Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 25.05.2016 Glyphosat in Bier – was unternehmen bayerische Behörden ? Am 25. Februar 2016 wurde in den Medien berichtet, dass überhöhte Werte von Glyphosat in Bier gefunden wurden. Für die Untersuchung des Bieres in Bayern sind Verbraucherschutzbehörden des Freistaats zuständig, vor allem das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Die politische Verantwortung für den vorsorgenden gesundheitlichen Verbraucherschutz und den Schutz von Leben und körperlicher Gesundheit der bayerischen Bürgerinnen und Bürger obliegt der Staatsregierung. Sie trägt auch Verantwortung für den Schutz der bayerischen Brauereien vor Imageschäden, gerade im Jubiläumsjahr des Reinheitsgebots . Auf der Website des LGL heißt es zur Untersuchung von Bier: „Die Untersuchung von Bier, Biermischgetränken und Rohstoffen für die Bierherstellung am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) ist auf folgende Schwerpunkte ausgerichtet: – Erfassung toxikologisch nicht unbedenklicher Bestandteile und Kontaminanten – Prüfung bestimmter Qualitätskriterien (z. B. Stammwürze , Alkoholgehalt bzw. Restalkoholmengen, sensorische Beschaffenheit, Farbe, Bittereinheiten) – Prüfung der Produkte auf die Übereinstimmung mit der in Bayern geltenden Allgemeinen Verkehrsauffassung – Prüfung auf eine Vielzahl chemischer Parameter, um sowohl die rechtskonforme Herstellung sicherzustellen als auch Verfälschungen aufzudecken – Begutachtung der Kennzeichnung und Aufmachung der untersuchten Erzeugnisse“ In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: 1. a) Welche Pestizide inklusive deren Abbauprodukte wurden im bayerischen Bier in den letzten 5 Jahren nachgewiesen ? b) Welche Grenzwerte wurden dabei überschritten? c) Untersucht das LGL Bier auch auf Glyphosat bzw. dessen Abbauprodukte? 2. a) In welchem Umfang – Stichwort: Repräsentativität der Proben – und unter Beachtung welcher Grenzwerte wird Bier auf Pestizidrückstände, und insbesondere Glyphosat, untersucht? b) Welche konkreten politischen Konsequenzen hat die Staatsregierung aus den genannten Untersuchungsergebnissen der letzten 5 Jahre gezogen? c) Wie lange dauert die Auswertung von Regel-, Verdachts - und Verfolgungsproben von Bier derzeit im Durchschnitt am LGL? 3. a) Wie – also auf welchen Eintragswegen – gelangt Glyphosat in das Bier? b) Wie gelangen die anderen festgestellten Pestizide ins Bier? c) Welche Rolle spielt dabei das Grundwasser bzw. eine Bewässerung aus Oberflächengewässern bzw. aus privaten Brunnen? 4. a) Welche Rolle spielt der Hopfenanbau in Bayern für die Pestizidbelastung von Bieren? b) Welche Untersuchungsergebnisse für Pestizidrückstände im Hopfen gibt es für die letzten 5 Jahre in Bayern ? c) Welche konkreten politischen Konsequenzen hat die Staatsregierung aus diesen genannten Untersuchungsergebnissen der letzten 5 Jahre gezogen? 5. a) Welche Rolle spielen der Getreideanbau und das verwendete Getreide in Bayern für die Pestizidbelastung von Bieren? b) Welche Untersuchungsergebnisse für Pestizidrückstände im verwendeten Getreide gibt für die letzten 5 Jahre in Bayern? c) Welche konkreten politischen Konsequenzen hat die Staatsregierung aus diesen genannten Untersuchungsergebnissen der letzten 5 Jahre gezogen? 6. Welchen Einfluss hat die Verwendung von glyphosathaltigen Totalherbiziden a) im privaten, b) im kommunalen und c) im landwirtschaftlichen Bereich auf die Rückstände in Oberflächengewässern und im Grundwasser? 7. Wie beurteilt die Staatsregierung die Forderung einer maximalen Höchstmenge von 2.000 g in drei Jahren im Bereich der Landwirtschaft unter folgenden Aspekten : a) Könnte diese Beschränkung der Anwendung die Rückstände verringern? b) Was spricht gegen eine maximale Höchstmenge als Teil des schrittweisen Ausstiegs? 8. Wie bewertet die Staatsregierung den möglichen Einfluss des Imports von Rohstoffen zur Bierherstellung aus anderen EU-Staaten bzw. Nicht-EU-Staaten bei den vorgefundenen Glyphosatrückständen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 20.05.2016 17/10732 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10732 Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 30.03.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: 1. a) Welche Pestizide inklusive deren Abbauprodukte wurden im bayerischen Bier in den letzten 5 Jahren nachgewiesen? b) Welche Grenzwerte wurden dabei überschritten? c) Untersucht das LGL Bier auch auf Glyphosat bzw. dessen Abbauprodukte? 2. a) In welchem Umfang -– Stichwort: Repräsentativität der Proben – und unter Beachtung welcher Grenzwerte wird Bier auf Pestizidrückstände, und insbesondere Glyphosat, untersucht? Zur lebensmittelrechtlichen Beurteilung von Glyphosat in Bier sind nach dem europäischen Rückstandsrecht die Rückstandshöchstgehalte für die Rohstoffe wie Gerste, Weizen und Hopfen unter Berücksichtigung der Verarbeitung heranzuziehen. Das LGL konzentriert sich im Sinne der risikoorientierten Beprobung auf die einzelnen Zutaten wie Gerste oder auch Weizen. Im Brauprozess findet eine deutliche Verdünnung statt. Das LGL hat in den Jahren 2011 bis 2015 vier Proben Bier auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht. Es wurden keine Rückstände nachgewiesen. b) Welche konkreten politischen Konsequenzen hat die Staatsregierung aus den genannten Untersuchungsergebnissen der letzten 5 Jahre gezogen? Die Untersuchungsergebnisse der letzten fünf Jahre im Bereich Pflanzenschutzmittelrückstände (inklusive Glyphosat) zeigten, dass die Gehalte in der Regel deutlich unter den EU-rechtlich erlaubten Höchstgehalten liegen. Dennoch hat das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) aus Gründen des vorsorglichen Verbraucherschutzes die Bundesregierung aufgefordert, sich bezüglich der erneuten Genehmigung von Glyphosat auf EU-Ebene dafür einzusetzen, alle verfügbaren Informationen in die Entscheidung einzubeziehen und gegebenenfalls weitere Untersuchungsergebnisse renommierter wissenschaftlicher Gremien , wie der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) und des Joint Meeting on Pesticide Residues (JMPR) der Weltgesundheitsorganisation (WHO), abzuwarten. c) Wie lange dauert die Auswertung von Regel-, Verdachts - und Verfolgungsproben von Bier derzeit im Durchschnitt am LGL? Im Jahr 2015 ergaben sich allgemein für Bierproben folgende durchschnittliche Bearbeitungszeiten: Regelproben (Planproben) ca. vier Wochen, Beschwerdeproben ca. eine Woche, Verdachtsproben ca. fünf Wochen, Verfolgsproben ca. drei Wochen. 3. a) Wie – also auf welchen Eintragswegen – gelangt Glyphosat in das Bier? b) Wie gelangen die anderen festgestellten Pestizide ins Bier? c) Welche Rolle spielt dabei das Grundwasser bzw. eine Bewässerung aus Oberflächengewässern bzw. aus privaten Brunnen? Glyphosat ist ein zugelassener Pflanzenschutzmittelwirkstoff . Daher ist zu erwarten, dass er über die verwendeten Rohstoffe Gerste bzw. Weizen und dem daraus hergestellten Malz in das Bier gelangen kann. Als weiterer Eintragsweg wäre theoretisch Hopfen denkbar . Glyphosat wird in der obersten Bodenzone durch Sorption schnell fixiert, was zu einer geringen Mobilität und dadurch bedingt zu einer geringen Sickerwasserkonzentration führt. Eine Auswaschung von Glyphosat in das Grundwasser findet daher kaum statt, was sich auch darin zeigt, dass Glyphosat in ca. 99 % der bayerischen Grundwassermessstellen nicht nachgewiesen wird. Eine Überschreitung des Schwellenwertes nach Grundwasserverordnung bzw. des Grenzwertes nach Trinkwasserverordnung von 0,1 µg/l wurde in Bayern an keiner Messstelle festgestellt. Ein signifikanter Eintrag von Glyphosat ins Bier über das Grundwasser ist daher unwahrscheinlich. Da es sich bei Brauwasser um Wasser in Trinkwasserqualität handeln muss, ist dieses als Quelle für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe zu vernachlässigen. Oberflächengewässer werden nur fallweise zur landwirtschaftlichen Bewässerung genutzt. Braugerste und Weizen als Grundstoffe für die Bierherstellung werden im Regelfall nicht künstlich bewässert. Bei Hopfen wird nur ein geringer Flächenanteil bei Bedarf, das heißt bei anhaltenden Trockenperioden künstlich bewässert. Über Glyphosatrückstände in Bewässerungswasser, über die Wirkstoffaufnahme in der Kultur und theoretisch daraus resultierenden Rückstandsbelastungen sowie den Transferprozessen bis in das Endprodukt Bier liegen keine Kenntnisse vor. Dieser theoretische Weg wird allerdings als nicht relevant für nachweisbare Glyphosatrückstände in Bier bewertet. 4. a) Welche Rolle spielt der Hopfenanbau in Bayern für die Pestizidbelastung von Bieren? b) Welche Untersuchungsergebnisse für Pestizidrückstände im Hopfen gibt es für die letzten 5 Jahre in Bayern? Im Hopfenanbau dürfen Pflanzenschutzmittel entsprechend der aktuellen Zulassungen eingesetzt werden. Insofern sind entsprechende Rückstände im Hopfen nicht auszuschließen . Die gesetzlich festgelegten Rückstandshöchstgehalte müssen jedoch eingehalten werden. Im Jahr 2011 wurden insgesamt 55 Proben Hopfen untersucht . In vier Proben waren keine Rückstände nachzuweisen . Bei neun Proben lag mindestens ein Rückstand über dem zulässigen Rückstandshöchstgehalt. Die Vermarktung und Verarbeitung der betroffenen Partien wurde untersagt. Aufgrund der großen Verdünnung und vielfältigen Prozesse bei der Bierherstellung sind die Rückstände aus dem Hopfen in der Regel im Bier nicht nachweisbar. c) Welche konkreten politischen Konsequenzen hat die Staatsregierung aus diesen genannten Untersuchungsergebnissen der letzten 5 Jahre gezogen ? Siehe Antwort zu Frage 2 b. 5. a) Welche Rolle spielen der Getreideanbau und das verwendete Getreide in Bayern für die Pestizidbe- Drucksache 17/10732 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 lastung von Bieren? Im Getreideanbau dürfen Pflanzenschutzmittel entsprechend der aktuellen Zulassungen eingesetzt werden. Insofern sind entsprechende Rückstände im Getreide nicht auszuschließen , die über die Verarbeitung in geringen Spuren auch ins Bier gelangen können. b) Welche Untersuchungsergebnisse für Pestizidrückstände im verwendeten Getreide gibt für die letzten 5 Jahre in Bayern? Für die Bierherstellung werden Gerste und Weizen verwendet . In den letzten fünf Jahren wurden 26 Proben Gerste und 66 Proben Weizen auf Pflanzenschutzmittelrückstände untersucht . Dabei wurde nur in einer Probe Gerste der Rückstandshöchstgehalt für das Herbizid Fluroxypyr überschritten (nachgewiesener Gehalt 0,22 mg/kg bei einem zulässigen Rückstandshöchstgehalt von 0,1 mg/kg). c) Welche konkreten politischen Konsequenzen hat die Staatsregierung aus diesen genannten Untersuchungsergebnissen der letzten 5 Jahre gezogen ? Siehe Antwort zu Frage 2 b. 6. Welchen Einfluss hat die Verwendung von glyphosathaltigen Totalherbiziden a) im privaten, b) im kommunalen und c) im landwirtschaftlichen Bereich auf die Rückstände in Oberflächengewässern und im Grundwasser? Das Risiko für Wirkstoffrückstände in Grundwasser und Oberflächengewässern nach der Anwendung von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln bezieht sich vorrangig auf die Möglichkeit von Wirkstoffausträgen infolge von Abschwemmung . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Bei sachgerechter Anwendung und Einhaltung der jeweiligen Anwendungsbestimmungen sind bedenkliche Umweltbelastungen auszuschließen. Das gilt für alle zulässigen Anwendungen im Bereich Haus- und Kleingarten, auf kommunalen Flächen und auf landwirtschaftlich, gärtnerisch oder forstlich genutzten Flächen. Im Hinblick auf die Rückstände von Glyphosat in Oberflächengewässern und im Grundwasser wird auf die Antwort zur Schriftlichen Anfrage „Glyphosateinsatz in Bayern II“ (LT-Drs. 17/7163 vom 24.07.2015) sowie auf den als Anlage beigefügten Bericht der Staatsregierung zum Landtagsbeschluss „Verbot besonders gefährlicher Pflanzenschutzmittel vorantreiben“ (LT-Drs. 17/6485) vom 28.08.2015 verwiesen . Eine Zuordnung der gefundenen Rückstände in Oberflächengewässern und im Grundwasser zu den aufgeführten Einsatzbereichen a)–c) ist jedoch anhand von Untersuchungsbefunden nicht möglich. 7. Wie beurteilt die Staatsregierung die Forderung einer maximalen Höchstmenge von 2.000 g in drei Jahren im Bereich der Landwirtschaft unter folgenden Aspekten: a) Könnte diese Beschränkung der Anwendung die Rückstände verringern? Nach aktuellem Stand der Zulassung können glyphosathaltige Präparate mit einer maximalen Aufwandsmenge von 3.600 g Wirkstoff pro Hektar und Jahr unabhängig vom Anwendungsgebiet ausgebracht werden. Eine Begrenzung des maximalen Wirkstoffaufwandes auf 2.000 g pro Hektar innerhalb von drei Jahren könnte theoretisch zu einer Reduktion des Belastungsrisikos für Rückstände in Grundwasser und Oberflächengewässern beitragen. Diese Annahme unterstellt allerdings, dass die derzeitige Anwendungspraxis den definierten maximalen Wirkstoffaufwand vollständig ausschöpft. Hiervon kann allerdings unter bayerischen Anbau- und Produktionsbedingungen nicht ausgegangen werden. b) Was spricht gegen eine maximale Höchstmenge als Teil des schrittweisen Ausstiegs? Maximal zulässige Wirkstoffaufwandsmengen werden von der zuständigen Behörde im Rahmen des Zulassungsverfahrens mit Bezug auf das jeweilige, wirkstoffspezifische Risiko für die Gefährdung von Mensch, Tier und der Umwelt festgesetzt. Für glyphosathaltige Präparate ist diese Unbedenklichkeitsgrenze auf max. 3.600 g pro Hektar und Jahr festgelegt. Sobald neue sachliche Erkenntnisse gewonnen werden, die eine Korrektur dieses Grenzwertes erfordern, sollte er entsprechend angepasst werden. Aus Sicht des Gewässerschutzes soll die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel in der Fläche grundsätzlich so weit wie möglich vermindert werden, um Abschwemmungen bzw. Einträge in den Wasserkreislauf und die Ökosysteme zu vermeiden, und im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes − wie er auch im Pflanzenschutzrecht gefordert wird − durch andere zielführende Methoden ersetzt werden. Durch Glyphosat werden derzeit weder im Grundwasser noch in Oberflächengewässern gültige Grenz-, Schwellenoder PNEC-Werte überschritten (PNEC: predicted no effect concentration). Ein schrittweiser Ausstieg aus der Glyphosat -Anwendung wäre nur dann zielführend, wenn nicht im Gegenzug eine verstärkte Anwendung anderer Herbizide zu befürchten ist, die womöglich ungünstigere Auswirkungen auf die Gewässerqualität haben könnten. 8. Wie bewertet die Staatsregierung den möglichen Einfluss des Imports von Rohstoffen zur Bierherstellung aus anderen EU-Staaten bzw. Nicht-EU- Staaten bei den vorgefundenen Glyphosatrückständen ? Nach Auskunft der Landwirtschaftsbehörden ist in Deutschland die Vorerntebehandlung von Getreide für die Verwendung zu Brauzwecken nicht zulässig. Im internationalen Bereich liegen aber zum Teil andere Bestimmungen vor, sodass eine Rückstandsbelastung von Import-Braugetreide mit Glyphosat nicht ausgeschlossen werden kann. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10732 Anlage Drucksache 17/10732 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10732 Drucksache 17/10732 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 7 Seite 8 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10732