Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer SPD vom 26.02.2016 TASER-Verwendung außerhalb von Spezialeinheiten Vor dem Hintergrund von Bestrebungen, den Einsatz von Distanzelektroimpulsgeräten, der bislang auf Spezialeinheiten der Bayerischen Polizei beschränkt war, auf den Streifendienst auszuweiten, frage ich die Staatsregierung: 1. a) Wie oft wurden seit Einführung Distanzelektroimpulsgeräte von den Spezialeinheiten eingesetzt? b) Wie oft wurde das Distanzelektroimpulsgerät als Ersatz für den Gebrauch der Schusswaffe eingesetzt? c) Wie oft wurde das Distanzelektroimpulsgerät unterhalb der Schusswaffenschwelle eingesetzt (sozusagen als Lückenfüller zwischen Schlagstock/Pfefferspray und Schusswaffe)? 2. a) Kam es bei den Einsätzen zu Verletzungen? b) Wenn ja, welcher Art waren die Verletzungen? 3. Nach welchen Bestimmungen ist der Einsatz von Distanzelektroimpulsgeräten geregelt und sind diese auf den Streifendienst anwendbar? 4. Wie gestaltet sich die Schulung für die Sondereinheiten und können diese zeitintensiven Schulungen auf die Streifenpolizei übertragen werden? 5. a) Wie oft wurde in den letzten Jahren im Streifendienst von der Schusswaffe Gebrauch gemacht? b) In wie vielen Fällen hätte die Schusswaffe durch das Distanzelektroimpulsgerät ersetzt werden können? 6. Ist es für die Polizistinnen und Polizisten im Streifendienst ohne Weiteres möglich, mit dem Distanzelektroimpulsgerät ein zusätzliches Gerät ständig mitzuführen ? 7. Sind der Staatsregierung Alternativen zum Distanzelektroimpulsgerät bekannt? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 04.04.2016 1. a) Wie oft wurden seit Einführung Distanzelektroimpulsgeräte von den Spezialeinheiten eingesetzt? Seit der Einführung im Jahr 2006 kam es bei den Spezialeinheiten zu insgesamt 30 Einsätzen. b) Wie oft wurde das Distanzelektroimpulsgerät als Ersatz für den Gebrauch der Schusswaffe eingesetzt ? Voraussichtliche Verläufe von konfliktträchtigen Einsatzsituationen sind naturgemäß schwer vorhersehbar. Eine präzise Aussage zu einer Vermeidung des Schusswaffengebrauchs kann daher nicht getroffen werden, da der Verlauf einer Einsatzlage ohne den Einsatz eines Distanzimpulsgerätes spekulativ beschrieben werden müsste und nicht unbedingt den vermeintlich realen Verlauf wiedergeben würde. c) Wie oft wurde das Distanzelektroimpulsgerät unterhalb der Schusswaffenschwelle eingesetzt (sozusagen als Lückenfüller zwischen Schlagstock/ Pfefferspray und Schusswaffe)? Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit werden bei den Spezialeinheiten einzelfallbezogen Einsatzmittel gewählt, deren Anwendung unter Gewährleistung des Einsatzerfolges und der momentanen Verfügbarkeit sowie der momentanen Einsatzsituation, die geringste Beeinträchtigung für den Betroffenen zur Folge haben. Daher ist jeder Einsatz eines Distanzelektroimpulsgerätes unterhalb der Schusswaffenschwelle anzusehen. Wie oft diese als sog. „Lückenfüller“ eingesetzt wurden, müsste in einer spekulativen Einsatzanalyse ohne konkreten Aussagewert nachbetrachtet werden und ist in dieser Form nicht ermittelbar . Ansonsten darf auf die Antwort zu Ziffer 1 b verwiesen werden. 2. a) Kam es bei den Einsätzen zu Verletzungen? b) Wenn ja, welcher Art waren die Verletzungen? Die Wirkungsweise von Distanzimpulsgeräten basiert auf zwei Pfeilen, die in die Haut eindringen und einen Stromkreis bilden. Hierbei kommt es zu kleinen Hautverletzungen durch die Pfeilspitzen sowie Brandmarken durch den Stromfluss. In einem Fall stürzte eine Person aufgrund der Wirkung des Distanzimpulsgerätes und zog sich dabei eine Kopfplatzwunde zu. 3. Nach welchen Bestimmungen ist der Einsatz von Distanzelektroimpulsgeräten geregelt und sind diese auf den Streifendienst anwendbar? Der Einsatz von Elektroimpulsgeräten bemisst sich nach den allgemeinen Vorschriften zur Anwendung Unmittelbaren Zwangs in Art. 60 ff. des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG). In der abschließenden Auflistung der Waffen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 20.05.2016 17/10879 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10879 in Art. 61 Abs. 4 PAG wird explizit „Elektroimpulsgerät und vergleichbare Waffen“ aufgelistet, es handelt sich somit um eine für die Bayerische Polizei zugelassene Waffe. 4. Wie gestaltet sich die Schulung für die Sondereinheiten und können diese zeitintensiven Schulungen auf die Streifenpolizei übertragen werden? Das Führen und der Einsatz des Distanzelektroimpulsgerätes ist gemäß Einsatz- und Ausbildungskonzepten innerhalb der Spezialeinheiten geregelt. Ausschließlich nach einer dokumentierten, theoretischen Ausbildung und einer praktischen Beschulung darf ein Distanzelektroimpulsgerät von dem jeweiligen Beamten eingesetzt werden. Dies stellt jedoch nur eine Basisbeschulung dar. Regelmäßige weitergehende praktische Übungen im Rahmen der vorgesehenen Einsatzkonzeptionen im Team gewährleisten die erforderliche Routine im Umgang mit dem Einsatzmittel. Die große Erfolgsquote bei der Anwendung des Distanzelektroimpulsgerätes (effiziente Immobilisierung bei gleichzeitig geringen Verletzungen) ist nicht zuletzt auf die hohe Einsatzkompetenz bei den SEK-Beamten und die bestehenden eingeübten Zugriffskonzepte zurückzuführen. Darüber hinaus werden Distanzelektroimpulsgeräte bei den Spezialeinheiten im Team nach vorheriger konzeptioneller Festlegung, Aufgabenverteilung und Vorhaltung von Redundanzen eingesetzt. Der mögliche Einsatz von Elektroimpulsgeräten außerhalb von Spezialeinheiten wird derzeit von einer Arbeitsgruppe geprüft. 5. a) Wie oft wurde in den letzten Jahren im Streifendienst von der Schusswaffe Gebrauch gemacht? Die nachfolgende Tabelle zeigt die Schusswaffengebräuche der Bayer. Polizei der letzten Jahre auf. Jahr Schusswaffengebrauch durch die Bayer. Polizei Warnschüsse Schüsse gegen Personen 2006 10 4 2007 14 6 2008 8 10 2009 9 4 2010 3 1 2011 8 2 2012 12 3 2013 4 8 2014 12 12 2015 8 2 b) In wie vielen Fällen hätte die Schusswaffe durch das Distanzelektroimpulsgerät ersetzt werden können? Siehe Antwort zu Frage 1 b. 6. Ist es für die Polizistinnen und Polizisten im Streifendienst ohne Weiteres möglich, mit dem Distanzelektroimpulsgerät ein zusätzliches Gerät ständig mitzuführen? Jeder Polizeibeamte führt neben seiner Dienstwaffe und dem dazugehörenden Ersatzmagazin noch Handfesseln, Funkgerät, Pfefferspray und teilweise den Einsatzmehrzweckstock mit sich. Dazu kommen in der Regel noch Handschuhe und evtl. Schutzausrüstung gegen ansteckende Krankheiten. Das Mitführen eines zusätzlichen Distanzelektroimpulsgeräts wird durch die o. g. Arbeitsgruppe geprüft. 7. Sind der Staatsregierung Alternativen zum Distanzelektroimpulsgerät bekannt? Es gibt eine Vielzahl von non-letalen Wirkmitteln auf dem Weltmarkt, welche mit unterschiedlichsten Leistungsmerkmalen ausgestattet sind. Die Bayer. Polizei betreibt dahingehend regelmäßig Marktsichtung und bewertet diese für eine mögliche Verwendung bei der Bayer. Polizei.