Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Alexandra Hiersemann SPD vom 25.01.2016 Stationäre Unterbringung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in heilpädagogischen Heimen Gem. § 1631 b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bedarf die stationäre Unterbringung von Kindern und Jugendlichen der Zustimmung des Familiengerichts. In einer weitreichenden Entscheidung (FamRZ 2013, 1646) im Jahre 2013 hat der Bundesgerichtshof geurteilt, dass für lediglich unterbringungsähnliche Maßnahmen eine familiengerichtliche Zustimmung bzw. Genehmigung nicht mehr erforderlich ist. Dies bedeutet, dass beispielsweise Fixierungen, das Einsperren in das Zimmer oder die Verabreichung von Zwangsmedikation grundsätzlich nicht dem Richtervorbehalt unterliegen. In der Praxis hat dies zu einiger Unsicherheit unter den Angehörigen geführt. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. a) Wie viele heilpädagogische Heime mit Plätzen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung gibt es in Bayern ? b) Wie viele geistig behinderte Kinder und Jugendliche sind in Bayern gem. § 1631 b BGB untergebracht? c) Wie viele davon geschlossen (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirk, Landkreis bzw. kreisfreier Stadt und Anzahl der Plätze)? 2. Welche dieser Heime führen freiheitsbeschränkende Maßnahmen welcher Art durch (bitte aufgeschlüsselt nach Fixierungen, Einsperren ins Zimmer, Time-Out- Raum, Zwangsmedikation)? 3. a) Nach welchen Kriterien entscheiden die jeweiligen Beschäftigten der Heime, ob die Voraussetzungen für eine freiheitsbeschränkende Maßnahme vorliegen? b) Gibt es hierfür Richtlinien o. Ä.? 4. a) Wenn Kinder und Jugendliche geschlossen untergebracht werden, wie häufig steht es ihnen dann zu, die Einrichtung verlassen zu dürfen, um beispielsweise an die frische Luft zu gehen? b) Gibt es einen Anspruch darauf? 5. a) Wie häufig werden die heilpädagogischen Heime von der Heimaufsicht kontrolliert? b) Gibt es hier Vorgaben, ggf. welche (aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirk, Landkreis bzw. kreisfreier Stadt und jeweiligem Heim)? 6. Ist die Zustimmung der Erziehungsberechtigten als Voraussetzung für freiheitsbeschränkende Maßnahmen an Bedingungen gekoppelt, ggf. an welche (Zimmereinschluss nur bei akuter „Selbst- und Fremdgefährdung “ des Kindes, Aufklärung der Eltern)? 7. Besteht nach Auffassung der Staatsregierung rechtspolitischer Handlungsbedarf mit dem Ziel, die in § 1631 b BGB enthaltene Verpflichtung, bei mit Freiheitsentzug verbundener Unterbringung die Genehmigung des Familiengerichts einzuholen, auf freiheitsentziehende Maßnahmen (z. B. Fixierung) im Verlauf einer Unterbringung auszudehnen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 25.03. und 08.04.2016 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Alexandra Hiersemann wird unter Beteiligung des Staatsministeriums der Justiz wie folgt beanwortet: Die stationäre Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in heilpädagogischen Heimen oder Internaten bedarf grundsätzlich nicht der Zustimmung eines Familiengerichtes , wie dies im Eingangssatz der Anfrage unterstellt wird. Über die Anmeldung, die Herausnahme oder einen Einrichtungswechsel entscheiden die Personensorgeberechtigten . Heilpädagogische Heime für Kinder und Jugendliche mit Behinderung sind keine geschlossenen Einrichtungen. Die Genehmigung des Familiengerichtes nach § 1631 b BGB für die Unterbringung eines Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, wird auf Antrag der Sorgeberechtigten individuell für das betreffende Kind erteilt. Das aufnehmende heilpädagogische Heim wird durch die Betreuung eines oder mehrerer Kinder oder Jugendlicher, die mit freiheitsbeschränkenden Maßnahmen verbunden ist, nicht zu einer geschlossenen Einrichtung. Mit einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 07.08.2013, wonach die zeitweilige oder regelmäßige Fixierung eines in einer offenen Einrichtung lebenden Kindes keine genehmigungsbedürftige Unterbringungsmaßnahme im Sinne des § 1631 b BGB ist, entlässt der BGH die Sorgeberechtigten aus der Verpflichtung zur Einholung einer richterlichen Genehmigung. Seither vertreten die Familiengerichte in Bayern generell die Haltung, dass freiheitsbeschränkende Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen, die mit einer stationären Unterbringung verbunden sind, grundsätzlich keine Genehmigung nach § 1631 b BGB, sondern nur die Zustimmung der Sorgeberechtigten erfordern (siehe auch Antwort zu Frage 8). Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.05.2016 17/10702 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10702 1. a) Wie viele heilpädagogische Heime mit Plätzen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung gibt es in Bayern? Zum 01.01.2016 wurden in Bayern 102 heilpädagogische Heime und Internate für Kinder und Jugendliche mit Behinderung mit 4.014 belegten Plätzen von den für die Erteilung der Betriebserlaubnis nach § 45 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII zuständigen Regierungen erfasst. b) Wie viele geistig behinderte Kinder und Jugendliche sind in Bayern gem. § 1631 b BGB untergebracht ? Die Angaben werden aus Gründen des Datenschutzes nur auf Regierungsbezirksebene aufgeschlüsselt. Durch eine örtliche Zuordnung der geringen Zahl von Plätzen könnte eine personenbezogene Identifizierung ermöglicht werden. Oberbayern: In Oberbayern sind aktuell 41 Kinder und Jugendliche mit Behinderung in zwei stationären Einrichtungen untergebracht , für die ein richterlicher Beschluss gemäß § 1631 b BGB besteht. Niederbayern: In Niederbayern ist kein Kind oder Jugendlicher mit geistiger Behinderung nach § 1631 b BGB untergebracht . Oberpfalz: Für sechs betreute Kinder und Jugendliche einer Wohngruppe liegen entsprechende Gerichtsbeschlüsse nach § 1631 b BGB vor. Mittelfranken: In einer Wohngruppe innerhalb eines Hauses für Kinder und Jugendliche mit Behinderung werden sechs Kinder betreut, für die Gerichtsbeschlüsse nach § 1631 b BGB vorliegen. Oberfranken: In Oberfranken gibt es eine Wohngruppe für Kinder und Jugendliche mit geistiger und mehrfacher Behinderung und zusätzlich erheblichen Verhaltensauffälligkeiten mit sieben Plätzen in einem heilpädagogischen Wohnheim mit insgesamt 46 Plätzen. Für alle Kinder und Jugendlichen, die in dieser Gruppe wohnen, liegt ein entsprechender Beschluss nach § 1631 b BGB des Amtsgerichts Lichtenfels vor. Unterfranken: Es gibt in Unterfranken keine Einrichtung, in denen Kinder und Jugendliche mit Behinderung nach § 1631 b BGB untergebracht werden. Schwaben: In Schwaben liegen für 30 stationär betreute Kinder und Jugendliche mit Behinderung in zwei Einrichtungen Beschlüsse nach § 1631 b BGB vor. c) Wie viele davon geschlossen (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirk, Landkreis bzw. kreisfreier Stadt und Anzahl der Plätze)? Heilpädagogische Heime für Kinder und Jugendliche mit Behinderung sind grundsätzlich keine geschlossenen Einrichtungen zur zwangsweisen Unterbringung. Dies gilt auch für Einrichtungen, in denen für einzelne Kinder oder Jugendliche eine richterliche Genehmigung nach § 1631 b BGB vorliegt . 2. Welche dieser Heime führen freiheitsbeschränkende Maßnahmen welcher Art durch (bitte aufgeschlüsselt nach Fixierungen, Einsperren ins Zimmer , Time-Out-Raum, Zwangsmedikation)? In den unter Antwort 1b genannten Einrichtungen kommen beispielsweise Gittertüren am Zimmer als Schutzmaßnahme gegen nächtliches Umherlaufen des Kindes zur Anwendung , Bauch-, Brust- und Schultergurte zur Fixierung im Rollstuhl, Ganzkörperanzug zur Vermeidung von Kotschmieren bei inkontinenten Kindern, Kayserbetten (Bett mit sicherndem Aufbau) oder ein zeitweises Verbringen in das eigene Zimmer oder einen Time-Out-Raum. Nicht alle diese Maßnahmen werden in allen Einrichtungen gleichermaßen angewandt; jede einzelne wird je nach den behinderungsbedingten Einschränkungen, dem Verhalten des Kindes oder Jugendlichen und den örtlichen und räumlichen Gegebenheiten der Einrichtung individuell festgelegt. Kinder oder Jugendliche mit Behinderung werden nicht in Zimmern oder Time-Out-Räumen eingesperrt. Die Herausnahme eines Kindes aus der Gruppe und das Verbringen in eine reizarme Umgebung, das kann das eigene Zimmer oder ein sogenannter Time-Out-Raum sein, dient etwa bei einem stark erethischem Verhalten (motorische Unruhe, leichte Erregbarkeit) zur Beruhigung. Die Zimmer werden dabei nicht abgesperrt. Solche Maßnahmen werden nicht willkürlich, sondern auf der Grundlage eines individuellen pädagogischen Konzepts angewandt. Das Kind oder der Jugendliche bleibt dabei unter ständiger Beobachtung. Die Maßnahmen werden dokumentiert. Zwangsmedikationen finden in heilpädagogischen Heimen nicht statt. Die Verabreichung von Medikamenten mittels körperlichen Zwangs ist nicht Bestandteil der pädagogischen Arbeit in den Einrichtungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Medikationen erfolgen nur nach entsprechender ärztl. Verordnung und unter regelmäßiger kinder- und jugendpsychiatrischer Evaluation. 3. a) Nach welchen Kriterien entscheiden die jeweiligen Beschäftigten der Heime, ob die Voraussetzungen für eine freiheitsbeschränkende Maßnahme vorliegen ? Für jeden Bewohner und jede Bewohnerin wird in Kooperation mit den Sorgeberechtigten und anderen am Förderprozess beteiligten Stellen ein individueller Förderplan erstellt. Darin sind auch die erforderlichen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen enthalten. Verbindliche Regelungen zur Durchführung dieser Maßnahmen werden in multiprofessionellen Teams aus Erzieherinnen und Erziehern, Heilerziehungspflegerinnen und Heilerziehungspflegern, Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen , psychologischem Fachdienst und Heimleitung auf jeden Bewohner und jede Bewohnerin individuell abgestimmt und schriftlich festgelegt. Bei Förderplänen für geistig behinderte Kinder und Jugendliche mit psychischen Störungen werden Dienste der Kinder- und Jugendpsychiatrie miteingebunden. Förderpläne werden in den regelmäßig wöchentlich stattfindenden Teambesprechungen überprüft und fortgeschrieben . Daneben ist die Elternarbeit ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit. Die Sorgeberechtigten sind an allen wesentlichen Entscheidungen zu beteiligen, in den Verlauf der Hilfe einzubinden und in Fragen der Erziehung, der Pflege , der Förderung und der Integration qualifiziert zu beraten. Durch begleitende Beratung soll eine dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen förderliche und auf Dauer angelegte Lebensperspektive erarbeitet werden. b) Gibt es hierfür Richtlinien o. Ä.? Ja, die „Richtlinien für Heilpädagogische Tagesstätten, Heime und sonstige Einrichtungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung“, in der Bekanntmachung des Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Drucksache 17/10702 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Frauen vom 01.08.2009. Diese Richtlinien legen nach Art. 44 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze die Mindestvoraussetzungen für erlaubnispflichtige Einrichtungen (§§ 45, 48 a SGB VIII) fest, die Kinder und Jugendliche mit Behinderung ganztägig oder für einen Teil des Tages regelmäßig betreuen und der staatlichen Aufsicht nach §§ 45 bis 48 SGB VIII unterliegen. Die Einrichtungen sind danach bereits bei der Erstellung der Konzeption verpflichtet, ein differenziertes Aufnahmeverfahren festzulegen, das folgende Bedingungen zu erfüllen hat: „Der Aufnahme sollen eine differenzierte Anamnese und eine interdisziplinäre Diagnose vorausgehen, die alle Entwicklungsbereiche sowie den medizinischen, pflegerischen und ggf. psychiatrischen Behandlungsbedarf umfasst . Auf der Grundlage des festgestellten Hilfebedarfs ist die Aufnahme in die Einrichtung gemeinsam mit den Personensorgeberechtigten und dem zuständigen Leistungsträger vorzubereiten.“ Mit der Aufnahme ist die Einrichtung dann weiterhin verpflichtet , „in Kooperation mit den Sorgeberechtigten und anderen am Förderprozess beteiligten Stellen individuelle Förderpläne “ für jeden Betreuten zu erstellen. Darin sind auch bereits feststehende und von den Sorgeberechtigten oder von Familiengerichten genehmigte freiheitsbeschränkende Maßnahmen miteinzubeziehen. Generelle Zielsetzungen sind „eine individuelle, bedarfsgerechte und ganzheitliche Förderung, Bildung und Erziehung , Pflege und Betreuung der Kinder und Jugendlichen sowie deren Hinführung zu einer selbstständigen Lebensführung . Dazu gehört vor allem, ihnen die Eingliederung in die Gesellschaft, die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und einen angemessenen Schulbesuch sowie eine Berufsausbildung zu ermöglichen bzw. zu erleichtern.“ Der Schutz der Grund- und Teilhaberechte der betreuten Kinder und Jugendlichen sind ebenso aufgeführt, wie ihr Anspruch „auf Umgang mit ihren beiden Elternteilen sowie mit Geschwistern, Großeltern und Personen, zu denen eine besondere Beziehung besteht“. Über das Verbringen von Kindern in ihr Zimmer oder einen Time-Out-Raum heißt es einschränkend: „nur in besonders begründeten Ausnahmefällen darf eine kurzfristige Absonderung unter entsprechenden Bedingungen erfolgen, um eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung auszuschließen . Maßnahmen dieser Art sind gesondert unter Angabe von Gründen und Dauer zu dokumentieren und schriftlich von der Einrichtungsleitung zu billigen. Die Personensorgeberechtigten sind unverzüglich zu unterrichten“. 4. a) Wenn Kinder und Jugendliche geschlossen untergebracht werden, wie häufig steht es ihnen dann zu, die Einrichtung verlassen zu dürfen, um beispielsweise an die frische Luft zu gehen? b) Gibt es einen Anspruch darauf? Heilpädagogische Heime sind keine geschlossenen Einrichtungen . Auch Kinder und Jugendliche, für die freiheitsbeschränkende Maßnahmen genehmigt sind, können die Einrichtung in Begleitung von Betreuern oder Sorgeberechtigten jederzeit verlassen und am Leben der Gemeinschaft außerhalb der Einrichtung teilhaben (siehe auch Antwort auf Frage 3). 5. a) Wie häufig werden die heilpädagogischen Heime von der Heimaufsicht kontrolliert? Die Regierungen als die hier zuständigen Aufsichtsbehörden kontrollieren die Einrichtungen nach § 46 SGB VIII vor Ort anlassbezogen, angekündigt oder unangekündigt, mindestens zweijährig, wenn erforderlich auch in sehr kurzen Zeitabständen. Überwachung und Kontrolle finden darüber hinaus durch die Bearbeitung der jährlichen Meldepflichten nach § 47 SGB VIII statt. b) Gibt es hier Vorgaben, ggf. welche (aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirk, Landkreis bzw. kreisfreier Stadt und jeweiligem Heim)? Rechtsgrundlage für die örtlichen Prüfungen ist § 46 SGB VIII, für die Prüfung von Personalstand, Personalqualifikation und Belegung sowie bei besonderen Vorkommnissen ist es § 47 SGB VIII. Diese Vorgaben gelten in allen Regierungsbezirken und für alle Heime für Kinder und Jugendliche gleichermaßen. 6. Ist die Zustimmung der Erziehungsberechtigten als Voraussetzung für freiheitsbeschränkende Maßnahmen an Bedingungen gekoppelt, ggf. an welche (Zimmereinschluss nur bei akuter „Selbstund Fremdgefährdung“ des Kindes, Aufklärung der Eltern)? Sollte eine freiheitsbeschränkende Maßnahme unumgänglich sein, so ist diejenige Form zu wählen, welche noch die größte Autonomie und Selbstbestimmung des Betroffenen ermöglicht. Um rechtmäßig und insbesondere verhältnismäßig zu sein, werden freiheitseinschränkende Maßnahmen in ihrer Dauer und der Art der Durchführung detailliert mit den Sorgeberechtigten besprochen und deren schriftliches Einverständnis eingeholt. Das Einverständnis der Sorgeberechtigten ist nicht noch an darüber hinausgehende Bedingungen geknüpft. 7. Besteht nach Auffassung der Staatsregierung rechtspolitischer Handlungsbedarf mit dem Ziel, die in § 1631 b BGB enthaltene Verpflichtung, bei mit Freiheitsentzug verbundener Unterbringung die Genehmigung des Familiengerichts einzuholen , auf freiheitsentziehende Maßnahmen (z. B. Fixierung) im Verlauf einer Unterbringung auszudehnen ? Die Staatsregierung hält ein Genehmigungserfordernis für freiheitsbeschränkende Maßnahmen im Verlauf einer Unterbringung bei Kindern und Jugendlichen nicht für angebracht. Wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 07.08.2013 aus Sicht der Staatsregierung zu Recht ausgeführt hat, bestehen hier wesentliche Unterschiede zu den freiheitsbeschränkenden Maßnahmen bei volljährigen Betreuten , die gemäß § 1906 Absatz 4 BGB einer gerichtlichen Genehmigung bedürfen. Während ein Betreuer ausschließlich die rechtliche Verantwortung für den Betreuten trägt, die ihm innerhalb bestimmter Aufgabenkreise vom Staat verliehen wurde, tragen Eltern die persönliche Verantwortung für das Wohl ihrer Kinder und handeln bei der Pflege und Erziehung der Kinder nicht aufgrund staatlicher Bestellung, sondern in Ausübung ihres Elterngrundrechts nach Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 Grund esetz (GG). Diese primäre Entscheidungszuständigkeit der Eltern beruht auf der Erwägung, dass die Interessen des Kindes am besten von den Eltern wahrgenommen werden . Eingriffe in das Elterngrundrecht aufgrund des staatlichen Wächteramts aus Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 GG bedürfen daher einer besonderen Rechtfertigung. Diese wäre aus Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10702 Sicht der Staatsregierung für ein Genehmigungserfordernis nicht ersichtlich. Kommt es im Rahmen einer Unterbringung zu unverhältnismäßigen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, so bestehen mit der Verpflichtung der Ausübung der elterlichen Sorge zum Wohl des Kindes nach § 1627 BGB sowie dem Verbot entwürdigender Erziehungsmaßnahmen nach § 1631 Absatz 2 BGB, jeweils in Verbindung mit gerichtlichen Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls nach §§ 1666 ff. BGB, sowie im Rahmen der Heimaufsicht, bereits nach geltendem Recht Möglichkeiten, zum Schutz des Kindes tätig zu werden. Ein darüber hinausgehendes präventives Genehmigungserfordernis für freiheitsbeschränkende Maßnahmen würde nach Auffassung der Staatsregierung kaum zu mehr Rechtssicherheit beitragen. Ergänzung des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 08.04.2016 Mit Schreiben vom 08.04.2016 hat das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) aufgrund neuer Erkenntnisse zur Antwort zu Frage 2, 2. Absatz Folgendes mitgeteilt: Die aktuellen Recherchen des Bayerischen Rundfunks hat das StMAS zum Anlass genommen, der Sache nochmals nachzugehen. Dabei hat sich leider bestätigt, dass teilweise auch Einsperrungen bzw. Absperrungen vorkommen. Daraufhin hat das StMAS bereits am 7. April 2016 die zuständigen Aufsichtsbehörden aus ganz Bayern einbestellt. Es geht jetzt darum, den Umfang und die Hintergründe so rasch wie möglich zu klären. Denn eines ist klar: Es darf in den Einrichtungen für behinderte Kinder kein Einsperren als Strafaktion geben. Das StMAS wird dem Landtag über die Ergebnisse und ggf. daraus zu ziehende Konsequenzen berichten.