Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer FREIE WÄHLER vom 20.01.2016 Impfstatus von Asylbewerbern Nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) besteht keine ernsthafte Gefahr für eine Ausbreitung von Infektionen , die durch Asylbewerber nach Deutschland gebracht wurden. Aber das RKI empfiehlt auch die zügige Impfung aller nach Deutschland einreisenden Asylbewerber entsprechend den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO). Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele Flüchtlinge, Migranten, Asylbewerber wurden in Bayern 2014 und 2015 geimpft? a) Welche Impfungen wurden durchgeführt? b) Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Anzahl der nichtregistrierten Zuwanderer, die eigentlich geimpft werden müssten? 2. In welcher Art und Weise werden die durchgeführten Impfungen dokumentiert, damit die Impfserie später auch vervollständigt werden kann? a) Wer organisiert die Nachimpfungen? b) Wie hoch ist die Quote der nachgeimpften Personen? 3. In wie vielen Fällen wurden die Impfserien 2014 und 2015 weitergeführt bzw. konnten abgeschlossen werden ? 4. In wie vielen Fällen sind in Bayern in den Jahren 2014 und 2015 seltene Infektionskrankheiten ausgebrochen , die so in Deutschland eigentlich nicht vorkommen (wie z. B. Malaria, Läuserückfall-, Krim-Kongo-, Lassa- und Fleckfieber oder Typhus), und was unternimmt die Staatsregierung bei einem Ausbruch zum Schutz der Gesamtbevölkerung? 5. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung bislang unternommen, um die Durchimpfungsrate von Asylbewerbern zu erhöhen, und welche sind konkret geplant? 6. Wer übernimmt die Kosten für die Erstimpfung und für die ggf. nachfolgenden Impfungen zum Zeitpunkt der Einreise, aufgeschlüsselt nach a) einem Jahr, b) zwei Jahren c) und in den folgenden Jahren? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 17.03.2016 Die Schriftliche Anfrage wird in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Flüchtlinge, Migranten, Asylbewerber wurden in Bayern 2014 und 2015 geimpft? a) Welche Impfungen wurden durchgeführt? b) Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Anzahl der nichtregistrierten Zuwanderer, die eigentlich geimpft werden müssten? Nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetz wird grundsätzlich die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen gewährt. Zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten werden Schutzimpfungen entsprechend den §§ 47, 52 Absatz 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und die medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen erbracht. Nach § 6 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz können andere Behandlungen übernommen werden, wenn die Maßnahme zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich ist. Mit der vorgenannten Regelung ist der Umfang der durchzuführenden Schutzimpfungen bestimmt: Asylbewerber erhalten Schutzimpfungen wie auch die Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission beim Robert-Koch-Institut (STIKO). Hinsichtlich der Anzahl der durchgeführten Impfungen bzw. der Anzahl der nichtregistrierten Asylbewerber, die eigentlich geimpft werden müssten, liegen der Staatsregierung keine Daten vor. 2. In welcher Art und Weise werden die durchgeführten Impfungen dokumentiert, damit die Impfserie später auch vervollständigt werden kann? Asylbewerber erhalten nach der durchgeführten Impfung einen Impfpass entsprechend der deutschen Bevölkerung. Die Änderung des Ausländerzentralregisters infolge des Datenaustauschverbesserungsgesetzes vom 2. Februar 2016 (BGBl. I, S. 133) sieht zudem vor, die Durchführung von Impfungen mit Art, Ort und Datum der jeweiligen Impfung zu speichern. a) Wer organisiert die Nachimpfungen? Asylbewerber erhalten derzeit in den Ärztezentren der Aufnahmeeinrichtungen ein Impfangebot entsprechend den Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 29.04.2016 17/10655 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10655 STIKO-Empfehlungen, vielfach erfolgen bereits Impfungen im Anschluss an die Gesundheitsuntersuchungen nach § 62 Asylgesetz. Auch niedergelassene Ärzte führen Impfaktionen durch und auch die Gesundheitsämter bieten Impfungen in den Einrichtungen der Anschlussunterbringung an. b) Wie hoch ist die Quote der nachgeimpften Personen ? Hierüber liegen der Staatsregierung keine Informationen vor. 3. In wie vielen Fällen wurden die Impfserien 2014 und 2015 weitergeführt bzw. konnten abgeschlossen werden? Hierüber liegen der Staatsregierung keine Daten vor. 4. In wie vielen Fällen sind in Bayern in den Jahren 2014 und 2015 seltene Infektionskrankheiten ausgebrochen , die so in Deutschland eigentlich nicht vorkommen (wie z. B. Malaria, Läuserückfall-, Krim- Kongo-, Lassa- und Fleckfieber oder Typhus), und was unternimmt die Staatsregierung bei einem Ausbruch zum Schutz der Gesamtbevölkerung? Die gesetzliche Grundlage zur Bekämpfung von Infektionen bildet in Deutschland das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Zweck des Gesetzes ist es, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Für viele Infektionskrankheiten besteht deshalb eine Meldepflicht an das Gesundheitsamt bzw. an das Robert-Koch-Institut. Hinsichtlich der folgenden in der Anfrage erwähnten seltenen Infektionskrankheiten ist der direkte oder indirekte Nachweis von Krankheitserregern zu melden, soweit dieser Nachweis auf eine akute Infektion hinweist: • Plasmodium sp. (Malaria) gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 IfSG, • Borrelia recurrentis (Läuserückfallfieber) gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 IfSG • Rickettsia prowazekii (Fleckfieber) gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 39 IfSG, • Salmonella Paratyphi und Salmonella Typhi gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 42 und 43 IfSG. Ferner sind gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. g und q IfSG der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an virusbedingtem hämorrhagischen Fieber (u. a. Krim- Kongo, Lassa) sowie an Typhus abdominalis/Paratyphus meldepflichtig. Eine Meldepflicht an das Gesundheitsamt besteht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 IfSG auch bei Vorliegen einer bedrohlichen Krankheit oder wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird, sofern dies auf eine schwerwiegende Gefahr für die Allgemeinheit hinweist und nicht schon eine anderweitige Meldepflicht nach §§ 6, 7 IfSG besteht. Die Gesundheitsämter erfassen die meldepflichtigen übertragbaren Krankheiten, werten diese Informationen aus, führen erforderliche Ermittlungen gemäß § 25 IfSG durch und treffen gemäß §§ 28 ff. IfSG die zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten notwendigen Schutzmaßnahmen u. a. Beobachtung und Isolierung der Erkrankten, ggf. Zu-/Abverlegestopps in den betroffenen Unterkünften. Erforderlichenfalls werden zudem, soweit es sich um eine impfpräventable Erkrankung handelt, Riegelungsimpfungen bei potenziellen Kontaktpersonen angeboten. In Bayern besteht zusätzlich die Spezialeinheit (Task Force) Infektiologie des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), welche vom Gesundheitsamt eingebunden werden kann und es fachlich sowie ggf. personell unterstützt. In enger Abstimmung zwischen dem LGL und dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege entstanden verschiedene Merkblätter und Handlungsanweisungen , welche zusammengefasst unter der Internetseite des LGL https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/ infektionsschutz/asylbewerber_gesundheit/index.htm einzusehen sind. Bei namentlichen Meldungen werden die Meldedaten gemäß IfSG-Falldefinitionen zusammengeführt, über das LGL an das RKI weitergeleitet und dort verarbeitet sowie bewertet. Laut Auskunft des LGL gab es bei den in der Anfrage genannten Krankheiten keine Ausbrüche, sondern nur wenige eingeführte Einzelfälle (durch Reiserückkehrer und vereinzelt auch durch Asylsuchende). 5. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung bislang unternommen, um die Durchimpfungsrate von Asylbewerbern zu erhöhen, und welche sind konkret geplant? Impfungen sind in Bayern grundsätzlich Bestandteil der medizinischen Versorgung von Asylbewerbern nach Asylbewerberleistungsgesetz . Asylsuchende können sich z.B. in den Ärztezentren der Aufnahmeeinrichtungen oder beim niedergelassenen Arzt zeitnah impfen lassen. Die Sicherstellung und Finanzierung erfolgt durch den Freistaat Bayern. Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) untersucht jeden Asylbewerber nach Registrierung in einer Erstaufnahmeeinrichtung im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung gemäß § 62 Asylgesetz (AsylG) und bietet – im Rahmen seiner personellen Ressourcen – subsidiäre Impfungen an bzw. führt Impfungen als Infektionsschutzmaßnahme im Ausbruchsfall (Riegelungsimpfung) durch. Die Gesundheitsuntersuchungen gemäß § 62 AsylG und die subsidiäre Durchführung von Impfungen im Rahmen der Möglichkeiten sind Dienstaufgabe des ÖGD. Grundsätzlich stehen somit alle Ärztinnen und Ärzte an den Gesundheitsämtern für Untersuchungen und ggf. Impfungen zur Verfügung . Zur Unterstützung des ÖGD werden zusätzliche Ärztinnen und Ärzte beauftragt. Das LGL hat Ende November 2015 eine Umfrage unter den Gesundheitsämtern in Bayern zur Asylthematik durchgeführt . Die Auswertung hat ergeben, dass zum Stichtag 01.12.2015 insgesamt zusätzlich 376 Ärzte vom ÖGD im Bereich Asyl beauftragt wurden. Für die Durchführung der subsidiären Impfungen des ÖGD waren zum 01.12.2015 insgesamt in 24 Landkreisen bzw. kreisfreien Städten Ärzte des ÖGD tätig. Externe Ärzte waren in 40 Landkreisen bzw. kreisfreien Städten eingesetzt . Der Freistaat Bayern strebt eine weitere Erhöhung der Durchimpfungsrate bei Asylbewerbern an. Hierzu werden derzeit intensiv mehrere Maßnahmen geprüft, durch die sowohl die Impfungen in den Aufnahmeeinrichtungen als auch in der Anschlussunterbringung ausgeweitet werden sollen. Drucksache 17/10655 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 6. Wer übernimmt die Kosten für die Erstimpfung und für die ggf. nachfolgenden Impfungen zum Zeitpunkt der Einreise, aufgeschlüsselt nach a) einem Jahr, b) zwei Jahren c) und in den folgenden Jahren? Der Staat erstattet den Landkreisen und kreisfreien Gemeinden die unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit notwendigen Kosten der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erbrachten Leistungen. Hierzu gehören auch die Leistungen nach § 4 Asylbewerberleistungsgesetz . Eine Unterscheidung nach der Aufenthaltsdauer ist insoweit nicht möglich, da die Kostentragung vom Aufenthaltsstatus abhängt. Solange Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erbracht werden, ist der Freistaat Bayern der Kostenträger.