Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Klaus Adelt SPD vom 05.04.2016 Überprüfung von Ausgleichsmaßnahmen Bei nicht vermeidbaren Eingriffen in Natur und Landschaft, wie sie durch die Ausweisung von Baugebieten im Rahmen der Bauleitplanung, durch den Straßen- oder Leitungsbau oder durch viele sonstige Vorhaben entstehen, sind gemäß Art. 6 f des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) Ausgleichsmaßnahmen erforderlich. Ist ein Ausgleich nicht möglich, sind die unvermeidbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Ersatzmaßnahmen z. B. durch Geldleistungen zu kompensieren. Die zuständige Genehmigungsbehörde muss dementsprechend gleichzeitig mit dem jeweiligen Vorhaben für entsprechende Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen Sorge tragen, dauerhaft sichern und erhalten. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Wie viele Ausgleichsmaßnahmen gemäß Art. 6 f BayNatSchG wurden in den letzten fünf Jahren von den jeweils zuständigen Genehmigungsbehörden (gemeint sind damit Kommunen, Landratsämter, Ämter für ländliche Entwicklung und Staatliche Bauämter) durchgeführt (bitte aufgeschlüsselt nach Behörde bzw. Amt, Regierungsbezirk, Landkreise und Kommunen)? 2.1 In wie vielen Fällen erfolgten dabei durch die jeweils zuständige Genehmigungsbehörde Kontrollen hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen vor dem Hintergrund der Maßnahmenzielsetzung (bitte entsprechend aufgeschlüsselt nach Genehmigungsbehörde, Regierungsbezirk, Landkreise und Kommunen)? 2.2 In wie vielen Fällen wurden im Rahmen der Kontrollen durch die jeweils zuständigen Genehmigungsbehörden Missstände festgestellt, etwa durch das unsachgemäße Stutzen von Hecken? 2.3 Inwieweit wird die widerrechtliche Beschädigung von Ausgleichsmaßnahmen geahndet? 3.1 Sollten bei den unter 1 genannten Ausgleichsmaßnahmen noch keine entsprechenden Kontrollen durchgeführt worden sein, was waren die Gründe dafür? 3.2 Sollte die Staatsregierung nicht erfassen können, ob und wie viele Kontrollen durchgeführt wurden, inwieweit kann sie dann nachvollziehen, ob die jeweils zuständigen Genehmigungsbehörden ihrer gesetzlichen Kontrollpflicht bei Ausgleichsmaßnahmen auch tatsächlich nachkommen? 4. Wie viele Kommunen haben die für die Kontrolle der Ausgleichsflächen erforderlichen Angaben in aufbereiteter Form an das Bayerische Landesamt für Umwelt übermittelt? 5.1 In welchen Fällen wurden in den letzten fünf Jahren Geldleistungen gezahlt, weil entsprechende Ausgleichsmaßnahmen nicht möglich waren und deshalb die Möglichkeit in Anspruch genommen wurde, unvermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Geldleistungen zu kompensieren? 5.2 Wie hoch belaufen sich die jeweils unter 5.1 genannten Geldleistungen? 5.3 Wofür fanden die auf diese Weise generierten Mittel konkret Verwendung? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 04.05.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit der Obersten Baubehörde im Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. Wie viele Ausgleichsmaßnahmen gemäß Art. 6 f BayNatSchG wurden in den letzten fünf Jahren von den jeweils zuständigen Genehmigungsbehörden (gemeint sind damit Kommunen, Landratsämter , Ämter für ländliche Entwicklung und Staatliche Bauämter) durchgeführt (bitte aufgeschlüsselt nach Behörde bzw. Amt, Regierungsbezirk, Landkreise und Kommunen)? Für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 13.04.2016 sind folgende „Ausgleichs- und Ersatzflächen (A/E)“ sowie „Sonstige Flächen“ (Kompensationsflächen und sogenannte freiwillige ökologische Leistungen nach Altverfahren Flurbereinigung ) im Ökoflächenkataster des Landesamts für Umwelt (LfU) erfasst: Die Aufschlüsselung erfolgt nach Genehmigungsbehörden und Regierungsbezirken. Eine detailliertere Aufschlüsselung ist in angegebener Frist nicht möglich. Die staatlichen Bauämter sind keine Genehmigungsbehörden . Ausgleichsflächen der Bayerischen Straßenbauverwaltung sind im Ökoflächenkataster des LfU für die Jahre 2011 bis 2014 erfasst. Im Verhältnis zum Baurecht regelt § 18 des Bundesnaturschutzgesetzes, dass bei Eingriffen in Natur und Landschaft aufgrund von Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bauleitplänen über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz allein nach den Vorschriften Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 01.07.2016 17/11359 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11359 des Baugesetzbuchs (BauGB) zu entscheiden ist. Zahl der Flächen je Regierungsbezirk OBB NDB OPF OFR MFR UFR SWB Summe Genehmigungsbehörde A/E Ohne Angabe der Genehmigungsbehörde 74 74 88 70 161 3 327 797 A/E Ohne Genehmigungsverfahren 104 60 49 20 56 14 50 353 A/E Gemeinden 2.402 721 396 156 620 243 1.552 6.090 A/E Ämter für Ländliche Entwicklung 5 57 119 42 192 104 8 527 A/E Bundesbahndirektion München 1 1 A/E Eisenbahn- Bundesamt 214 11 51 2 412 1 28 719 A/E Kreisverwaltungsbehörden (Landratsämter, kreisfreie Städte) 1.878 699 523 164 520 76 1.378 5.238 A/E Regierungen 360 18 271 83 119 28 329 1.208 A/E Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 18 2 30 6 6 62 A/E Bergämter 6 7 16 29 A/E Bayer. Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau 12 12 Sonstige Flächen der Ländlichen Entwicklung 161 334 353 125 1.081 191 717 2.962 Gesamtsumme 17.998 2.1 In wie vielen Fällen erfolgten dabei durch die jeweils zuständige Genehmigungsbehörde Kontrollen hinsichtlich der tatsächlichen Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen vor dem Hintergrund der Maßnahmenzielsetzung (bitte entsprechend aufgeschlüsselt nach Genehmigungsbehörde, Regierungsbezirk , Landkreise und Kommunen)? Die Kontrolle obliegt im Anwendungsbereich des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) gemäß § 17 Abs. 7 BNatSchG der jeweiligen Genehmigungsbehörde. Statistische Erhebungen liegen der Staatsregierung hierzu nicht vor. Hinsichtlich des naturschutzrechtlichen Ausgleichs in der Bauleitplanung wird auf die Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susann Biedefeld (SPD) und die Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 18.05.2015 (LT-Drs. 17/6709) verwiesen. 2.2 In wie vielen Fällen wurden im Rahmen der Kontrollen durch die jeweils zuständigen Genehmigungsbehörden Missstände festgestellt, etwa durch das unsachgemäße Stutzen von Hecken? Siehe Antwort auf Frage 2.1. 2.3 Inwieweit wird die widerrechtliche Beschädigung von Ausgleichsmaßnahmen geahndet? Widerrechtliche Beschädigungen von Ausgleichsmaßnahmen werden im Bereich der Straßenbauverwaltung in verhältnismäßig geringem Umfang festgestellt. Der Verursacher wird von der Straßenbauverwaltung meist schnell ermittelt und aufgefordert, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen oder eine Entschädigungszahlung zur Wiederherstellung zu leisten. In Ausnahmefällen wurden wegen Beschädigungen, z. B. von Zäunen, auch Anzeigen erstattet. Weitergehende Informationen liegen der Staatsregierung nicht vor und können innerhalb der knapp bemessenen Antwortfrist nicht erhoben werden. 3.1 Sollten bei den unter 1 genannten Ausgleichsmaßnahmen noch keine entsprechenden Kontrollen durchgeführt worden sein, was waren die Gründe dafür? Siehe Antwort auf Frage 2.1. 3.2 Sollte die Staatsregierung nicht erfassen können, ob und wie viele Kontrollen durchgeführt wurden, inwieweit kann sie dann nachvollziehen, ob die jeweils zuständigen Genehmigungsbehörden ihrer gesetzlichen Kontrollpflicht bei Ausgleichsmaßnahmen auch tatsächlich nachkommen? Grundsätzlich ist es Aufgabe der zuständigen Behörden, ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Werden Ausgleichsflächen von staatlichen Behörden selbst verwaltet (z. B. Straßenbauverwaltung), ist eine ausreichende Kontrolle schon hierdurch gewährleistet. Um den Vollzug auf der Grundlage der bestehenden Zuständigkeiten zu erleichtern, wurde das LfU vom Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz beauftragt, in einem Pilotprojekt im Landkreis Ebersberg ein zweckmäßiges und vollzugfreundliches Ausgleichsflächen-Monitoring zu entwickeln. 4. Wie viele Kommunen haben die für die Kontrolle der Ausgleichsflächen erforderlichen Angaben in aufbereiteter Form an das Bayerische Landesamt für Umwelt übermittelt? Gemäß Art. 9 Satz 4 BayNatSchG sind Kommunen zur Übermittlung der erforderlichen Angaben an das LfU verpflichtet, wenn Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinn des § 1 a Abs. 3 BauGB in einem gesonderten Bebauungsplan festgesetzt sind oder Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen durchgeführt werden. Insoweit siehe Antwort auf Frage 1. Darüber hinaus bestehen für die Kommunen keine weiteren Dokumentationsverpflichtungen. 5.1 In welchen Fällen wurden in den letzten fünf Jahren Geldleistungen gezahlt, weil entsprechende Ausgleichsmaßnahmen nicht möglich waren und deshalb die Möglichkeit in Anspruch genommen wurde, unvermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft durch Geldleistungen zu kompensieren? Vorbemerkung zu den Fragen 5.1 bis 5.3: Hinsichtlich des naturschutzrechtlichen Ausgleichs in der Bauleitplanung sieht das BauGB derzeit keine Möglichkeit vor, den Ausgleich durch Ersatzzahlungen zu erbringen. Auf der Grundlage von § 15 Abs. 6 BNatSchG wurden in den letzten 5 Jahren bei Eingriffen in Natur und Landschaft von den zuständigen Behörden in 2.817 Fällen Ersatzzahlungen festgesetzt, die sich wie folgt verteilen: Im Jahr 2011: 462 Fälle von Ersatzzahlungen Im Jahr 2012: 645 Fälle von Ersatzzahlungen Im Jahr 2013: 568 Fälle von Ersatzzahlungen Im Jahr 2014: 545 Fälle von Ersatzzahlungen Im Jahr 2015: 597 Fälle von Ersatzzahlungen Drucksache 17/11359 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 5.2 Wie hoch belaufen sich die jeweils unter 5.1 genannten Geldleistungen? Die gemäß 5.1 verfügten, beim Bayerischen Naturschutzfonds eingegangenen Ersatzzahlungen belaufen sich in den letzten 5 Jahren auf 33.539.681,25 €, die sich wie folgt verteilen : Im Jahr 2011: 3.058.881,45 € Im Jahr 2012: 4.311.781,70 € Im Jahr 2013: 5.947.494,41 € Im Jahr 2014: 7.902.432,81 € Im Jahr 2015: 12.319.090,88 € 5.3 Wofür fanden die auf diese Weise generierten Mittel konkret Verwendung? Gemäß § 15 Abs. 6 Satz 7 BNatSchG i. V. m. Art. 7 Satz 1 BayNatSchG werden die Ersatzzahlungen nach näherer Bestimmung der räumlich betroffenen unteren Naturschutzbehörden zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege verwendet. Konkret betrifft dies Grunderwerb, das Anlegen von Biotopen, Renaturierungen, Erst- und Entwicklungspflege, Artenschutzmaßnahmen und umfassende Naturschutzprojekte, z. B. der Beweidung. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11359