Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 11.01.2016 Suizide und Suizidversuche von Asylsuchenden in Bayern 2014 und 2015 Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Suizide und Suizidversuche von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in bayerischen Asylbewerberheimen in den Jahren 2014 und 2015 sind der Staatsregierung bekannt (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken und Asylbewerberheimen)? 2.1 Fanden in den benannten Fällen entsprechende polizeiliche Untersuchungen statt? 2.2 Sind der Staatsregierung die Motive bzw. Auslöser für den Suizid der jeweiligen Asylbewerberinnen und Asylbewerber bekannt? 3. Wie erklärt sich die Staatsregierung die Zunahme der Fälle im Vergleich zu den Vorjahren? 4. Welche Unterstützungen können Asylsuchende, die einen Suizidversuch überlebt haben, über adäquate ärztliche Unterstützung hinaus erhalten? 5. Wie viele der Suizide oder Suizidversuche stehen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit Abschiebeanordnungen oder Abschiebeversuchen und könnten somit der Auslöser gewesen sein? 6. Wie viele Asylbewerber und Asylbewerberinnen wurden in den Jahren 2014 und 2015 präventiv wegen Suizidgefahr in psychiatrische Krankenhäuser eingeliefert ? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 07.03.2016 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Christine Kamm wird im Benehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Suizide und Suizidversuche von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in bayerischen Asylbewerberheimen in den Jahren 2014 und 2015 sind der Staatsregierung bekannt (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken und Asylbewerberheimen )? Die Daten für den Berichtszeitraum 2014 basieren auf den Daten der jährlich veröffentlichten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken erfolgt für das Jahr 2014 eine Auflistung der Suizide und Suizidversuche, die mit der Tatörtlichkeit „Asylbewerberunterkunft “ in der PKS gelistet wurden. Suizide und Suizidversuche in Asylbewerberunterkünften 2014 Regierungsbezirk erfasste Fälle davon Versuche davon vollendet Oberbayern 25 23 2 Niederbayern 9 9 / Oberfranken 2 2 / Mittelfranken 4 4 / Unterfranken 5 5 / Schwaben 7 6 1 Oberpfalz / / / Bayern gesamt 52 49 3 Die Daten der PKS für das Jahr 2015 sind bislang noch nicht vollständig ausgewertet. Die Angaben für das Jahr 2015 basieren daher, soweit bekannt, auf den Meldungen der jeweiligen Regierungen. Suizide und Suizidversuche in Asylbewerberunterkünften 2015 Regierungsbezirk erfasste Fälle davon Versuche davon vollendet Oberbayern 14* 14* / Niederbayern 4** 3** 1 Oberfranken nichts bekannt nichts bekannt nichts bekannt Mittelfranken nichts bekannt nichts bekannt nichts bekannt Unterfranken 27 27 / Schwaben 2 2 / Oberpfalz nichts bekannt nichts bekannt nichts bekannt Bayern gesamt (soweit bekannt) 47 46 1 * Bzgl. des Regierungsbezirks Oberbayern konnten 2 der 14 Suizidversuche nicht eindeutig dem Zeitraum 2014 oder 2015 zugeordnet werden. ** Im Regierungsbezirk Niederbayern hat 2015 eine Person zweimal versucht, sich das Leben zu nehmen. Insofern handelt es sich bei den 4 Fällen nur um 3 unterschiedliche Personen Eine manuelle retrograde Aufschlüsselung der Daten der PKS für den Zeitraum 2014 nach Einrichtungen war in der für die Beantwortung der Schriftlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu bewerkstelligen. Die nachfolgenden Angaben für 2015, aufgeschlüsselt nach Einrichtungen, basieren auf den diesbezüglichen An- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 15.04.2016 17/10354 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10354 gaben der Regierungen, soweit diese eine Aufschlüsselung erlauben. 1. Regierungsbezirk Oberbayern • Bereich München – Aufnahmeeinrichtung (AE): 9 Versuche – Gemeinschaftsunterkunft (GU): 3 Versuche • Lkrs. Mühldorf a. Inn – GU: 2 Versuche* 2. Regierungsbezirk Niederbayern Keine Erkenntnisse. 3. Regierungsbezirk Oberpfalz Keine Erkenntnisse. 4. Regierungsbezirk Oberfranken Keine Erkenntnisse. 5. Regierungsbezirk Mittelfranken Keine Erkenntnisse. 6. Regierungsbezirk Unterfranken • Bereich Würzburg – GU: 1 Versuch – Notunterkunft: 1 Versuch – Jugendhilfe: 2 Versuche • Bereich Aschaffenburg – GU: 2 Versuche – Dezentral: 9 Versuche – Notunterkunft: 1 Versuch • Bereich Schweinfurt – GU: 8 Versuche – Dezentral: 3 Versuche 7. Regierungsbezirk Schwaben • Lkrs. Aichach-Friedberg – GU: 2 Versuche 2.1 Fanden in den benannten Fällen entsprechende polizeiliche Untersuchungen statt? Sämtliche Vorgänge, die in der Polizeilichen Kriminalstatistik registriert werden, sind im Vorfeld polizeilich erfasst und bearbeitet worden. Es erfolgt in diesen Fällen eine entsprechende polizeiliche Sachbehandlung und ggf. Todesermittlungen gemäß § 159 der Strafprozessordnung (StPO). Für den Zeitraum des Jahres 2015 sind die Daten der PKS bislang noch nicht vollständig ausgewertet. Zu polizeilichen Untersuchungen können insofern keine belastbaren Angaben erfolgen. 2.2 Sind der Staatsregierung die Motive bzw. Auslöser für den Suizid der jeweiligen Asylbewerberinnen und Asylbewerber bekannt? Die folgenden Motive bzw. Auslöser wurden seitens der Regierungen benannt sowie in der PKS aufgelistet: • Krankheit • Schwermut • Nervenleiden • Familienzwistigkeiten • Liebeskummer • Wirtschaftliche Notlage • Furcht vor Strafe • Familientrennung • Psychische Probleme • Abschiebungsbescheide • Kriegstraumata • Häusliche Gewalt • Alkoholabusus • Tod eines nahen Angehörigen • (Kriegs-)Traumatisierung • Positiver HIV-Befund 3. Wie erklärt sich die Staatsregierung die Zunahme der Fälle im Vergleich zu den Vorjahren? Bei Suizidentscheidungen der Betroffenen spielen situative Aspekte, aber auch höchstpersönliche und individuelle Momente eine Rolle, die keine genauen Aussagen zulassen. 4. Welche Unterstützungen können Asylsuchende, die einen Suizidversuch überlebt haben, über adäquate ärztliche Unterstützung hinaus erhalten? Asylsuchende, die einen Suizidversuch überlebt haben, erhalten adäquate psychologische Hilfe. 5. Wie viele der Suizide oder Suizidversuche stehen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit Abschiebeanordnungen oder Abschiebeversuchen und könnten somit der Auslöser gewesen sein? Insofern liegen wegen der Kürze der für die Bearbeitung der Schriftlichen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nur unvollständige Angaben vor. 1. Regierungsbezirk Oberbayern Im Zeitraum 2014 bis 2015 standen in Gemeinschaftsunterkünften 5 und in dezentralen Unterbringungseinheiten 5 Versuche in Zusammenhang mit drohender Abschiebung . 2. Regierungsbezirk Oberfranken Kein Zusammenhang mit Abschiebeandrohungen oder -versuchen. 3. Regierungsbezirk Unterfranken Im Zeitraum 2014 bis 2015 standen 10 Fälle in Zusammenhang mit Abschiebungsbescheiden. 4. Übrige Regierungsbezirke Keine Erkenntnisse. 6. Wie viele Asylbewerber und Asylbewerberinnen wurden in den Jahren 2014 und 2015 präventiv wegen Suizidgefahr in psychiatrische Krankenhäuser eingeliefert? 1. Regierungsbezirk Oberbayern Im Zeitraum 2014 bis 2015 wurden in Gemeinschaftsunterkünften 6 Fälle bekannt, im Erstaufnahmebereich 1 Fall. 2. Übrige Regierungsbezirke Insofern liegen dort keine diesbezüglichen Erkenntnisse vor.