Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 29.03.2016 Umwandlung von Waldflächen in landwirtschaftliche Acker- und Grünlandflächen Im Hinblick auf den mittlerweile starken Wettbewerb um landwirtschaftliche Nutzflächen sollen Fragen zu einer möglichen Umwandlung derzeit forstwirtschaftlich genutzter Flächen (Waldflächen) in landwirtschaftliche Acker- und Grünlandflächen erörtert werden. Wenn Waldflächen gerodet werden, kann von einer deutlichen Verschlechterung der ökologischen Wertigkeit ausgegangen werden. Nachhaltiges Wirtschaften hat Vorbildfunktion. Wir in Bayern sind stolz auf unser Bayerisches Waldgesetz, in dem dieses verankert ist. Zudem wird der Wald, aufgrund seiner vielfältigen Funktionen, z. B. als CO2-Speicher, Wasserspeicher, Sauerstofflieferant , Lebensraum für Wildtiere oder auch Naherholungsgebiet , von der Bevölkerung als etwas Besonderes wahrgenommen. Die Fragestellung betrifft historische Waldflächen , nicht Kurzumtriebsplantagen (KUP). Ich frage die Staatsregierung: 1. Welcher Grundlagen bedarf es, um Waldflächen in landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen (vorrangig für intensive Viehhaltung und Energiegewinnung (Biogas)) umwandeln zu können? 2. Sind für eine Rodungsgenehmigung die Anteile von Acker-, Grünland- und Waldflächen (Struktur) in einer Gemarkung sowie die nachfolgend veränderte Form eines Waldgebietes von Bedeutung? 3. Wie lässt sich eine Rodung von Waldflächen und Umwandlung zu intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen mit dem Ziel einer nachhaltig geschützten Natur und Umwelt und mit einem verantwortungsbewussten Umgang mit diesen Werten vereinbaren? 4. Wie erklärt man der Öffentlichkeit eine Rodung – insbesondere im Hinblick auf die derzeit vollen Lager mit landwirtschaftlichen Produkten? 5. Nachdem die meisten historischen Waldflächen aufgrund ungünstiger Boden- oder Geländeverhältnisse bisher als Waldflächen erhalten geblieben sind und eine Umnutzung oft nur mit entsprechenden Eingriffen in den Boden sinnvoll sein wird, frage ich die Staatsregierung, ob es dafür gesetzliche Regelungen gibt? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 04.05.2016 1. Welcher Grundlagen bedarf es, um Waldflächen in landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen (vorrangig für intensive Viehhaltung und Energiegewinnung (Biogas)) umwandeln zu können? Die Beseitigung von Wald zugunsten einer anderen Bodennutzungsart (Rodung) ist in Art. 9 Waldgesetz für Bayern (BayWaldG) geregelt. Nach Art. 9 Abs. 2 BayWaldG bedarf die Rodung von Wald grundsätzlich der Erlaubnis durch die Untere Forstbehörde. Sind größere Flächen betroffen, ist nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) bei einer Fläche von größer 10 ha eine Umweltverträglichkeitsprüfung, bei 5 ha bis unter 10 ha eine allgemeine Vorprüfung und bei 1 ha bis unter 5 ha eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen. Diese Vorgaben ergeben sich aus der Anlage 1, Nr. 17.2.1 bis Nr. 17.2.3 UVPG. Grundsätzlich besteht für den Waldbesitzer ein Rechtsanspruch für die Erteilung einer Rodungserlaubnis. Im Bay- WaldG sind jedoch verschiedene Gründe aufgelistet, die die Genehmigung einer Rodung ausschließen können. Diese Versagungsgründe sind in Art. 9 Abs. 4 bis 7 BayWaldG dargelegt . Danach ist die Erlaubnis im Schutz-, Bann- und Erholungswald , oder wenn es sich um ein Naturwaldreservat handelt oder andere Rechtsvorschriften, z. B. Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes oder Bayerischen Naturschutzgesetzes , entgegenstehen, grundsätzlich zu versagen. Liegt die Erhaltung des Waldes aus anderen Gründen im öffentlichen Interesse und verdient dies Vorrang vor den Belangen des Antragstellers, soll die Erlaubnis ebenfalls versagt werden (Art. 9 Abs. 5 Nr. 2 BayWaldG). Die Versagungsgründe sind auch in Satzungen, Planfeststellungsverfahren , Genehmigungen und sonstigen behördlichen Gestattungen zu beachten (Art. 9 Abs. 8 BayWaldG). 2. Sind für eine Rodungsgenehmigung die Anteile von Acker-, Grünland- und Waldflächen (Struktur) in einer Gemarkung sowie die nachfolgend veränderte Form eines Waldgebietes von Bedeutung? In Gebieten, die im Regionalplan als waldarm einzustufen sind, wird dies ebenfalls in die Entscheidung über eine Rodungsgenehmigung einfließen. Zudem darf gemäß Art. 9 Abs. 5 Nr. 1 BayWaldG die Rodung den Waldfunktionsplänen (Art. 6 BayWaldG) nicht widersprechen oder deren Ziele gefährden. Liegt Bannwald (Art. 11 BayWaldG) vor, kann eine Rodungserlaubnis nur dann erteilt werden, wenn angrenzend an den vorhandenen Bannwald ein gleichwertiger Wald neu begründet wird (Art. 9 Abs. 6 Satz 2 BayWaldG). Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.07.2016 17/11427 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11427 3. Wie lässt sich eine Rodung von Waldflächen und Umwandlung zu intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen mit dem Ziel einer nachhaltig geschützten Natur und Umwelt und mit einem verantwortungsbewussten Umgang mit diesen Werten vereinbaren? Grundsätzlich sind im Einzelfall bei der Entscheidung über die Erteilung einer Rodungsgenehmigung immer das Verfügungsrecht des Grundbesitzers und das Gemeinwohlinteresse (Walderhaltung) gegenseitig abzuwägen. Ob Gefährdungen für Natur und Umwelt vorliegen, wird im Zusammenhang der Versagungsgründe gem. Art. 9 Abs. 4 bis 7 BayWaldG geprüft und im Einvernehmen mit den Naturschutzbehörden entschieden. Gegebenenfalls sind Auflagen in Form von waldrechtlichen und/oder naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen festzusetzen. 4. Wie erklärt man der Öffentlichkeit eine Rodung – insbesondere im Hinblick auf die derzeit vollen Lager mit landwirtschaftlichen Produkten? Bei der Entscheidung über eine Rodungsgenehmigung handelt es sich immer um eine Einzelfallprüfung im Einvernehmen zwischen Forstbehörden und Naturschutzbehörde in Abwägung des öffentlichen Interesses an der Walderhaltung und den Belangen des Antragstellers. Die Folgenutzung der beantragten Rodungsflächen ist nicht Teil der wald- und umweltrechtlichen Prüfung. 5. Nachdem die meisten historischen Waldflächen aufgrund ungünstiger Boden- oder Geländeverhältnisse bisher als Waldflächen erhalten geblieben sind und eine Umnutzung oft nur mit entsprechenden Eingriffen in den Boden sinnvoll sein wird, frage ich die Staatsregierung, ob es dafür gesetzliche Regelungen gibt? Die Staatsregierung sieht im deutschen Bodenschutzrecht keine Ansatzpunkte, die Umnutzung von Wald bei Eingriffen in den Boden zu untersagen. Nach dem Waldrecht, hier BayWaldG, besteht ein grundsätzlicher Rechtsanspruch auf Erteilung einer Rodungserlaubnis . Die Rodungserlaubnis kann allerdings wie zu Frage 1 dargestellt auch zu versagen sein. Nach Art. 39 Abs. 2 BayWaldG entscheidet die Untere Forstbehörde über die Rodungserlaubnis im Einvernehmen mit der Kreisverwaltungsbehörde/Unteren Naturschutzbehörde . Damit ist sichergestellt, dass entsprechende Bedenken Berücksichtigung finden.