Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 29.01.2016 Qualifikation anerkannter Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Bayern verfügen über einen Schulabschluss? 2. Wie viele anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive sind in Bayern Analphabeten? 3. Wie viele anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Bayern verfügen über eine spezifische Berufsqualifikation? 4. Wie viele anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Bayern haben eine allgemeine Hochschulreife, einen nachweislichen akademischen Abschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung ? 5. Welche Maßnahmen stehen derzeit zur Verfügung, um anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Bayern in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu integrieren? 6. Welche Möglichkeiten bestehen für anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive, ihre bereits erworbenen Fachkenntnisse in Bayern anerkennen zu lassen? 7. Welche Ziele der Initiative der Staatsregierung (vereinbart am 13.10.2015 mit der bayerischen Wirtschaft und Bundesagentur für Arbeit in der Staatskanzlei) sind bereits realisiert? 8.1 Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung darüber hinaus, um die Integration von Asylbewerber/ -innen und Geduldeten mit Bleibeperspektive in den bayerischen Arbeitsmarkt voranzutreiben? 8.2 Ist es vorgesehen, die von mehreren Wirtschaftsverbänden und den Handwerks- und Industriekammern vorgeschlagene Regelung 3+2 Jahre (3 Jahre Ausbildung + 2 Jahre sicherer Aufenthalt) für Auszubildende bis zum 21. Lebensjahr und darüber hinaus in Bayern zu verankern, damit sowohl die bayerischen Betriebe als auch Erwachsene Planungssicherheit haben können ? 8.3 Mit welchen Maßnahmen könnte die Aufnahme einer Ausbildung nach dem Abschluss einer Berufsintegrationsklasse an den Berufsschulen verbessert werden? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 29.03.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst wie folgt beantwortet: 1. Wie viele anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Bayern verfügen über einen Schulabschluss? In den Amtlichen Schuldaten werden weder die Merkmale Asylbewerber oder Flüchtling noch der Aufenthaltsstatus der Schülerinnen und Schüler erfasst. Nach der Statistik der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit (RD Bayern) über den Bestand an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sowie den Bestand an gemeldeten erwerbsfähigen Personen ergibt sich folgendes Bild für Bayern: Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach ausgewählten Nationalitäten und Schulabschluss Bayern Stichtag: 30.Juni 2015 Um die Auswirkungen der aktuellen Entwicklung im Asylund Flüchtlingsgeschehen auf dem Arbeitsmarkt abschätzen zu können, wird diese Auswertung nach Staatsangehörigkeiten der Personen aus den acht zugangsstärksten nicht-europäischen Herkunftsländern von Asylbewerbern (Afghanistan, Arabische Republik Syrien, Eritrea, Irak, Islamische Republik Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia) erstellt. Über den Einreise- oder Aufenthaltsstatus, d. h. ob bspw. ein Antrag auf Asyl gestellt wurde oder wann die Person zugewandert ist, können keine Angaben gemacht werden. Die Auswertung erfolgt nach dem Arbeitsortprinzip. Insgesamt 15.818 davon mit Schulabschluss: 8.229 davon sonstige, keine Angabe: 5.361 davon Abitur/Fachabitur: 2.766 davon akademischer Abschluss: 1.688 davon abgeschlossene Berufsausbildung: 2.958 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 20.05.2016 17/10743 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10743 Bestand gemeldete erwerbsfähige Personen nach ausgewählten Nationalitäten und Schulabschluss Bayern Januar 2016 Um die Auswirkungen der aktuellen Entwicklung im Asylund Flüchtlingsgeschehen auf dem Arbeitsmarkt abschätzen zu können, wird diese Auswertung nach Staatsangehörigkeiten der Personen aus den acht zugangsstärksten nicht-europäischen Herkunftsländern von Asylbewerbern (Afghanistan, Arabische Republik Syrien, Eritrea, Irak, Islamische Republik Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia) erstellt. Über den Einreise- oder Aufenthaltsstatus, d. h. ob bspw. ein Antrag auf Asyl gestellt wurde oder wann die Person zugewandert ist, können keine Angaben gemacht werden. Insgesamt 30.736 davon mit Schulabschluss: 14.089 davon sonstige, keine Angabe: 10.120 davon Abitur/Fachabitur: 4.636 davon akademischer Abschluss: 1.986 davon abgeschlossene Berufsausbildung: 1.449 Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit; Arbeitsmarkt in Zahlen, Bestand an gemeldeten erwerbsfähigen Personen, Arbeitsuchenden und Arbeitslosen nach Schulabschluss, letzter abgeschlossener Berufsausbildung und Staatsangehörigkeit (15 zugangsstärkste Herkunftsländer von Asylbewerbern), Nürnberg, Februar 2016 Für Deutschland gibt es zur Qualifikationsstruktur von Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen eine Kurzanalyse des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Ausgabe 1/2016. Diese besagt, dass etwa 70 Prozent der Befragten zwischen 5 und 14 Jahre lang Schulen besucht haben. Rund 13 Prozent sind bei gemeinsamer Betrachtung von Schul- und formaler Berufsbildung als „Nichtqualifizierte “ einzustufen, knapp 10 Prozent als „höherqualifiziert“ (https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikati onen/Kurzanalysen/kurzanalyse1_qualifikationsstruktur_ asylberechtigte.pdf?__blob=publicationFile). 2. Wie viele anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive sind in Bayern Analphabeten ? Laut BAMF-Kurzanalyse 1/2016 (siehe Antwort zu Frage 1) liegt der Anteil von Personen, die keine Schule besucht haben , bei 16,4 Prozent. Die bei Antwort zu Frage 1 genannte Statistik der RD Bayern enthält hierüber keine Angabe. 3. Wie viele anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Bayern verfügen über eine spezifische Berufsqualifikation? Siehe dazu Antwort zu Frage 1. Weitere Daten liegen nicht vor. 4. Wie viele anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Bayern haben eine allgemeine Hochschulreife, einen nachweislichen akademischen Abschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung? Siehe Antwort zu Frage 1. Weitere Daten liegen nicht vor. 5. Welche Maßnahmen stehen derzeit zur Verfügung, um anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Bayern in den Ausbildungsund Arbeitsmarkt zu integrieren? Die Staatsregierung hat bereits im Herbst letzten Jahres das Sonderprogramm „Zusammenhalt fördern, Integration steigern “ auf den Weg gebracht. Das Programm umfasst ein Maßnahmenpaket im Umfang von rd. 548 Millionen Euro allein im Jahr 2016. Teil dieses Sonderprogramms ist die Vereinbarung „Integration durch Ausbildung und Arbeit“, die die Staatsregierung mit den Spitzenorganisationen der bayerischen Wirtschaft (Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. [vbw], Bayerischer Handwerkstag e. V. [BHT], Bayerischer Industrie- und Handelskammertag e. V. [BIHT]) und der RD Bayern geschlossen hat. (1) Schulischer Bereich: Bayern verfügt über bewährte Angebote für Kinder und Jugendliche mit besonderem Sprachförderbedarf. Der Nachtragshaushalt 2016 für das o. g. Programm umfasst im Bildungsbereich Stellen und Mittel im Umfang von 160,7 Millionen Euro. Darin enthalten sind z. B. 1.079 Planstellen, die dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) seit dem 1. Januar 2016 zur Verfügung stehen, und erstmalig 10 Millionen Euro zum flexiblen Einsatz von Drittkräften. Mit diesen Stellen und Mitteln können die Bildungsangebote, insbesondere die Übergangsklassen und Sprachförderangebote der Grund- und Mittelschulen und die Berufsintegrationsklassen der Berufsschulen erneut in großem Umfang ausgebaut werden. Dort lernen die ankommenden Kinder und Jugendlichen die deutsche Sprache und die Grundwerte für das Leben in Bayern kennen. Zu Beginn des Schuljahres 2016/2017 im September 2016 können bis zu 1.200 Berufsintegrationsklassen an den beruflichen Schulen eingerichtet werden. Zum Vergleich: Zu Beginn des Schuljahres 2015/2016 waren es noch insgesamt rund 440 Klassen. Seitdem werden kontinuierlich weitere Klassen aufgebaut (zurzeit ca. 670). Bildung und Ausbildung sind der Schlüssel für eine gelungene Integration in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt. Mit seinen vielfältigen Unterrichtsangeboten und dem weiteren ehrgeizigen Ausbau dieser Angebote schafft das StMBW das Fundament für die anschließende erfolgreiche Arbeitsmarktintegration der Asylbewerber und Flüchtlinge im schulpflichtigen und berufsschulpflichtigen Alter zwischen 6 und 21. Dies ist ein wertvoller Beitrag, damit die ehrgeizigen Ziele der Vereinbarung – Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsplätze für 20.000 Flüchtlinge in 2016 und 60.000 erfolgreiche Arbeitsmarktintegrationen bis Ende 2019 – erreicht werden können. (2) Ausbildung und Beschäftigung: (a) Förderung von Projekten zum Erlernen der deutschen Sprache und zur Herstellung der Ausbildungsreife: – Das Modellprojekt „Integration durch Arbeit“ (IdA) des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) mit vbw und RD Bayern wendet sich an erwachsene Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive und Geduldete, die im Herkunftsland bereits eine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben. Das Projekt startete im Juni 2015 mit rund 100 Teilnehmern und wird an den Standorten München, Nürnberg, Regensburg, Augsburg und Mainburg durchgeführt. Es zielt ab auf eine optimale Arbeitsmarktvorbereitung mittels sprachlicher und beruflicher Qualifizierung. Aufgrund des positiven Verlaufs erfolgt 2016 eine Ausweitung. Für Drucksache 17/10743 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 diese Erweiterung auf 1.000 Plätze im Jahr 2016 (IdA 1.000) stellt das StMAS rd. 1,3 Millionen Euro zur Verfügung . IdA 1.000 besteht aus zwei aufeinander aufbauenden und zeitlich aneinander anschließenden Phasen: Phase 1: Allgemeiner Deutschsprachkurs (2,5 Monate) – finanziert durch den Freistaat Bayern Phase 2: Integrationsmaßnahme nach § 45 (1) Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) (7 Monate) – kofinanziert durch die vbw. – IdA BayernTurbo Das Projekt wendet sich an jugendliche Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive und Geduldete, welche aufgrund ausreichender Vorbildung und vorhandener Sprachkompetenz für eine Ausbildung infrage kommen. Es bereitet die Teilnehmenden gezielt auf eine Ausbildung oder eine Einstiegsqualifizierung vor. Teil I des Projektes besteht aus einem Sprachkurs, der durch den Freistaat Bayern finanziert wird. Der II. Teil – finanziert durch die RD Bayern als Maßnahme nach § 45 Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) und mit Kofinanzierung durch die vbw – beinhaltet insbesondere die Kompetenzfeststellung, Berufsorientierung und die Berufswahl . – Projekt zur berufsbezogenen, ausbildungsbegleitenden und -vorbereitenden Sprachförderung Der BIHT und das StMBW erarbeiten derzeit ein Konzept für ein gemeinsames Projekt zur berufsbezogenen, ausbildungsbegleitenden Sprachförderung. Die bayerischen Industrie- und Handelskammern (IHK) bringen dazu Mittel in einen Sprachförderfonds ein, der Auszubildenden zugutekommt, die einen IHK-Beruf erlernen. – Förderprogramme im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) und Arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit (AJS) Besonderes Anliegen der Staatsregierung ist die soziale und berufliche Integration aller sozial benachteiligten jungen Menschen; JaS und AJS sind die maßgeblichen Förderprogramme . Der Ausbau von JaS wurde im Hinblick auf den zusätzlichen Bedarf wegen massiv gestiegener Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen vorgezogen. Laut Beschluss des Ministerrats vom 9. Oktober 2015 werden bei der Zuteilung der neuen JaS-Stellen Schulen mit hohem Anteil an Flüchtlingskindern priorisiert und die Umsetzung des Ausbauprogramms beschleunigt. Die Maßnahmen der AJS richten sich auch an unbegleitete Minderjährige oder junge volljährige Flüchtlinge, welche der Zielgruppe des § 13 SGB VIII zuzurechnen sind, und die bei guter Bleibeperspektive über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen, um das konkrete Maßnahmeziel (Übergang in Arbeit, Ausbildung und Beruf) erreichen zu können. Hierfür wurden zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von 1,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Somit stehen 2016 rd. 5,5 Millionen Euro (2015 rd. 4 Millionen Euro) im Landeshaushalt zusätzlich zu den ESF-Mitteln im ESF-Förderzeitraum (ESF = Europäischer Sozialfond) 2014–2020 in Höhe von 40 Millionen Euro zur Verfügung. Hinzu kommen jährlich rund 0,7 Millionen Euro aus Landesmitteln aus dem Arbeitsmarktfonds. – Berufliches Übergangsjahr Mit dem Modellprojekt für junge Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive und Geduldete sowie dauerhaft Bleibeberechtigte unter 25 Jahren soll an vier Projektstandorten (München, Nürnberg, Schwandorf, Höchstädt an der Donau) mit je einer Klasse Erfahrungen gesammelt werden , die Aufschluss darüber geben, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowohl in Ballungsräumen als auch in ländlichen Regionen bestmöglich an eine Ausbildung herangeführt werden können. Inhaltlich handelt es sich um eine gemeinsame Maßnahme der RD Bayern und des StMBW, bei der sich das StMBW über die beteiligten Berufsschulen mit 17 Wochenstunden Berufssprache Deutsch und einer Kofinanzierung der Maßnahme der Arbeitsverwaltung in Höhe von ca. 20 Prozent einbringt. Auf Basis der gewonnen Erkenntnisse aus dem Modellprojekt soll das jetzige zweite Berufsintegrationsjahr (BIJ) weiterentwickelt werden, um einen optimalen Übergang in Ausbildung zu erreichen. Dabei wird das Modellprojekt „Berufliches Übergangsjahr“ als Teilprojekt des Gesamtprojekts „Perspektive Beruf für Asylbewerber und Flüchtlinge “ durch die Stiftung Bildungspakt Bayern evaluiert. – Förderung von zusätzlichen Ausbildungsakquisiteuren mit 1,62 Millionen Euro p. a.: Das StMAS fördert seit 1997 Ausbildungsakquisiteure (AQ) über den Arbeitsmarktfonds (AMF). Die Ausbildungsakquisiteure geben durch persönliche Kontakte mit Elternhäusern und Multiplikatoren Informationsangebote über Chancen und Möglichkeiten des dualen Ausbildungssystems. Durch ihr großes Netzwerk ist es den AQs möglich, die Ausbildungsplatzsuchenden am Übergang Schule – Beruf sowie die Betriebe bei der Suche nach geeignetem Nachwuchs milieuspezifisch zu unterstützen. Seit 1. Oktober 2015 sind vier zusätzliche AQs speziell für die Zielgruppe junge Flüchtlinge, Asylbewerber und unbegleitete Minderjährige in der Förderung (werden künftig aufgestockt auf insgesamt 28 AQs für Flüchtlinge, Asylbewerber und unbegleitete Minderjährige). Insgesamt wurden dafür inzwischen 19 Anträge eingereicht (Stand: 3. März 2016). (b) Förderung der Berufsausbildung Förderung von betrieblichen Ausbildungsstellen für jugendliche Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive und Geduldete ergänzend zum ESF-Förderprogramm „Fit for Work“ mit 2,64 Millionen Euro Landesmitteln. Das Programm soll zum Ausbildungsjahr 2016/2017 bereitstehen . Betriebe, die dauerhaft Bleibeberechtigten (anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber) einen Ausbildungsplatz zur Verfügung stellen, können bereits jetzt nach dem ESF-Förderprogramm Fit for Work gefördert werden wie Inländer und EU-Ausländer, wenn sie die Fördervoraussetzungen erfüllen. (c) Förderung der Einmündung in Beschäftigung – Die Beratungsstellen zur Anerkennung ausländischer Qualifizierungen sollen 2016 um fünf Stellen auf acht Beratungsstellen aufgestockt werden. Die ersten Umsetzungsschritte sind eingeleitet. – Etablierung von Jobbegleitern, die während und auch noch nach der Vermittlung in Arbeit Unterstützung bieten (Förderung mit 3,45 Millionen Euro). Sie sollen als Lotsen, Netzwerker und Partner für Flüchtlinge und Unternehmen fungieren. Deren Aufgabe ist es, durch ganzheitliche Herangehensweise und Koordinierungs- und Netzwerkarbeit Ausbildungs- und Beschäftigungschancen für die Zielgruppe der Flüchtlinge sowie eine Stabilisierung des Beschäftigungsverhältnisses zu erreichen. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10743 Für die Neuetablierung wurde das vorhandene bayerische Förderinstrumentarium Arbeitsmarktfonds (AMF) erweitert. In der außerordentlichen Sitzung der Arbeitsgruppe AMF am 19. November 2015 wurde der Entwurf des geänderten Förderleitfadens dazu konkretisiert und zwischenzeitlich in den aktuellen Förderleitfaden überführt . Antragsberechtigt sind seit 1.Januar 2016 rechtsfähige Träger, die Maßnahmen zur Qualifizierung und Arbeitsförderung durchführen. Hierzu zählen auch die Kommunen. Über die Anträge entscheidet das StMAS. Darüber hinaus hat die RD Bayern im Rahmen der Vereinbarung vom 13. Oktober 2015 ein spezielles Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm für Menschen mit Fluchtgeschichte (Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive) aufgelegt. Die Maßnahmen wurden konzipiert und ausgeschrieben, die Umsetzung startet im 1. und 2. Quartal 2016. Im Rahmen der Soforthilfe der Bundesagentur für Arbeit (BA) sind seit Ende Oktober 2015 in Bayern rund 27.800 Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive in Deutsch-Einstiegskurse nach § 421 SGB III eingetreten: – Basisangebote Alle bayerischen Agenturen für Arbeit und Jobcenter haben Basisangebote zur Eingliederung von erwachsenen und jugendlichen Asylbewerbern, Geduldeten und Flüchtlingen aufgebaut. Diese umfassen Beratungsdienstleistungen der Arbeitsvermittlung und Berufsberatung sowie Unterstützungsangebote im Bereich der sprachlichen und beruflichen Qualifizierung. Intensive Vermittlungs - und Beratungsgespräche bilden dabei die Grundlage für den Aufbau einer erfolgreichen Integrationsstrategie . – Brückenjahr 21plus Das Brückenjahr 21plus dient der Eingliederung in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt von Asylbewerbern mit guter Bleibeperspektive und Geduldeten sowie Flüchtlingen , die älter als 21Jahre sind (Teilnahme durchaus bis zum 35. Lebensjahr möglich) und damit nicht mehr der Berufsschulpflicht unterliegen. Ziel ist primär die Einmündung in Ausbildung oder Einstiegsqualifizierung, aber auch in Beschäftigung. Es handelt sich um eine Maßnahme nach § 45 SGB III mit einer Dauer von sechs bis neun Monaten. – PerF (Perspektiven für Flüchtlinge) Es handelt sich um eine12-wöchige Maßnahme, deren Gegenstand nach § 45 SGB III es ist, Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive und Geduldete mit Arbeitsmarktzugang (SGB III) bzw. Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge (SGB II) – an den deutschen Arbeitsmarkt heranzuführen, – ihre berufsfachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten festzustellen sowie – ihnen berufsfachliche Sprachkenntnisse zu vermitteln bzw. diese zu erweitern. – PerF Plus Diese Integrationsmaßnahme orientiert sich an PerF und ist darüber hinaus um weitere Elemente des § 45 SGB III (Heranführen an Ausbildungs- und Arbeitsmarkt) angereichert. Neben der Vermittlung berufsbezogener Deutschkenntnisse stehen Module der beruflichen Eignungsfeststellung und Orientierung sowie Kenntnisvermittlung auch im Rahmen von Praktika in Betrieben im Vordergrund. Die individuelle Zuweisungsdauer beträgt 7 Monate. – Teilqualifizierung „Flucht“ Teilqualifizierungen stehen in verschiedenen Berufen als berufliche Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung. – Eingliederungszuschüsse (EGZ) Arbeitgeber können zur Eingliederung von förderungsbedürftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Vermittlung wegen in ihrer Person liegender Gründe erschwert ist, einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt zum Ausgleich einer Minderleistung erhalten (Eingliederungszuschuss ). Darüber hinaus bereiten die vbw, die bayerischen Handwerkskammern sowie die bayerischen Industrie- und Handelskammern weitere Projekte vor mit der Zielrichtung der Einmündung in Ausbildung und Beschäftigung. 6. Welche Möglichkeiten bestehen für anerkannte Flüchtlinge und Flüchtlinge mit Bleibeperspektive, ihre bereits erworbenen Fachkenntnisse in Bayern anerkennen zu lassen? Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen richtet sich bei bundesrechtlich geregelten Berufen nach dem Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz des Bundes (BQFG-Bund) in der Fassung vom 6. Dezember 2011. Soweit eine Anerkennung in einem landesrechtlich in Bayern geregelten Beruf erlangt werden soll, besteht die Grundlage dafür im Bayerischen Berufsqualifikationsgesetz (zuletzt geändert am 22. Dezember 2015). Unterstützung in den Anerkennungsverfahren geben dabei die Beratungsstellen in Augsburg, München und Nürnberg (https://www.anerkennung-in-deutschland.de/html/ de/1720.php) sowie die zuständigen Stellen. Im Rahmen der Vereinbarung „Integration durch Ausbildung und Arbeit“ ist die Einrichtung von weiteren fünf Beratungsstellen geplant. Damit wird eine flächendeckende Beratung in Bayern möglich. Folgende Portale geben detaillierte Informationen: Jeder Interessierte weltweit kann sich über das Portal des einheitlichen Ansprechpartners informieren (http://www.eap. bayern.de/informationen/berufsanerkennung). Bundesweit bestehen drei Informationsportale zum Thema Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen: „anabin“, „Anerkennung in Deutschland“ und „BQ-Portal“: „anabin“ stellt Informationen zur Bewertung ausländischer Bildungsnachweise bereit und unterstützt Behörden, Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie Privatpersonen, eine ausländische Qualifikation in das deutsche Bildungssystem einzustufen (http://anabin.kmk.org/anabin-datenbank.html). Auf „Anerkennung in Deutschland“ können Personen mit ausländischen Berufsabschlüssen klären, ob sie einen offiziellen „Anerkennungsbescheid“ brauchen, um in ihrem Beruf in Deutschland arbeiten zu können (https://www. anerkennung-in-deutschland.de/html/de/). Besonders werden die für sie konkret zuständigen Stellen genannt. Über das BQ-Portal (Informationsportal für ausländische Berufsqualifikationen, https://www.bq-portal.de/) haben vor allem Kammern und Unternehmen eine umfassende online Wissens- und Arbeitsplattform, um ausländische Berufsqualifikationen , denen als Referenzberuf in Deutschland ein bundesrechtlich geregelter dualer Aus- oder Fortbildungsabschluss zugrunde liegt, besser bewerten und einschätzen zu können. Drucksache 17/10743 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 7. Welche Ziele der Initiative der Staatsregierung (vereinbart am 13.10.2015 mit der bayerischen Wirtschaft und Bundesagentur für Arbeit in der Staatskanzlei) sind bereits realisiert? Siehe dazu Antwort zu Frage 5. 8.1 Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung darüber hinaus, um die Integration von Asylbewerber/-innen und Geduldeten mit Bleibeperspektive in den bayerischen Arbeitsmarkt voranzutreiben ? Die Staatsregierung veranstaltete vom 7. bis 10. Dezember 2015 in Nürnberg die „Berufsbildung 2015 – Berufsbildungsmesse und 13. Bayerischer Berufsbildungskongress“. Die Veranstaltung wurde von 61.376 Personen besucht, davon waren 83 Prozent Jugendliche. Die Jugendlichen, unter denen auch Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie Asylbewerber und Flüchtlinge waren, konnten sich in drei Messehallen über die Vielfalt der beruflichen Bildung informieren und an den Ständen Berufe live erleben. Der 13. Bayerische Berufsbildungskongress beleuchtete am 9. Dezember 2015 unter dem Titel „Berufliche Bildung – die Vielfalt der Potenziale entwickeln; Im Fokus: Zuzug nach Deutschland“ die Aspekte der Zuwanderung aus dem Blickwinkel der beruflichen Bildung. Rund 480 Experten aus Wirtschaft und Verwaltung, Lehrkräfte aus Schulen, Hochschulen und von Bildungsträgern erhielten Anregungen zu erfolgreichen Konzepten der Eingliederung von dauerhaft Bleibeberechtigten und Asylbewerbern mit guter Bleibeperspektive und Geduldeten. Am Messestand „Marktplatz der Kulturen“ des StMAS in Kooperation mit der IHK Nürnberg trafen sich Akteure der beruflichen Bildung aus Wirtschaft und Verwaltung sowie Vertreter von Migrantenorganisationen zum fachlichen Austausch . Jugendliche mit Migrationshintergrund sowie deren Eltern erhielten kompetente Beratung zu Fragen der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Zugewanderte konnten sich zu den aktuellen Entwicklungen im Bereich der Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse informieren. Darüber hinaus wurden den rd. 150 Besucherinnen und Besuchern (insbesondere aus Agenturen für Arbeit, Jobcentern , Kammern, Schulen und von Bildungsträgern) der Veranstaltung zur Gewinnung neuer Modellregionen für die Initiative „Fit für die Zukunft“ am 7. Dezember 2015 (auf der „Berufsbildung 2015“) Maßnahmen vorgestellt, welche die Integration von Asylbewerbern mit guter Bleibeperspektive und Geduldeten unterstützen. Die Besucher erhielten auf diesem Wege Anregungen, die sie als Multiplikatoren in ihre Region tragen konnten bzw. können. Die Staatsregierung veranstaltete im Rahmen der Allianz für starke Berufsbildung in Bayern vom 19. bis 27. Februar 2016 die bayernweite Woche der Aus- und Weiterbildung. Beim Ausbildungs-Erlebnistag am 19. Februar konnten sich die Jugendlichen an 15 Standorten bei den ausstellenden Unternehmen informieren, mit Azubis ins Gespräch kommen und viele spannende Berufe kennenlernen. Eltern waren dabei auch willkommen. Dieses Angebot kam auch den Flüchtlingen in den Abschlussklassen der allgemeinbildenden Schulen und in den Berufsintegrationsklassen zugute. Darüber hinaus werden über den bayerischen Arbeitsmarktfonds zwei Projekte für die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Fluchthintergrund gefördert (Fördervolumen insgesamt: rund 155.000 Euro). Während das Projekt „Begleitung von jungen Flüchtlingen während der Ausbildung im oberbayerischen Handwerk“ der Handwerkskammer für München und Oberbayern eine Ausbildungsbegleitung für diese Zielgruppe vorsieht, steht beim Projekt „Mittelfränkisches Netzwerk zur Berufsbildung aller junger Flüchtlinge und Bleibeberechtigter“ in Nürnberg und Fürth der Handwerkskammer für Mittelfranken neben der Integration von etwa 50 Jugendlichen in den Ausbildungsmarkt die Netzwerkarbeit und die Errichtung einer Online- Plattform im Fokus. 8.2 Ist es vorgesehen, die von mehreren Wirtschaftsverbänden und den Handwerks- und Industriekammern vorgeschlagene Regelung 3+2 Jahre (3 Jahre Ausbildung + 2 Jahre sicherer Aufenthalt) für Auszubildende bis zum 21. Lebensjahr und darüber hinaus in Bayern zu verankern, damit sowohl die bayerischen Betriebe als auch Erwachsene Planungssicherheit haben können? Duldungen für abgelehnte Asylbewerber während oder nach der Ausbildung sind im Bundesrecht geregelt. Insoweit kommt eine landesrechtliche Regelung in Bayern nicht in Betracht: Mit dem am 1. August 2015 in Kraft getretenen Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung wurden im Bundesrecht entsprechende Regelungen normiert. Nach § 60 a Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (Aufenth G) kann einem Ausländer eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiete erfordern. Dringende persönliche Gründe in diesem Sinne können insbesonderes vorliegen, wenn der Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in Deutschland vor Vollendung des 21. Lebensjahres aufnimmt oder aufgenommen hat und nicht aus einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29 a des Asylgesetzes stammt. Nach erfolgreichem Abschluss einer qualifizierten Berufsausbildung kann einem geduldeten Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen nach § 18 a AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis (in der Regel für zwei Jahre) zur Ausübung einer der beruflichen Qualifikation entsprechenden Beschäftigung erteilt werden. 8.3 Mit welchen Maßnahmen könnte die Aufnahme einer Ausbildung nach dem Abschluss einer Berufsintegrationsklasse an den Berufsschulen verbessert werden? Siehe dazu auch Antwort zu Frage 5. Die Berufsintegrationsklassen sind ein bewährtes Angebot zur Vorbereitung der jungen Menschen auf eine Ausbildung . Auch angesichts der großen Ausweitung dieses Angebots investiert das StMBW weiter massiv in die Qualität dieses Angebots. Dazu werden u. a. die Fortbildungsangebote für die Lehrkräfte intensiviert. Daneben sollen die Berufsintegrationsklassen zukünftig in das Qualitätsmanagement an beruflichen Schulen in Bayern (QmbS) eingebunden werden. In den Modellprojekten „Perspektive Beruf für Asylbewerber und Flüchtlinge“ der Stiftung Bildungspakt Bayern (Exklusivsponsor: vbw) und „Berufliches Übergangsjahr“ (StMBW gemeinsam mit der RD Bayern) wird die Qualität der Berufsintegrationsklassen weiterentwickelt. Wie bei den genannten Modellprojekten arbeitet das StMBW beim Übergang von den Berufsintegrationsklassen Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10743 in Ausbildung und bei der Begleitung während der Ausbildung eng mit den Partnern (RD Bayern, Kammern, Verbänden ) zusammen, um eine koordinierte Unterstützung zu gewährleisten und die Stärken aller beteiligten Partner effektiv zu nutzen. Vonseiten der Arbeitsverwaltung kann – je nach Aufenthaltsstatus und Bleibeperspektive – die Aufnahme einer Ausbildung nach dem Abschluss einer Berufsintegrationsklasse an den Berufsschulen mit den Maßnahmen Einstiegsqualifizierung , ausbildungsbegleitende Hilfen, Assistierte Ausbildung bzw. Berufsausbildung in einer außerbetrieblichen Einrichtung verbessert werden. Wenn Ausbildungsreife noch nicht vorliegt, können grundsätzlich – in Abhängigkeit von Aufenthaltsstatus und Bleibeperspektive – zunächst Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung sowie berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen eingesetzt werden. Die Staatsregierung unterstützt den erfolgreichen Übergang aus den Berufsintegrationsklassen in die Berufsausbildung mit dem Einsatz der Ausbildungsakquisiteure für junge Flüchtlinge, Asylbewerber und unbegleitete Minderjährige.