7. a) Wie werden mitgeführte Wertgegenstände und Barmittel bei Flüchtlingen ermittelt und erfasst? b) Besteht die Möglichkeit für Flüchtlinge, abgenommene Wertgegenstände, die für sie einen bestimmten Wert haben, jedoch trotzdem abgenommen wurden, später wieder auszulösen? c) Wenn nein, wieso nicht? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 17.03.2016 1. Wie oft wurde von der Einziehung von Bargeld und Wertgegenständen bei Flüchtlingen in den letzten 24 Monaten durch die Bayerische Polizei Gebrauch gemacht (aufschlüsseln nach Monat, Nationalität der Betroffenen, Gesamtsumme pro Jahr und Verhältnis Wertgegenstände und Bargeld)? Eine derartige statistische Aufzeichnung über die Sicherstellung von Bargeld und Wertgegenständen bei Asylsuchenden bzw. Asylbewerbern wird nicht geführt. 2. Auf welcher konkreten Rechtsgrundlage begründet sich die Abnahme von Bargeld und Wertgegenständen ? Rechtsgrundlage für die Sicherstellung von mitgeführtem Bargeld sowie Wertgegenständen sind die §§ 7, 7a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG). Das Asylbewerberleistungsgesetz des Bundes sieht mit § 7 AsylbLG schon seit jeher vor, dass vor dem Bezug von Leistungen vorhandenes Einkommen und Vermögen aufgebraucht wird. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität staatlicher Transferleistungen. Der Grundsatz gilt ebenso im Sozialhilferecht sowie im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Um den zu erwartenden oder bereits entstandenen Erstattungsanspruch zu sichern, kann von dem Asylsuchenden bzw. Asylbewerber eine Sicherheitsleistung gemäß § 7a AsylbLG verlangt und entsprechendes Vermögen sichergestellt werden, sofern er über solches verfügt. 3. a) Fließen die hierdurch generierten Einnahmen zweckgebunden in die Versorgung und Integration von Flüchtlingen oder in den allgemeinen Staatshaushalt ? Das sichergestellte Geld bzw. die sichergestellten Wertgegenstände werden sukzessive für den Wert der erhaltenen Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verwendet und zu diesem Zweck an die Staatskasse überwiesen . 17. Wahlperiode 18.05.2016 17/10657 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter SPD vom 11.02.2016 Abnahme von Wertgegenständen und Barmitteln bei Flüchtlingen Laut Pressebericht u. a. Spiegel online (21.01.) und Augsburger Allgemeine (26.01.) können Flüchtlingen Bargeld und Wertgegenstände bis auf einen Selbstbehalt von 750 € durch die Polizei abgenommen werden, wenn ein Erstattungsanspruch gegen die betreffende Person besteht oder erwartet wird. Nach Aussagen des Sozialministeriums dürfen Gegenstände von hohem persönlichen und symbolischen Wert behalten werden. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie oft wurde von der Möglichkeit der Einziehung von Bargeld und Wertgegenständen bei Flüchtlingen in den letzten 24 Monaten durch die Bayerische Polizei Gebrauch gemacht (aufschlüsseln nach Monat, Nationalität der Betroffenen, Gesamtsumme pro Jahr und Verhältnis Wertgegenstände und Bargeld)? 2. Auf welcher konkreten Rechtsgrundlage begründet sich die Abnahme von Bargeld und Wertgegenständen ? 3. a) Fließen die hierdurch generierten Einnahmen zweckgebunden in die Versorgung und Integration von Flüchtlingen oder in den allgemeinen Staatshaushalt? b) Werden Bund und/oder Kommunen an den Einnahmen beteiligt? c) Falls ja, wie berechnen sich die Anteile von Bund und Kommunen? 4. a) Wie berechnet sich der Selbstbehalt für Flüchtlinge von 750 €? b) Wie erklären sich die Unterschiede zwischen den Bundesländern bei der Höhe des Selbstbehalts? 5. a) Sieht die Staatsregierung verfassungsrechtliche Bedenken bei unterschiedlicher Höhe des Selbstbehalts? b) Wenn nicht, warum? 6. a) Wie definiert die Staatsregierung Gegenstände von „hohem persönlichen und symbolischen Wert“ für die durchführenden Beamt(inn)en? b) Wer entscheidet darüber, ob die genannten Kriterien über Gegenstände von „hohem persönlichen und symbolischen Wert“ auf einen Wertgegenstand anzuwenden sind? c) Wie wird der Wert von Wertgegenständen durch die Beamt(inn)en beim Einzug ermittelt? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10657 b) Werden Bund und/oder Kommunen an den Einnahmen beteiligt? Nein. Die hierdurch erzielten Einnahmen fließen dem Staatshaushalt zu, da Kostenträger für die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz der Freistaat Bayern ist. c) Falls ja, wie berechnen sich die Anteile von Bund und Kommunen? Siehe Antwort zu Frage 3 b. 4. a) Wie berechnet sich der Selbstbehalt für Flüchtlinge von 750 €? Zunächst ist zu unterscheiden zwischen dem in § 7 Abs. 5 AsylbLG festgelegten Freibetrag von 200 Euro und dem Selbstbehalt von 750 Euro, der im Rahmen der Sicherheitsleistung nach § 7a AsylbLG relevant wird. Hierbei handelt es sich um unterschiedliche Wertgrenzen: Die 200-Euro-Grenze des § 7 AsylbLG normiert die Höhe des Freibetrags, der auf Leistungen nach dem AsylbLG nicht angerechnet wird. Die Wertgrenze von 750 Euro legt fest, ab wann die Anordnung der Sicherheitsleistung nach § 7a AsylbLG regelmäßig erfolgen soll, um zu verhindern, dass das bei der Einreise vorhandene Vermögen dem staatlichen Zugriff entzogen wird. Zu der Wertgrenze von 750 Euro ist keine konkrete Rechnung hinterlegt. Der Betrag stellt einen für den Verwaltungsvollzug herausgegebenen Orientierungswert dar. Der im Einzelfall sicherzustellende Betrag richtet sich nach der voraussichtlichen Aufenthaltsdauer und der Höhe des voraussichtlich zu erwartenden oder bereits vorhandenen Erstattungsanspruchs nach § 7 Abs. 1 Satz 3 AsylbLG. b) Wie erklären sich die Unterschiede zwischen den Bundesländern bei der Höhe des Selbstbehalts? Bei der Regelung handelt es sich um eine solche, die die Höhe in das Ermessen der Vollzugsbehörden, also der Länder stellt. 5. a) Sieht die Staatsregierung verfassungsrechtliche Bedenken bei unterschiedlicher Höhe des Selbstbehalts ? Nein, da die Wertgrenze nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu bemessen ist und damit flexibel festgelegt werden kann. b) Wenn nicht, warum? Siehe Antwort zu Frage 5 a. 6. a) Wie definiert die Staatsregierung Gegenstände von „hohem persönlichen und symbolischen Wert“ für die durchführenden Beamt(inn)en? Eine einheitliche Definition dieses Begriffes existiert nicht. Die Ausfüllung des Begriffes obliegt dem Beurteilungsspielraum der Beamten unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles. Offensichtlich unter die Kategorie der Wertgegenstände von hohem persönlichen und symbolischen Wert fallen beispielsweise Eheringe. b) Wer entscheidet darüber, ob die genannten Kriterien über Gegenstände von „hohem persönlichen und symbolischen Wert“ auf einen Wertgegenstand anzuwenden sind? Siehe hierzu die Antwort zu Frage 6 a. c) Wie wird der Wert von Wertgegenständen durch die Beamt(inn)en beim Einzug ermittelt? Der Wert aufgefundener Wertgegenstände wird geschätzt. Für eine Sicherheitsleistung nach § 7a AsylbLG relevante Wertgegenstände werden nur in seltenen Fällen durch die Migranten mitgeführt und sind insgesamt von untergeordneter Bedeutung. 7. a) Wie werden mitgeführte Wertgegenstände und Barmittel bei Flüchtlingen ermittelt und erfasst? Asylsuchende werden in der Regel direkt beim Aufgriff oder in den Bearbeitungsstraßen durch die Polizei auf Waffen, Dokumente und Wertsachen durchsucht. Wenn sich bei der Befragung in den Aufnahmeeinrichtungen Verdachtsmomente auf die Mitführung größerer Werte ergeben und der Asylsuchende bzw. Asylbewerber einer Durchsuchung nicht zustimmt, werden Vollzugsbeamte der Polizei eingeschaltet . b) Besteht die Möglichkeit für Flüchtlinge, abgenommene Wertgegenstände, die für sie einen bestimmten Wert haben, jedoch trotzdem abgenommen wurden, später wieder auszulösen? Sichergestellte Wertgegenstände werden bei tatsächlicher Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz durch Versteigerung verwertet und der Erlös der Staatskasse zugeführt. Eine Auslösung ist dann nicht mehr möglich. Allerdings erfolgt die Sicherstellung und Verwertung von Wertgegenständen nur in seltenen Fällen. c) Wenn nein, wieso nicht? Im Rahmen einer Versteigerung wird derjenige, der das höchste Gebot abgibt und den Zuschlag erhält, kraft Gesetzes Eigentümer der ersteigerten Sache.