Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 20.01.2016 Was weiß die Staatsregierung über Flüchtlinge aus den nun neu vorgeschlagenen „sicheren Herkunftsländern“? Die Staatsregierung hat sich dafür ausgesprochen, Armenien , Georgien, die Republik Moldau, die Ukraine, Bangladesch , Indien, die Mongolei, Algerien, Benin, Gambia, Mali und Nigeria als ‚sichere Herkunftsstaaten‘ zu klassifizieren. Außerdem überlegt die Staatsregierung, weitere nordafrikanische Staaten wie zum Beispiel Marokko, Tunesien, Libyen und Ägypten ebenfalls als ‚sichere Herkunftsstaaten‘ zu betrachten. Die Klassifizierung von Staaten als ‚sichere Herkunftsstaaten‘ führt jedoch nicht zu den Ergebnissen, die sich die Staatsregierung erhofft. Weiterhin sind die pauschal verhängten Arbeitsverbote unmenschlich und rechtswidrig. Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Asylsuchende aus den Ländern Armenien, Georgien, der Republik Moldau, der Ukraine, Bangladesch , Indien, der Mongolei, Algerien, Benin, Gambia, Mali, Nigeria, Marokko, Tunesien, Libyen und Ägypten befinden sich derzeit in Bayern? 1.2 Wie viele davon sind seit dem 01.01.2015 aus den jeweiligen Ländern neu nach Bayern gekommen? 1.3 Wie viele Asylsuchende sind seit dem 01.01.2015 neu nach Bayern gekommen? 2. Wie beurteilt die Staatsregierung die Sicherheits- und Menschenrechtslage in den in Frage 1.1 genannten Ländern? 3.1 Wie vielen Asylsuchenden aus den in Frage 1.1 genannten Ländern wurde im letzten Jahr jeweils ein Schutzstatus anerkannt bzw. das Verfahren negativ abgeschlossen? 3.2 Wie vielen Asylsuchenden aus den Ländern Bosnien- Herzegowina, Serbien, Albanien, Kosovo und Montenegro wurde im letzten Jahr ein Schutzstatus zuerkannt bzw. endete das Verfahren negativ? 4.1 Wie viele Asylsuchende aus den in Frage 1.1 genannten Ländern waren zum Stichtag 01.01.2015 ausreisepflichtig und wie viele Asylsuchende wurden seitdem ausreisepflichtig? 4.2 Wurden sie über das Angebot einer Rückkehrberatung und die Vermittlung von Rückkehrhilfen informiert? 5. Wie viele Asylsuchende aus den in Frage 1.1 genannten Ländern wurden seit dem Stichtag 01.01.2015 abgeschoben und wie viele reisten freiwillig aus? 6. Bei wie vielen Asylsuchenden jeweils aus den in Frage 1.1 genannten Ländern kam es seit dem 01.01.2015 nicht zur Abschiebung, weil die Herkunftsländer die Flüchtlinge nicht zurücknehmen wollten, und bei wie vielen Asylsuchenden aus welchen anderen Gründen? 7. Wie viele Asylsuchende aus den in Frage 1.1 genannten Ländern wurden im Jahr 2015 straffällig (bitte nach Diebstahl, weiteren Eigentumsdelikten, Verstoß gegen Betäubungsmittelgesetze, Sexualdelikten, weiteren Gewaltdelikten und Tötungsdelikten auflisten)? 8. Wie viele Asylsuchende aus den in Frage 1.1 genannten Ländern hatten im letzten Jahr die Möglichkeit, an einem Integrationskurs oder staatlich finanzierten Sprachkurs teilzunehmen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 14.03.2016 Vorbemerkung: Sofern in den Fragen der Begriff „Asylsuchende“ Verwendung findet, wird angenommen, dass damit Personen gemeint sind, die um Asyl nachsuchen (vgl. § 19 Asylgesetz – AsylG). Eine Auswertung des Ausländerzentralregisters ermöglicht derzeit lediglich die Abfrage von Personen, die bereits beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) schriftlich, mündlich oder auf andere Weise Schutz vor politischer Verfolgung oder Schutz vor Abschiebung oder einer sonstigen Rückführung in einen Staat, in dem ihm eine Verfolgung oder ein ernsthafter Schaden droht, begehrt und damit einen Asylantrag gestellt haben (vgl. § 13 AsylG). Der Beantwortung der Fragen werden daher im Folgenden Asylbewerber zugrunde gelegt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Zahlen des Bundesamts wegen erheblicher Rückstände bei der Vergabe von Terminen zur Asylantragstellung allerdings nur eine beschränkte Aussagekraft hinsichtlich der Anzahl tatsächlich eingereister Personen besitzen. 1.1 Wie viele Asylsuchende aus den Ländern Armenien , Georgien, der Republik Moldau, der Ukraine , Bangladesch, Indien, der Mongolei, Algerien, Benin, Gambia, Mali, Nigeria, Marokko, Tunesien, Libyen und Ägypten befinden sich derzeit in Bayern ? Eine Auswertung des Ausländerzentralregisters nach aufhältigen Asylbewerbern aus den genannten Ländern in Bayern zum Stichtag 31.01.2016 ergibt folgendes Ergebnis: Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.04.2016 17/10631 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10631 Staatsangehörigkeit Anzahl Ägypten 74 Algerien 37 Armenien 884 Bangladesch 42 Benin 10 Gambia 111 Georgien 562 Indien 18 Libyen 24 Mali 510 Marokko 42 Moldau (Republik) 1 Mongolei 2 Nigeria 5.129 Tunesien 38 Ukraine 4.195 Bundesland Bayern gesamt 11.679 1.2 Wie viele davon sind seit dem 01.01.2015 aus den jeweiligen Ländern neu nach Bayern gekommen? Eine Auswertung des Ausländerzentralregisters zum Stichtag 31.01.2016 ergibt folgendes Ergebnis: Staatsangehörigkeit insgesamt davon mit einer erstmaligen Einreise im Jahr 2015 davon mit einer Wiedereinreise im Jahr 2015 Ägypten 74 20 13 Algerien 37 9 4 Armenien 884 316 91 Bangladesch 42 20 16 Benin 10 Gambia 111 40 20 Georgien 562 266 80 Indien 18 2 2 Libyen 24 9 8 Mali 510 174 52 Marokko 42 13 12 Moldau (Republik) 1 Mongolei 2 Nigeria 5.129 1.956 457 Tunesien 38 9 8 Ukraine 4.195 2.211 526 Bundesland Bayern insgesamt 11.679 5.045 1.289 1.3 Wie viele Asylsuchende sind seit dem 01.01.2015 neu nach Bayern gekommen? Eine Auswertung des Ausländerzentralregisters zum Stichtag 31.01.2016 ergibt insgesamt 75.010 aufhältige Asylbewerber in Bayern, davon 44.031 Personen mit einer erstmaligen Einreise im Jahr 2015 und 11.848 mit einer Wiedereinreise im Jahr 2015. 2. Wie beurteilt die Staatsregierung die Sicherheitsund Menschenrechtslage in den in Frage 1.1 genannten Ländern? Die Beurteilung der Sicherheits- und Menschenrechtslage bedingt insbesondere Erkenntnisse des Auswärtigen Amtes, der jeweiligen Auslandsvertretungen und des Bundesamts, zu denen die Staatsregierung keinen Zugang hat. Mit Blick auf die Gesamtschutzquote von Asylverfahren aus den in Frage 1.1 genannten Ländern ist jedoch festzustellen , dass sich diese überwiegend auf sehr geringem Niveau oder sogar nahe null bewegt und einige der genannten Staaten in anderen EU-Mitgliedstaaten als sichere Herkunftsstaaten klassifiziert sind. 3.1 Wie vielen Asylsuchenden aus den in Frage 1.1 genannten Ländern wurde im letzten Jahr jeweils ein Schutzstatus anerkannt bzw. das Verfahren negativ abgeschlossen? Nach Information des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ergeben sich für das Jahr 2015 die Angaben gemäß nachstehender Tabelle. Entscheidungen über Asylanträge (Personen in Bayern) insgegesamt Anerkennungen als Asylberech - tigte (Art. 16 a und Familienasyl ) Anerkennungen als Flüchtling gem. § 3 I AsylG Gewährung von subsidiärem Schutz gem. § 4 I AsylG Feststellung eines Abschiebungsver - botes gem. § 60 V/VII Aufenthalts - gesetz (AufenthG) Ablehnungen (unbegr. Abgel./ offens. Unbegr. Abgel.) sonstige Verfahrenserle - digungen Ägypten 5 - 1 - 1 2 1 Algerien 3 - - - - 1 2 Armenien 69 - - - 3 20 46 Bangladesch 6 - 1 - 1 3 1 Benin - - - - - - - Gambia 4 - - - - - 4 Georgien 283 - - - 1 131 151 Indien 6 - - - - 6 - Libyen 5 - 4 - - - 1 Mali 58 - - - 1 5 52 Marokko 8 - - - - 7 1 Moldau (Republik) 1 - - - - - 1 Mongolei - - - - - - - Nigeria 367 - 12 3 11 72 269 Tunesien 3 - - - - 2 1 Ukraine 538 - 8 - 1 24 505 3.2 Wie vielen Asylsuchenden aus den Ländern Bosnien -Herzegowina, Serbien, Albanien, Kosovo und Montenegro wurde im letzten Jahr ein Schutzstatus zuerkannt bzw. endete das Verfahren negativ? Nach Information des Bundesamts ergeben sich für das Jahr 2015 die Angaben gemäß nachstehender Tabelle. Entscheidungen über Asylanträge (Personen in Bayern) insgegesamt Anerkennungen als Asylberech - tigte (Art. 16 a und Familienasyl ) Anerkennungen als Flüchtling gem. § 3 I AsylG Gewährung von subsidiärem Schutz gem. § 4 I AsylG Feststellung eines Abschie - bungsverbotes gem. § 60 V/VII AufenthG Ablehnungen (unbegr. Abgel./ offens. Unbegr. Abgel.) sonstige Verfahrenserle - digungen Albanien 4.776 - - 1 - 4.040 735 Bosnien und Herzegowina 852 - - - 1 399 452 Kosovo 7.111 - - 1 8 6.395 707 Montenegro 16 - - - - 12 4 Serbien 1.670 - - - - 859 811 Drucksache 17/10631 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 4.1 Wie viele Asylsuchende aus den in Frage 1.1 genannten Ländern waren zum Stichtag 01.01.2015 ausreisepflichtig und wie viele Asylsuchende wurden seitdem ausreisepflichtig? Einem Ausländer, der um Asyl nachsucht, ist zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet (Aufenthaltsgestattung). Im Falle der unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat erwirbt der Ausländer die Aufenthaltsgestattung mit der Stellung eines Asylantrags beim Bundesamt (vgl. § 55 AsylG). Da der Aufenthalt zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet ist, besteht eine Ausreisepflicht von Asylsuchenden insofern nicht. Darüber hinaus ist im Ausländerzentralregister eine Auswertung der Anzahl ausreisepflichtiger Personen, deren Ausreisepflicht auf einem abgelehnten Asylantrag beruht, nach Auskunft des zuständigen Bundesamts nicht möglich. 4.2 Wurden sie über das Angebot einer Rückkehrberatung und die Vermittlung von Rückkehrhilfen informiert ? Hinweise auf die Möglichkeit der Förderung der freiwilligen Rückkehr erfolgen durch die Ausländerbehörden und die Asylsozialberatung sowie über die Zentralen Rückkehrberatungsstellen und Coming Home. 5. Wie viele Asylsuchende aus den in Frage 1.1 genannten Ländern wurden seit dem Stichtag 01.01.2015 abgeschoben und wie viele reisten freiwillig aus? Auf die Antwort zu Frage 4.1 wird verwiesen. In der Zeit vom 01.01.2015 bis 31.01.2016 betrug die Zahl der Abschiebungen von Staatsangehörigen aus den in Frage 1.1 genannten Ländern aus Bayern 202 und die Zahl der nach dem Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany/Government Assisted Repratriation-Programm geförderten freiwilligen Ausreisen aus Bayern 346. 6. Bei wie vielen Asylsuchenden jeweils aus den in Frage 1.1 genannten Ländern kam es seit dem 01.01.2015 nicht zur Abschiebung, weil die Herkunftsländer die Flüchtlinge nicht zurücknehmen wollten, und bei wie vielen Asylsuchenden aus welchen anderen Gründen? Statistische Daten sind hierzu nicht vorhanden. Eine Erhebung bei den Ausländerbehörden würde die Sichtung und Auswertung aller Akten erfordern und wäre nicht mit vertretbarem Verwaltungsaufwand zu leisten. 7. Wie viele Asylsuchende aus den in Frage 1.1 genannten Ländern wurden im Jahr 2015 straffällig (bitte nach Diebstahl, weiteren Eigentumsdelikten, Verstoß gegen Betäubungsmittelgesetze, Sexualdelikten , weiteren Gewaltdelikten und Tötungsdelikten auflisten)? Die Polizeiliche Kriminalstatistik 2015 wird derzeit erstellt und am 23.03.2016 veröffentlicht. Abschließende Inhalte liegen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor. 8. Wie viele Asylsuchende aus den in Frage 1.1 genannten Ländern hatten im letzten Jahr die Möglichkeit , an einem Integrationskurs oder staatlich finanzierten Sprachkurs teilzunehmen? Die Organisation von Integrationskursen erfolgt durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. In dessen Bericht zur Integrationsgeschäftsstatistik erfolgt eine entsprechende Aufschlüsselung nicht. Die Sprachkurse im Rahmen des Modellprojekts „Deutschkurse zur sprachlichen Erstorientierung für Asylbewerber “ werden durch das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration gefördert. Das dem Modellprojekt zugrunde liegende Konzept „Deutsch lernen und Erstorientierung für Asylbewerber“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge entwickelt . Die Kurse werden von zertifizierten Bildungsträgern durchgeführt. Es handelt sich hier um eine freiwillige Leistung des Freistaats Bayern. Für das Jahr 2015 konnten an über 150 Standorten Deutschkurse ermöglicht werden, für das laufende Jahr ist eine Ausweitung auf über 400 Standorte geplant. Hinsichtlich der Teilnahme liegen für das Jahr 2015 nachstehende Zahlen vor: Herkunftsland Anzahl Teilnehmer Armenien 72 Georgien 23 Republik Moldau 0 Ukraine 390 Bangladesch 1 Indien 0 Mongolei 0 Algerien 2 Benin 0 Gambia 0 Mali 34 Nigeria 8 Marokko 1 Tunesien 0 Libyen 7 Ägypten 2 Gesamt 540