Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer SPD vom 16.02.2016 Spielhallen und Glücksspiel in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Spielhallen in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? 2. Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Wettbüros in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? 3. Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Spielautomatenbetreiber in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? 4. Wo gibt es Gebiete mit besonders hoher Ansiedlungsdichte und welche Begleiterscheinungen treten in diesen Gebieten auf (Kriminalität, Spielsucht, Auswirkungen auf das Stadtbild etc.)? 5. Wie hat sich die Kriminalität im direkten Umfeld von Glücksspieleinrichtungen in den letzten fünf Jahren entwickelt? 6. Wie hat sich die Zahl der Glücksspielsüchtigen in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? 7. a) Was unternimmt die Staatsregierung, um das Glücksspiel im Internet zu beschränken? b) Wie soll der Glücksspielsucht im Internet entgegengewirkt werden? 8. Wie steht die Staatsregierung zur Einführung einer kommunalen Spielapparate-/Spielhallensteuer? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 28.03.2016 1. Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Spielhallen in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? Auf der Basis einer von der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern veröffentlichten Erhebung – http://www.lsgbayern. de/information/datenbank-spielhallen-und-geldspielgeraetein -bayern/ (Stand: 14.03.2016) –, die im zweijährigen Turnus wiederholt wird, hat sich der Spielhallenmarkt in Bayern seit 2010 wie folgt entwickelt: Jahr Spielhallenstandorte Spielhallenkonzessi - onen Konzessionen pro Standort Geldspielgeräte Einwohner pro Spielgerät 2010 889 1.520 1,71 15.661 431,82 2012 1.104 2.000 1,81 20.779 327,33 2014 1.090 2.008 1,84 21.346 320,82 2. Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Wettbüros in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt ? Für Juli 2010 ist belegt, dass es in Bayern keine dauerhaft offenen Wettbüros gab. Nach einer zum 1. Mai 2013 durchgeführten Erhebung waren 207 Wettbüros ohne glücksspielrechtliche Erlaubnis bekannt. Diese verteilten sich auf die einzelnen Regierungsbezirke wie folgt: Oberbayern davon in München 121 77 Niederbayern 6 Oberpfalz 6 Oberfranken 2 Mittelfranken davon in Nürnberg 25 15 Unterfranken davon in Würzburg 26 5 Schwaben davon in Augsburg 21 8 Die aktuelle Anzahl an Wettbüros ist derzeit nicht bekannt. Zur Planung des weiteren Umgangs mit Sportwettveranstaltern und -vermittlern ist in Kürze eine erneute Erhebung der Anzahl an Wettbüros in Bayern beabsichtigt. 3. Wie hat sich die Zahl und Ansiedlungsdichte der Spielautomatenbetreiber in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? Die Frage wird so interpretiert, dass – im Unterschied zu Frage 1 – die Anzahl der Aufstellorte für Geldspielgeräte außerhalb von Spielhallen, insbesondere in der Gastronomie, und die Anzahl der dort aufgestellten Geldspielgeräte angegeben werden soll. Diese Zahlen werden für Bayern nicht erhoben. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.04.2016 17/10710 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10710 4. Wo gibt es Gebiete mit besonders hoher Ansiedlungsdichte und welche Begleiterscheinungen treten in diesen Gebieten auf (Kriminalität, Spielsucht , Auswirkungen auf das Stadtbild etc.)? Die Angebotsdichte variiert in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl der Städte und Gemeinden. Eine Häufung von Spielhallen und Wettbüros lässt sich in Großstädten beobachten . Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die Verfügbarkeit von Spielangeboten mit einer höheren Spielteilnahme zusammenhängt, wobei es hierbei Hinweise auf Sättigungseffekte gibt. Die Befundlage zum Zusammenhang zwischen Angebotsdichte und Prävalenz von problematischem /pathologischem Glücksspiel ist jedoch nicht eindeutig. Eine Häufung von Spielhallen in Stadt- und Ortsteilzentren ist nicht selten Folge eines schon im Gange befindlichen „Trading-Down-Effektes“, der dadurch noch weiter verstärkt wird. Zeichen hierfür sind zunehmende Leerstände und das Verschwinden hochwertiger Angebote, wodurch sich aus städtebaulicher Sicht unerwünschte Nutzungen wie z. B. Spielhallen verstärkt ausbreiten können. Davon betroffene Stadt- und Ortsteilzentren verlieren zunehmend an Attraktivität . Im Endeffekt droht der Funktionsverlust dieser Gebiete als Versorgungszentrum, was langfristig zu einer städtebaulichen Verödung führen kann. Ungeachtet dessen, dass es sich bei den Gebieten, in denen sich Spielhallen vermehrt befinden, aufgrund vielfältiger Einflussfaktoren ohnehin regelmäßig um Gebiete mit höherer Kriminalitätsbelastung handelt, wird ein Kausalzusammenhang zwischen Spielsucht bzw. Spielhalle und delinquentem Verhalten nicht strukturiert in polizeilichen Auskunftssystemen erfasst. Allgemeine, bayernweit gültige Aussagen hinsichtlich der Kriminalität in Gebieten mit hoher Ansiedlungsdichte von Spielhallen und Glücksspielstätten können daher nicht belastbar getroffen werden. 5. Wie hat sich die Kriminalität im direkten Umfeld von Glücksspieleinrichtungen in den letzten fünf Jahren entwickelt? Eine quantitative Auswertung der Deliktsentwicklung außerhalb von Glücksspieleinrichtungen ist – wie unter Nr. 4 dargestellt – nicht möglich. 6. Wie hat sich die Zahl der Glücksspielsüchtigen in Bayern in den letzten fünf Jahren entwickelt? Erhebungsjahr Pathologisches Glücksspielen Problematisches Glücksspielen 2010 28.000 (16.000–39.000) 24.000 (-) 2011 39.000 (24.000–63.000) 40.000 (26.000–62.000) 2013a (FN) 30.000 (19.000–47.000) 45.000 (23.000–57.000) 2013b (DF) 65.000 (31.000–136.000) 54.000 (27.000–109.000) Die in der Tabelle genannten Prävalenzzahlen sind Schätzwerte . Die Werte in Klammern geben den Schwankungsbereich an, innerhalb dessen sich der „wahre Wert“ befindet. Insbesondere bei 2013b ist dieser sehr breit, weswegen die Zahlen vorsichtig zu interpretieren sind. Generell gilt, dass sich die hier aufgeführten Studien1 in der Methodik der Erhebung und Auswertung der Daten unterscheiden, so dass direkte Vergleiche der Prävalenzen nicht bzw. nur sehr eingeschränkt möglich sind. 7. a) Was unternimmt die Staatsregierung, um das Glücksspiel im Internet zu beschränken? Die Beschränkung von Glücksspiel im Internet ist im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) geregelt. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel im Internet grundsätzlich verboten. Um jedoch der bestehenden Nachfrage eine legale, sichere und den Spielerschutz gewährleistende Alternative gegenüberzustellen, kann der Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlaubt werden (§ 4 Abs. 5 GlüStV). Gegen die übrigen, nicht erlaubnisfähigen Glücksspielangebote im Internet wie insbesondere Online-Casinos, Online-Poker und Zweitlotterien geht der Freistaat Bayern in koordinierter und arbeitsteiliger Weise zusammen mit den Glücksspielaufsichtsbehörden der anderen Länder vor. b) Wie soll der Glücksspielsucht im Internet entgegengewirkt werden? Die Suchtprävention im Bereich Internetglücksspiel erfolgt zunächst durch ein aufsichtliches Vorgehen gegen nicht erlaubnisfähige Glücksspielangebote im Internet, um den Zugang zu diesen Spielen, die sich häufig durch eine hohe Ereignisfrequenz auszeichnen, jederzeit verfügbar sind und damit als besonders suchtfördernd gelten, zu unterbinden. Der Vertriebsweg Internet ist nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 GlüStV erlaubnisfähig. Neben dem standardmäßigen Ausschluss minderjähriger oder gesperrter Spieler ist der monatliche Spieleinsatz eines Spielers gedeckelt; es muss eine Möglichkeit zur Selbstlimitierung geben; besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung müssen ausgeschlossen sein und die Anbieter müssen ein an die besonderen Bedingungen des Internets angepasstes Sozialkonzept entwickeln und einsetzen. 8. Wie steht die Staatsregierung zur Einführung einer kommunalen Spielapparate-/Spielhallensteuer? Eine gemeindliche Steuer auf Spielgeräte ist bereits mehrfach als Instrument zur Bekämpfung der Glücksspielsucht diskutiert worden. Es ist dabei nicht unumstritten, ob eine solche Abgabe tatsächlich und effektiv zu einem Rückgang des Glücksspiels beitragen würde. Die Spielgerätesteuer wäre eine neue Einnahmequelle für die Gemeinden und für diese daher unter Umständen attraktiv. Dies könnte sogar dazu führen, dass die Ansiedlung von Spielhallen befürwortet werden könnte – das wäre gegenläufig zum Bemühen, das Spielhallenwesen selbst einzudämmen. Daher sollte zunächst die Wirkung anderer Instrumente abgewartet werden. 1 Meyer et al. (2011); Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - BZgA (2012); BZgA (2014) – FN; BZgA (2014) – DF. Die Studie der BZgA (2014) hat erstmals einen neuen Rekrutierungsansatz angewandt. Die Stichprobenziehung erfolgte über Festnetz- und Mo- bilfunkrufnummern. Zur Vergleichbarkeit der Daten wurden getrennte Auswertungen für die Festnetzstichprobe (FN) und die Dual-Frame-Stichprobe (DF) vorgenommen.