Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabi Schmidt FREIE WÄHLER vom 26.02.2016 Kommunale TTIP-Resolutionen Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Bezirke, Landkreise und Kommunen in Bayern haben eine Resolution betreffend den geplanten Freihandelsabkommen TTIP und/oder CETA verabschiedet ? 2. Wie viele dieser Resolutionen haben einen ablehnenden Charakter und sprechen sich gegen die Abkommen in ihren derzeit bekannten Formen aus? a) Wurden die jeweiligen Resolutionen einstimmig verabschiedet und aus welcher Kommune stammen diese? 3. Wie viele dieser Resolutionen haben einen zustimmenden Charakter und sprechen sich für die Abkommen in ihren derzeit bekannten Formen aus? a) Wurden die jeweiligen Resolutionen einstimmig verabschiedet und aus welcher Kommune stammen diese? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 17.03.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr und der Staatskanzlei wie folgt beantwortet: Zu 1.–3.: Wegen des engen Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 3 zusammen beantwortet. Der Staatsregierung liegt keine Übersicht vor, welche bayerischen Gemeinden, Städte und Landkreise zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der EU und den USA (TTIP) und/oder zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) einen Beschluss gefasst haben. Die Beschlussfassung ist eine Angelegenheit im eigenen Wirkungskreis der Gemeinden, Städte und Landkreise und wird der Staatsregierung nicht notwendigerweise mitgeteilt. Rund 100 bayerische Gemeinden, Städte und Landkreise haben sich in den letzten Monaten zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA, aber auch zum Dienstleistungsabkommen TiSA an die Staatsregierung gewandt. Eine überwiegende Anzahl davon hat sich einer Resolution der kommunalen Spitzenverbände und dem Verband kommunaler Unternehmen auf Bundesebene angeschlossen oder eigene Resolutionen übermittelt und dabei insbesondere Sorgen im Bereich der Organisation der Daseinsvorsorge auf der örtlichen Ebene in Zusammenhang mit den geplanten Abkommen zum Ausdruck gebracht und die Wahrung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts gefordert. Die Staatsregierung hat mit entsprechenden Informationen zum Sachstand der Verhandlungen allgemein und im Besonderen bezüglich der Daseinsvorsorge zu den genannten Abkommen die vorgetragenen Fragen und Anliegen beantwortet. Die Resolution der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene, auf die zahlreiche bayerische Gemeinden, Städte und Landkreise in ihren Schreiben verwiesen haben, befürwortet grundsätzlich die Verhandlungen zu den Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA. Sie unterstützt das mit den Abkommen verfolgte Ziel, durch den Abbau von Handelshemmnissen und die Verbesserung der Investitionsbedingungen die Schaffung von Arbeitsplätzen zu befördern. Gleichzeitig weist sie auf die Sorgen der Spitzenverbände hin, dass die Abkommen auch Risiken für Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, die durch die Kommunen und ihre Unternehmen verantwortet und erbracht werden, bergen könnten , und fordert dazu auf, diese Risiken auszuschließen. Auch die bayerischen kommunalen Spitzenverbände haben sich dieser Position der kommunalen Spitzenverbände und des Verbands kommunaler Unternehmen auf Bundesebene angeschlossen. Der Schutz der öffentlichen Daseinsvorsorge ist aus Sicht der Staatsregierung ganz zu Recht ein zentrales Petitum der Bürgerinnen und Bürger, der Kommunen sowie der kommunalen Spitzenverbände. Die Staatsregierung steht deshalb seit Ende 2013 zu den geplanten Abkommen in regelmäßigem Austausch mit den bayerischen kommunalen Spitzenverbänden . Die Staatsregierung wird – ebenso wie die Bundesregierung – in den Verhandlungen darauf achten, dass Freihandelsabkommen wie TTIP die Entscheidungsund Regelungsbefugnis der Kommunen nicht infrage stellen und dem kommunalen Selbstverwaltungsrecht Rechnung tragen. Bereits Anfang 2014 hat die EU-Kommission der Staatsregierung mitgeteilt, dass eine Ausnahme – in der rechtlichen Form sogenannter Vorbehalte – für den gesamten Bereich der Daseinsvorsorge, also auch der Trinkwasserversorgung , für TTIP vorgesehen wird. Am 20. März 2015 haben EU-Handelskommissarin Malmström und US-Handelsbeauftragter Froman nochmals in einer gemeinsamen Erklärung bestätigt, dass die öffentliche Daseinsvorsorge durch TTIP nicht angetastet wird. Dort unterstreichen die beiden für die Verhandlungen verantwortlichen Politiker, dass die öffentliche Daseinsvorsorge in allen Bereichen (Wasser, Bildung, Gesundheit, Sozialdienstleistungen etc.) uneingeschränkt geschützt bleibt. Sie betonen unmissverständlich, dass TTIP weder einen Zwang zur Privatisierung beinhalten Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.04.2016 17/10635 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10635 werde noch die Möglichkeiten der Rekommunalisierung von privaten Dienstleistungen der Daseinsvorsorge einschränke . Auch sei die Regulierungshoheit der Regierungen für die Aufrechterhaltung hoher Qualitätsstandards in der öffentlichen Daseinsvorsorge im Sinne von Gemeinwohlzielen wie Gesundheit, Sicherheit oder Umwelt von TTIP nicht berührt. Die gemeinsame Erklärung ist zu finden unter dem folgenden Link: http://europa.eu/rapid/press-release_STATE MENT-15-4646_de.htm Im bereits ausverhandelten Vertrag zu CETA wurde Ende Februar 2016 die Rechtsförmlichkeitsprüfung abgeschlossen und der überarbeitete Textentwurf veröffentlicht. Er ist unter folgendem Link zu finden: http://trade.ec.europa.eu/ doclib/docs/2016/february/tradoc_154329.pdf In CETA sind neue Marktöffnungsverpflichtungen für den Bereich der Daseinsvorsorge ausgeschlossen. CETA enthält den in anderen Freihandelsabkommen sowie im WTO- Dienstleistungsübereinkommen GATS (General Agreement on Trade in Service) üblichen allgemeinen Vorbehalt für die sog. public utilities (Daseinsvorsorge). Diese seit 20 Jahren bewährte Ausnahmeregel deckt alle Bereiche ab, die in Deutschland unter „Daseinsvorsorge“ verstanden werden. Zusätzlich zu dieser allgemeinen, umfassenden Ausnahmeregel wurden weitere ausdrückliche Vorbehalte z. B. zum Bereich Trinkwasserversorgung, Abwasser oder auch zu den öffentlichen Gesundheitsdienstleistungen getroffen. Im Bereich der Daseinsvorsorge ist bei CETA auch der Politikspielraum für die Zukunft sichergestellt, indem dort auch Rekommunalisierungen möglich sind. Für TTIP und TiSA plant die EU-Kommission entsprechende Regelungen.