Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 14.03.2016 1. Wie häufig wurden in Bayern in den letzten fünf Jahren illegale Waffen oder Sprengstoff bei Personen, die der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind, gefunden (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Für das Jahr 2015 stehen die endgültigen Fallzahlen erst nach dem bundesweit einheitlichen Meldeschluss zum 31.01.2016 und dem mit dem Bundeskriminalamt (BKA) und dem Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) noch durchzuführenden Datenbankabgleich fest. Aufgrund des zum jetzigen Zeitpunkt fehlenden validen Zahlenmaterials für 2015 kann die Anfrage daher nur für die Jahre 2012 bis 2014 beantwortet werden. Zu „illegalen Waffen“ und „Sprengstoff“ gibt es im Kriminalpolizeilichen Meldedienst „Politisch motivierte Kriminalität “ (KPMD-PMK) (noch) keine bundesweit festgelegten Katalogwerte. Daher existieren sowohl beim Bundeskriminalamt als auch im Bayerischen Landeskriminalamt (BLKA) keine konkreten Suchkriterien. Soweit dennoch Tatmittel wie „Waffen“ bzw. „Sprengstoff“ in den Fallzahlendatenbanken des Bundes und des BLKA nachgehalten worden sind, handelt es sich um interne Begrifflichkeiten , die von den Sachbearbeitern ergänzend erfasst wurden, soweit die im jeweiligen Einzelfall zugrunde liegende KTA-PMK-Meldung (Kriminaltaktische Anfrage in Fällen Politisch motivierter Kriminalität) Informationen dieser Art enthielt. Da die Datenbasis dieser „zusätzlichen“ Informationen nicht dem turnusmäßig durchgeführten Datenabgleich unterliegt , ist sie deshalb landesspezifisch für absolute statistische Aussagen insgesamt oder im bundesweiten Vergleich nicht geeignet. Für die Jahre 2012 bis 2014 wurden durch das BLKA im Rahmen des KPMD-PMK nachfolgend aufgeführte illegale Waffen im Zusammenhang mit Straftaten mit rechtsextremistischer Motivation erfasst. Für die Recherche wurde das Suchkriterium „Waffe“ berücksichtigt, dieses Merkmal trifft zu, sofern bei einer PMK-Straftat eine Waffe mitgeführt oder benutzt wurde. Weiterhin wurde nach dem Tatmittel Sprengstoff recherchiert. Die hierbei erhobenen illegalen Waffen bzw. Sprengstoffe gliedern sich folgendermaßen auf die einzelnen Jahre auf: 2011 -/- Delikte noch keine nach Waffen auswertbare Datenbasis vorhanden, kein Sprengstoff 2012 2 Delikte 1 Knüppelfahne, 1 Pfefferspray (ohne Zulassung ), kein Sprengstoff 2013 2 Delikte 1 Schlagring, 1 unkonventionelle Brand- und Sprengvorrichtung (USBV) 2014 7 Delikte 1 Rohrbombe, 2 Molotowcocktails, 2 Schreckschusswaffen , 1 Kartoffelkanone (2 Fälle), kein Sprengstoff 17. Wahlperiode 03.05.2016 17/10525 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Rinderspacher SPD vom 11.01.2016 Legaler und illegaler Waffenbesitz und Waffenhandel von Rechtsextremen I Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie häufig wurden in Bayern in den letzten fünf Jahren illegale Waffen oder Sprengstoff bei Personen, die der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind, gefunden (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? 1.1 Um welche Art von Waffen handelte es sich hierbei? 1.2 Um welche Art und welche Menge Sprengstoff handelte es sich hierbei? 2. In wie vielen Fällen wurden aufgrund der dargestellten Funde Ermittlungsverfahren (strafrechtliche bzw. bußgeldrechtliche ) wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz , 2.1 das Kriegswaffenkontrollgesetz, 2.2 das Sprengstoffgesetz eingeleitet? 3. Wie häufig wurde in den letzten fünf Jahren in Bayern Zubehör für Waffen (bspw. Munition, Zielfernrohre) oder anderes militärisches Gerät (bspw. Abhöreinrichtungen ) bei Personen mit rechtsextremem Hintergrund gefunden (bitte nach Jahren aufgliedern)? 3.1 Welche Art von Waffenzubehör oder anderem militärischem Gerät wurde dabei gefunden? 4. Immer wieder wird von Aussteigern aus der rechten Szene von illegalem Waffenhandel in der Szene berichtet , liegen der Staatsregierung Erkenntnisse hierzu vor? 4.1 Welche Anstrengungen wurden unternommen, um Waffenhandel in der rechten Szene aufzudecken und zu unterbinden? 5. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele Personen mit rechtsextremem Hintergrund über einen Waffenschein, 5.1 eine Waffenbesitzkarte, 5.2 die Berechtigung zum Erwerb von Munition verfügen? 6. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele und welche Waffen sich in Zusammenhang mit den in Frage 5 genannten Berechtigungen im Besitz von Personen mit rechtsradikalem Hintergrund befinden ? 6.1 Wenn ja, wie stellt sich die aktuelle Situation dar? 6.2 Wenn nein, was unternimmt die Staatsregierung, um festzustellen, in welchem Umfang Personen mit rechtsextremem Hintergrund über eine der in Frage 5 genannten Berechtigungen verfügen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10525 Die Auswertung für das Jahr 2011 konnte aus der hier vorliegenden Fallzahlendatenbank nur eingeschränkt auf die Frage nach Sprengstoff durchgeführt werden, da der Waffenbezug der PMK-Straftat erst ab dem Jahre 2012 als internes Datenfeld aufgenommen wurde. Es kann zudem keine Aussage über weitergehende Waffenfunde bei Personen der rechtsextremen Szene, die deliktisch jedoch der Allgemeinkriminalität zugeordnet wurden, getroffen werden. 1.1 Um welche Art von Waffen handelte es sich hierbei? Siehe Antwort zu Frage 1. 1.2 Um welche Art und welche Menge Sprengstoff handelte es sich hierbei? Zur Art des Sprengstoffs und zur jeweiligen Menge liegen im Rahmen des Meldedienstes PMK keine konkreten Angaben vor. Demgemäß können für die unkonventionelle Brand- und Sprengvorrichtung aus dem Jahre 2013 keine Angaben gemacht werden. 2. In wie vielen Fällen wurden aufgrund der dargestellten Funde Ermittlungsverfahren (strafrechtliche bzw. bußgeldrechtliche) wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, 2.1 das Kriegswaffenkontrollgesetz, 2.2 das Sprengstoffgesetz eingeleitet? 2011 Erhebung nicht möglich (siehe Ausführungen zu Frage 1) 2012 0 Waffengesetz (WaffG), 0 Sprengstoffgesetz (SprengG) 2013 1 WaffG, 1 SprengG 2014 4 WaffG, 0 SprengG Es wurde kein Zähldelikt gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz festgestellt. Anmerkung: Beim KPMD-PMK wird als Zähldelikt die Straftat mit der höchsten Strafandrohung gespeichert. Somit ist es möglich, dass z.B. eine in Tateinheit begangene gefährliche Körperverletzung ein Delikt nach dem Waffengesetz „überdeckt” und somit in der Zählung nicht erscheint. 3. Wie häufig wurde in den letzten fünf Jahren in Bayern Zubehör für Waffen (bspw. Munition, Zielfernrohre ) oder anderes militärisches Gerät (bspw. Abhöreinrichtungen ) bei Personen mit rechtsextremen Hintergrund gefunden (bitte nach Jahren aufgliedern )? 3.1 Welche Art von Waffenzubehör oder anderem militärischem Gerät wurde dabei gefunden? Die bei Frage 1 aufgeführten Einschränkungen hinsichtlich der Recherchemöglichkeit in den Fallzahlen des Meldedienstes PMK gelten hier sinngemäß. Bei einer Durchsicht der im Datenfeld Tatmittel erfassten Begriffe wurden keine Daten im Sinne von „Waffenzubehör“ oder „anderem militärischem Gerät“ gefunden. 4. Immer wieder wird von Aussteigern aus der rechten Szene von illegalem Waffenhandel in der Szene berichtet, liegen der Staatsregierung Erkenntnisse hierzu vor? Derzeit ist dem BayLfV nur ein aktueller Fall bekannt, bei dem der Verdacht eines illegalen Waffenhandels im Raum steht. Im Zuge dessen fand im Juli 2015 eine Hausdurchsuchung in der Nähe von Augsburg statt. Aufgrund eines laufenden Ermittlungsverfahrens können hierzu derzeit keine weiteren Erkenntnisse mitgeteilt werden. Darüber hinaus liegen dem BayLfV keine Erkenntnisse über einen organisierten illegalen Waffenhandel in der rechtsextremistischen Szene vor. Sollte das BayLfV derartige Erkenntnisse erlangen, würden diese zu Zwecken der Strafverfolgung an die entsprechenden Polizeidienststellen übermittelt werden. 4.1 Welche Anstrengungen wurden unternommen, um Waffenhandel in der rechtsextremistischen Szene aufzudecken und zu unterbinden? Die bayerischen Sicherheitsbehörden gehen mit einem breiten Bündel an präventiven und repressiven Maßnahmen entschlossen gegen Rechtsextremisten vor. Darunter fällt auch die Bekämpfung des Waffenbesitzes und des Waffenhandels, Letzteres vor allem durch eine konsequente Verfolgung erkannter Straftaten. Sachverhalte, bei denen eine Gefährdung im Raum stand und die auf Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden beruhten, wurden bereits in der Vergangenheit an die Strafverfolgungsbehörden abgegeben, besonders wenn ersichtlich war, dass Zugang zu Waffen bestand. Als aktuelles Beispiel kann hier das Strafverfahren des Generalbundesanwaltes zur Oldschool Society genannt werden, welches ursprünglich auf Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden beruhte. 5. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele Personen mit rechtsextremem Hintergrund über einen Waffenschein, 5.1 eine Waffenbesitzkarte, 5.2 Berechtigung zum Erwerb von Munition verfügen? Das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr geht davon aus, dass sich die Abfrage auf Schusswaffen bezieht. Nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG gelten Personen, die einzeln oder als Mitglied in einer (nicht verbotenen) Partei oder Vereinigung extremistische Bestrebungen verfolgen oder unterstützen, regelmäßig als waffenrechtlich unzuverlässig , sodass sie keine Waffenerlaubnis erhalten. Diese Regelung wurde 2003 auf Initiative Bayerns in das Waffengesetz aufgenommen. Nach dem Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 30.09.2009, Az. 6 C 29.08) genügt eine passive Mitgliedschaft aber noch nicht, um die Regelunzuverlässigkeit annehmen zu können; erforderlich ist der Nachweis einer aktiven extremistischen Betätigung . Die Waffenbehörden prüfen die Zuverlässigkeit einer Person bei jedem Antrag auf eine Waffenerlaubnis, nach Erteilung einer Waffenerlaubnis turnusmäßig alle drei Jahre und darüber hinaus bei einem Anlass. Dabei binden sie nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 WaffG auch die Polizei ein. Die Polizei prüft die Zuverlässigkeit durch einen Abgleich mit den landes- und bundesweiten polizeilichen Datenbeständen , darunter auch entsprechende Staatsschutzdatenbestände . Da der Informationsaustausch zwischen dem BayLfV und den Staatsschutzdienststellen der Bayerischen Polizei eng ist, sind die dem BayLfV bekannten Rechtsextremisten regelmäßig auch in den Staatsschutzdateien gespeichert. Dies gilt für Personen aus dem Bereich des gewaltbereiten unorganisierten Rechtsextremismus ebenso wie für organisierte Rechtsextremisten, die als solche erkennbar auftreten. Drucksache 17/10525 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Bei Personen, deren rechtsextremistischer Bezug erstmals erkennbar wird, prüft das BayLfV deren Melderegistereinträge auch darauf, ob für sie dort eine Waffenerlaubnis gespeichert ist. Ist dies der Fall, informiert das BayLfV die zuständige Waffenbehörde. Diese Verfahren gewährleisten, dass die bayerischen Waffenbehörden regelmäßig die Erkenntnisse von Polizei und Verfassungsschutz über rechtsextremistische Bezüge erhalten, die eine Versagung einer Waffenerlaubnis rechtfertigen . Die Waffenbehörden sind durch das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr gehalten, von der Regelunzuverlässigkeitsnorm konsequent Gebrauch zu machen. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass Rechtsextremisten rechtmäßig erlaubnispflichtige Waffen besitzen, insbesondere Personen, – deren rechtsextremistische Einstellung der Polizei und dem BayLfV (noch) nicht bekannt ist, – bei denen die Erkenntnisse nicht ausreichend belastbar sind, sei es, weil sie nicht gerichtsverwertbar oder nicht ausreichend valide sind, – bei denen nur Erkenntnisse vorliegen, die älter als fünf Jahre sind, oder – die nicht aktiv auftreten und daher unterhalb der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeitsschwelle bleiben. Der Bayerischen Polizei und dem BayLfV liegen derzeit Erkenntnisse zu drei Rechtsextremisten vor, die einen Waffenschein für Schusswaffen besitzen. Zudem sind der bayerischen Polizei und dem BayLfV nach derzeitigen Erkenntnissen insgesamt 115 Personen bekannt, die der rechtsextremistischen Szene angehören oder zu denen jedenfalls Hinweise auf eine mögliche Szeneangehörigkeit vorliegen und die über eine Waffenbesitzkarte (WBK) verfügen. Von den zuvor genannten 115 WBK-Besitzern verfügen nach derzeitigen Erkenntnissen der Bayerischen Polizei und des BayLfV insgesamt 38 Personen zusätzlich über einen Munitionserwerbsschein. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass insbesondere ältere Personen aus dem Parteienspektrum (teils im Rentenalter) über scharfe Schusswaffen verfügen. In der vom Lebensalter im Schnitt jüngeren rechtsextremistischen Kameradschaftsszene kommt rechtmäßiger Waffenbesitz nur in Ausnahmefällen vor. Durch Schreiben des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 07.01.2016 wurde eine bayernweite Abfrage bei den Waffenbehörden initiiert, inwieweit sie die bisherige Weisungslage, waffenrechtliche Erlaubnisse von Rechtsextremisten konsequent zu widerrufen, umgesetzt haben. Die entsprechenden Rückmeldungen der Regierungen stehen noch aus. 6. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele und welche Waffen sich in Zusammenhang mit den in Frage 5 genannten Berechtigungen im Besitz von Personen mit rechtsradikalem Hintergrund befinden? 6.1 Wenn ja, wie stellt sich die aktuelle Situation dar? 6.2 Wenn nein, was unternimmt die Staatsregierung, um festzustellen, in welchem Umfang Personen mit rechtsextremem Hintergrund über eine der in Frage 5 genannten Berechtigungen verfügen? Nach Erkenntnissen des BayLfV bewegen sich die auf den jeweiligen Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen in der Regel im einstelligen Bereich. Lediglich in vier Fällen wurden Waffen im zweistelligen Bereich in die Waffenbesitzkarte eingetragen. In diesen Fällen wurde als Bedürfnisgrund für die waffenrechtliche Erlaubnis „Jagd“ angegeben.