerianisch 1 pakistanisch 1 türkisch 1 deutsch 1 Nationalität der Suizidenten in Asylbewerberunterkünften 2014 Staatsangehörigkeit Anzahl afghanisch 14 syrisch 6 somalisch 4 senegalesisch 3 aserbaidschanisch 3 iranisch 3 irakisch 2 mazedonisch 2 nigerianisch 2 äthiopisch 1 georgisch 1 indisch 1 kongolesisch 1 kasachisch 1 äthiopisch 1 kubanisch 1 lybisch 1 serbisch 1 sierraleonisch 1 sudanesisch 1 ukrainisch 1 Wegen der noch nicht zur Verfügung stehenden PKS für das Jahr 2015 kann keine Auflistung nach den Herkunftsländern erfolgen. 2.1 In wie vielen der benannten Fälle fanden entsprechende polizeiliche Untersuchungen statt? Sämtliche Vorgänge, die in der PKS registriert werden, sind im Vorfeld im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem erfasst und bearbeitet worden. Es erfolgten in diesen Fällen eine entsprechende polizeiliche Sachbehandlung und ggf. Todesermittlungen gem. § 159 der Strafprozessordnung (StPO). Für den Zeitraum des Jahres 2015 sind die Daten der PKS bislang noch nicht vollständig ausgewertet. Zu polizeilichen Untersuchungen können insofern keine belastbaren Angaben erfolgen. 2.2 Welche Motive lagen den jeweiligen Fällen zugrunde , sofern feststellbar? Als Motive bzw. Auslöser wurden seitens der Regierungen benannt sowie in der PKS aufgelistet: • Krankheit • Schwermut • Nervenleiden Drucksache 17/10353 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 • Familienzwistigkeiten • Liebeskummer • Wirtschaftliche Notlage • Furcht vor Strafe • Familientrennung • Psychische Probleme • Abschiebungsbescheide • Kriegstraumata • Häusliche Gewalt • Alkoholabusus • Tod eines nahen Angehörigen • (Kriegs-)Traumatisierung • Positiver HIV-Befund 3.1 Erhalten alle Flüchtlinge und Asylbewerberinnen bzw. -bewerber, die einen Suizidversuch überlebt haben, adäquate ärztliche Unterstützung? Ja. 3.2 Falls dies nicht der Fall ist, warum nicht? Siehe Antwort zu Frage 3.1. 4. Wie viele der Flüchtlinge und Asylbewerberinnen bzw. -bewerber, die Suizid begangen haben, befanden sich davor in psychologischer Behandlung? Lt. Auskunft der Regierungen befand sich ein Asylbewerber, der Suizid begangen hat, zuvor bei einem Arzt für Psychiatrie und Neurologie in Behandlung.