Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jürgen Mistol, Rosi Steinberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 18.01.2016 Möglicher Amtsmissbrauch von Landshuter Landrat Peter Dreier (FW) Der Landshuter Landrat Peter Dreier (FREIE WÄHLER) hat am 14.01.2016 eine Fahrt von 31 Asylbewerbern mit einem Reisebus nach Berlin durchführen lassen. Laut Pressemitteilung des Landratsamts Landshut vom selben Tag wollte Landrat Dreier damit „ein Zeichen setzen, dass es so wie bisher in der Flüchtlingspolitik nicht weitergehen kann und darf“. Wir fragen die Staatsregierung: 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die Aussage von Staatsministerin Emilia Müller, Landrat Dreier habe diese Fahrt als Privatperson durchgeführt vor dem Hintergrund, dass das Landratsamt am 14.01.2016 eine Pressemitteilung mit der Überschrift „Bus mit 31 anerkannten Flüchtlingen fährt nach Berlin“ veröffentlicht hat? 1.1 Wurden im Rahmen der Aktion Steuergelder verwendet , insbesondere Personal- oder Sachmittel des Landratsamts (bitte unter genauer Aufschlüsselung der Sach- und Personalkosten)? 1.2 Wurde die Organisation der Fahrt – auch teilweise – über das Landratsamt abgewickelt (z. B.: Nutzung dienstlicher E-Mail-Konten, Telefonanschlüsse, Fax- Geräte oder Briefköpfe, Einsatz von Angestellten des Landratsamtes)? 2. Hat der Landrat die Fahrt während seiner Dienst- oder Urlaubszeit angetreten? 2.1 Von wem wurde der Reisebus und die Unterbringung der Flüchtlinge in Berlin gebucht und bezahlt? 2.2 Ist Landrat Dreier, der die Fahrt nach Berlin nicht im Reisebus mit den Flüchtlingen, sondern im Dienstwagen angetreten haben soll, selbst am Steuer des Dienstwagens gesessen oder hat er einen Chauffeur in Anspruch genommen? 3. Welche Vorschriften regeln den Gebrauch von Dienstfahrzeugen durch den Landrat und ist die Nutzung hier im Rahmen dieser Vorschriften erfolgt? 3.1 Wie ist aus rechts- bzw. fachaufsichtlicher Sicht der Vorgang und das Verhalten des Landrats Dreier zu bewerten ? 3.2 Wie wurde die Staatsregierung über das Vorhaben des Landrats Dreier informiert? 3.3 Wann wurde die Staatsregierung über das Vorhaben des Landrats Dreier informiert? 4. Welche Schritte hat die Staatsregierung daraufhin unternommen, wurde insbesondere eine rechtliche Prüfung des Vorhabens durchgeführt, und wenn ja, zu welchem Ergebnis ist sie gekommen? 4.1 Sind nach Auffassung der Staatsregierung durch den Vorgang dienst- oder strafrechtliche Tatbestände tangiert ? 5. Wie wurden die Flüchtlinge vor der Reise über Sinn und Zweck der Fahrt (siehe Pressemitteilung des Landratsamts Landshut vom 14.01.2016 „ein Zeichen setzen, dass es so wie bisher in der Flüchtlingspolitik nicht weitergehen kann und darf“) aufgeklärt? 5.1 Von wem wurden die Flüchtlinge aufgeklärt? 5.2 Sind sie insbesondere darüber informiert worden, dass es sich hierbei um ein sog. privates Vorgehen des Landrats handelt, oder wurde bei ihnen die Erwartungshaltung erzeugt, dass sich ihnen durch die Teilnahme an dieser Fahrt die Möglichkeit auf eine bessere Unterbringung eröffnet? 6. Hat Landrat Dreier mit der Durchführung dieser Aktion nach Auffassung der Staatsregierung dienstliche und private Belange in unzulässiger Weise miteinander vermischt? 6.1 Sind rechtliche Vorgaben verletzt worden? 6.2 Wenn ja, welche? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 15.03.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration und auf Grundlage der Angaben des Landrats wie folgt beantwortet: 1. Wie beurteilt die Staatsregierung die Aussage von Staatsministerin Emilia Müller, Landrat Dreier habe diese Fahrt als Privatperson durchgeführt vor dem Hintergrund, dass das Landratsamt am 14.01.2016 eine Pressemitteilung mit der Überschrift „Bus mit 31 anerkannten Flüchtlingen fährt nach Berlin“ veröffentlicht hat? Die Aussage von Frau Staatsministerin Müller, dass es sich bei der Fahrt von Herrn Landrat Dreier um eine Privatsache des Landrats handele, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Landrat die Kosten der Busfahrt privat getragen hat. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.04.2016 17/10632 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10632 Andererseits ging es dem Landrat nach der Pressemitteilung des Landratsamtes Landshut vom 14.01.2016 um dienstliche Belange. Gemäß dieser Pressemitteilung sollte durch die Fahrt nämlich darauf hingewiesen werden, dass aufgrund der fehlenden gemeindlichen Unterbringungsmöglichkeiten für die anerkannten Asylbewerber und der anhaltenden Zugänge von noch nicht anerkannten Flüchtlingen die Belastungsgrenze des Landratsamtes Landshut bei der Unterbringung der Asylbewerber erreicht sei und eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht mehr gewährleistet werden könne. Aus diesem Grund hat der Landrat die Fahrt als Dienstfahrt angesehen; diese Auffassung ist rechtlich vertretbar. 1.1 Wurden im Rahmen der Aktion Steuergelder verwendet , insbesondere Personal- oder Sachmittel des Landratsamts (bitte unter genauer Aufschlüsselung der Sach- und Personalkosten)? Die Fahrt wurde nach Angaben des Landrats aus privaten Mitteln des Landrats finanziert. So trägt Herr Landrat Dreier die Sachkosten für den Dienstwagen in Höhe von 389,90 € (1.114 km x 0,35 €/km) aus eigenen Mitteln. Darüber hinaus übernimmt er die anteiligen Personalkosten für die mitreisenden Mitarbeiter des Landratsamtes (Pressesprecher, Sachgebietsleiterin des Ausländeramtes, Fahrer) in Höhe von weiteren 1.735,80 €. 1.2 Wurde die Organisation der Fahrt – auch teilweise – über das Landratsamt abgewickelt (z. B.: Nutzung dienstlicher E-Mail-Konten, Telefonanschlüsse , Fax-Geräte oder Briefköpfe, Einsatz von Angestellten des Landratsamtes)? Die Fahrt wurde über das Landratsamt abgewickelt, nach dessen Darlegungen in erster Linie über den Landrat selbst. 2. Hat der Landrat die Fahrt während seiner Dienstoder Urlaubszeit angetreten? Die Fahrt wurde während seiner Dienstzeit angetreten. 2.1 Von wem wurde der Reisebus und die Unterbringung der Flüchtlinge in Berlin gebucht und bezahlt ? Der Reisebus wurde vom Landrat selbst gebucht und aus seinen privaten Mitteln beglichen. Ebenso wurden die Kosten der Unterbringung der anerkannten Flüchtlinge in einer Pension in Berlin von ihm privat getragen. 2.2 Ist Landrat Dreier, der die Fahrt nach Berlin nicht im Reisebus mit den Flüchtlingen, sondern im Dienstwagen angetreten haben soll, selbst am Steuer des Dienstwagens gesessen oder hat er einen Chauffeur in Anspruch genommen? Zum Teil wurde ein Chauffeur in Anspruch genommen, zum Teil ist der Landrat selbst gefahren. 3. Welche Vorschriften regeln den Gebrauch von Dienstfahrzeugen durch den Landrat und ist die Nutzung hier im Rahmen dieser Vorschriften erfolgt ? Für die Benutzung von Dienstkraftwagen des Landratsamtes Landshut besteht eine allgemeine Dienstanweisung. Diese wurde eingehalten. 3.1 Wie ist aus rechts- bzw. fachaufsichtlicher Sicht der Vorgang und das Verhalten des Landrats Dreier zu bewerten? Anhaltspunkte für die Verletzung von Dienstpflichten seitens des Landrats sind derzeit nicht erkennbar. 3.2 Wie wurde die Staatsregierung über das Vorhaben des Landrats Dreier informiert? Herr Regierungspräsident Grunwald wurde am Rande eines dienstlichen Termins am 13.01.2016 in München gegen 13.00 Uhr von Herrn Landrat Dreier informiert, dass er am Tag darauf einen Bus nach Berlin schicken wolle. Dieser informierte umgehend die Staatsregierung. 3.3 Wann wurde die Staatsregierung über das Vorhaben des Landrats Dreier informiert? Siehe Antwort zu Frage 3.2. 4. Welche Schritte hat die Staatsregierung daraufhin unternommen, wurde insbesondere eine rechtliche Prüfung des Vorhabens durchgeführt, und wenn ja, zu welchem Ergebnis ist sie gekommen? Da es sich um eine Fahrt mit anerkannten Asylbewerbern handelt, die sich frei im Bundesgebiet bewegen und niederlassen dürfen, bestand kein Anlass für ein Einschreiten seitens der Staatsregierung. Siehe auch Antwort zu Frage 3.2. 4.1 Sind nach Auffassung der Staatsregierung durch den Vorgang dienst- oder strafrechtliche Tatbestände tangiert? Nein. 5. Wie wurden die Flüchtlinge vor der Reise über Sinn und Zweck der Fahrt (siehe Pressemitteilung des Landratsamts Landshut vom 14.01.2016 „ein Zeichen setzen, dass es so wie bisher in der Flüchtlingspolitik nicht weitergehen kann und darf“) aufgeklärt ? Die anerkannten Asylbewerber wurden darüber informiert, dass ein Bus nach Berlin fahre, sie mit diesem freiwillig mitfahren und sich bei Interesse melden könnten. Die Flüchtlinge wurden auch darüber aufgeklärt, dass sie mit dem Bus wieder zurück in ihre bisherigen Unterkünfte im Landkreis Landshut fahren könnten, sofern sie – aus welchen Gründen auch immer – nicht in Berlin bleiben möchten. 5.1 Von wem wurden die Flüchtlinge aufgeklärt? Sie wurden von der zuständigen Sachgebietsleiterin des Landratsamtes Landshut aufgeklärt. 5.2 Sind sie insbesondere darüber informiert worden, dass es sich hierbei um ein sog. privates Vorgehen des Landrats handelt, oder wurde bei ihnen die Erwartungshaltung erzeugt, dass sich ihnen durch die Teilnahme an dieser Fahrt die Möglichkeit auf eine bessere Unterbringung eröffnet? Den Teilnehmern der Fahrt wurde zugesagt, dass sie bei einer schlechteren Unterbringung wieder mit in den Landkreis Landshut fahren könnten. Wohnungen oder eine bestimmte Art der Unterbringung wurden ihnen nicht versprochen. Drucksache 17/10632 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 6. Hat Landrat Dreier mit der Durchführung dieser Aktion nach Auffassung der Staatsregierung dienstliche und private Belange in unzulässiger Weise miteinander vermischt? Nein. 6.1 Sind rechtliche Vorgaben verletzt worden? Nein. 6.2 Wenn ja, welche? Entfällt.