Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Georg Rosenthal SPD vom 03.03.2016 Forstschäden im Spessart In seinem „Waldreport 2016“ stellt der Bund für Umwelt- und Naturschutz in Deutschland (BUND) ein massives Fehlverhalten des Forstamts Jossgrund des hessischen Landesbetriebs HessenForst im Gebiet Main-Kinzig-Kreis fest. Dieses führt seit Jahren zu einem unzulässigen Anstieg von Rotwild und einer Zerstörung des Waldbestandes und verursacht auch in den an den Hessenforst angrenzenden Gebieten der Bayerischen Staatsforsten (Forstbetrieb Heigenbrücken und Forstbetrieb Hammelburg) Schäden und Mehrkosten bei der Eindämmung des Rotwildbestandes. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. a) Können bereits Aussagen zur Höhe der entstandenen Kosten gemacht werden? b) Wenn ja, auf welche Höhe belaufen sich die entstandenen Mehrkosten? c) Wer trägt die entstandenen Kosten? 2. a) Sieht die Staatsregierung die Möglichkeit einer Erstattung dieser unverschuldeten Kosten durch das Land Hessen? b) Wenn ja, welche Maßnahmen wird sie unternehmen, um eine Erstattung durchzusetzen? 3. Welche Maßnahmen wurden unternommen, damit HessenForst auf diesen Missstand, der auch den bayerischen Spessart betrifft, vonseiten des Freistaats aufmerksam gemacht wurde? 4. Mit welcher Begründung werden die gefällten kranken und abgestorbenen Eichen abtransportiert und dadurch Totholzziele in den eichenreichen Forstbetrieben Rothenbuch, Heigenbrücken und Hammelburg der Bayerischen Staatsforsten im Hochspessart aufgegeben ? 5. a) Werden die gefällten Eichen vor dem Abtransport auf Schädlingsbefall untersucht? b) Wenn ja, mit welchem Ergebnis? c) Wenn nein, wieso nicht? 6. Mit welcher Begründung wurde ein Projektbericht der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) bisher nicht vorgelegt? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 26.04.2016 Die o. g. Schriftliche Anfrage wird nach Beteiligung der Bayerischen Staatsforsten AöR (BaySF) wie folgt beantwortet: Vorbemerkung zu den Fragen 1 bis 3: Die an das Bundesland Hessen und dort an das Forstamt Jossgrund des Landesbetriebes HessenForst angrenzenden bayerischen Staatswaldflächen sind gemäß Anlage 3 zu § 17 Abs. 1 Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AVBayJG) Rotwildgebiete und werden von den Forstbetrieben Hammelburg und Heigenbrücken der BaySF bewirtschaftet. 1. a) Können bereits Aussagen zur Höhe der entstandenen Kosten gemacht werden? b) Wenn ja, auf welche Höhe belaufen sich die entstandenen Mehrkosten? Allgemein stellt sich die Wildschadenssituation in den zwei betroffenen Forstbetrieben der BaySF wie folgt dar: • Im grenznahen Bereich des Forstbetriebs Hammelburg bewegen sich die frischen Schäl- und Verbissschäden auf einem vergleichsweise hohen Niveau gegenüber dem Durchschnitt des Forstbetriebs. Als Folge müssen dort für waldbaulich sinnvolle Mischbaumarten Schutzmaßnahmen ergriffen werden. • Am Forstbetrieb Heigenbrücken verteilen sich die Aufwendungen für den Waldschutz gegen Wild mehr oder weniger gleichmäßig über den ganzen Forstbetrieb. Ein Schwerpunkt entlang der hessischen Grenze ist nicht festzustellen. Auf hessischer Seite grenzen hier allerdings überwiegend Privat- und Körperschaftswald an. Weitere Aussagen zur Wildschadenssituation können nicht gemacht werden. Jagdrechtlich ist der Eigenjagdrevierinhaber, hier die BaySF, für die Vermeidung von Wildschäden in seinem Revier grundsätzlich selbst verantwortlich. Die BaySF sind sich dieser Verantwortung bewusst und ergreifen aktiv Maßnahmen zur Verbesserung der Situation. So sah die Jagdstrategie am Forstbetrieb Heigenbrücken in den letzten Jahren vor allem eine Erneuerung und Professionalisierung der jagdlichen Infrastruktur u. a. für Bewegungsjagden vor. Grund dafür waren natürlich nicht nur eine intensivere Bejagung des Rotwildes, sondern ebenfalls die Schwarz- und Rehwildbejagung. Auch der Forstbetrieb Hammelburg unternimmt entsprechende Aktivitäten. Soweit dem Forstbetrieb bekannt ist, wurden die Abschussvorgaben für die Staatswälder des Forstamtes Jossgrund für das neue Jagdjahr weiter angehoben. Infolge des damit einhergehenden höheren Jagddruckes könnte künftig mit einem verstärkten Einwechseln von Rotwild in den Staatswald auf bayerischer Seite zu rechnen sein. Der Forstbetrieb Ham- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 01.07.2016 17/11250 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11250 melburg hat daher bei den diesjährigen Abschussbesprechungen der Rotwildhegegemeinschaft Rhön für diese Fälle ein schnelles Reagieren, insbesondere der Unteren Jagdbehörde in Form von raschen und angemessenen Nachgenehmigungen eingefordert. c) Wer trägt die entstandenen Kosten? Die Kosten trägt die BaySF. 2. a) Sieht die Staatsregierung die Möglichkeit einer Erstattung dieser unverschuldeten Kosten durch das Land Hessen? b) Wenn ja, welche Maßnahmen wird sie unternehmen , um eine Erstattung durchzusetzen? Die Handlungsverantwortung liegt bei der BaySF. Das Jagdrecht sieht den Ersatz von Wildschäden durch einen Reviernachbarn nicht vor. 3. Welche Maßnahmen wurden unternommen, damit HessenForst auf diesen Missstand, der auch den bayerischen Spessart betrifft, vonseiten des Freistaats aufmerksam gemacht wurde? Die Forstbetriebe Hammelburg und Heigenbrücken der BaySF haben sich um konstruktive Gespräche, gemeinsame Exkursionen zum Erfahrungsaustausch, Information über anstehende Bewegungsjagden und gegenseitige Beteiligung bei solchen Jagden bemüht. Dabei wurde und wird auf die Problematik nachdrücklich hingewiesen. Leider zeigt sich auf hessischer Seite, so der Eindruck der BaySF, nur ein Teil der Ansprechpartner diesen Anliegen gegenüber aufgeschlossen. 4. Mit welcher Begründung werden die gefällten kranken und abgestorbenen Eichen abtransportiert und dadurch Totholzziele in den eichenreichen Forstbetrieben Rothenbuch, Heigenbrücken und Hammelburg der Bayerischen Staatsforsten im Hochspessart aufgegeben? 5. a) Werden die gefällten Eichen vor dem Abtransport auf Schädlingsbefall untersucht? b) Wenn ja, mit welchem Ergebnis? c) Wenn nein, wieso nicht? Begünstigt durch den Klimawandel zeigt sich seit mehreren Jahren ein verstärkter Befall von Eichen durch den Zweipunktigen Eichenprachtkäfer. Unter entsprechend günstigen Bedingungen (insbesondere warmtrockener Witterung wie im Sommer 2015) können sich die Käfer stark vermehren und sind dann in der Lage, auch vitale Bäume zu befallen und ganze Eichenbestände in ihrem Bestand zu gefährden. Die BaySF-Zentrale und die Forstbetriebe Rothenbuch, Heigenbrücken und Hammelburg stehen hinsichtlich dieser Problematik in engem Austausch mit den Waldschutzexperten der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF). Zum Beispiel werden in den besonders betroffenen Regionen in Unterfranken Mitarbeiter der BaySF durch die LWF beraten und geschult. Bei Waldschutzmaßnahmen gegen den Zweipunktigen Eichenprachtkäfer werden im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes ausschließlich Eichen eingeschlagen und aus dem Bestand verbracht, die vom Eichenprachtkäfer befallen sind und von denen eine unmittelbare Gefährdung zur Verbreitung des Schädlings ausgeht. Gemäß den Empfehlungen der Waldschutzexperten der LWF kann so die Ausbreitung des Eichenprachtkäfers auf weitere Bestände verhindert werden. Weiterer Bestandteil der Maßnahmen ist ein entsprechendes Totholzmanagement . Nach Einschätzung der LWF kann insbesondere auch liegen bleibendes Eichenholz (Hiebsreste) zu einer stärkeren Ausbreitung des Eichenprachtkäfers beitragen. Daher wird in den betroffenen Eichenbeständen grundsätzlich auf eine aktive Anreicherung von Totholz durch für den Waldschutz problematisches Eichenrestholz verzichtet. Von seit Längerem abgestorbenen Eichen geht allerdings keine Waldschutzgefahr durch Befall oder Ausbreitung des Eichenprachtkäfers aus, sie verbleiben zur Totholzanreicherung in den Waldbeständen. Darüber hinaus wird in solchen Bereichen gezielt Totholz anderer Baumarten als der Eiche (insbesondere Buchentotholz) angereichert, welches nicht vom Eichenprachtkäfer befallen wird. Derzeit sind nur bestimmte Gebiete vom Eichenprachtkäfer befallen. Das geschilderte Vorgehen ist fachlich begründet und notwendig, um eine weitere Ausbreitung des Befalls zu verhindern. Eine Aufgabe oder Infragestellung der naturschutzfachlichen Ziele gemäß Naturschutzkonzept der BaySF bezüglich der Totholzanreicherung ist damit nicht verbunden. 6. Mit welcher Begründung wurde ein Projektbericht der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) bisher nicht vorgelegt? Entgegen der Darstellung in dem entsprechenden Artikel des Waldreport 2016 des Bund Naturschutz (BN) hat das StMELF dem BN Bayern die Ergebnisse des Projektberichts „Zusammenstellung wichtiger Ergebnisse des Forschungsprojektes : Untersuchungen und Maßnahmen zum Erhalt der Eichenbestände im Bereich der Fränkischen Platte“ übermittelt . Allerdings war das Projekt nicht auf die Schadwirkung des Eichenprachtkäfers ausgerichtet, sondern fasst Forschungsergebnisse zu einem komplexen Schadgeschehen an Eichenbeständen auf der Fränkischen Platte zusammen . Der Spessart lag nicht im Untersuchungsbereich des Projekts.