Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 03.03.2016 Die Schriftliche Anfrage wird unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Pflegekassenverbände in Bayern (ARGE) sowie der Einbeziehung der Erkenntnisse der Fachstellen für Pflege- und Behinderteneinrichtungen – Qualitätsentwicklung und Aufsicht – (FQA) wie folgt beantwortet: 1. a) Welche Einrichtungsträger haben vollstationäre Einrichtungen in ambulante Angebote umgewandelt ? In Bayern haben bislang die SeniVita Oberbayern GmbH München und die SeniVitaSocial Care GmbH Bayreuth vollstationäre Pflegeplätze in ambulante Angebote umgewandelt und die entsprechenden Versorgungsverträge abgeschlossen . b) Um wie viele Einrichtungsträger handelt es sich dabei? Bei den Einrichtungsträgern, bei denen eine Umstellung der Versorgungsverträge im Sinne einer Ambulantisierung bisher erfolgt ist, handelt es sich in Bayern bisher ausnahmslos um SeniVita Gesellschaften. c) Wann wurden die Einrichtungen von den jeweiligen Trägern umgewandelt? Die Umwandlungen/Neueröffnungen fanden in den Jahren 2012 (1 Einrichtung), 2013 (2 Einrichtungen) und 2014 (7 Einrichtungen) statt. 2. Wie viele Anfragen liegen der Staatsregierung derzeit vor? Konkrete Anfragen liegen dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) derzeit nicht vor. Lediglich ein Träger des Bayerischen Roten Kreuzes hat wegen der Umsetzung des Konzeptes vor einigen Monaten beim StMGP nachgefragt. Darüber hinaus gab es bei der ARGE und der FQA Anfragen von insgesamt drei privat-gewerblichen Trägern und Trägern der Freien Wohlfahrtspflege, die nach hiesigen Erkenntnissen bislang nicht zu einer Umsetzung geführt haben. 3. a) Hat die Staatsregierung die Umwandlung finanziell unterstützt? Die Umwandlung der betreffenden Einrichtungen wurde seitens des StMGP nicht finanziell unterstützt. b) Wenn ja, wie oft und mit welchen Mitteln? Siehe Antwort zu 3. a). 17. Wahlperiode 03.05.2016 17/10484 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner SPD vom 09.12.2015 Ambulantisierung vollstationärer Pflegeeinrichtungen Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Welche Einrichtungsträger haben vollstationäre Einrichtungen in ambulante Angebote umgewandelt? b) Um wie viele Einrichtungsträger handelt es sich dabei? c) Wann wurden die Einrichtungen von den jeweiligen Trägern umgewandelt? 2. Wie viele Anfragen liegen der Staatsregierung derzeit vor? 3. a) Hat die Staatsregierung die Umwandlung finanziell unterstützt? b) Wenn ja, wie oft und mit welchen Mitteln? 4. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis, wie oft eine Umwandlung von den Kostenträgern abgelehnt wurde? b) Hat die Staatsregierung Kenntnis über die Gründe für die Ablehnung? c) Wann wurden Umwandlungsmaßnahmen abgelehnt? 5. Wie intensiv werden die Umstrukturierungsmaßnahmen geprüft? 6. Wie ist die Qualitätskontrolle der ambulanten Angebote ausgestaltet? 7. a) Sieht die Staatsregierung die Notwendigkeit von Regelungen zum Schutz der Bewohner und Bewohnerinnen im Zuge der Ambulantisierung vollstationärer Pflegeeinrichtungen , da heimrechtliche Anforderungen nach der Umstrukturierungsmaßnahme nicht mehr greifen? b) Wenn ja, wie könnte eine Kontrolle gesetzlich verankert werden? 8. Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung ergreifen , um Regelungen zum Schutz der Bewohner und Bewohnerinnen in allen unterstützenden Wohnformen (vollstationäre Pflegeeinrichtungen wie alternative Wohnformen), wie in anderen Bundesländern bereits erfolgt, sicherzustellen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10484 4. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis, wie oft eine Umwandlung von den Kostenträgern abgelehnt wurde ? Die ARGE muss die Kündigung eines vollstationären Versorgungsvertrags und Anträge auf Zulassung als ambulanter Pflegedienst und als Tagespflegeeinrichtung annehmen. Die Kündigung eines Versorgungsvertrages ist ein einseitiges Rechtsgeschäft des Einrichtungsträgers gegenüber den Landesverbänden der Pflegekassen. Es führt zu einer Beendigung des Versorgungsvertrages. Die Verpflichtung des Einrichtungsträgers zur stationären Versorgung der gesetzlich versicherten Pflegebedürftigen entfällt ebenso wie der Vergütungsanspruch zu diesem Zeitpunkt. Die Zulassung zur Versorgung ist eine gebundene Entscheidung der Landesverbände der Pflegekassen, auf die der Einrichtungsträger bei Erfüllung der Anforderungen einen Anspruch hat. Nachdem die organisatorischen und pflegefachlichen Anforderungen regelmäßig erfüllt werden, können Versorgungsverträge zur ambulanten Pflege und Tagespflege von der ARGE nicht abgelehnt werden (§ 72 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz des Sozialgesetzbuches – SGB – Buch XI). Die ARGE hat somit keine Ablehnungen von Umwandlungen bzw. Ablehnungen von Versorgungsverträgen im Zusammenhang mit Umwandlungen ausgesprochen. Die ARGE kann im Kontext der Kündigung von Versorgungsverträgen ausschließlich auf die Einhaltung der einjährigen Kündigungsfrist bestehen. b) Hat die Staatsregierung Kenntnis über die Gründe für die Ablehnung? Siehe Antwort zu 4.a). c) Wann wurden Umwandlungsmaßnahmen abgelehnt ? Siehe Antwort zu 4.a). 5. Wie intensiv werden die Umstrukturierungsmaßnahmen geprüft? Die Umstrukturierungsmaßnahmen selbst werden seitens der FQA nicht geprüft. Sowohl bei einer teilweisen als auch vollständigen Ambulantisierung einer vollstationären Dauerpflegeeinrichtung handelt es sich jedoch um eine anzeigepflichtige (teilweise) Betriebseinstellung. Diese ist der jeweiligen FQA nach den Bestimmungen des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (PfleWoqG) spätestens sechs Monate vor der tatsächlichen Einstellung anzuzeigen (Art. 4 Abs. 5 PfleWoqG). Die FQA prüfen jeweils, ob die neue Wohnform unter den Anwendungsbereich des PfleWoqG fällt. Aufgrund der Vertragsstruktur – jeweils frei wählbare, nicht miteinander gekoppelte Leistungen – kamen die FQA bisher jeweils vor Ort zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist. Im Verfahren der Zulassung von Pflegeeinrichtungen (Abschluss von Versorgungsverträgen) ergibt sich der Prüfungsmaßstab aus §§ 71 ff. SGB XI und vertraglichen Regelungen. Es erfolgt keine Prüfung der Umstrukturierungsmaßnahmen . Es wird ausschließlich geprüft, ob die Einrichtung entsprechend ihrem Zulassungsantrag die organisatorischen, wirtschaftlichen, pflegefachlichen und versorgungsqualitativen Voraussetzungen für das konkrete Pflegeangebot als Pflegedienst und Tagespflegeeinrichtung erfüllt (§ 72 Abs. 3 SGB XI). Insoweit findet hier eine normale Zulassungsprüfung für eine ambulante bzw. teilstationäre Pflegeeinrichtung statt, die die Historie der Umwandlung ausblendet. Auch die Tatsache, dass – abseits der strukturellen, organisatorischen und baulichen Veränderungen – in der umgewandelten Einrichtung in der Regel unverändert pflegebedürftige Menschen aus der Zeit als Pflegeheim vor der Umwandlung versorgt werden, führt nach geltendem Recht zu keinen verschärften Anforderungen in der Zulassungsprüfung . Ein Versorgungsvertrag kann von den Kostenträgern nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass die neue Struktur der Versorgung nicht an dem Pflegebedarf der bisherigen Bewohnerinnen und Bewohner ausgerichtet ist. In diesem Fall bleibt den Pflegebedürftigen nur der Umzug in eine andere Einrichtung. Die Landesverbände der Pflegekassen in Bayern haben die Zulassungsanträge der SeniVita-Gesellschaften im Rahmen dieser Vorgaben geprüft und entsprechende Versorgungsverträge abgeschlossen. 6. Wie ist die Qualitätskontrolle der ambulanten Angebote ausgestaltet? Wenn die zuständige FQA zu dem Ergebnis kommt, dass die jeweilige Wohnform nicht unter den Anwendungsbereich des PfleWoqG fällt, erfolgt keine Überprüfung der Sicherstellungsverpflichtungen des PfleWoqG und der hierzu erlassenen Rechtsverordnung (AVPfleWoqG) durch die FQA. Die Qualitätssicherung der Pflegeeinrichtungen nach dem SGB XI erfolgt durch jährliche und anlassbezogene Prüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und den Prüfdienst der Privaten Krankenversicherung (PKV-Prüfdienst). In Bayern veranlassen die Landesverbände der Pflegekassen jährlich ca. 3.800 Qualitätsprüfungen in Pflegeeinrichtungen, davon ca. 1.900 als Prüfung der ambulanten Pflege. Die Prüfungsmaßstäbe und die Prüfungsgrundlagen für ambulante und stationäre Pflege unterscheiden sich erheblich. Sie sind in den jeweiligen Qualitätsprüfungsrichtlinien des GKV-Spitzenverbands und den auf Bundesebene abgeschlossenen Transparenzvereinbarungen normiert (§§ 113, 114, 115 SGB XI). In der stationären Pflege findet eine institutionelle Versorgung (Pflege, Betreuung, Unterkunft, Verpflegung ) statt und es besteht ein relativ großer Einfluss der Einrichtung auf den Versorgungszustand (Vollversorgung, Rund-um-die-Uhr-Versorgung). In der ambulanten Pflege kann der Versorgungszustand nicht einfach dem Pflegedienst zugerechnet werden. Wohnungsverhältnisse , in die Pflege eingebundene Angehörige, nur stundenweise Pflege durch den Pflegedienst, private Hygiene und soziales Umfeld haben hier wesentlichen Einfluss . Die Qualitätssicherung für die ambulante Pflege muss diese Bedingungen ihren Prüfungsmaßstäben zugrunde legen . Es fehlen zudem naturgemäß einrichtungsbezogene Prüfkriterien. 7. a) Sieht die Staatsregierung die Notwendigkeit von Regelungen zum Schutz der Bewohner und Bewohnerinnen im Zuge der Ambulantisierung vollstationärer Pflegeeinrichtungen, da heimrechtliche Anforderungen nach der Umstrukturierungsmaßnahme nicht mehr greifen? b) Wenn ja, wie könnte eine Kontrolle gesetzlich verankert werden? Derzeit ist das PfleWoqG – bis auf ambulant betreute Wohngemeinschaften der Pflege und betreute Wohngruppen für Drucksache 17/10484 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Menschen mit Behinderung – stark auf die traditionelle stationäre Versorgung zugeschnitten. In den vergangenen Jahren sind Mischformen und neue Wohnformen im Bereich der Pflege und für Menschen mit Behinderung entstanden, die bei der Schaffung des Gesetzes nicht absehbar waren. Darüber hinaus verändern sich Strukturen (Ambulantisierung , zunehmend IntensivpflegeWGs, zunehmend Tagespflege , betreutes Einzelwohnen). Was das Thema der Ambulantisierung angeht, gilt es grundsätzlich, die kaskadierte Anwendung ordnungsrechtlicher Maßgaben nach Versorgungsformen bezüglich der Übergänge von ambulanter und betreuter zu teilstationärer und stationärer Pflege zu überprüfen . Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege beabsichtigt , das PfleWoqG zu evaluieren und zu prüfen, ob, und wenn ja, inwieweit, ein Anpassungsbedarf des PfleWoqG besteht. Gegenstand der Evaluation ist neben den beschriebenen Entwicklungen insbesondere der Bereich der Veröffentlichung der Pflege-Prüfberichte. Betreffend die Veröffentlichung der Pflege-Prüfberichte soll die Evaluation in diesem Jahr beginnen und voraussichtlich im Jahr 2018 abgeschlossen werden. 8. Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung ergreifen , um Regelungen zum Schutz der Bewohner und Bewohnerinnen in allen unterstützenden Wohnformen (vollstationäre Pflegeeinrichtungen wie alternative Wohnformen), wie in anderen BL bereits erfolgt, sicherzustellen? Siehe Antwort zu 7. a) und b).