Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 28.01.2016 Physiotherapieausbildung in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. a) An welchen Hochschulen in Bayern werden Studiengänge in Physiotherapie angeboten? b) Seit wann werden diese Studiengänge jeweils angeboten ? c) Wie viele Absolvent(inn)en haben die Studiengänge seit ihrer Einrichtung jährlich abgeschlossen? 2. Wie ist in den Studiengängen für Physiotherapie der praktische und der theoretische Unterricht miteinander verzahnt? 3. a) Welche der Studiengänge sind primärqualifizierend, führen also nach Abschluss des Studiums zur Berufszulassung ? b) Welche der Studiengänge sind dual angelegt, ermöglichen also bereits während des Studiums die Berufszulassung über den Fachschulabschluss? c) Welche Erkenntnisse gibt es zur Vorqualifikation und zum Berufsverlauf nach Studienabschluss für die primärqualifizierenden und die dualen Studiengänge? 4. a) Wie hoch sind die Studiengebühren der Studiengänge für Physiotherapie in Bayern? b) Welche Möglichkeiten der Studienfinanzierung gibt es für die Studierenden? c) Wie hoch sind die durchschnittlichen effektiven finanziellen Belastungen der Studierenden durch die Studiengebühren ? 5. Wie viele Berufsfachschulen für Physiotherapie existieren in Bayern? 6. a) Wie viele Personen haben im Studienjahr 2014/15 ihre Ausbildung an einer der Berufsfachschulen für Physiotherapie abgeschlossen? b) Wie hoch sind die durchschnittlichen Ausbildungskosten ? c) Welche inhaltlichen Unterschiede gibt es zwischen den Ausbildungsgängen an den Berufsfachschulen und den Studiengängen für Physiotherapie an den Hochschulen? 7. a) An welchen Universitäten im deutschen Sprachraum wird ein Studium Physiotherapie angeboten? b) An welche Zielgruppen richten sich diese Universitätsstudiengänge ? c) Wie sind diese Studiengänge inhaltlich und formal strukturiert? 8. a) Wie hoch ist nach Auffassung der Staatsregierung in den kommenden zehn Jahren der Bedarf an Studienplätzen im Bereich Physiotherapie an Hochschulen und Universitäten? b) Welche Pläne hat die Staatsregierung bezüglich der Einrichtung derartiger Studiengänge? c) Wie beurteilt die Staatsregierung die Einrichtung von universitären Stiftungslehrstühlen im Bereich Physiotherapie , z. B. am Klinikum der Universität München in Großhadern? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 04.05.2016 Die Schriftliche Anfrage wird wie folgt beantwortet, wobei die Stellungnahme zum Hochschulbereich auf die staatlichen Hochschulen beschränkt ist: 1. a) An welchen Hochschulen in Bayern werden Studiengänge in Physiotherapie angeboten? Studiengänge in Physiotherapie werden derzeit an folgenden Hochschulen in Bayern angeboten: • Technische Hochschule (TH) Deggendorf: „Physiotherapie – Schwerpunkt Manuelle Therapie“ • TH Deggendorf: „Angewandte Gesundheitswissenschaften (Physiotherapie dual)“, • Ostbayerische Technische Hochschule (OTH) Regensburg : „Physiotherapie“ • Hochschule für angewandte Wissenschaften/Fachhochschule (FH) Rosenheim: „Physiotherapie“. Es handelt sich in allen Fällen um Bachelorstudiengänge. b) Seit wann werden diese Studiengänge jeweils angeboten ? Die Studienmöglichkeit in den betreffenden Studiengängen gibt es an der TH Deggendorf seit dem Sommersemester 2015 („Physiotherapie – Schwerpunkt Manuelle Therapie“) bzw. seit dem Wintersemester 2015/2016 („Angewandte Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.07.2016 17/11413 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11413 Gesundheitswissenschaften“), an der OTH Regensburg seit dem Wintersemester 2015/2016 und an der FH Rosenheim seit dem Wintersemester 2012/2013. c) Wie viele Absolvent(inn)en haben die Studiengänge seit ihrer Einrichtung jährlich abgeschlossen? An der FH Rosenheim schlossen im Wintersemester 2015/2016 insgesamt 16 Personen ihr Physiotherapie-Studium ab. An den übrigen Hochschulen gibt es derzeit noch keine Absolventinnen und Absolventen, da die Studiengänge erst seit 2015 angeboten werden (s. o. Antwort zu Frage 1 b. 2. Wie ist in den Studiengängen für Physiotherapie der praktische und der theoretische Unterricht miteinander verzahnt? Die Verzahnung von praktischem und theoretischem Unterricht ist je nach Studiengangsmodell (dualer oder berufsbegleitender Studiengang) unterschiedlich. Der berufsbegleitende Studiengang „Physiotherapie – Schwerpunkt Manuelle Therapie“ enthält an der TH Deggendorf ein integriertes praktisches Studiensemester und aufgrund seiner Ausrichtung auf die „Manuelle Therapie “ viele Module mit praktischen Inhalten. Für den Studiengang Physiotherapie an der OTH Regensburg gilt: Während der dreijährigen Ausbildung zum Physiotherapeuten/zur Physiotherapeutin findet die praktische und theoretische Ausbildung an der Berufsfachschule für Physiotherapie statt. Während dieser Zeit werden ergänzend theoretische Inhalte in Blockveranstaltungen an der OTH Regensburg vermittelt. Nach Abschluss der Berufsfachschulausbildung finden noch zwei Semester Vollzeitstudium an der Hochschule statt. Der Studiengang „Angewandte Gesundheitswissenschaften “ an der TH Deggendorf verlangt für die Zulassung neben der allgemeinen Hochschulzugangsberechtigung eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Physiotherapeuten/zur Physiotherapeutin oder eine gleichwertige in- oder ausländische Ausbildung. Alternativ zur abgeschlossenen Berufsausbildung ist auch eine studienbegleitende Ausbildung an einer öffentlichen oder staatlich genehmigten Berufsfachschule für Physiotherapie möglich. Voraussetzung ist ein Ausbildungsvertrag mit einer Berufsfachschule für Physiotherapie. In diesem Fall sind die Praxisanteile integrativer Bestandteil der gesamten Regelstudienzeit. Betreuung und Bewertung des ausbildungsintegrierenden Studien-abschnitts obliegen der ausbildenden Berufsfachschule für Physiotherapie. Der Zugang zum Studiengang an der FH Rosenheim setzt – parallel zu den Zugangsvoraussetzungen beim Studiengang „Angewandte Gesundheitswissenschaften“ an der TH Deggendorf – entweder einen in das Studium integrierbaren Ausbildungsplatz an einer staatlich anerkannten Berufsfachschule für Physiotherapie oder eine abgeschlossene Ausbildung zum Physiotherapeuten voraus. Die praktische Integrierbarkeit der Ausbildung wird in einem Beratungsgespräch geklärt. Der Studiengang wird insgesamt als Präsenzstudiengang mit integrierten umfangreichen praktischen Studienphasen angeboten. Sowohl praktische Lehrveranstaltungen als auch vertiefte Praxis enden mit der physiotherapeutischen staatlichen Abschlussprüfung im sechsten Semester. Praktische Lehrveranstaltungen und vertiefte Praxis umfassen typischerweise berufsnahe, betreute Praxisphasen von 1.600 Unterrichtseinheiten à 45 Minuten Dauer, die in einschlägigen Betrieben abzuleisten sind. Die praktischen Lehrveranstaltungen werden durch Projektarbeiten ergänzt. 3. a) Welche der Studiengänge sind primärqualifizierend , führen also nach Abschluss des Studiums zur Berufszulassung? Primärqualifizierend bedeutet nach dem Verständnis der Staatsregierung, dass alle theoretischen Ausbildungs- und Studieninhalte ausschließlich an der Hochschule stattfinden . Dies ist in keinem der angeführten Studiengänge der Fall. b) Welche der Studiengänge sind dual angelegt, ermöglichen also bereits während des Studiums die Berufszulassung über den Fachschulabschluss? Sämtliche genannten Studiengänge sind dual ausgerichtet, soweit sie nicht im Anschluss an eine Berufsausbildung absolviert werden. So erwerben die Studierenden beispielsweise an der FH Rosenheim eine Doppelqualifikation, die Berufszulassung mit der staatlichen Abschlussprüfung im sechsten Semester und den Bachelor of Science im Studiengang Physiotherapie mit erfolgreichem Studienabschluss nach dem siebten Semester. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. c) Welche Erkenntnisse gibt es zur Vorqualifikation und zum Berufsverlauf nach Studienabschluss für die primärqualifizierenden und die dualen Studiengänge ? Primärqualifizierende Physiotherapie-Studiengänge sind an bayerischen Hochschulen nicht eingerichtet (s. o. Antwort zu Frage 3 a). Die Studierenden des berufsbegleitenden Studiengangs Physiotherapie an der TH Deggendorf verfügen bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung zum Physiotherapeuten , Masseur oder medizinischen Bademeister. An der FH Rosenheim werden die Arten der Hochschulzugangsberechtigung der Studienanfänger und -anfängerinnen statistisch erfasst. Die nachfolgende Tabelle enthält eine Übersicht zur Qualifikation bei Studienbeginn: Zum Berufsverlauf nach Studienabschluss können keine Aussagen getroffen werden, da hierzu keine Daten vorliegen . 4. a) Wie hoch sind die Studiengebühren der Studiengänge für Physiotherapie in Bayern? Die staatlichen Hochschulen, auf die die Beantwortung der vorliegenden Anfrage beschränkt ist, erheben grundsätzlich keine Studiengebühren, sondern lediglich einen Studentenwerksbeitrag . Dieser beträgt an der TH Deggendorf, an der OTH Regensburg und an der FH Rosenheim für das Sommersemester 2016 einheitlich 52 Euro. An der OTH Regensburg ist für das Sommersemester 2016 neben dem Studentenwerksbeitrag ein Betrag in Höhe von 85,30 Euro für das Semesterticket zu entrichten. Drucksache 17/11413 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Die TH Deggendorf erhebt für den berufsbegleitenden Bachelor-Studiengang „Physiotherapie – Schwerpunkt Manuelle Therapie“ auf der Grundlage von Art. 71 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Hochschulgesetzes (BayHSchG) Gebühren in Höhe von 1.500 € pro Semester. Hierzu möchte ich gerne Folgendes erläutern: Die Hochschulen erheben diese Gebühren, um den entsprechend erhöhten Aufwand für das Studium in einem berufsbegleitenden Studiengang zu decken . Nach Art. 56 Abs. 4 BayHSchG sollen berufsbegleitende Studiengänge von der Hochschule so gestaltet werden , dass sie neben einer Berufstätigkeit absolviert werden können. Damit sind besondere organisatorische Vorkehrungen verbunden, insbesondere eine Konzentration der Präsenzveranstaltungen auf die Abendstunden, auf Wochenenden und auf Blockkurse. Zusätzliche Kosten entstehen der Hochschule dadurch, dass die Lehrtätigkeit im Rahmen der berufsbegleitenden Studiengänge mangels zusätzlicher Kapazitäten dafür über die in der Lehrverpflichtungsverordnung festgelegte Lehrverpflichtung hinaus geleistet werden muss. Dies bedeutet, dass das Lehrpersonal diese Lehre freiwillig erbringt. Diese Lehre ist zu vergüten, entweder im Rahmen der Lehrauftrags- und Lehrvergütungsvorschriften oder im Rahmen eines Nebenamtes. Zur Abdeckung dieser zusätzlichen Kosten müssen die Hochschulen von den Studierenden, die dieses Angebot in Anspruch nehmen, Gebühren erheben. Ohne diese Gebührenerhebung könnte das Angebot nicht vorgehalten werden, sodass die Berufstätigen auf die herkömmlichen (gebührenfreien ) Studiengänge verwiesen werden müssen. b) Welche Möglichkeiten der Studienfinanzierung gibt es für die Studierenden? Ein Hochschulstudium im Studiengang bzw. in der Fachrichtung Physiotherapie mit dem Ziel eines berufsqualifizierenden Abschlusses kann grundsätzlich im Rahmen einer ersten berufsbildenden Ausbildung mit einer Mindestdauer von drei Schul- oder Studienjahren nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gefördert werden (§ 7 Abs. 1 BAföG). Falls ein Physiotherapiestudium bereits als eine weitere berufsbildende Ausbildung durchgeführt wird, besteht ein Förderungsanspruch nur noch in den in § 7 Abs. 2 BAföG aufgeführten Ausnahmefällen. Neben dieser bundesgesetzlich geregelten Förderungsmöglichkeit kommen ggf. folgende Finanzierungsmöglichkeiten in Betracht: • Begabtenförderungswerke und Stiftungen Diese Institutionen fördern unter bestimmten Voraussetzungen Hochschulstudien. Informationen hierzu sind unter http://www.begabtenfoerderungswerke.de abrufbar. • Stipendien Unter bestimmten Voraussetzungen sind Stipendien denkbar; einen Überblick hierzu bietet die Förderdatenbank des BMBF unter https://www.stipendienlotse.de. • KfW-Studienkredit Der Studienkredit der KfW-Förderbank unterstützt Studierende während des Studiums mit 100 bis 650 € im Monat – ohne Kreditsicherheiten und unabhängig vom Einkommen/Vermögen. Zu den Voraussetzungen wird auf den Internetauftritt der Förderbank verwiesen: https:// www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Studie ren-Qualifizieren/Finanzierungsangebote/KfW-Studien kredit-(174) • Bildungskreditprogramm des Bundes Nach dem Bildungskreditprogramm des Bundes kann ein Bildungskredit Studierenden gewährt werden, die die Vorprüfung bestanden haben oder – wenn eine Vorprüfung nicht vorgesehen ist – die die Leistungen des ersten Studienjahres vollständig erbracht haben. Der Bildungskredit fällt in den ausschließlichen Verantwortungsbereich des Bundes; ein Rechtsanspruch auf Förderung besteht nicht. Der höchstmögliche Förderungsbetrag ist auf 300 € monatlich begrenzt und wird für längstens 24 Monate gewährt. Weitere Informationen sind unter www. bildungskredit.de abrufbar. c) Wie hoch sind die durchschnittlichen effektiven finanziellen Belastungen der Studierenden durch die Studiengebühren? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 4 a verwiesen. 5. Wie viele Berufsfachschulen für Physiotherapie existieren in Bayern? Im Schuljahr 2014/2015 existierten 41 Berufsfachschulen für Physiotherapie in Bayern. 6. a) Wie viele Personen haben im Studienjahr 2014/15 ihre Ausbildung an einer der Berufsfachschulen für Physiotherapie abgeschlossen? Im Schuljahr 2014/2015 wurden im letzten Schuljahr der dreijährigen Ausbildung insgesamt 990 Schülerinnen und Schüler beschult. Über die Anzahl der Absolventen im Schuljahr 2014/2015 liegen dem Staatsministerium noch keine plausibilisierten Daten vor. b) Wie hoch sind die durchschnittlichen Ausbildungskosten ? Im Schuljahr 2014/2015 verlangten die privaten Berufsfachschulen für Physiotherapie in Bayern Schulgeld in unterschiedlicher Höhe. Die Bandbreite reichte von monatlich 36 € bis zu monatlich 410 €. Manche Schulen differenzierten dabei nach Schuljahr bzw. Ausbildungsstand und nahmen eine Staffelung der Beträge vor. Die staatlichen und kommunalen Schulen erheben kein Schulgeld. c) Welche inhaltlichen Unterschiede gibt es zwischen den Ausbildungsgängen an den Berufsfachschulen und den Studiengängen für Physiotherapie an den Hochschulen? Während die berufliche Bildung das Ziel verfolgt, den Bedarf an beruflichen Fach- und Führungskräften zu decken, steht bei der hochschulischen Qualifizierung eine wissenschaftliche Befähigung mit der Option von anschließenden weiterführenden akademischen Bildungs- und Karrierewegen im Vordergrund. Das Hochschulstudium vermittelt den Absolventinnen und Absolventen die Fähigkeit, ihr berufliches Handeln durch eine umfassende wissenschaftliche Herangehensweise zu entwickeln und zu begründen. Die rechtlichen Grundlagen für die Ausbildung an Berufsfachschulen für Physiotherapie bilden das Gesetz über den Beruf der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz – MPhG), die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Physiotherapeuten (PhysTh-APrV), die Schulordnung für die Berufsfachschulen Ergotherapie, Physiotherapie, Logopädie , Massage und Orthoptik (Berufsfachschulordnung nichtärztliche Heilberufe – BFSO HeilB) und die Lehrpläne für die Berufsfachschule für Physiotherapie. Den Lehrplänen für die Berufsfachschule für Physiotherapie sind die Lernzie- Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11413 le und -inhalte der Ausbildung zu entnehmen. Diese können auf der Homepage des Staatsinstituts für Schulqualität und Bildungsforschung München unter dem Link http://www.isb. bayern.de/berufsfachschule/lehrplan/berufsfachschule/lehr plan-lehrplanrichtlinie/gesundheit/820/ eingesehen werden. Gemäß § 9 MPhG (Modellklausel) kann zur Erprobung von Ausbildungsangeboten, die der Weiterentwicklung des Physiotherapeutenberufs unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen sowie moderner berufspädagogischer Erkenntnisse dienen sollen, davon abgewichen werden, dass der Unterricht und die praktische Ausbildung in staatlich anerkannten Schulen stattfinden. Die Hochschule kann teilweise oder vollständig an die Stelle der Berufsfachschule treten. Abweichungen von der PhysTh-APrV sind nur zulässig, soweit sie den theoretischen und praktischen Unterricht in § 1 Abs. 1 sowie die Anlage 1 Buchstabe A der Verordnung betreffen. Von den Vorgaben zur praktischen Ausbildung (vgl. Anlage 1 Buchstabe B PhysTh-APrV) darf nicht abgewichen werden. Infolge der Spielräume innerhalb der Modellklausel sind die Studiengänge unterschiedlich konzipiert. In Bayern fällt der Studiengang Physiotherapie an der FH Rosenheim unter die Modellklausel. Dem Modellversuch „Regelungen für den ausbildungsintegrierenden Bachelorstudiengang an der Berufsfachschule für Physiotherapie der RoMed-Kliniken der Stadt und des Landkreises Rosenheim in Wasserburg am Inn und der Hochschule für angewandte Wissenschaften Fachhochschule Rosenheim“ liegt neben den o. g. rechtlichen Grundlagen die als Anlage beigefügte Bekanntmachung zugrunde. Unter Nummer 5 sind die Zuständigkeiten bezüglich der Inhalte der PhysTh-APrV im Detail geregelt. Bei den anderen beiden Studiengängen im Bereich der Physiotherapie an der TH Deggendorf und OTH Regensburg wird die Ausbildung an der mit der Hochschule kooperierenden Berufsfachschule für Physiotherapie regulär durchlaufen. Im Rahmen der dualen Studiengänge ist die Ausbildung an der Berufsfachschule somit Bestandteil des Studiengangs. Der berufsbegleitende Studiengang „Physiotherapie – Schwerpunkt Manuelle Therapie“ an der TH Deggendorf baut auf die vorhandene Berufsausbildung auf und bildet in den Bereichen „Manuelle Therapie“ und „Osteopathie“ weiter. Der ausbildungsintegrierende Studiengang „Physiotherapie “ an der OTH Regensburg ergänzt, vertieft und erweitert die Inhalte der Ausbildung an der Berufsfachschule insbesondere in den Bereichen wissenschaftliches Arbeiten und Forschungsmethoden, medizinische, psychologische, soziologische und rechtliche Grundlagen sowie fachspezifische Vertiefungen (u. a. Clinical Reasoning, Schmerz, Palliation, internationale Entwicklungen). Die Studierenden erwerben vertiefte Kenntnisse in Prävention, Therapie, Rehabilitation und Palliation und lernen in verantwortlicher Weise , therapeutische und präventive Konzepte zu erarbeiten, Projekte zu aktuellen Entwicklungen im Gesundheitsbereich durchzuführen und Problemlösungsprozesse zu steuern. Sie werden zum eigenverantwortlichen, wissenschaftlich und ethisch fundierten Arbeiten befähigt und sind in der Lage, auf Basis der „Evidence-Based-Medicine“ die besten Behandlungswege für Patientinnen und Patienten zu finden. Generell unterscheiden sich die Studiengänge neben der inhaltlichen Ausgestaltung auch darin von den Ausbildungsangeboten , dass die Studierenden im Rahmen von freiwilligen Wahl-Pflicht-Modulen individuelle Schwerpunkte setzen und damit die persönliche Profilstärkung vertiefen können. Zudem können die Studierenden über Maßnahmen des Studierendenaustausches oder anderweitige Zusammenarbeit mit ausländischen Hochschulen Auslandserfahrung erwerben. 7. a) An welchen Universitäten im deutschen Sprachraum wird ein Studium Physiotherapie angeboten? b) An welche Zielgruppen richten sich diese Universitätsstudiengänge ? c) Wie sind diese Studiengänge inhaltlich und formal strukturiert? Es wird davon ausgegangen, dass mit der Anfrage nur eine Auskunft hinsichtlich des bayerischen Studienangebots gewünscht ist. Ergänzend wird jedoch auf die Webseite https:// www.ifk.de/fileadmin/Wissenschaft/Studiengänge_Physiotherapie _2015.pdf hingewiesen, die das Angebot an Physiotherapie -Studiengängen in Deutschland darstellt. An den bayerischen staatlichen Universitäten wird ein Studium Physiotherapie nicht angeboten. 8. a) Wie hoch ist nach Auffassung der Staatsregierung in den kommenden zehn Jahren der Bedarf an Studienplätzen im Bereich Physiotherapie an Hochschulen und Universitäten? Das Gesundheitswesen steht in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen. So ist als Folge des demografischen Wandels eine tief greifende Veränderung der Versorgungsbedarfe zu erwarten. Auch ist mit einer zunehmenden Komplexität des Versorgungsauftrages und einer fortschreitenden beruflichen Differenzierung zu rechnen. Der Wissenschaftsrat ist vor diesem Hintergrund der Auffassung , dass eine Weiterentwicklung der für die Gesundheitsfachberufe üblichen Ausbildung an berufsbildenden Schulen nicht ausreicht, um die erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen zu vermitteln. Der Wissenschaftsrat spricht sich in seinen Empfehlungen zu hochschulischen Qualifikationen für das Gesundheitswesen daher für eine Akademisierungsquote von 10 bis 20 % aus.1 Ebenso hält der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen in seinen Gutachten aus dem Jahr 2007 den Ausbau von Forschung und Wissenschaft, wie vom Wissenschaftsrat gefordert, für notwendig, sieht aber die Schwierigkeit, den exakten Bedarf an Hochschulabsolventen bestimmen zu können. Eine zuverlässige Prognose über die Entwicklung in den nächsten zehn Jahren ist auch aus Sicht des Staatsministeriums unter anderem aufgrund der Fortentwicklungen in der Diagnostik, Therapie, Prävention , Rehabilitation etc. mit vielen Unwägbarkeiten verbunden und deshalb schwer 1 Vgl. Wissenschaftsrat, Drs. 2411-12, Empfehlungen zu hochschulischen Qualifikationen für das Gesundheitswesen, Berlin 2012 (abrufbar unter http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/2411-12.pdf), S. 85. abzuschätzen . Es ist davon auszugehen, dass sich der Bedarf mittelfristig in der vom Wissenschaftsrat empfohlenen Größe bewegen wird. b) Welche Pläne hat die Staatsregierung bezüglich der Einrichtung derartiger Studiengänge? Im Rahmen ihrer Hochschulautonomie entscheiden die Hochschulen selbstständig über die Entwicklung und Einrichtung bestimmter Studienfelder. Für die Einrichtung neuer Studiengänge ist aber nach Art. 57 Abs. 3 BayHSchG das Einvernehmen des Bayerischen Staatsministeriums erforderlich . Mit dem Antrag ist unter anderem auch eine Beschreibung des Studienziels unter dem Gesichtspunkt der Employability vorzulegen. Drucksache 17/11413 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 c) Wie beurteilt die Staatsregierung die Einrichtung von universitären Stiftungslehrstühlen im Bereich Physiotherapie, z. B. am Klinikum der Universität München in Großhadern? Einer Einrichtung von universitären Stiftungslehrstühlen steht das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus , Wissenschaft und Kunst grundsätzlich positiv gegenüber , jedoch kann eine solche Einrichtung nicht auf Initiative der Staatsregierung erfolgen.