Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Günther Felbinger FREIE WÄHLER vom 09.02.2016 Altlastensanierung Schonungen In der Gemeinde Schonungen wurde eine Altlastensanierung durchgeführt, in der sowohl Bewohner als auch der Freistaat Bayern einen Teil der Sanierungskosten übernehmen . Auf Nachfrage beim Landratsamt Schweinfurt zum Baukostenindex (BKI) wurde den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern mitgeteilt, dass eine jeweilige Anpassung der Wertermittlung bezüglich des BKI auf den Stand des Auszahlungsjahres selbstverständlich wäre, was die Regierung von Unterfranken nun verneint. Ich frage die Staatsregierung: 1. Vertritt die Staatsregierung die Auffassung, dass bei den Entschädigungszahlungen im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen Sattler in Schonungen der im Jahr 2010 ermittelte Neuwert nach § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 Satz 2 des Einzelsanierungsvertrags (EV) so zu verstehen sei, dass die Normalherstellungskosten anzuwenden seien, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Wertgutachtens im Jahr 2010 gültig waren? a) Ist eine jeweilige Anpassung der im Gutachten festgelegten Werte an den aktuellen Baukostenindex vorzunehmen ? 2. Ist Ziffer 3 Abs. 2 des Grundvertrages (GV) mit der Erstattung „zur Wiederherstellung erforderlicher Kosten“ so zu verstehen, dass der Ersatz des Wertes der beseitigten Altanlagen zum Abrisszeitpunkt gemeint ist? a) Oder ist damit der Ersatz der Kosten für die Wiedereinrichtung der Neuanlagen gemeint? 3. Widerspricht es dem Sinn und Zweck der Entschädigungsvereinbarung nach Ziffer 3 Abs. 3 GV, wenn die zu Entschädigenden die Kosten der Preissteigerung während eines längeren Sanierungsverfahrens tragen müssten und so die zur Wiederherstellung ihrer Anlagen erforderlichen Kosten insoweit nicht ersetzt bekämen unter der Berücksichtigung, dass der Freistaat Bayern den Ablauf und die Zeitdauer der Sanierung bestimmt? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 14.03.2016 1. Vertritt die Staatsregierung die Auffassung, dass bei den Entschädigungszahlungen im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen Sattler in Schonungen der im Jahr 2010 ermittelte Neuwert nach § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 2 Satz 2 des Einzelsanierungsvertrags (EV) so zu verstehen sei, dass die Normalherstellungskosten anzuwenden seien, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Wertgutachtens im Jahr 2010 gültig waren? Die angesprochenen Regelungen des Einzelsanierungsvertrags (EV) lauten wie folgt: § 3 Abs. 1 EV: Grundlage für die Ermittlung des Wertes der abzureißenden baulichen und sonstigen Anlagen ist das Wertgutachten über den Neuwert nach dem Tabellenwerk der jeweils geltenden Normalherstellungskosten (NHK) eines vom Gutachterausschuss beauftragten öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen (Anlage 1). § 5 Abs. 2 Satz 2 EV: Auf Antrag des Eigentümers wird von einer Wiederherstellung abgesehen und der im Wertgutachten festgestellte Neuwert nach NHK in der jeweils gültigen Fassung durch Auszahlung ausgeglichen (Wertausgleich i. S. d. Ziff. 3 Abs. 3 Nr. 3 des Grundvertrags). Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 EV konnte durch die Grundstückseigentümer ein Wahlrecht ausgeübt werden, das statt einer Wiederherstellung eine Entschädigung der rückgebauten Gebäude und Anlagen vorsah. In den meisten Fällen wurde Geldabfindung gewählt, ein geringerer Teil der Eigentümer entschied sich für eine Wiederherstellung. Es wurde vereinbart, dass Wertgutachten erstellt werden sollten, die die Höhe der Entschädigung verbindlich regeln. Dazu wurde in § 3 Abs. 1 EV festgelegt, dass als Grundlage zur Wertermittlung ein Wertgutachten über den Neuwert nach dem Tabellenwerk der jeweils geltenden Normalherstellungskosten (NHK) von einem Sachverständigen erstellt werden sollte. Dabei bezog sich „jeweils geltend“ auf die Tatsache , dass den Verhandlungspartnern bekannt war, dass es Fortschreibungen der einschlägigen Regelwerke gibt. Mit der Neuwertermittlung der baulichen Anlagen und der Außenanlagen und Nebengebäude wurde im Jahr 2010 der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Bereich des Landkreises Schweinfurt beauftragt. Das vom Gutachterausschuss angewandte Sachwertverfahren ist durch die zum Zeitpunkt der Bewertung geltende Wertermittlungsrichtlinie (WertR) 2006 normiert. Gemäß WertR 2006 wurde bei der Ermittlung des Werts der baulichen Anlagen der letzte vor dem Wertermittlungsstichtag veröffentlichte, für die jeweilige Gebäudeart zutreffende Baukostenindex des Statistischen Bundesamtes bzw. der Statistischen Landesämter mit dem entsprechenden Basisjahr zugrunde gelegt. Der Neuwert der baulichen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.04.2016 17/10578 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10578 Anlagen für die im Sanierungsplan festgelegten Teilgrundstücksflächen wurde demnach auf Grundlage der Normalherstellungskosten auf Preisbasis 2005 (Baukostenindex 2005=100) ermittelt. Der aus den Normalherstellungskosten ermittelte Herstellungswert ist wiederum auf den Wertermittlungsstichtag bezogen (BKI Mai 2010=113,5). Die jeweiligen Gutachten des Gutachterausschusses wurden, da keiner der betroffenen Vertragspartner von der nach § 5 Abs. 2 EV vorgesehenen Möglichkeit einer Anfechtung des Gutachtens Gebrauch gemacht hat, als Anlage 1 Bestandteil des Einzelsanierungsvertrages. a) Ist eine jeweilige Anpassung der im Gutachten festgelegten Werte an den aktuellen Baukostenindex vorzunehmen? Nein. Aus § 5 Abs. 2 Satz 2 EV wird deutlich, dass die vereinfachende Ausgleichsregelung keineswegs so zu verstehen ist, dass es zu einer Anpassung des durch das Wertgutachten festgestellten Betrages kommt: es wird der im Wertgutachten festgestellte Neuwert ausgeglichen. Zudem würde es der Logik widersprechen, bereits zum damaligen Zeitpunkt Wertgutachten für alle Grundstücke erstellen zu lassen, die von einem sanierungsbedingten Rückbau von Gebäuden oder anderen Anlagen betroffen gewesen waren. Es wäre dann naheliegend gewesen, zunächst die Aufmaße zu nehmen, um diese dann später als Grundlage für die Wertermittlung in einem Gutachten heranzuziehen , das auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Sanierung abstellt, um damit die dann aktuelle Situation tatsächlich zu berücksichtigen. Dies war aber erkennbar zu keinem Zeitpunkt von den Parteien gewollt. In der Einleitung zu seiner Schriftlichen Anfrage schreibt Herr MdL Felbinger: „Auf Nachfrage beim Landratsamt Schweinfurt zum Baukostenindex (BKI) wurde den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern mitgeteilt, dass eine jeweilige Anpassung der Wertermittlung bezüglich des BKI auf den Stand des Auszahlungsjahres selbstverständlich wäre.“ Das Landratsamt Schweinfurt weist jedoch ausdrücklich zurück, eine solche Äußerung abgegeben zu haben. 2. Ist Ziffer 3 Abs. 2 des Grundvertrages (GV) mit der Erstattung „zur Wiederherstellung erforderlicher Kosten“ so zu verstehen, dass der Ersatz des Wertes der beseitigten Altanlagen zum Abrisszeitpunkt gemeint ist? a) Oder ist damit der Ersatz der Kosten für die Wiedereinrichtung der Neuanlagen gemeint? Ziffer 3 Abs. 2 GV enthält keine entsprechende Regelung. Vermutlich ist Ziffer 3 Abs. 3 GV gemeint. Dieser lautet wie folgt: „Soweit im Rahmen der Sanierung bauliche oder sonstige Anlagen auf den Grundstücken ganz oder teilweise entfernt oder verändert werden müssen, werden diese im Rahmen der baurechtlichen Zulässigkeit (unter Einbeziehung von rechtmäßigen Abweichungen oder Befreiungen) wiederhergestellt oder die für die Wiederherstellung erforderlichen Kosten erstattet; das vor der Sanierung bestehende Geländeniveau wird durch Auffüllung wiederhergestellt. Die Kosten für die Wiederherstellung der Bepflanzung auf den Freiflächen werden gegen Nachweis erstattet, jedoch bis maximal i. H. v. 30,00 € je m² Freifläche, auf der wegen der Sanierung die Bepflanzung zerstört wurde. Das Nähere regelt der Sanierungsvertrag.“ In Ziffer 3 Abs. 3 GV wird somit explizit auf eine im späteren (Einzel-)Sanierungsvertrag diesbezüglich zu vereinbarende Regelung verwiesen. Bereits bei Abschluss des Grundvertrags im Jahre 2007 waren sich die Parteien darüber im Klaren, dass ein Wiederaufbau sanierungsbedingt entfernter Gebäude (Wiederaufbau an gleicher Stelle mit gleichem Umgriff, gleicher Aufteilung…) weitere aufwendige Verfahren mit sich bringen würde, die nicht immer zu beiderseitiger Zufriedenheit hätten abgewickelt werden können. Man entschied sich deshalb in den Verhandlungen zum Einzelsanierungsvertrag im Jahr 2010, auch eine Entschädigungsregelung zuzulassen. In Folge dessen wurde in § 3 Abs. 1 EV festgelegt, dass als Grundlage zur Ermittlung des Wertes der abzureißenden baulichen und sonstigen Anlagen ein Wertgutachten über den Neuwert nach dem Tabellenwerk der jeweils geltenden Normalherstellungskosten (NHK) von einem Sachverständigen erstellt werden sollte. Zu beachten ist, dass bei derartigen Wertermittlungen im Regelfall die Anschaffungskosten ermittelt werden und anschließend ein Teil für die Abnutzung des Wirtschaftsgutes wieder abgezogen wird, um den zum Stichtag angemessenen Wert zu finden. Im Sanierungsgebiet hätte dies bei vielen der baulichen Anlagen, insbesondere den Nebenanlagen, im Ergebnis dazu geführt, dass kein wirtschaftlicher Restwert hätte ausgewiesen werden können. In § 5 Abs. 2 EV ist jedoch zugunsten der Eigentümer vereinbart, dass auf Antrag des Eigentümers von einer Wiederherstellung abgesehen und der im Wertgutachten festgestellte Neuwert nach NHK in der jeweils gültigen Fassung durch Auszahlung ausgeglichen wird, d. h. dass die Abnutzung nicht in Abzug gebracht wird. 3. Widerspricht es dem Sinn und Zweck der Entschädigungsvereinbarung nach Ziffer 3 Abs. 3 GV, wenn die zu Entschädigenden die Kosten der Preissteigerung während eines längeren Sanierungsverfahrens tragen müssten und so die zur Wiederherstellung ihrer Anlagen erforderlichen Kosten insoweit nicht ersetzt bekämen unter der Berücksichtigung, dass der Freistaat Bayern den Ablauf und die Zeitdauer der Sanierung bestimmt? Wie bereits in der Antwort auf die Fragen 2 und 2 a) erläutert, wird in Ziffer 3 Abs. 3 GV auf die im späteren Einzelsanierungsvertrag zu treffende Regelung verwiesen. Es handelt sich bei § 5 Abs. 2 Satz 2 EV nicht um eine Regelung, die eine Wiederherstellung der Gebäude zu einem vom Eigentümer zu bestimmenden Zeitpunkt X nach dem Abschluss der Sanierung durch Auszahlung einer Geldsumme ermöglichen soll, deren Höhe dynamisch an die Preissteigerung angepasst wird. Der Fall der Wiederherstellung ist in § 5 Abs. 2 Satz 1 EV geregelt. Die Vertragsparteien waren sich vielmehr beim Abschluss des Einzelsanierungsvertrages einig, dass es sich um einen vereinfachenden Entschädigungsanspruch handelt, mit dem der Freistaat Bayern von der Pflicht zur Wiederherstellung der Gebäude frei wird. Entscheidend ist, dass sich beide Vertragsparteien mit § 5 Abs. 2 Satz 2 EV von einer Wiederherstellung der Gebäude zu gleicher Qualität und Güte befreien konnten und wollten. Diese Befreiung beinhaltet aber auch, dass die Auszahlung der in den Wertgutachten genannten Summen fix ist. Zwischenzeitlich haben im Übrigen sämtliche betroffenen Eigentümer mit der Bestätigung des Erhalts der Sanierungsdokumentation die Auszahlung der Entschädigung beantragt und diese größtenteils auch bereits erhalten.