b) Aus welchen Gründen hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für erforderlich? 3. a) Hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für geeignet? b) Aus welchen Gründen hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für geeignet? 4. a) Hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für angemessen? b) Aus welchen Gründen hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für angemessen ? 5. Konnte in der Vergangenheit eine Wohnraumüberwachung durch das BayLfV nicht angeordnet werden, weil die Anlasstat nicht vom Katalog der Art. 6 a Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 und Nr. 6 BayVSG umfasst gewesen ist? 6. Müssen im Hinblick auf die mangelnde rechtstatsächtliche Relevanz der Wohnraumüberwachung nach Art. 6 a BayVSG bzw. in Zukunft Art. 8 BayVSG (neu) Anlasstaten , die eine technische Wohnraumüberwachung rechtfertigen können, mangels rechtstatsächlicher Bedeutung gestrichen werden? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 11.04.2016 Vorbemerkung: (1) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) unterscheidet die Rechtsordnung zwischen einer grundsätzlich offen arbeitenden Polizei, die auf eine operative Aufgabenwahrnehmung hin ausgerichtet ist, und den grundsätzlich verdeckt arbeitenden Nachrichtendiensten , denen die Aufgabe zukommt, bereits im Vorfeld von Gefährdungslagen Aufklärung zu betreiben, und entsprechend weitreichende Befugnisse zur Datensammlung eingeräumt sind (BVerfGE 133, 277 Rn. 115 ff.). Dieses Modell der deutschen Sicherheitsarchitektur impliziert, dass die Nachrichtendienste über weitergehende Befugnisse zur Informationsbeschaffung verfügen als Polizei- und Strafverfolgungsbehörden . Das Mehr an Aufklärungsbefugnissen wird 17. Wahlperiode 20.05.2016 17/11156 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter SPD vom 29.02.2016 Verdeckter Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung nach Art. 8 des Gesetzentwurfs der Staatsregierung eines Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes Art. 6 a Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 und Nr. 6 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz (BayVSG) ordnet an, dass der Einsatz technischer Mittel in Wohnungen nur zulässig ist, sofern tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht vorliegen, dass jemand Bestrebungen oder Tätigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayVSG durch die Planung oder Begehung von Straftaten des Friedensverrats, Hochverrats und Landesverrats (§§ 80, 81, 82, 94 Strafgesetzbuch – StGB), gegen die öffentliche Ordnung (§§ 129 a, 129 b StGB), gegen das Leben (§§ 211, 212 StGB, § 6 Völkerstrafgesetzbuch), gegen die persönliche Freiheit (§§ 232, 233, 233 a Abs. 2, §§ 234, 234 a Abs. 1, §§ 239 a, 239 b StGB) und nach dem Waffengesetz (WaffG) und dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (§ 51 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2, § 52 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 5 WaffG; § 19 Abs. 2, § 20 Abs. 1, jeweils auch in Verbindung mit § 21 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen; § 22 a Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen) verfolgt, die im Einzelfall geeignet sind, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder in erheblichem Maße Leib, Leben oder Freiheit von Personen zu gefährden. Demgegenüber verweist Art. 8 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzentwurfs der Staatsregierung eines Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG-E) auf den Straftatenkatalog des § 100 c Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO). Dieser umfasst mehr Straftaten als der Katalog der Straftaten nach Nrn. 1 bis 4 und Nr. 6 des Art. 6 a Abs. 2 Satz 2 BayVSG. Mit Blick auf den Verweis auf den Straftatenkatalog des § 100 c Abs. 2 StPO in Art. 8 Satz 1 Nr. 1 BayVSG-E, die eine technische Wohnraumüberwachung rechtfertigen können, gegenüber dem geltenden Gesetz, frage ich die Staatsregierung : 1. Wird die Befugnis der Wohnraumüberwachung des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (BayLfV) über die bisherigen in Art. 6 a Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 und Nr. 6 BayVSG genannten Straftaten (Katalog) hinaus durch die neu hinzukommenden Straftaten nach dem Straftatenkatalog des § 100 c StPO (Einbeziehung neuer Anlasstaten) ausgeweitet? 2. a) Hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für erforderlich? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11156 kompensiert durch das Fehlen exekutiv-polizeilicher Befugnisse und eine eingeschränkte Befugnis zur Übermittlung der mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhobenen Informationen an Behörden, die über exekutiv-polizeiliche Befugnisse verfügen (sog. informationelles Trennungsprinzip). (2) Die Befugnis zur technischen Wohnraumüberwachung wird von den Nachrichtendiensten in der Praxis mit äußerster Zurückhaltung eingesetzt: Seit 2009 wurde von den Nachrichtendiensten des Bundes keine, in Bayern lediglich eine Wohnraumüberwachung durchgeführt. 1. Wird die Befugnis der Wohnraumüberwachung des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (BayLfV) über die bisherigen in Art. 6 a Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 und Nr. 6 BayVSG genannten Straftaten (Katalog) hinaus durch die neu hinzukommenden Straftaten nach dem Straftatenkatalog des § 100 c StPO (Einbeziehung neuer Anlasstaten) ausgeweitet? 2. a) Hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für erforderlich? b) Aus welchen Gründen hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für erforderlich? 3. a) Hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für geeignet? b) Aus welchen Gründen hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für geeignet? 4. a) Hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für angemessen? b) Aus welchen Gründen hält die Staatsregierung die Einbeziehung der neuen Anlasstaten in die Befugnis der Wohnraumüberwachung des BayLfV für angemessen? Damit das BayLfV die ihm in der deutschen Sicherheitsarchitektur zugewiesene Aufgabe der Vorfeldaufklärung effektiv wahrnehmen kann, müssen ihm wenigstens die Befugnisse zur Datenerhebung zustehen, die auch den Polizei- und Strafverfolgungsbehörden eingeräumt sind. Auf die Vorbemerkung 1 wird Bezug genommen. Der Katalog besonders schwerer Straftaten in § 100 c Abs. 2 StPO umfasst weite Teile des bislang geltenden Katalogs in Art. 6 a Abs. 2 Satz 2 BayVSG, enthält aber – wie auch in der Gesetzesbegründung dargelegt ist (LT-Drs. 17/10014 S. 28 Spalte 1) – noch zusätzliche besonders schwere Straftaten. Die in § 100 c Abs. 2 StPO aufgezählten Straftaten sind insbesondere solche , die typischerweise als organisierte Kriminalität verwirklicht werden (vgl. BVerfGE 109, 279/315). Damit fallen diese Straftaten grundsätzlich auch in den Beobachtungsauftrag des BayLfV gemäß Art. 3 Satz 2 des Gesetzentwurfs. Durch die Erweiterung des Katalogs der Anlasstaten um weitere Tatbestände von besonders schwerem Gewicht werden die Möglichkeiten des BayLfV gestärkt, Gefährdungen für hochrangige Schutzgüter, insbesondere die freiheitliche demokratische Grundordnung, Leib, Leben und Freiheit der Person sowie Bestand und Sicherheit von Bund und Ländern, durch Extremismus, Terrorismus und Organisierte Kriminalität möglichst im Vorfeld konkreter Gefahren und Verletzungshandlungen abzuwehren. Angesichts der besonders hohen Bedeutung der Schutzgüter, der hohen verfahrensrechtlichen Absicherungen (Richtervorbehalt, Kennzeichnungspflicht , Subsidiarität etc.) und des äußerst maßvollen Einsatzes, den das Instrument nachweislich in der Praxis der Nachrichtendienste findet, erscheint die Erweiterung der Katalogtaten angemessen. Es ist nicht zu erwarten, dass die Erweiterung des Katalogs der Anlasstaten zu einer übermäßigen Ausdehnung der Überwachungspraxis führen wird (vgl. die Gesetzesbegründung, LT-Drs. 17/10014 S. 28 Spalte 1). Denn das Vorliegen einer Katalogtat reicht für sich genommen nicht aus, um eine Maßnahme des Landesamts für Verfassungsschutz einzuleiten. Vielmehr müssen zunächst die allgemeinen Voraussetzungen zur Erhebung von Informationen gemäß Art. 5 des Gesetzentwurfs gegeben sein, d.h. es müssen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen , dass die jeweilige Straftat mit einer Gefährdung der Schutzgüter nach Art. 3 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 BVerfSchG einhergeht oder einen Bezug zur Organisierten Kriminalität nach Art. 3 Satz 2 aufweist. Außerdem muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Art. 6 des Gesetzentwurfs im konkreten Einzelfall gewahrt bleiben. 5. Konnte in der Vergangenheit eine Wohnraumüberwachung durch das BayLfV nicht angeordnet werden , weil die Anlasstat nicht vom Katalog der Art. 6a Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 4 und Nr. 6 BayVSG umfasst gewesen ist? Da Mitarbeiter des BayLfV die Möglichkeit der verdeckten Wohnraumüberwachung von vornherein nur in den Fällen in Betracht ziehen, die auch von der derzeit geltenden Befugnisnorm des Art. 6a BayVSG umfasst sind, kann die Frage so nicht beantwortet werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 4 b Bezug genommen. 6. Müssen im Hinblick auf die mangelnde rechtstatsächliche Relevanz der Wohnraumüberwachung nach Art. 6 a BayVSG bzw. in Zukunft Art. 8 BayVSG (neu) Anlasstaten, die eine technische Wohnraumüberwachung rechtfertigen können, mangels rechtstatsächlicher Bedeutung gestrichen werden? Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Wohnraumüberwachung kann im Einzelfall die einzige Möglichkeit sein, um besonders schwere Gefährdungen für die freiheitliche demokratische Grundordnung und hochrangige Rechtsgüter wie Leib, Leben und Freiheit der Person sowie Bestand und Sicherheit von Bund und Ländern aufzudecken. Es handelt sich damit um ein wichtiges und unverzichtbares Instrument zur Erfüllung des staatlichen Schutzauftrags. Gerade weil der Einsatz der Wohnraumüberwachung in der Praxis mit äußerster Zurückhaltung erfolgt, erscheint es sachgerecht, den Anwendungsbereich hinsichtlich möglicher Anlasstaten nicht unverhältnismäßig einzuschränken.