Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ulrike Gote BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 24.03.2016 Boden- und Gewässerverunreinigung Roßstadt/Viereth- Trunstadt Aufgrund der Tatsache, dass sich Bürgerinnen und Bürger aus dem Landkreis Bamberg hinsichtlich der kontaminierten Fläche im Bereich Mainäcker an mich wenden, frage ich die Staatsregierung: 1.1 Welche Bereiche der bei Roß- und Viereth-Trunstadt der 1990erJahre festgestellten Altlasten wurden saniert und aus dem Altlastenkataster entlassen? 1.2 Bei welchen Bereichen ist die Altlastensanierung noch nicht abgeschlossen? 1.3 Welche zu sanierenden Schadstoffe sind bei den noch laufenden Sanierungen betroffen? 2. Welche Sanierungsziele wurden jeweils für die einzelnen Untersuchungsbereiche erreicht bzw. angestrebt? 3.1 Welche Untersuchungsbereiche wurden durch Auskofferung des belasteten Materials saniert? 3.2 Welche Untersuchungsbereiche wurden durch Bodenbehandlung vor Ort saniert? 3.3 Bei welchen Untersuchungsbereichen erfolgt nur eine Überwachung des Grundwassers? 4.1 Welche Sanierungsziele sollen über das „natürliche Reinigungsvermögen“ erreicht werden? 4.2 Welche Untersuchungsbereiche sind dabei betroffen? 4.3 Welche Schadstoffe sollen durch das „natürliche Reinigungsvermögen “ abgebaut werden? 5.1 Falls das „natürliche Reinigungsvermögen“ eingesetzt wird, in welchem Zeitraum soll eine Reinigung erreicht werden? 5.2 Falls das „natürliche Reinigungsvermögen“ eingesetzt wird, welche Untersuchungsergebnisse zum Sanierungserfolg liegen in diesem Fall vor? 5.3 Falls das „natürliche Reinigungsvermögen“ eingesetzt wird, wurde sanierungsbegleitend eine regelmäßige Untersuchung des Grundwassers durchgeführt? 6.1 Welche Ergebnisse wurden bei der Überwachung des Grundwassers im Bereich dieser Altlast in den letzten 5 Jahren ermittelt (bitte nur Werte angeben, die die Prüfwerte der Bundes-Bodenschutzverordnung (BBod SchV) überschreiten)? 6.2 Welche Ergebnisse wurden bei der Überwachung der Oberflächengewässer (Baggerseen) im Bereich dieser Altlast in den letzten 5 Jahren ermittelt (bitte nur Werte angeben, die die Prüfwerte der BBodSchV überschreiten )? 7. Welche Untersuchungsergebnisse hat das Projekt „Altlastenbewältigung durch natürliches Reinigungsvermögen “ der Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbh (GAB) bisher für die einzelnen untersuchten Parameter ergeben? 8. Für welche Schadstoffe und für welche Schadstoffkonzentrationen sieht die Staatsregierung aufgrund des GAB-Projektes einen sinnvollen Einsatz der Sanierungsmethode „natürliches Reinigungsvermögen“? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 22.04.2016 1.1 Welche Bereiche der bei Roß- und Viereth-Trunstadt der 1990erJahre festgestellten Altlasten wurden saniert und aus dem Altlastenkataster entlassen ? Die folgenden Bereiche wurden aufgrund erfolgreich abgeschlossener Sanierung oder wegen Ausräumung des Altlastverdachts aus dem Altlastenkataster gelöscht: Auf unterfänkischem Gebiet (Anlage 1) • Bereich Sandwasch-/Trocknungsanlage • Haldenbereich • Bereich Brecheranlage • Bereich Papierschlammablagerung Auf oberfränkischem Gebiet (Anlage 2) • Untersuchungsbereiche II bis V 1.2 Bei welchen Bereichen ist die Altlastensanierung noch nicht abgeschlossen? Bei der überwiegenden Anzahl der betroffenen Flächen wurde die Sanierung erfolgreich abgeschlossen bzw. hat sich der Altlastverdacht nicht bestätigt (vgl. Frage 1.1). Lediglich im Untersuchungsbereich I ist die Sanierung noch nicht abgeschlossen . Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 07.07.2016 17/11261 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11261 1.3 Welche zu sanierenden Schadstoffe sind bei den noch laufenden Sanierungen betroffen? Betroffen sind polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). 2. Welche Sanierungsziele wurden jeweils für die einzelnen Untersuchungsbereiche erreicht bzw. angestrebt? Als Sanierungsziel wurde die Unterschreitung der Stufenwerte 2 nach Anhang 3, Tab. 4 des Merkblatts 3.8/1 des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU/Bayerischen Landesamtes für Wasserwirtschaft (LfW)festgesetzt: https:// www.lfu.bayern.de/wasser/merkblattsammlung/teil3_grund wasser_und_boden/doc/nr_381.pdf. 3.1 Welche Untersuchungsbereiche wurden durch Auskofferung des belasteten Materials saniert? • Haldenbereich (Beseitigung der Halden) • Bereich Brecheranlage • Bereich Papierschlammablagerung 3.2 Welche Untersuchungsbereiche wurden durch Bodenbehandlung vor Ort saniert? Keine. 3.3 Bei welchen Untersuchungsbereichen erfolgt nur eine Überwachung des Grundwassers? Eine Grundwasserüberwachung erfolgt derzeit nur noch im Untersuchungsbereich I (vgl. Frage 6.1). 4.1 Welche Sanierungsziele sollen über das „natürliche Reinigungsvermögen“ erreicht werden? Siehe Antwort zu Frage 2. 4.2 Welche Untersuchungsbereiche sind dabei betroffen ? Bereich Sandwasch-/Trocknungsanlage. 4.3 Welche Schadstoffe sollen durch das „natürliche Reinigungsvermögen“ abgebaut werden? PAK. 5.1 Falls das „natürliche Reinigungsvermögen“ eingesetzt wird, in welchem Zeitraum soll eine Reinigung erreicht werden? Die Monitoring-Maßnahmen sind seit Anfang 2010 abgeschlossen . 5.2 Falls das „natürliche Reinigungsvermögen“ eingesetzt wird, welche Untersuchungsergebnisse zum Sanierungserfolg liegen in diesem Fall vor? Durch die Grundwasserbeobachtung (18 Probenahmekampagnen zwischen 2003 und 2009) konnte der Abbau der PAK durch das natürliche Reinigungsvermögen nachgewiesen werden. 5.3 Falls das „natürliche Reinigungsvermögen“ eingesetzt wird, wurde sanierungsbegleitend eine regelmäßige Untersuchung des Grundwassers durchgeführt ? Siehe Antwort zu Frage 5.2. 6.1 Welche Ergebnisse wurden bei der Überwachung des Grundwassers im Bereich dieser Altlast in den letzten 5 Jahren ermittelt (bitte nur Werte angeben, die die Prüfwerte der Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV) überschreiten)? Mittlerweile findet eine regelmäßige Grundwasserüberwachung pro Quartal lediglich noch an der Drainage und am Überlauf des gereinigten Wassers aus der Pflanzenbeet-Anlage in den Altsee statt (Bereich I). Seit der Inbetriebnahme des Klärteichs 2008 ist ein kontinuierlicher Rückgang der PAK-Konzentrationen (mit jahreszeitlichen Schwankungen) unter den Stufe-2-Wert des LfU/LfW-Merkblatts 3.8/1 zwischen 0,2 und 2 µg/l zu verzeichnen. 6.2 Welche Ergebnisse wurden bei der Überwachung der Oberflächengewässer (Baggerseen) im Bereich dieser Altlast in den letzten 5 Jahren ermittelt (bitte nur Werte angeben, die die Prüfwerte der BBodSchV überschreiten)? Mit Ausnahme des Untersuchungsbereichs I ist die Sanierung in allen Bereichen erfolgreich abgeschlossen bzw. wurde der Altlastverdacht nicht bestätigt (vgl. Fragen 1.1 und 1.2). Eine Überwachung von Oberflächengewässern findet in keinem Bereich mehr statt. Im Untersuchungsbereich I erfolgt eine Probenahme am Überlauf in den Altsee (vgl. Frage 6.1). Dabei wurden in den letzten fünf Jahren die vom Wasserwirtschaftsamt Kronach festgelegten Einleitegrenzwerte nicht überschritten. Die Prüfwerte der Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV) gelten nur für Sickerwasser, nicht für Oberflächengewässer. 7. Welche Untersuchungsergebnisse hat das Projekt „Altlastenbewältigung durch natürliches Reinigungsvermögen “ der Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbh (GAB) bisher für die einzelnen untersuchten Parameter ergeben? Das von der Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern mbH (GAB) als Projektsteuerer im Jahr 2003 abgeschlossene Forschungsverbundvorhaben hatte das Ziel, im Rahmen von 6 Teilprojekten das natürliche Reinigungsvermögen (Natural Attenuation = NA) an ausgewählten Standorten im Untergrund zu erfassen, zu beobachten und zu beschreiben . Untersucht wurden dabei 5 Standorte mit unterschiedlichen Belastungen und Ergebnissen: • Altlast mit PAK-Belastung: Verminderter Schadstoff-Abbau in der ungesättigten Zone, mikrobiologischer Abbau in der gesättigten Zone. • Altlast mit MKW1-BTEX2-Belastung: Hinweise auf vorhandenes Abbaupotenzial für MKW, gute Bedingungen für BTEX-Abbau. • Altlast mit LHKW3-Belastung: Kein Nachweis für signifikanten Abbau. • Altlast mit Arsen-Kupfer-Belastung: Gute Bindung für einen Teil des Arsens an Eisenoxiden; hohes Rückhaltevermögen für Kupfer. • Altlast mit LCKW4-Belastung: Grundsätzlich hohes Potenzial für NA, aber ständige Nachlieferung von Chlorethenen aus der Schadstoffquelle. Es ist deutlich darauf hinzuweisen, dass es sich hier um Einzelergebnisse an Einzelstandorten mit individuellen 1) MkW = Mineralölkohlenwasserstoffe 2) BTEX = aromatischen Kohlenwasserstoffe Benzol, Toluol, Ethylbenzol und die Xylole Q 3) LHKW = leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe 4) LCKW = leichtflüchtige Chlorkohlenwasserstoffe Drucksache 17/11261 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Rahmenbedingungen handelt. Grundsätzlich muss bei der Bewertung von NA-Vorgängen die individuelle Gesamtsituation des jeweiligen Standorts berücksichtigt werden (s. Frage 8). Eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse des Vorhabens findet sich unter: http://www.altlasten-bayern.de/assets/Uploads/Projekte/Zu sammenfassung- BayFoNR-Jan2004.pdf 8. Für welche Schadstoffe und für welche Schadstoffkonzentrationen sieht die Staatsregierung aufgrund des GAB-Projektes einen sinnvollen Einsatz der Sanierungsmethode „natürliches Reinigungsvermögen “? Die Ergebnisse des Verbundvorhabens flossen in das Merkblatt Nr. 3.8/3 „Natürliche Schadstoffminderung bei Grundwasserverunreinigungen durch Altlasten und schädliche Bodenveränderungen“ (zuletzt aktualisiert am 30.06.2015) des LfU ein: h t tp : / /www. l fu .bayern .de/wasser /merkb la t tsamm lung/teil3_grundwasser_und_boden/ doc/nr_383.pdf Nach § 4 Abs. 3 (BBodSchG) sind schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten sowie durch sie verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren , dass „dauerhaft keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen“. Im Sinne des § 2 Abs. 7 BBodSchG werden mit dem Sanierungsbegriff insbesondere technische Maßnahmen verknüpft, die ein aktives Handeln bedingen. Der Begriff „Natural Attenuation“ bzw. „natürliches Reinungsvermögen“ umfasst dagegen im Untergrund selbstständig ablaufende natürliche Prozesse, die ohne äußere aktive Eingriffe zum Abbau oder Rückhalt von Schadstoffen führen. Damit entspricht die Ermittlung von NA einer Standortcharakterisierung und stellt keine Gefahrenabwehrmaßnahme dar. Anorganische Schadstoffe (z. B. Blei, Arsen, Quecksilber) unterliegen im Gegensatz zu organischen Schadstoffen z. B. BTEX, PAK, LCKW) keinen natürlichen Abbauprozessen ; hier können lediglich Prozesse wie Fällung oder Sorption greifen. Ob und in welcher Form (MNA = Monitored Natural Attenuation, ENA = Enhanced Natural Attenuation) das natürliche Reinigungsvermögen bei einer Altlastensanierung berücksichtigt werden kann, liegt nicht nur an der Schadstoffkonzentration, sondern muss aus einer Vielzahl von individuellen Eigenschaften des Einzelstandorts (z. B. Schadstoffspektrum, Hydrogeologie, Bodenbeschaffenheit, Nutzung, Zustand der Schadstofffahne) abgeleitet werden. Hierzu sind aufwendige Voruntersuchungen (z. B. Prüfung der Standortvoraussetzungen und qualitative Abschätzung des NA-Potenzials, quantitative Erkundung schadstoffmindernder Prozesse, Modellierung und Prognose mit Erstellung des spezifischen Überwachungsprogramms) notwendig. Grundsätzlich muss bei der Bewertung von NA- Vorgängen die individuelle Gesamtsituation des jeweiligen Standorts berücksichtigt werden. Detaillierte Ausführungen dazu finden sich u. a. im o. g. Merkblatt. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11261 Drucksache 17/11261 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11261