5. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis von der Verbreitung rechtsradikaler (rassistischer, antisemitischer, homophober , transphober, nationalistischer, chauvinistischer, frauenfeindlicher, islamophober, sogenannter „ausländer -“ oder „fremdenfeindlicher“, gegen die Völkerverständigung gerichtet, pauschal gegen geflüchtete Menschen ) Inhalte im Zusammenhang mit Faschingsumzügen oder ähnlichen Veranstaltungen in dieser Saison? b) Wenn ja, bei welchen Umzügen oder anderen Veranstaltungen kam es zur Verbreitung solcher Inhalte (bitte auflisten nach Datum, Ort, Name der Gruppe, politische Zuordnung der Gruppe, verbreiteter politischer Inhalt, Stand der Ermittlungen und/oder des Verfahrens)? 6. a) Wie bewertet die Staatsregierung die Darstellung eines Panzers der Wehrmacht (schwerer Panzerkampf wagen des Typs „VI Tiger“) mit der Aufschrift „Ilmtaler Asylabwehr“ in Reichertshausen? b) Wurde der Veranstalter des Faschingsumzugs in Reichertshausen im Vorfeld darüber informiert, dass bei Faschingsveranstaltungen in den vergangenen Jahren rechtsradikale Inhalte verbreitet wurden und wie er damit umgehen könne? c) Woher stammt die Nachbildung des Wehrmachtspanzers ? 7. a) Wie viele Polizeibeamte waren beim Faschingsumzug in Reichertshausen im Einsatz? b) Wie haben diese die Darstellung eines Panzers der Wehrmacht mit der Aufschrift „Ilmtaler Asylabwehr“ bewertet? c) Welche Vermerke gibt es in den dazu angefertigten polizeilichen Akten? 8. a) Welche Erkenntnisse besitzt die Staatsregierung über Verbindungen einzelner Personen, die für diesen Wagen verantwortlich sind, zur rechtsradikalen Szene, pauschal islamfeindlichen Gruppen und/oder sogenannten Reichsbürgern? b) Welche Kenntnisse liegen der Staatsregierung über Ermittlungen und/oder Verurteilungen einzelner für diesen Wagen verantwortlicher Personen vor im Zusammenhang mit Delikten und Straftaten mit rechtem Hintergrund, Ordnungswidrigkeiten und Propagandadelikten mit rechtem Hintergrund? c) Gegen wie viele der für diesen Wagen verantwortlichen Personen wird aufgrund welcher Tatvorwürfe ermittelt ? 17. Wahlperiode 20.05.2016 17/10983 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter SPD vom 18.02.2016 Rechtsradikale Inhalte bei und Teilnahme von Rechtsradikalen an Faschingsumzügen in Bayern 2016 In den vergangenen Jahren nahmen mehrmals rechtsradikale Gruppierungen wie z.B. das Freie Netz Süd an Faschingsumzügen im Freistaat teil. Hierbei meldeten sich diese vorher meist nicht an, sondern schlossen sich eigenmächtig dem Umzug an. Dies ging einher mit der Verbreitung rechtsradikaler Inhalte. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Welche Maßnahmen wurden durch bayerische Sicherheitsbehörden ergriffen um ähnliche Aktionen in diesem Jahr schon im Vorfeld zu verhindern? b) Gab es Gefährderansprachen bei den Personen und/ oder Gruppen, die in den letzten Jahren für solche Aktionen verantwortlich waren? 2. a) In welcher Form wurden Veranstalter von Faschingsumzügen über diese Aktionsform der letzten Jahre informiert ? b) Welche Veranstalter wurden kontaktiert? 3. a) In welcher Form wurden Polizeidienststellen darüber informiert und darauf vorbereitet? b) Welche Handlungsempfehlung wurde den Polizeidienststellen vom Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr gegeben? 4. a) Hatten bayerische Sicherheitsbehörden für das Jahr 2016 im Vorfeld Informationen über geplante Aktionen von Rechtsradikalen zur Instrumentalisierung von Faschingsumzügen und ähnlichen Veranstaltungen für deren Propaganda? b) Wenn ja, welche? c) Welche Aktionen von rechtsradikalen Gruppen sind bayerischen Sicherheitsbehörden bei Faschingsumzügen oder ähnlichen Veranstaltungen in dieser Faschingssaison bekannt geworden (bitte auflisten nach Datum, Ort, Name der Gruppe, politische Zuordnung der Gruppe, verbreiteter politischer Inhalt, Stand der Ermittlungen und/oder des Verfahrens)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/10983 Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 06.04.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1. a) Welche Maßnahmen wurden durch bayerische Sicherheitsbehörden ergriffen, um ähnliche Aktionen schon im Vorfeld zu verhindern? 2. a) In welcher Form wurden Veranstalter von Faschingsumzügen über diese Aktionsform der letzten Jahre informiert? b) Welche Veranstalter wurden kontaktiert? Aufgrund von Aktionen durch Rechtsextremisten im Rahmen von Faschingsumzügen im Jahr 2013 in Bayern hat das Bayerische Landeskriminalamt (BLKA) vor dem Faschingshöhepunkt des Jahres 2014 die örtlichen Polizeidienststellen auf ein mögliches Auftreten von Rechtsextremisten im Rahmen oder im Zusammenhang mit Faschingsumzügen hingewiesen. Auch die Kommunen werden regelmäßig vor der Faschingssaison darauf aufmerksam gemacht, dass rechtsextreme Gruppierungen Faschingsumzüge für politische Agitation nutzen könnten. Die Regierungen, die Landratsämter und die Kommunen werden zudem auf das Beratungsangebot der Bayerischen Informationsstelle gegen Rechtsextremismus (BIGE) verwiesen. Die vor solchen Veranstaltungen regelmäßig von den zuständigen Sicherheitsbehörden durchgeführten Gefährdungsbewertungen haben vor den Faschingsumzügen 2016 in Bayern keinen Anlass für die Anordnung von konkreten Maßnahmen ergeben. Bereits in der Planungsphase der Faschingsumzüge fanden Vor- und Sicherheitsgespräche zwischen den örtlichen Polizeidienststellen und den jeweiligen Veranstaltern der Umzüge statt. Dabei wurde, neben den Erkenntnissen aus den Vorfällen in der Silvesternacht 2015 und verkehrsrechtlichen Aspekten, auch das Vorgehen bei etwaigen Aktionen von Rechtsextremisten thematisiert. 1. b) Gab es Gefährderansprachen bei den Personen und/oder Gruppen, die in den letzten Jahren für solche Aktionen verantwortlich waren? Nach dem Verbot der verfassungsfeindlichen Organisation Freies Netz Süd im Jahre 2014 kam es nach den Vorfällen im Jahr 2013 weder von dieser Organisation noch von anderen rechtsextremem Gruppierungen oder Einzelpersonen zu ähnlichen Aktionen. Aus diesem Grund waren im Vorfeld der Faschingsumzüge 2016 entsprechende Gefährderansprachen nicht erforderlich und wurden auch nicht durchgeführt. 3. a) In welcher Form wurden Polizeidienststellen darüber informiert und darauf vorbereitet? b) Welche Handlungsempfehlung wurde den Polizeidienststellen vom Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr gegeben? Nach Kenntnis der Staatsregierung kam es in den Jahren 2014 und 2015 zu keinen weiteren rechtsextremen Aktionen in Zusammenhang mit Faschingsumzügen in Bayern. Des Weiteren lagen den Sicherheitsbehörden im Vorfeld der Faschingsumzüge weder konkrete noch vage Hinweise über etwaige rechtsextreme Aktionen bei diesen Veranstaltungen vor. Aus diesen Gründen war eine weitere Sensibilisierung der bayerischen Polizeidienststellen nicht erforderlich. 4. a) Hatten bayerische Sicherheitsbehörden für das Jahr 2016 im Vorfeld Informationen über geplante Aktionen von Rechtsradikalen zur Instrumentalisierung von Faschingsumzügen und ähnlichen Veranstaltungen für deren Propaganda? b) Wenn ja, welche? Den bayerischen Sicherheitsbehörden sind im Vorfeld der Faschingsumzüge des Jahres 2016 keine Informationen über geplante Aktionen von Rechtsradikalen oder von rechtsradikalen Gruppierungen bekannt geworden. c) Welche Aktionen von rechtsradikalen Gruppen sind bayerischen Sicherheitsbehörden bei Faschingsumzügen oder ähnlichen Veranstaltungen in dieser Faschingssaison bekannt geworden (bitte auflisten nach Datum, Ort, Name der Gruppe, politische Zuordnung der Gruppe, verbreiteter politischer Inhalt, Stand der Ermittlungen und/oder des Verfahrens)? Den bayerischen Sicherheitsbehörden ist keine Aktion einer rechtsradikalen Gruppe bekannt geworden. 5. a) Hat die Staatsregierung Kenntnis von der Verbreitung rechtsradikaler (rassistischer, antisemitischer , homophober, transphober, nationalistischer, chauvinistischer, frauenfeindlicher, islamophober, sogenannter „ausländer“- oder „fremdenfeindlicher “, gegen die Völkerverständigung gerichtet, pauschal gegen geflüchtete Menschen) Inhalte im Zusammenhang mit Faschingsumzügen oder ähnlichen Veranstaltungen in dieser Saison? b) Wenn ja, bei welchen Umzügen oder anderen Veranstaltungen kam es zur Verbreitung solcher Inhalte (bitte auflisten nach Datum, Ort, Name der Gruppe, politische Zuordnung der Gruppe, verbreiteter politischer Inhalt, Stand der Ermittlungen und/oder des Verfahrens)? Der Staatsregierung sind zwei Fälle bekannt. Zum einen handelt es sich dabei um den Faschingsumzug des „Oberilmtaler Carneval Vereins Steinkirchen“. Der Umzug fand am 07.02.2016 von Reichertshausen nach Steinkirchen (Regierungsbezirk Oberbayern, Landkreis Ingolstadt ) statt. Bei diesem Faschingsumzug befand sich unter den teilnehmenden Fahrzeugen ein als Panzer gestalteter Wagen mit den Aufschriften „Aslypaket III“ und „Ilmtaler Asylabwehr“. Für den Faschingswagen waren nach Darstellung des zuständigen Polizeipräsidiums (PP) Oberbayern Nord zwei männliche Personen verantwortlich, die keiner politischen Gruppierung zuzurechnen sind. Gegen die beiden Verantwortlichen wurde in Absprache mit der zuständigen Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Vergehens der Volksverhetzung eingeleitet. Die entsprechenden Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Zum Zweiten skandierte am 06.02.2016 ein stark alkoholisierter Zuschauer des Faschingsumzuges der Faschingsgesellschaft „Knoronia“ in 89331 Burgau (Regierungsbezirk Schwaben, Landkreis Günzburg) direkt im Sichtfeld der eingesetzten Polizeibeamten „Sieg Heil“ (§ 86 a Strafgesetzbuch – StGB). Aufgrund der starken Alkoholisierung erfolgte die Anzeigenvorlage bei der Staatsanwaltschaft Memmin- Drucksache 17/10983 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 gen auch wegen § 323 a StGB (Vollrausch). Der Beschuldigte wird laut Einschätzung der örtlich zuständigen Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Neu-Ulm nicht der rechten Szene zugeordnet. Beim Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz liegen über die Person keine Erkenntnisse vor. Von der KPI Neu-Ulm wurde wegen des Vorfalls, wie von den Richtlinien zur Erfassung der Politischen Kriminalität vorgesehen, eine Meldung zum Kriminalpolizeilichen Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) erstellt . Dabei wurde der Vorfall unter dem Phänomenbereich „Politisch motivierte Kriminalität – sonstige bzw. nicht zuordenbar “ erfasst, da von der KPI Neu-Ulm bei dem Beschuldigten keine politische Motivation festgestellt werden konnte . Die Staatsanwaltschaft Memmingen hat zwischenzeitlich beim zuständigen Amtsgericht den Erlass eines Strafbefehls beantragt. Der Strafbefehl wurde am 14.03.2016 vom zuständigen Gericht erlassen und dem Angeklagten zwischenzeitlich zugestellt. Derzeit (30.03.2016) läuft die Frist, binnen derer der Angeklagte gegen den Strafbefehl Einspruch einlegen kann. 6. a) Wie bewertet die Staatsregierung die Darstellung eines Panzers der Wehrmacht (schwerer Panzer kampfwagen des Typs „VI Tiger“) mit der Aufschrift „Ilmtaler Asylabwehr“ in Reichertshausen? In Absprache mit der zuständigen Staatsanwaltschaft wurde gegen die Verantwortlichen des Faschingswagens ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Vergehens der Volksverhetzung (§ 130 StGB) eingeleitet, das noch nicht abgeschlossen ist. b) Wurde der Veranstalter des Faschingsumzugs in Reichertshausen im Vorfeld darüber informiert, dass bei Faschingsveranstaltungen in den vergangenen Jahren rechtsradikale Inhalte verbreitet wurden und wie er damit umgehen könne? Dem für Reichertshausen zuständigen Polizeipräsidium Oberbayern Nord lagen keine Erkenntnisse, weder hinsichtlich einer möglichen Teilnahme von Personen aus dem rechten Spektrum noch zur Verbreitung rechtsradikaler Inhalte, vor. Vor diesem Hintergrund wurden der Veranstalter und die Gemeinde Reichertshausen als zuständige Behörde für diesen Faschingsumzug im Vorfeld nicht kontaktiert. c) Woher stammt die Nachbildung des Wehrmachtspanzers ? Die Nachbildung des Panzers wurde in der bestehenden Form, jedoch mit anderer Beschilderung, bereits 2015 für den damaligen Faschingsumzug in Reichertshausen für 300 Euro in Frankfurt gekauft. 7. a) Wie viele Polizeibeamte waren beim Faschingsumzug in Reichertshausen im Einsatz? Der Faschingsumzug wurde durch die örtlich zuständige Polizeiinspektion Pfaffenhofen mit dem erforderlichen und für solche Veranstaltungen üblichen Personalansatz betreut. b) Wie haben diese die Darstellung eines Panzers der Wehrmacht mit der Aufschrift „Ilmtaler Asylabwehr “ bewertet? Von den eingesetzten Polizeibeamten wurde die Brisanz des Themas erkannt. Der Veranstalter des Faschingsumzuges wurde deshalb darauf angesprochen und sensibilisiert. Da den Polizeibeamten vor Ort eine eindeutige, strafrechtliche Bewertung der Darstellung des Panzers mit der Aufschrift „Ilmtaler Asylabwehr“ nicht mit der im Strafrecht erforderlichen Sicherheit möglich war, wurde seitens der Polizei auf Sofortmaßnahmen verzichtet und im Nachgang der Veranstaltung Kontakt mit der zuständigen Staatsanwaltschaft Ingolstadt aufgenommen. c) Welche Vermerke gibt es in den dazu angefertigten polizeilichen Akten? Neben der Anzeigenvorlage an die Staatsanwaltschaft erfolgte eine Erfassung des Sachverhalts im polizeilichen Vorgangssystem und im Kriminalpolizeilichen Meldedienst – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK). 8. a) Welche Erkenntnisse besitzt die Staatsregierung über Verbindungen einzelner Personen, die für diesen Wagen verantwortlich sind, zur rechtsradikalen Szene, pauschal islamfeindlichen Gruppen und/oder sogenannten Reichsbürgern? b) Welche Kenntnisse liegen der Staatsregierung über Ermittlungen und/oder Verurteilungen einzelner für diesen Wagen verantwortlicher Personen vor im Zusammenhang mit Delikten und Straftaten mit rechtem Hintergrund, Ordnungswidrigkeiten und Propagandadelikten mit rechtem Hintergrund ? c) Gegen wie viele der für diesen Wagen verantwortlichen Personen wird aufgrund welcher Tatvorwürfe ermittelt? Das wegen des Tatvorwurfs der Volksverhetzung (§ 130 StGB) geführte Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Ingolstadt richtet sich mittlerweile gegen insgesamt sieben Beschuldigte, nämlich gegen die beiden Besitzer des „Panzers “, gegen zwei an der Gestaltung des Wagens beteiligte Personen sowie gegen drei Personen, die sich beim Faschingsumzug auf dem Wagen befanden. Über die Beschuldigten liegen keine staatschutzrelevanten und allgemein kriminalpolizeilichen Erkenntnisse vor.