Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 09.02.2016 Schießanlage Mainbullau In meiner Schriftlichen Anfrage vom 07.10.2015 (Drs. 17/8963) habe ich die Probleme mit der Schießanlage Mainbullau bereits dargelegt. Mittlerweile sind neue Aspekte aufgetreten. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wurden bei der Untersuchung des Bodenmaterials der Aufschüttung hinter dem Schrotfangwall auch die auffälligen, deutlich sichtbaren großflächigen bläulichen und schwarzen Verfärbungen in ca. 1 m Tiefe im Boden (fotografisch von der Bürgerinitiative dokumentiert ) gezielt auf Belastungen untersucht? a) Wenn ja, mit welchem Ergebnis? 2. Wird vom Landratsamt (LRA) Miltenberg als Voraussetzung für eine eventuelle Genehmigung der bisher nicht genehmigten 11.000 t umfassenden Aufschüttung – wie in dem kürzlich vom Bayerischer Jagdverband e. V. (BJV) durch Antragsrücknahme beendeten Verfahren über die Erweiterung der Schießanlage um eine 200-m-Schießbahn – auch der Nachweis verlangt , dass wegen der baurechtlich notwendigen Privilegierung für Bauvorhaben im Außenbereich (§ 35 des Baugesetzbuches – BauGB) auf der Schießanlage tatsächlich überwiegend Jäger schießen? 3. Wurde im Rahmen der 2008 erteilten Genehmigung zu Umbau und Erweiterung der Schießanlage (insbesondere zur Errichtung des 17 m hohen Schrotfangwalls und Neuerrichtung einer Skeet-Schießanlage) der Nachweis verlangt und geprüft, dass wegen der baurechtlich notwendigen Privilegierung für Bauvorhaben im Außenbereich (§ 35 BauGB) auf der Schießanlage tatsächlich überwiegend Jäger schießen? a) Wenn ja, wie ist das Ergebnis dieser Prüfung und wie ist es konkret dokumentiert? 4. Ist vom LRA geprüft worden, ob auch der überwiegende Teil der Aufschüttung, die den Schrotfangwall in einem Halbkreis von mehr als 180 Grad auf mehr als 150 m Länge umfasst, tatsächlich statisch erforderlich ist, obwohl der steil abfallende Bereich des Schrotfangwalls nur einen kleinen Abschnitt von maximal 50 m betrifft? 5. Wie wurde seinerzeit in der Genehmigung des LRA Miltenberg von 2008 zu Umbau und Erweiterung der Schießanlage das für eine naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erforderliche überwiegende öffentliche Interesse an der Erweiterung der Schießanlage um einen bis dahin nicht vorhandenen Skeet-Stand begründet? 6. Wurde vom LRA Miltenberg – wie schon in dem kürzlich vom BJV durch Antragsrücknahme beendeten Verfahren über die Erweiterung der Schießanlage um eine 200-m-Schießbahn – vom BJV eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) zur Beurteilung der Auswirkungen der Erweiterung auf geschützte Tiere verlangt? a) Wenn nein, warum nicht? 7. Liegen für alle seit dem Inkrafttreten der Bezirksverordnung über das Landschaftsschutzgebiet Bayerischer Odenwald vom 22.04.1969 vorgenommenen baulichen Erweiterungen der Schießanlage durchgängig und vollständig naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen vor? a) Wenn ja, wie ist die jeweilige Erweiterung der Schießanlage naturschutzrechtlich begründet worden? 8. Aus welchen konkreten Gründen kam die zuständige Behörde im Rahmen der Umbau- und Erweiterungsgenehmigung von 2008 zu der Einschätzung, „dass die Durchführung der Naturparkverordnung zu einer unzumutbaren Belastung für den Antragsteller führen würde “ (vgl. die Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) vom 09.11.2015 zu meiner Frage 8 auf Drs. 17/8963)? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucher schutz vom 14.03.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. Wurden bei der Untersuchung des Bodenmaterials der Aufschüttung hinter dem Schrotfangwall auch die auffälligen, deutlich sichtbaren großflächigen bläulichen und schwarzen Verfärbungen in ca. 1 m Tiefe im Boden (fotografisch von der Bürgerinitia tive dokumentiert) gezielt auf Belastungen unter sucht? a) Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.04.2016 17/10577 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10577 Im Rahmen der Untersuchungen durch einen anerkannten Sachverständigen nach § 18 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) im September 2014 wurden im Bereich der Auffüllungen insgesamt 10 Schürfe angelegt. Auffällige Verfärbungen stellte der Gutachter an den Schürfen 4 bis 7 in ca. 1 m Tiefe fest. Laut Gutachter sind die Auffüllungen an diesen Stellen teilweise dunkelgrau, schwarz, braun bis rotbraun und teilweise u. a. mit Schlacke und Asphalt gemischt . Die chemischen Analysen ergaben keine erhöhten Messwerte . Die ausgeführten umwelttechnischen Erkundungen ergaben keine erheblichen Bodenbeeinträchtigungen im Sinne von § 2 Absatz 3 BBodSchG. 2. Wird vom Landratsamt (LRA) Miltenberg als Vo raussetzung für eine eventuelle Genehmigung der bisher nicht genehmigten 11.000 t umfassenden Aufschüttung – wie in dem kürzlich vom Bayeri schen Jagdverband e.v. (BJV) durch Antragsrück nahme beendeten Verfahren über die Erweiterung der Schießanlage um eine 200mSchießbahn – auch der Nachweis verlangt, dass wegen der baurechtlich notwendigen Privilegierung für Bau vorhaben im Außenbereich (§ 35 des Baugesetz buches – BauGB) auf der Schießanlage tatsächlich überwiegend Jäger schießen? Frage 2 wird wegen des inhaltlichen Zusammenhangs zusammen mit Frage 3 beantwortet. 3. Wurde im Rahmen der 2008 erteilten Genehmi gung zu Umbau und Erweiterung der Schießanla ge (insbesondere zur Errichtung des 17 m hohen Schrotfangwalls und Neuerrichtung einer Skeet Schießanlage) der Nachweis verlangt und geprüft, dass wegen der baurechtlich notwendigen Privi legierung für Bauvorhaben im Außenbereich (§ 35 BauGB) auf der Schießanlage tatsächlich überwie gend Jäger schießen? a) Wenn ja, wie ist das Ergebnis dieser Prüfung und wie ist es konkret dokumentiert? Die Schießanlage besteht bereits seit dem Jahr 1971. Die Baugenehmigung wurde nach Aktenlage am 06.03.1975 durch die vor Ort zuständige Behörde erteilt. Der Schießbetrieb ist privilegiert nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Die erste immissionsschutzrechtliche Genehmigung durch die vor Ort zuständige Behörde wurde am 17.02.1976 (100-m-Schießstand , 25-m-Schießstand und Wurfscheibenschießanlage) erteilt. Im Jahr 1983 folgte eine zunächst befristete, im Jahr 1986 schließlich eine unbefristete Genehmigung für einen Umbau des Wurfscheibenschießstandes. Im Jahr 1992 wurde vom zuständigen Landratsamt die Genehmigung für die Errichtung eines 60-m-laufend-Keiler-Schießstandes, der in das Gelände der bestehenden Schießanlage integriert ist, erteilt. Der „Umbau zum umweltverträglichen Betrieb“ im Jahr 2008 ist ein Bestandteil der bestehenden, genehmigten Hauptanlage und nimmt an deren Privilegierung teil. Entsprechend der Machbarkeitsstudie des Bayerischen Jagdschutzvereins Miltenberg vom Juli 2005, die dem Umbau 2008 vorausging, wird die Wurfscheibenschießanlage ausschließlich für das jagdliche Übungs- und Ausbildungsschießen im Rahmen der Jungjägerausbildung genutzt. Weitere Privilegierungsaspekte wurden nicht geprüft. Die Vorlage von Schussbüchern und anderen Nachweisen wurde vom Landratsamt Miltenberg im Rahmen des Genehmigungsverfahrens im Jahr 2008 nicht gefordert. Wie oben erläutert, ist für das Gesamtvorhaben „Umbau zum umweltverträglichen Betrieb“ im Jahr 2008 eine Privilegierung zu bejahen. Die Auffüllungen zur Stabilisierung des Walls sind nur ein Teil des Vorhabens und partizipieren damit an der Privilegierung zu dem Gesamtvorhaben. Zu der Neuerrichtung der Skeet-Anlage im Rahmen des Umbaus im Jahr 2008 wird darauf verwiesen, dass diese entsprechend den Antragsunterlagen als Teil der Wurfscheibenschießanlage ausschließlich dem jagdlichen Schießen dient. Die Antragsunterlagen sind Bestandteil der Genehmigung. Nachdem Ende des Jahres 2012 festgestellt wurde, dass der Schrotfangwall umfangreicher ausgeführt wurde als genehmigt , wurde der Weiterbau eingestellt. Im Rahmen von Abstimmungsgesprächen haben sich die örtlich zuständigen Rechts- und Fachaufsichtsbehörden und der Betreiber der Schießanlage darauf geeinigt, dass zunächst die Schadlosigkeit des Materials nachzuweisen ist und danach unter Nachweis der statischen Erforderlichkeit für diese Auffüllungen (11.000 t) ein Genehmigungsverfahren einzuleiten ist. Dieses Verfahren wird derzeit durchgeführt. 4. Ist vom LRA geprüft worden, ob auch der überwie gende Teil der Aufschüttung, die den Schrotfang wall in einem Halbkreis von mehr als 180 Grad auf mehr als 150 m Länge umfasst, tatsächlich sta tisch erforderlich ist, obwohl der steil abfallende Bereich des Schrotfangwalls nur einen kleinen Ab schnitt von maximal 50 m betrifft? Laut dem vom Landratsamt Miltenberg geforderten Gutachten zur Standsicherheit des Schrotfangwalls waren die nachträglich durchgeführten Aufschüttungen zur Gewährleis tung der Standsicherheit erforderlich. Die zusätzlichen Aufschüttungen erfolgten als Stabilisierungsmaßnahme für den bestehenden und genehmigten Schrotfangwall. Probleme entstanden nicht in den steilen Bereichen des Walles, sondern an der Rückseite (von der Skeet-Anlage aus gesehen). Dort gab es aufgrund der noch nicht erfolgten ausreichenden Stabilisierung nach längeren Regenfällen starke Auswaschungen von der Böschungskrone bis zum -fuß, die ohne Gegenmaßnahmen zu großflächigen Abrutschungen hätten führen können. 5. Wie wurde seinerzeit in der Genehmigung des LRA Miltenberg von 2008 zu Umbau und Erweiterung der Schießanlage das für eine naturschutzrecht liche Ausnahmegenehmigung erforderliche über wiegende öffentliche Interesse an der Erweiterung der Schießanlage um einen bis dahin nicht vorhan denen SkeetStand begründet? Eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung schließt nach § 13 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) eine Erlaubnis oder Befreiung nach der Naturparkverordnung mit ein. Nach § 10 Abs. 5 BImSchG holt die Genehmigungsbehörde die Stellungnahmen der betroffenen Behörden ein. Vonseiten der unteren Naturschutzbehörde wurde mit Stellungnahme vom 29.03.2007 dem Vorhaben zugestimmt. Eine rechtliche Begründung ist aus dieser Stellungnahme nicht zu entnehmen, auf eine Befreiung nach § 67 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) wurde nicht eingegangen . Materiell-rechtlich ist die Zustimmung aus dem Jahr 2007 nachvollziehbar. Die Schießanlage wurde (genehmigt mit Bescheid vom 27.02.2008) umgebaut, um einen umweltverträglichen Betrieb zu gewährleisten. Das Vorhaben Drucksache 17/10577 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 diente also dem Schutz vor Schadstoffeinträgen, was einen Gemeinwohlbelang von besonderem Gewicht darstellt. Aufgrund der verdeckten Lage waren über den Eingriffsort hi nausgehende Auswirkungen auf das Landschaftsbild auszuschließen . Die erforderliche Rodung sollte in Rücksprache mit dem Forstamt durch Ersatzaufforstungen ausgeglichen werden und die den Schützen abgewandte Seite des Erdwalls wieder der Sukzession überlassen werden. 6. Wurde vom LRA Miltenberg – wie schon in dem kürzlich vom BJV durch Antragsrücknahme been deten Verfahren über die Erweiterung der Schieß anlage um eine 200mSchießbahn – vom BJV eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) zur Beurteilung der Auswirkungen der Erweiterung auf geschützte Tiere verlangt? a) Wenn nein, warum nicht? Nein. Hinweise auf besonders oder streng geschützte Arten sind dem Landratsamt Miltenberg nicht bekannt. 7. Liegen für alle seit dem Inkrafttreten der Bezirks verordnung über das Landschaftsschutzgebiet Bayerischer Odenwald vom 22.04.1969 vorgenom menen baulichen Erweiterungen der Schießanlage durchgängig und vollständig naturschutzrechtli che Ausnahmegenehmigungen vor? a) Wenn ja, wie ist die jeweilige Erweiterung der Schießanlage naturschutzrechtlich begründet worden? Der damalige Kreisnaturschutzberater hat 1974 dem Neubau eines festen Unterstandes und der Außenanlage eines Pistolen- und Großkaliberstandes mit Sichtblenden und Erdwällen als Schall- und Sicherheitsschutz zugestimmt, da Belange des Natur- und Landschaftsschutzes nicht entgegenstünden . Die untere und höhere Naturschutzbehörde schlossen sich dieser Beurteilung an. Die Zustimmung der höheren Naturschutzbehörde 1975 wurde damit begründet, dass die Anlagen von geschlossenen Waldbeständen umgeben und von öffentlichen Wegen nicht einsehbar seien. Daher werde durch die Anlagen keine nennenswerte Störung des Landschaftsbildes und des Naturgenusses verursacht. Um eine vollständige Einbindung in die Landschaft zu gewährleisten , wurden als Auflagen festgesetzt, die baulichen Anlagen in gedeckter Farbe zu halten, als Baumaterial auch bei Reparaturarbeiten ausschließlich Holz zu verwenden und die Anlagen durch Anpflanzungen einzugrünen. Ausfälle sollen umgehend ergänzt werden. Zur Erweiterung des Wurfscheibenschießstandes 1983 enthalten die Altakten eine naturschutzfachliche Stellungnahme , aus der hervorgeht, dass gegen die Erweiterung keine Bedenken bestünden. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass bei weiteren Pflanzmaßnahmen mehr auf einheimische Laubbäume und -sträucher als auf gefährdete Nadelgehölze zurückgegriffen werden solle. Das damalige Landesamt für Umweltschutz stimmte dieser Einschätzung zu und wies darauf hin, dass aufgrund der günstigen Situierung der Schießanlage davon ausgegangen werden könne, dass auch nach der Erweiterung keine Änderung der Lärmsituation eintreten werde. Die Zustimmung der unteren Naturschutzbehörde zur Errichtung eines 60-m-laufend-Wild-Standes erfolgte 1989 ohne weitere Begründung. Zur Umgestaltung der Wurfscheibenschießanlage (umweltverträglicher Umbau) im Jahr 2008 siehe Ausführungen zu Frage 5. 8. Aus welchen konkreten Gründen kam die zustän dige Behörde im Rahmen der Umbau und Erweite rungsgenehmigung von 2008 zu der Einschätzung, „dass die Durchführung der Naturparkverordnung zu einer unzumutbaren Belastung für den Antrag steller führen würde“ (vgl. die Antwort des Staats ministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) vom 09.11.2015 zu meiner Frage 8 auf Drs. 17/8963)? Wie zu den Fragen 2 und 3 ausgeführt, ist die Schießanlage seit Langem genehmigt und genießt damit Bestandsschutz. Der Umbau (Errichtung eines Schrotfangwalls) diente der Möglichkeit, den Schießbetrieb entsprechend der geltenden Vorgaben zu sichern.