Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 11.04.2016 Akuelle Ausschreibung der Westfrankenbahn In Ergänzung meiner Schriftlichen Anfrage vom 18.01.2016 zur aktuellen Ausschreibung der Westfrankenbahn Drs. 17/10438 frage ich die Staatsregierung: 1. Wie lautete der genaue Text der Ausschreibung, die am 14.10.2015 im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde? 2. Wie lauteten die genauen Eckpunkte der Ausschreibung? 3. Was ist der genaue Inhalt der Kalkulationsunterlagen (bitte einschl. der verschiedenen Unterpositionen), die Baden-Württemberg eingereicht hat? 4. Bleibt es noch beim Zeitplan, dass die Zuschlagserteilung im 4. Quartal 2016 vorgesehen ist, oder hat sich beim derzeitigen Stand (siehe Schriftliche Anfrage vom 18.01.2016 Drs. 17/10438) etwas verändert? 5. Welche Folgen sind für notwendige Investitionen zu erwarten , wenn zum Beispiel 2016 der Zuschlag nicht an die Westfrankenbahn erfolgt und die Inbetriebnahme erst im Dezember 2019 vorgesehen ist? 6. Ist dann zu befürchten, dass es zwischen 2016 und 2019 zu einem Investitionsstau und Abbau des Kundenservice kommt, weil die Westfrankenbahn dann zwar noch Betreiber ist, aber 2019 nicht mehr zuständig ist, sodass sich Investitionen kaum noch lohnen? 7. Ist es dann (wenn die Westfrankenbahn den Zuschlag nicht erhält) auch möglich bzw. realistisch, dass die Inbetriebnahme auf z. B. 2017 oder 2018 vorgezogen wird? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 19.05.2016 1. Wie lautete der genaue Text der Ausschreibung, die am 14.10.2015 im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde? Der Bekanntmachungstext ist im Internet unter folgender Adresse abrufbar: http://ted.europa.eu/udl?uri=TED:NOT ICE:361527-2015:TEXT:DE:HTML 2. Wie lauteten die genauen Eckpunkte der Ausschreibung ? Die Eckpunkte der Ausschreibung des Wettbewerbsprojekts Hohenlohe – Franken – Untermain lauten wie folgt: Netz und Angebot Streckennetz Aschaffenburg – Miltenberg – Wertheim Miltenberg – Walldürn – Seckach Würzburg – Lauda – Bad Mergentheim Wertheim – Lauda – Crailsheim Crailsheim – Schwäbisch Hall-Hessental – Heilbronn Seckach – Osterburken Lauda – Osterburken Traktionsart Diesel Derzeitiger Betreiber DB RegioNetz Verkehrs GmbH/Westfrankenbahn Künftiges Grundangebot RB Aschaffenburg – Miltenberg; 1h-Takt Mo–Fr, 2h-Takt an Sa+S; RE Aschaffenburg – Miltenberg – Lauda – Crailsheim; 2h-Takt (täglich), RB Miltenberg – Walldürn (– Seckach); 1h-Takt Mo–Fr, 2h-Takt an Sa+S RB Miltenberg – Wertheim; 2h-Takt an Mo–Fr. RE Aschaffenburg – Miltenberg; HVZ-Züge an Mo–Fr, ab Miltenberg weiter als o. g. RB Miltenberg – Wertheim (2h-Takt). RB Würzburg – Bad Mergentheim: Einzelzüge Verbesserungen gegenüber heute: Verbesserung der Regionalverkehrsanschlüsse in Aschaffenburg Hbf Einzelne Angebotsverbesserungen während der HVZ im Abschnitt Aschaffenburg – Miltenberg (darunter Erweiterung des 1h-Taktes im RE-Verkehr Aschaffenburg – Miltenberg am Nachmittag) Angebotsumfang Etwa 3,4–3,6 Mio. Zugkilometer im Jahr, – davon etwa 1,1 Mio. in Bayern – davon etwa 0,17 Mio. Eventualposition in Bayern Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.07.2016 17/11570 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11570 Wichtige Mindestvorgaben Fahrzeuge Barrierefreie Gebrauchtfahrzeuge ab Baujahr 1996 sind zugelassen Auswahl des Fahrzeugherstellers und -modells sowie der Ausstattungsdetails ist dem Verkehrsunternehmen überlassen Barrierefreiheit Barrierefreier Einstieg (bei 55 cm Bahnsteighöhe ) Mindestens zwei Rollstuhlplätze im Fahrgastraum pro Zugteil Rollstuhlfreundliches WC Fahrradmitnahme Große, variabel ausgestattete Mehrzweckbereiche ; Berücksichtigung der Bedeutung des Fahrradtourismus Qualität Hohe Anforderungen an Pünktlichkeit, Anschlusssicherung, Störfallmanagement, Sitzplatzkapazitäten, Information, Sauberkeit , Serviceorientierung Einsatz umfangreicher Qualitätsmesssysteme zur Kontrolle Vertragsstrafen („Pönalen“) bei Nichteinhaltung der Vorgaben Kapazitäten Mindestvorgaben für Sitzplätze u. a. für stark frequentierte Züge im Berufs- und Schülerverkehr . Mindestvorgaben für die Mitnahme von Fahrrädern. Zugbegleiter Mindestquote 50 Prozent; Detaillierte Vorgaben zu Qualifikation und Ausbildung Fahrgastinformation Dynamische Information (Anzeiger, Durchsagen ) im Fahrzeug Lieferung von Soll- und Echtzeitdaten an den bayernweiten Datenpool für Auskunftssysteme (DEFAS BAYERN) Vertrieb Fahrscheine für verbundübergreifende Fahrten zu allen Zielen in Deutschland sind anzuerkennen und zu vertreiben; mindestens für Nahverkehrs- und Regionalzüge, Verkauf von Fernverkehrsfahrscheinen ist wünschenswert Verkauf des gesamten Verbundtarifsortiments von VVM – Verkehrsunternehmensverbund Mainfranken GmbH und VAB – Verkehrsgemeinschaft am Bayerischen Untermain Verkauf am Bahnhof durch Personal oder Automaten (Vertriebsweg ist grundsätzlich dem Verkehrsunternehmen überlassen) Personenbedienter Verkauf mit Mindestöffnungszeiten in Bayern in Würzburg und Aschaffenburg, Miltenberg und Obernburg- Elsenfeld Einrichtung eines Kundenzentrums an einem zentral im bayerischen Netz gelegenen Bahnhof Tarif Anwendung von DB-Nahverkehrstarif und Sonderangeboten (z. B. Bayern-Ticket und Fahrradtageskarte Bayern); möglichst Tarifkooperation mit Fernverkehr Anerkennung BahnCard für Verbundgrenzen überschreitende Relationen Anerkennung des gesamten Verbundtarifsortiments von VVM – Verkehrsunternehmensverbund Mainfranken GmbH und VAB – Verkehrsgemeinschaft am Bayerischen Untermain Im Bereich VAB sind Bus/Schiene-Zeitkarten anzuerkennen Verfahren Verfahrensart Europaweite freihändige Vergabe (Verhandlungsverfahren ) mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb Vergabestelle Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH Abstimmung der Planungen Aufgabenträger für den allgemeinen ÖPNV (Landkreise, kreisfreie Städte) wurden gemäß dem Bayerischen ÖPNV-Gesetz beteiligt, u. a. im Rahmen jährlicher Regionalkonferenzen . Abstimmung eines Bahn- Bus-Konzeptes im Abschnitt Aschaffenburg – Miltenberg mit Bahn-Bus-Anschlussknoten in Miltenberg. Vertragslaufzeit Dezember 2019 bis Dezember 2031 Wertung der Angebote Das wirtschaftlichste, nicht zwangsläufig das preisgünstigste Angebot erhält den Zuschlag, da auch Qualitätszusagen berücksichtigt werden, die über die Mindestanforderungen hinausgehen (u. a. Fahrzeugausstattung , Platzangebot, Service, Fahrgastinformation). Betriebsaufnahmevorbereitun - gen Bis zur Betriebsaufnahme muss das Verkehrsunternehmen regelmäßig die fristgerechte Umsetzung der Vorbereitungen nachweisen. Grundsätzliche Verantwortlichkeiten Infrastruktur Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) hat keinen direkten Einfluss auf die Infrastruktur, trägt jedoch über das Bestellerentgelt die Nutzungsgebühren. Das Verkehrsunternehmen (nicht die BEG) schließt die Nutzungsverträge mit den Infrastrukturunternehmen : DB Netz AG, DB RegioNetz Infrastruktur GmbH / Westfrankenbahn, DB Station&Service AG Weitere Ausschreibungsinhalte Vertragsart BEG beteiligt sich an einem Bruttovertrag mit Nettoanreiz, d. h. das Verkehrsunternehmen erhält den Zuschuss der BEG (Bestellerentgelt), die Einnahmen aus dem Ticketverkauf verbleiben grundsätzlich bei der BEG. Generierte Mehreinnahmen durch Fahrgaststeigerungen werden aber teilweise an das Verkehrsunternehmen weitergereicht (Anreiz, durch Kundenorientierung die Einnahmen zu erhöhen). BEG übernimmt neben dem Einnahmerisiko weitere wesentliche Risiken: Steigerungen der Infrastrukturgebühren, Energie- und Personalkosten werden zum Großteil durchgereicht (Anpassungen des Bestellerentgelts). Kapitaldienstgarantie Zur Erleichterung der Fahrzeugfinanzierung bietet das Land Baden-Württemberg auf baden-württembergischem Gebiet eine Kapitaldienstgarantie an. Neufahrzeugbonus Um Angeboten mit Neufahrzeugen eine faire Chance im Wettbewerb zu ermöglichen, erhalten Bieter, die mit Neufahrzeugen anbieten, einen Wertungsbonus. 3. Was ist der genaue Inhalt der Kalkulationsunterlagen (bitte einschl. der verschiedenen Unterpositionen), die Baden-Württemberg eingereicht hat? Das Wettbewerbsnetz „Hohenlohe-Franken-Untermain“ wird als Bruttovertrag ausgeschrieben, d. h. die Eisenbahnverkehrsunternehmen müssen in ihrer Kalkulation lediglich Drucksache 17/11570 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 ihre voraussichtlichen Kosten berechnen. Das Kalkulationsschema sieht dafür verschiedene Unterpositionen vor, die sich insbesondere aus den Produktionskosten für Fahrzeuginstandhaltung und Betrieb, den Kapital- und Finanzierungskosten für Fahrzeuge und Werkstätten, Ausgaben für Marketing und Vertrieb und einem Anteil für Wagnis und Gewinn zusammensetzen. Um den Entwicklungen bei Personal - und Energiekosten Rechnung zu tragen, wird ein Teil des Zuschussanspruchs über die Vertragslaufzeit anhand geeigneter Indizes des Statistischen Bundesamts fortgeschrieben . Die Kosten für die Trassen- und Stationsnutzung werden als durchlaufende Kosten in Gänze von den Aufgabenträgern erstattet. 4. Bleibt es noch beim Zeitplan, dass die Zuschlagserteilung im 4. Quartal 2016 vorgesehen ist, oder hat sich beim derzeitigen Stand (siehe Schriftliche Anfrage vom 18.01.2016 Drs. 17/10438) etwas verändert? Nach derzeitigem Stand ist die Zuschlagserteilung nach wie vor im 4. Quartal 2016 vorgesehen. 5. Welche Folgen sind für notwendige Investitionen zu erwarten, wenn zum Beispiel 2016 der Zuschlag nicht an die Westfrankenbahn erfolgt und die Inbetriebnahme erst im Dezember 2019 vorgesehen ist? 6. Ist dann zu befürchten, dass es zwischen 2016 und 2019 zu einem Investitionsstau und Abbau des Kundenservice kommt, weil die Westfrankenbahn dann zwar noch Betreiber ist, aber 2019 nicht mehr zuständig ist, sodass sich Investitionen kaum noch lohnen? Da es sich beim Netz der Westfrankenbahn um ein von der DB RegioNetz Infrastruktur GmbH betriebenes „Regionetz“ handelt, welches vom Eisenbahnverkehrsunternehmen rechtlich getrennt ist, darf eine Entscheidung über die Vergabe keinen Einfluss auf den mit dem Infrastrukturbetreiber vereinbarten Zeitplan für Infrastrukturmaßnahmen haben. Die Staatsregierung geht daher davon aus, dass der bisherige Zeitplan für Infrastrukturmaßnahmen (Ausbau und Modernisierung) eingehalten wird und es zu keinem Investitionsstau kommen wird. Bei der Inbetriebnahme von Wettbewerbsnetzen kommt es bei jedem Betreiberwechsel zu der Situation, dass der alte Betreiber während der letzten Jahre der Vertragslaufzeit in dem Wissen fährt, in Zukunft nicht mehr für das Netz zuständig zu sein. Dies darf aber keine negative Auswirkung auf den Kundenservice haben. Die vom Verkehrsunternehmen zu erbringende Leistung ist im jeweiligen Verkehrsdurchführungsvertrag geregelt und während der gesamten Vertragslaufzeit vertragskonform zu erbringen. Darüber hinaus wird die Qualität im Rahmen eines Qualitätsmesssystems anhand verschiedener Kriterien mithilfe von Fahrgastbefragungen , offenen und verdeckten Tests überprüft. Die hierbei erreichte Punktzahl wird in Form eines Rankings für alle bayerischen Netze veröffentlicht und ist mit einem Bonus-Malus-Anreizsystem verbunden. Aus diesen Gründen ist nicht zu befürchten, dass es bei einem eventuellen Betreiberwechsel zu einem Abbau des Kundenservices kommt. 7. Ist es dann (wenn die Westfrankenbahn den Zuschlag nicht erhält) auch möglich bzw. realistisch, dass die Inbetriebnahme auf z. B. 2017 oder 2018 vorgezogen wird? Eine vorgezogene Inbetriebnahme des ausgeschriebenen Verkehrsvertrags auf Dezember 2017 oder 2018 ist auch im Falle eines Zuschlags an die Westfrankenbahn nicht möglich. Der neue Verkehrsvertrag wird im Vergabeverfahren Hohenlohe-Franken-Untermain mit Beginn zum Fahrplanwechsel im Dezember 2019 ausgeschrieben. Die dort geregelten Fahrplananpassungen etc. treten somit unabhängig vom künftigen Betreiber erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft. Der derzeitige Verkehrsvertrag mit der Westfrankenbahn endet im Dezember 2016. Für die Übergangszeit zwischen Dezember 2016 und Dezember 2019 haben sowohl die Bayerische Eisenbahngesellschaft mbH für die bayerischen als auch das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg für die baden-württembergischen Streckenabschnitte jeweils einen Übergangsvertrag an die Westfrankenbahn vergeben.