Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner SPD vom 26.01.2016 Stillverhalten in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Schlüsse und Maßnahmen wurden aus dem Modellprojekt „STELLA“ gezogen? 2. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung bisher ergriffen , um das Stillen bei Frauen zu fördern? 3. Welchen weiteren Handlungsbedarf sieht die Staatsregierung ? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 30.04.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem StMELF und dem StMAS wie folgt beantwortet: Aufbauend auf den Ergebnissen der Bayerischen Stillstudie 2005 wurde die Interventionsstudie STELLA (Studie zum Ernährungsverhalten im Säuglingsalter – Interventionsprojekt zur Verbesserung der Stillbedingungen in einer Modellregion ) konzipiert. Ziel war, durch verbesserte Rahmenbedingungen eine babyfreundliche Umgebung in den Geburtskliniken und in der Nachsorge zu fördern und Müttern die bestmögliche Beratung zum Stillen und Bonding durch das Gesundheitspersonal zu sichern. STELLA wurde vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) als Modellprojekt in zehn Geburtskliniken Niederbayerns durchgeführt. In diesem Rahmen fanden im Jahr 2008 entsprechende Personalschulungen statt. Sie enthielten ein Basisseminar für Ärzte, Pflegepersonal und Hebammen zur Vorbereitung auf die Zusatzqualifikation Still- und Laktationsberaterin (IBCLC). Zur Evaluation der Intervention auf Bevölkerungsebene wurde drei Monate nach Beendigung der Intervention eine Kohortenstudie durchgeführt, in der Frauen, die in den teilnehmenden Kliniken zwischen 1. April und 15. Juni 2009 entbunden hatten, zu ihrem Stillverhalten befragt wurden. 1. Welche Schlüsse und Maßnahmen wurden aus dem Modellprojekt „STELLA“ gezogen? Die Ergebnisse von STELLA lieferten im Wesentlichen folgende Erkenntnisse: – Schwangerschaft: In Geburtsvorbereitungskursen sollte dem Thema Stillen mehr Raum gegeben werden. Gleichzeitig sollte für die Teilnahme der Partner am Geburtsvorbereitungskurs geworben werden, da die Haltung des Partners ein wichtiger Einflussfaktor auf die Stilldauer ist. Auch Gynäkologinnen und Gynäkologen sollten bereits in der Schwangerschaft umfassend zum Thema Stillen beraten. – Vor und nach der Geburt in der Klinik: Den Kliniken wird empfohlen, gemäß den WHO/UNICEF-Leitlinien zum Stillen zu arbeiten. Hierzu sind ausreichende Personalressourcen und qualitätsgesicherte Schulungen in den Kliniken erforderlich. Eine Kaiserschnitt-Geburt war der häufigste Grund, den Säugling nicht innerhalb der ersten Stunde anlegen zu können. Um hier Verbesserungen zu erreichen, sollten auch die Anästhesistinnen und Anästhesisten , sowie Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen , die Frauen während des Eingriffs sowie während der individuellen Überwachungsphase danach medizinisch versorgen, geschult werden. – Nach der Geburt im häuslichen Umfeld: Die Ergebnisse von STELLA belegen, dass nach wie vor „Stillprobleme“ der häufigste Grund für frühes Abstillen sind. Die Hebamme ist die wichtigste professionelle Bezugsperson für die Zeit nach der Geburt. Eine qualifizierte, zielgruppenorientierte Nachsorge ist hier außerordentlich notwendig, um Frauen bei Stillproblemen ausreichend zu unterstützen. 2. Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung bisher ergriffen, um das Stillen bei Frauen zu fördern? Im Geschäftsbereich des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege (StMGP) wurden folgende Maßnahmen ergriffen: – Durchführung modellhafter Fortbildungsmaßnahmen der einschlägigen Berufsgruppen zum Stillverhalten und zu Stillproblemen im Rahmen der Interventionsmaßnahme STELLA in Niederbayern. – Bekanntmachung der Ergebnisse des Projekts STELLA und der „Bayerischen Stillstudie“ in Fachkreisen (Wissenschaftliche Publikationen, Artikel in Fachzeitschriften , Vorträge und Posterpräsentationen, wie z. B. auf Still- und Laktationskongressen, Hebammenkongressen, Vätersymposium und Mitteilungen an Krankenkassen, wie AOK und Techniker Krankenkasse). Veröffentlichung Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.07.2016 17/11345 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11345 wissenschaftlicher Publikation zu speziellen Themen wie Rauchverhalten und Alkoholkonsum in der Stillzeit. – Unterstützung der Nationalen Stillkommission und der mit der Stillförderung befassten Berufsgruppen durch das LGL bei wissenschaftlichen Analysen zu Themen wie Stillverhalten in Deutschland, Frauenmilchbanken, Pasteurisieren von Muttermilch. – Erstellen eines Internetauftritts für Fachkreise und Betroffene zum Themenkomplex „Stillen“ durch das LGL (http://www.lgl.bayern.de/gesundheit/praevention/kindergesundheit /stillen/). – Erarbeitung des Babykompasses Bayern (6. Aufl. 2015, Hrsg.: PaedNetz® Bayern e.V.): Der Ratgeber wurde mit Projektmitteln der Initiative Gesund.Leben.Bayern. und durch verschiedene Krankenkassen in Bayern gefördert. Die Broschüre beantwortet Fragen zu Schwangerschaft sowie den ersten Wochen nach der Geburt und gibt Empfehlungen zur Gesundheitsvorsorge, z. B. zu den Themen Stillen, Ernährung der stillenden Mütter und Ernährung des Säuglings (http://www.kinderaerzte-im-netz.de/ altersgruppen/das-erste-jahr/baby-kompass/). In Zusammenarbeit mit dem Staatsministerium für Ernährung , Landwirtschaft und Forsten (StMELF) führt das StMGP das Modellprojekt „Gesund leben in der Schwangerschaft “ (GeliS) durch: Hier werden mit der werdenden Mutter vier Beratungsgespräche zu den Themen Ernährung und Bewegung in der Schwangerschaft geführt. Die geschulten Beraterinnen binden auch das Thema „Stillen“ mit ein, sodass damit bei den Frauen und im Idealfall auch bei ihren Partnern eine positive Bereitschaft für das Stillen geschaffen wird. Im Geschäftsbereich des StMELF (Konzept „Ernährung in Bayern“) werden folgende Maßnahmen ergriffen: – Bildungsangebote für Junge Eltern / Familien mit Kindern im Alter bis zu 3 Jahren: Seit 2011 wird flächendeckend in Bayern über die 47 Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) für Eltern im Rahmen des Netzwerks „Junge Eltern/ Familien mit Kindern von 0–3 Jahren“ ein Kursangebot zur Ernährung und Bewegung vorgehalten, das seit diesem Jahr auch online über das Internet gebucht werden kann (www.weiterbildung.bayern.de). Die Bedeutung des Vorbildes der Eltern/Familien für einen gesundheitsförderlichen Lebensstil auch bei Essen und Bewegen wird hervorgehoben. Als fachliche Grundlage dienen das Konsensuspapier „Säuglingsernährung und Ernährung der stillenden Mutter / Handlungsempfehlungen – Ein Konsensuspapier im Auftrag des bundesweiten Netzwerk Junge Familie“ sowie die Qualitätskriterien der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für Gesundheitsförderung . Fachliche Unterstützung liefert auch das Kompetenzzentrum für Ernährung im Ressort des StMELF. Gemäß dem Alter der Kinder starten die kostenfreien Angebote mit Inhalten zu Stillen, Säuglingsernährung und Säuglingsbewegung, teilweise auch als gekoppelte Veranstaltungen Ernährung und Bewegung. Die Kurse werden teilweise auch schon von werdenden Müttern besucht und bieten insgesamt die Chance, die Sensibilität für den Wert des Stillens zu wecken. – Netzwerkarbeit: Eingebettet ist die Erstellung der o. g. Programme in eine intensive Netzwerkarbeit auf der Ebene der Dienstgebiete der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (ÄELF) mit dem Ziel einer gegenseitigen Abstimmung und Weiterentwicklung der Angebote. Im lokalen Netzwerk sind i. d. R. Vertreter aus folgenden Bereichen dabei : Koordinierende Kinderschutz-Stellen, Gesundheitsund Jugendämter, Hebammen, Wohlfahrtsverbände, Volkshochschulen, Verbraucherverbände, freiberufliche Ökotrophologen, Sportvereine, Physiotherapeuten und andere Freiberufler. – Neue App-Trilogie: Stillzeit – Babyernährung – Familienessen mit Kindern bis 3 Jahre: Veröffentlicht im Herbst 2015: Innerhalb der App-Trilogie bieten die beiden Apps „Schwanger und Essen“ sowie „Baby und Essen“ wertvolle Informationen für Schwangere und junge Familien auch zur wichtigen Bedeutung des Stillens. Zusätzlich bieten Experten-Interviews z. B. von Hebammen oder Ernährungswissenschaftlern wertvolle Tipps, vermittelt über ein modernes und zeitgemäßes Medium. Beispiele für die Rubriken sind: Stillen, Muttermilch & Co.; Still-Mamas, Säuglinge, junge Väter, siehe auch www.kern.bayern.de/ shop/flyer/124897/index.php – Veröffentlichung der Broschüre: „Wie viel trinkt und isst mein Baby im ersten Lebensjahr“ durch das StMELF 2010. 3. Welchen weiteren Handlungsbedarf sieht die Staatsregierung ? Die Staatsregierung ist der Auffassung, dass sich das Stillen als natürliche Ernährungsform des Säuglings positiv auf die Gesundheit von Mutter und Kind auswirkt. Es kann nach wissenschaftlichen Studien das Risiko für Erkrankungen, wie Mittelohrentzündung oder späteres Übergewicht, beim Kind senken und ist mit einem geringeren Risiko für den plötzlichen Kindstod verbunden. Bei der Mutter kann Stillen zur Risikominderung für Krebserkrankungen beitragen. Es begünstigt außerdem die emotionale Bindung zwischen Mutter und Kind. Stillförderung wird daher durch die Staatsregierung mit umfangreichen, unter Punkt 2 dargestellten Maßnahmen bereits nachhaltig betrieben. Ziel muss es sein, die vorliegenden Handlungsempfehlungen des Netzwerks Gesund ins Leben „Säuglingsernährung und Ernährung der stillenden Mutter/Handlungsempfehlungen – Ein Konsensuspapier im Auftrag des bundesweiten Netzwerks Junge Familie“ noch weiter zu verbreiten und kontinuierlich um Akzeptanz zu werben. Sie basieren auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und werden von allen einschlägigen Fachgesellschaften, Institutionen und Verbänden inhaltlich unterstützt. Gleichzeitig sind die Handlungsempfehlungen auch die Grundlage aller zentralen Botschaften des bundesweiten Kommunikationsnetzwerks, sodass möglichst viele junge Eltern – auch aus bildungsfernen Schichten – einheitliche Auskünfte rund um die Ernährung in Schwangerschaft, Stillzeit und im Kleinkindalter erhalten. Ein darüber hinausgehender Handlungsbedarf wird nicht gesehen.