Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17.12.2013 Verfügbarmachung von Bahnliegenschaften in Bayern Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und die Deutsche Bahn AG haben im Jahr 2002 die BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW mbH (BEG) gegründet. Die BEG sorgt dafür, dass die im BahnflächenPool definierten Liegenschaften neue Nutzungsperspektiven und Eigentümer finden . Das Kerngeschäft der BEG ist eine „Aufklärungsoffensive “ zur Wiedernutzung der Bahnbrachen. Die BEG macht alle Formen entbehrlicher Bahnliegenschaften verlässlich für die kommunale Planungshoheit verfügbar, schafft neue Nutzerperspektiven und bereitet die Handlungsgrundlage für die nachfolgende Realisierung von Projekten vor. Die BEG wurde gegründet, weil es in den bestehenden Strukturen kein anderes Unternehmen zur Veräußerung von DBLiegenschaften gab, das auf den öffentlich-privaten Interessenausgleich verpflichtet war. Die BEG ist ein gemeinsames Unternehmen, das die Belange und Standpunkte, die Sachzwänge und strategischen Vorgaben, die prozessualen und rechtlichen Rahmenbedingungen sowohl der Kommunen als auch des Bahnkonzerns kennt und berücksichtigt. Vor der BEG-Gründung sind die Verhandlungspartner vielerorts mit unverhältnismäßigen Erwartungen, mit wenig Verständnis und Hintergrundwissen auf die Gegenseite getroffen. Methoden und Möglichkeiten zum Ausgleich fehlten, Projektblockaden und Stillstand waren die anhaltenden Folgen. Heute haben in Nordrhein-Westfalen die Kommunen, der Bahnkonzern und das Land einen zentralen, institutionellen Ansprechpartner und sind allesamt aus der früheren Gemengelage befreit. Ich frage die Staatsregierung: 1. Welches Optimierungspotenzial sieht die Staatsregierung bei der Verfügbarmachung entbehrlicher Bahnliegenschaften für die kommunale Planungshoheit in Bayern ? 2. Inwieweit ist der Staatsregierung die BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW mbH (BEG) bekannt? 3. Inwieweit hält die Staatsregierung eine Gesellschaft wie die BEG in Bayern für notwendig, nachdem auch in Bayern nicht alles rund läuft, wenn beispielsweise im Umfeld von Bahnhöfen Omnibusbahnhöfe oder Fahrradabstellanlagen errichtet werden sollen und Ansprechpartner im DB-Konzern oft wechseln? 4. Wird die Staatsregierung das Schnittstellenprogramm neu auflegen? 5. Wenn nein, warum nicht? 6. Inwieweit könnte eine BahnflächenEntwicklungsGesellschaft in Bayern die Umsetzung eines wiederaufgelegten Schnittstellenprogramms erleichtern? . Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 18.03.2014 1. Welches Optimierungspotenzial sieht die Staatsregierung bei der Verfügbarmachung entbehrlicher Bahnliegenschaften für die kommunale Planungshoheit in Bayern? Voranzustellen ist die Bemerkung, dass sich bahnrelevante und kommunale Entwicklungsziele nicht immer harmonisieren lassen und in manchen Fällen sogar diametral gegenüberstehen. Als Ansatzpunkte für eine verbesserte Abwicklung werden in erster Linie die Reduzierung von asymmetrischer Information und der Aufbau von mehr gegenseitigem Verständnis gesehen. Die Entwicklung gewidmeter Bahnflächen in verkehrsfähige Immobilien ist insbesondere für auf kommunaler Seite Beteiligte keine Routinearbeit. Aufgrund der rechtlichen, historischen und technischen Besonderheiten kommt es des Öfteren zu Missverständnissen. Darüber hinaus fehlt auf kommunaler Seite vielfach das Verständnis, warum der Gesetzgeber für das Aufgeben von Eisenbahninfrastruktur derart hohe Hürden aufgebaut hat. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Kommunen nur selten mit dem Thema konfrontiert sind und daher auch über wenig Erfahrung zur Rechtslage und den Ankauf von Bahnflächen verfügen. Der Aufbau eines entsprechenden Know-how stößt jedoch insbesondere bei kleineren Kommunen schnell an Grenzen. Deshalb kommt hier der Beratung durch die Regierungen und die Landratsämter eine hohe Bedeutung bei, die sich insbesondere im Rahmen von städtebaulichen Erneuerungsmaßnahmen bewährt hat. Auf der anderen Seite verhindert die zentralistische Struktur des größten Anbieters von Bahnflächen, der DB AG, in manchen Fällen optimale Lösungen – ebenso wie einseitig verfolgte Gewinnziele von DB-Unternehmenseinheiten. Beispielhaft steht hier der Verkauf von Bahnhofsgebäuden Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 25.04.2014 17/1062 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1062 an Beteiligungsgesellschaften. Dass in einem privatrechtlich organisierten Unternehmen Ansprechpartner häufiger wechseln als im staatlichen oder kommunalen Bereich, liegt in der Natur der Sache und muss per se kein Nachteil sein. Eine immer wieder festzustellende Verortung der Zuständigkeiten in anderen Unternehmensbereichen, wie es im DBKonzern nicht selten vorkommt, verkompliziert allerdings Lösungen. Hier wäre mehr Kontinuität zielführend. Die Wiedernutzung brachgefallener Flächen ist seit Beginn der 1990er-Jahre eine Schwerpunktaufgabe der städtebaulichen Erneuerung. Bahnbrachen sind ebenso wie Militär-, Gewerbe- und Industriebrachen städtebauliche Folgen eines tief greifenden Strukturwandels, mit dem sich Städte und Gemeinden seither auseinandersetzen. Große Brachflächen erfordern von den Gemeinden eine Neupositionierung ihrer Ortsentwicklungspolitik, um die Siedlungstätigkeit vorrangig auf vorgenutzte Flächen zu lenken. Für die Brachflächenkonversion stellt die Städtebauförderung den Gemeinden mittlerweile erprobte Verfahrens- und Finanzierungsinstrumente zur Verfügung. Hierzu gehören integrierte städtebauliche Entwicklungskonzepte und das Sanierungs- und Entwicklungsrecht ebenso wie Wettbewerbe, die Beteiligung der Bürger und ein städtebauliches Projektmanagement . Die Entwicklung von Bahnhöfen und ihres Umfelds ist für die Kommunen von großem städtebaulichem Interesse. Ergänzend zu den Instrumentarien des Besonderen Städtebaurechts können für die städtebauliche Entwicklung der ehemaligen Bahnareale Mittel der Städtebauförderung eingesetzt werden. Die Städtebauförderung setzte in Bayern mit den Bund-Länder-Programmen und der EU-Förderung in den vergangenen Jahren bereits wichtige Akzente bei der Revitalisierung ehemaliger Bahnflächen. Gute Beispiele hierfür sind die Konversion des ehemaligen Bahngeländes in Falkenstein oder die Sanierungsmaßnahmen ehemaliger Bahngebäude in Freilassing und Neumarkt St. Veit. In der aktuellen EU-Förderperiode 2014–2020 wird die Brachflächenkonversion weiterhin ein Schwerpunkt bleiben. Mithilfe der im Nachtragshaushalt 2012 sowie im Doppelhaushalt 2013/14 im Bayerischen Städtebauförderungsprogramm zusätzlich bereitgestellten Mittel konnten die finanziellen Möglichkeiten für die Revitalisierungen von Brachflächen noch mal erheblich verbessert und einige besonders wirksame Maßnahmen in strukturschwachen Kommunen erfolgreich angegangen werden. Mit dem bayerischen Sonderprogramm „Innerörtliche Industrie- und Gewerbebrachen“ werden spürbare Impulse für die wirtschaftsstrukturelle und städtebauliche Entwicklung gesetzt. Ein äußerst erfreuliches Beispiel, das im Rahmen dieses Sonderprogramms unterstützt wird, ist eine Bahnbrache in Seubersdorf. Hier wurden ca. 15.000 m2 ehemalige Lagerflächen der DB AG durch die Gemeinde erworben. Auf Grundlage eines Städtebaulichen Nachnutzungskonzeptes werden aktuell die Möglichkeiten einer sinnvollen Nachnutzung ausgelotet. 2. Inwieweit ist der Staatsregierung die BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW mbH (BEG) bekannt? Die Gesellschaft ist der Staatsregierung ein Begriff. Die Verkehrsabteilung im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat sich zum Beispiel erst im Jahr 2013 das Portfolio der BEG in Nordrhein-Westfalen präsentieren lassen. 3. Inwieweit hält die Staatsregierung eine Gesellschaft wie die BEG in Bayern für notwendig, nachdem auch in Bayern nicht alles rund läuft, wenn beispielsweise im Umfeld von Bahnhöfen Omnibusbahnhöfe oder Fahrradabstellanlagen errichtet werden sollen und Ansprechpartner im DB-Konzern oft wechseln? Festzustellen ist, dass weder seitens der Kommunen noch seitens der Eisenbahninfrastrukturunternehmen der Wunsch nach Gründung einer ähnlichen Gesellschaft wie in Nordrhein-Westfalen an die Staatsregierung herangetragen worden ist. Die Staatsregierung geht davon aus, dass in Nordrhein-Westfalen mit seiner wesentlich höheren Bevölkerungsdichte, seiner großstädtischen Struktur und seiner historisch bedingt größeren Dichte an Bahnflächen die Konversion nicht mehr benötigter Bahnimmobilien in interessanten Lagen für Kommunen und auch für das Land eine wesentlich größere Rolle spielt als in Bayern. Es wird derzeit kein aktiver Handlungsbedarf der Staatsregierung zur Schaffung zusätzlicher Strukturen gesehen, zumal die Staatsregierung in Einzelfällen bei Bedarf stets bereit war und ist, eine vermittelnde Rolle einzunehmen. 4. Wird die Staatsregierung das Schnittstellenprogramm neu auflegen? Die Bayerische Staatsregierung wird das Schnittstellenprogramm nicht neu auflegen. 5. Wenn nein, warum nicht? Maßnahmen, wie z. B. Park- and Ride-Anlagen, Bike- and Ride-Anlagen oder Omnibushaltestellen an den Haltestellen des SPNV, die früher im Schnittstellenprogramm geführt wurden, wurden nach den damals gültigen Regularien des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes gefördert. Für die im Schnittstellenprogramm geführten Maßnahmen galt kein gesonderter Fördersatz. Die Maßnahmen werden auch derzeit nach den aktuell gültigen Regularien des Bayerischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes gefördert, für ein Sonderprogramm besteht kein Bedarf. 6. Inwieweit könnte eine BahnflächenEntwicklungsGesellschaft in Bayern die Umsetzung eines wiederaufgelegten Schnittstellenprogramms erleichtern? In Bayern arbeiten Staat und Kommunen mit der Städtebauförderung Hand in Hand. Die Bayerische Staatsregierung setzt dabei auch in Zukunft auf die Beratung durch die Bezirksregierungen , die direkt mit den Entscheidungsträgern der Kommunen zusammenarbeiten. Unser Ziel ist es, die guten Erfahrungen mit der Städtebauförderung als Leitprogramm für vielschichtige und übergreifende Aufgabenstellungen zu nutzen und auszubauen. Wir legen aber auch großen Wert darauf, dass wir bei der Städtebauförderung für die unterschiedlichen regionalen Probleme im Interesse einer Strukturpolitik, die vor allem Hilfe zur Selbsthilfe anbietet , ganz spezifische örtliche Lösungsansätze ermöglichen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.