Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 27.01.2016 Bayerische Salafisten – Erhan A. und Halit K. – im syrischen Kampfgebiet Der Allgäuer Salafist Erhan A. wurde im Oktober 2014, nach einem umstrittenen Interview mit dem SZ-Magazin, in die Türkei abgeschoben. Innenminister Joachim Herrmann kommentierte die Abschiebung mit den Worten, er vertraue darauf, dass die türkischen Sicherheitsbehörden alles dafür täten, die Teilnahme ihres türkischen Staatsbürgers am Kampf der IS zu verhindern. Nach aktueller Presseberichterstattung (siehe Süddeutsche Zeitung vom 16.01.2016) hat sich Erhan A. zwischenzeitlich bewaffnet und hält sich derzeit zusammen mit dem Münchener Salafisten Halit K. in Syrien auf. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die weiteren Aufenthaltsorte des Allgäuer Salafisten Erhan A. nach seiner Ausweisung aus Deutschland und Abschiebung in die Türkei? 2. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über den derzeitigen Aufenthaltsort des Allgäuer Salafisten Erhan A.? 3. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber, dass sich Erhan A. einer im Syrienkrieg kämpfenden Terrormiliz angeschlossen haben soll? 4. In welchem Austausch steht und stand die Staatsregierung mit den türkischen Sicherheitsbehörden über die Person Erhan A.? 5. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über den derzeitigen Aufenthaltsort des Münchener Salafisten Halit K.? 6. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber, dass sich Halit K. einer im Syrienkrieg kämpfenden Terrormiliz angeschlossen haben soll? 7. Welchen Meldeauflagen unterlag Halit K. in Deutschland und wie ist er diesen nachgekommen? 8. Wie kann es sich die Staatsregierung erklären, dass es Halit K. offenbar zum zweiten Mal binnen weniger Monate gelungen ist, über die Türkei nach Syrien auszureisen, obwohl er im Blick von deutschen und türkischen Sicherheitsbehörden war? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 07.03.2016 1. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die weiteren Aufenthaltsorte des Allgäuer Salafisten Erhan A. nach seiner Ausweisung aus Deutschland und Abschiebung in die Türkei? 2. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über den derzeitigen Aufenthaltsort des Allgäuer Salafisten Erhan A.? Der Staatsregierung liegen im Zusammenhang mit Erhan A. keine gesicherten Erkenntnisse über dessen weitere Aufenthaltsorte ab dem Zeitpunkt seiner Abschiebung (17.10.2014) aus dem Bundesgebiet in die Türkei und auch nicht über seinen aktuellen Aufenthaltsort vor. Aus den Angaben des Rechtsanwalts der Familie A. im Ausweisungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Augsburg sowie aus öffentlich zugänglichen Quellen in Internet und Medienberichten ergeben sich Hinweise, die allerdings von der Polizei nicht überprüft wurden. 3. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber , dass sich Erhan A. einer im Syrienkrieg kämpfenden Terrormiliz angeschlossen haben soll? Der Staatsregierung liegen keine gesicherten Erkenntnisse über einen Anschluss des Erhan A. an eine im syrisch/irakischen Krisengebiet kämpfende Terrormiliz vor. Das Bayerische Landeskriminalamt (BLKA) verfügt diesbezüglich lediglich über Informationen aus öffentlich zugänglichen Medien und Medienberichten. 4. In welchem Austausch steht und stand die Staatsregierung mit den türkischen Sicherheitsbehörden über die Person Erhan A.? Das BLKA stand im Zusammenhang mit Erhan A. über die für den polizeilichen Auslandskontakt zuständige Bundesbehörde , dem Bundeskriminalamt, anlassbezogen mit den entsprechenden türkischen Sicherheitsbehörden im Informationsaustausch . 5. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über den derzeitigen Aufenthaltsort des Münchener Salafisten Halit K.? Der Staatsregierung liegen keine gesicherten Erkenntnisse über den derzeitigen Aufenthaltsort des Halit K. vor. Herr Metin K. teilte dem BLKA am 25.06.2015 telefonisch mit, dass sein Sohn, Halit K., von der Familie in der Türkei verschwunden sei. Herr Metin K. vermutete, dass sein Sohn nach Syrien ausgereist sein könnte. Das BLKA stellte aufgrund einer Facebook-Recherche am 17.08.2015 fest, dass auf dem Facebook-Profil des Erhan A. auch Halit K. zu erkennen ist. Beide Personen trugen Tarnkleidung. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 20.05.2016 17/10360 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10360 Des Weiteren ist der Staatsregierung bekannt, dass Halit K. in einem Chat am 02.12.2015 über Facebook/WhatsApp äußerte , dass er sich gerade in Syrien befände und sich trotz der russischen Luftangriffe sicher fühle. 6. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber , dass sich Halit K. einer im Syrienkrieg kämpfenden Terrormiliz angeschlossen haben soll? Halit K. unternahm im Oktober 2013 zusammen mit Kamel A. einen Ausreiseversuch. Beide reisten in die Türkei und wollten laut Angaben des Halit K. weiter nach Syrien zu den „Mujaheddin“. Die Ausreise wurde durch die türkischen Behörden gestoppt. Beide Personen wurden in Gewahrsam genommen und zurück nach Deutschland geschickt. Ermittlungen in einem anderen Verfahren ergaben, dass Halit K. und Kamel A. der pro-„dschihadistischen“ salafistischen Szene in München zuzurechnen sind und nicht auszuschließen ist, dass die beiden Personen weiterhin beabsichtigen , mit dem Ziel des Anschlusses an den bewaffneten „Dschihad“ nach Syrien auszureisen. Auch der Vater des Halit K. bestätigte die beabsichtigte Ausreise seines Sohnes im Oktober 2013 nach Syrien in einer Zeugenvernehmung. Halit K. stand mit Personen in Kontakt, die mit der als terroristisch eingestuften Organisation „Jabhat al Nusra“ sympathisieren. 7. Welchen Meldeauflagen unterlag Halit K. in Deutschland und wie ist er diesen nachgekommen? Halit K. war mit Bescheid der Landeshauptstadt München vom 22.07.2014 die Ausreise aus dem Bundesgebiet für die Dauer von zwölf Monaten untersagt worden, da zu ihm begründete Anhaltspunkte vorlagen, dass er sich nach Syrien ins Konfliktgebiet begeben und dort einer islamistisch motivierten militanten Gruppierung anschließen wollte. Halit K. hatte bereits im Oktober 2013 einen ersten Ausreiseversuch nach Syrien unternommen, der von seinen Verwandten noch in der Türkei unterbunden werden konnte. Gleichzeitig wurden die Personaldokumente und der Aufenthaltstitel des Halit K. eingezogen und ihm eine Meldepflicht auferlegt. Er musste sich jeweils am Montag, Mittwoch und Freitag im Zeitraum zwischen 08:00–21:00 Uhr bei der für ihn zuständigen Polizeiinspektion (PI) 43 München in der Moosacher Str. 77 melden. Halit K. gab am 28.07.2014 seinen türkischen Nationalpass und seinen Aufenthaltstitel bei der Ausländerbehörde München ab. Im Folgezeitraum kam er seiner Meldepflicht bis zum 08.05.2015 zuverlässig nach. Zuletzt hatte er sich am 08.05.2015 um 11:30 Uhr bei der PI 43 gemeldet. 8. Wie kann es sich die Staatsregierung erklären, dass es Halit K. offenbar zum zweiten Mal binnen weniger Monate gelungen ist, über die Türkei nach Syrien auszureisen, obwohl er im Blick von deutschen und türkischen Sicherheitsbehörden war? Halit K. ist nicht zum zweiten Mal binnen weniger Monate ausgereist. Die Berichterstattung der „Süddeutschen Zeitung“ ist diesbezüglich offenbar unrichtig. Halit K. unternahm im Oktober 2013 einen ersten Ausreiseversuch nach Syrien, dies gelang ihm jedoch nicht, da er in der Türkei durch dortige Sicherheitsbehörden festgenommen und nach Deutschland zurückgeschickt wurde. Am 22.07.2014 erteilte das Ausländeramt München eine Ausreiseuntersagung mit einer Meldeauflage (3-mal wöchentlich ). Der türkische Reisepass des Halit K. wurde durch das Ausländeramt München im Rahmen der Ausreiseuntersagung sichergestellt. Dieser Meldeauflage kam Halit K. bis zu seiner Ausreise nach. Aus Sicht der Staatsregierung wurden sowohl unter Beachtung präventivpolizeilicher wie auch repressiver Aspekte alle rechtlich möglichen Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Ausreiseverhinderung des Halit K. getroffen. Am 09.05.2015 sprach der Vater des Halit K., Herr Metin K., bei der Polizeiinspektion 43 München vor und meldete seinen Sohn als vermisst. Er befürchtete, dass sein Sohn mit dem Ziel Syrien ausgereist sei. Noch am 09.05.2015 wurde über das Bundeskriminalamt um geeignete internationale Fahndungs- und Überprüfungsmaßnahmen gebeten. Den beim BLKA vorliegenden Erkenntnissen zufolge verließ Halit K. Deutschland mit einem gefälschten Reisepass auf dem Landweg in ein europäisches Nachbarland und flog von dort mit einem Flugzeug in die Türkei. Die türkischen Behörden sollen nach unbestätigten Angaben des Vaters des K. wegen des gefälschten Ausweispapiers Ermittlungen geführt haben. Durch die Ausländerbehörde München wurde am 03.12.2015 eine sofort vollziehbare Ausweisungsverfügung gegen Halit K. erlassen, nachdem bereits am 08.05.2015 das Erlöschen seines Aufenthaltstitels festgestellt worden war.