Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gisela Sengl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 14.03.2016 Bier und Brauereiwirtschaft in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie hat sich die Brauereilandschaft vor dem Hintergrund der zunehmenden Konzentration einerseits und der neuen Vielfalt an regionalen Kleinbrauereien und Hausbrauereien andererseits in den vergangenen Jahren entwickelt? 2. Wie viele Arbeitsplätze sind derzeit unmittelbar mit Herstellung von Bier in Bayern verbunden (bitte nach Regierungsbezirken getrennt aufgliedern) a) in der Landwirtschaft, b) in Mälzereien, c) in der Brauereiwirtschaft? 3. a) Wie viel Bier wurde in Bayern (bitte nach Regierungsbezirken getrennt aufgliedern) und Deutschland in den vergangenen fünf Jahren produziert? b) Welcher Bierkonsum steht dem in Bayern und Deutschland gegenüber und wie hat dieser sich in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? c) Welcher Anteil des in Bayern bzw. in Deutschland produzierten Bieres wurde in den letzten 5 Jahren exportiert ? 4. Wie lässt sich das Reinheitsgebot, für dessen Beibehaltung sich 2014 laut einer Forsa-Umfrage 85 % der Deutschen ausspachen, mit dem Nachweis von Glyphosat und Mikroplastik in Bieren vereinbaren? 5. Wie viele Biere wurden im Rahmen der Lebensmittelüberwachung 2014 und 2015 untersucht und welche Ergebnisse aus den Kontrollen liegen vor (bitte getrennt nach ausländischen, deutschen und bayerischen Bieren aufgliedern)? 6. a) Welche Rolle spielt der heimische Hopfenanbau in Bayern für die Brauereiwirtschaft? b) Inwiefern wird der Hopfenanbau in Bayern vom Klimawandel beeinflusst? c) Welche Schadorganismen beim Hopfenanbau werden durch den Klimawandel in Zukunft eine größere Rolle spielen und wie wird dem vorgebeugt? 7. Inwieweit beeinflusst der Vertrieb von ausländischen Bieren, die nicht an das Reinheitsgebot gebunden sind, die bayerische Bierproduktion, insbesondere auch neuartige Biere mit besonderen Geschmacksnoten und anderen Herstellungsprozessen, wie das sogenannte Craft-Bier? 8. Welchen mengenmäßigen Anteil haben Spezialitätenbrauereien mit Craft-Bieren in Bayern? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 24.05.2016 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsmi nisterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten , dem Staatsministeri um für Umwelt und Verbraucherschutz sowie dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales , Familie und Integration wie folgt beantwortet: 1. Wie hat sich die Brauereilandschaft vor dem Hintergrund der zunehmenden Konzentration einerseits und der neuen Vielfalt an regionalen Kleinbrauereien und Hausbrauereien andererseits in den vergangenen Jahren entwickelt? Die Brauwirtschaft sieht sich seit Mitte der 1970er-Jahre einem langfristig sinkenden Bierkonsum ausgesetzt. In den letzten zehn Jahren sank der Bierverbrauch je Einwohner in Deutschland von 111,0 Liter auf 98,4 Liter. Diese Entwicklung geht naturgemäß mit einem verminderten Bierabsatz einher. Seit 1993 sank der deutsche Gesamtbierabsatz um rund 15 %. Da mit einhergehend kam es in den letzten Jahren und Jahrzehnten zu einer Marktkonsolidierung, die insbesondere traditionelle, meist mittelständische, familiengeführte Brauereien traf. Die Zahl der Brauereien mit einem Jahresausstoß zwischen 5.000 und 1.000.000 hl sank seit 1993 erheblich: Die Rückgänge schwanken je nach Größenklasse zwischen knapp einem Drittel und gut der Hälfte. Die 70 deutschen Brauereien mit einem Ausstoß von mehr als 200.000 hl pro Jahr produzieren knapp 84 % des deutschen Ausstoßes. Gleichzeitig sieht sich der Biermarkt mit den Megatrends Qualität, Regionalität und gesteigertes Gesundheitsbewusstsein konfrontiert, die insbesondere im Lebensmittelbereich ihren Niederschlag finden. Diese Entwicklungen führten zu einem erheblichen Anstieg von Brauereineugründungen vor allem im Bereich von Gasthaus- und Klein- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.07.2016 17/11573 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11573 brauereien. Seit 1993 haben diese Neugründungen in allen Bundesländern außer Bayern und Thüringen die Zahl der Schließungen überkompensiert. Dies liegt darin begründet, dass in Bayern traditionell bereits sehr viele Kleinbrauereien ansässig sind. Bayern kann weiterhin auf eine weltweit einzigartige Brauereilandschaft bauen. Nahezu jede zweite deutsche Braustätte sitzt im Freistaat, was zur weltweit höchsten Brauereidichte führt. Damit einher geht eine hohe Produktvielfalt : der Bayerische Brauerbund zählt über 40 verschiedene Biersorten und rund 4.000 Marken in Bayern. Die Qualität des Bierstandorts Bayern spiegelt sich auch darin wider, dass sich hier in den letzten Jahren die Gesamtjahreserzeugung entgegen dem deutschlandweiten Trend positiv entwickelt hat (vgl. Fragen 3 a und 3 b). 2. Wie viele Arbeitsplätze sind derzeit unmittelbar mit Herstellung von Bier in Bayern verbunden (bitte nach Regierungsbezirken getrennt aufgliedern) a) in der Landwirtschaft? In der Landwirtschaft sind keine Arbeitsplätze unmittelbar mit der Herstellung von Bier in Bayern verbunden. Jedoch erzeugt die Landwirtschaft die Rohstoffe Gerste und Hopfen für die Bierherstellung. Der Staatsregierung liegen keine Daten vor, wie viel Arbeitsplätze in der Landwirtschaft mit der Erzeugung dieser Rohstoffe verbunden sind. Eine grobe Schätzung der für die Rohstoffproduktion notwendigen Arbeitskräfte lässt sich aus den Anbauflächen (Erntejahr 2015) und dem durchschnittlichen Arbeitskräftebedarf je Hektar ermitteln . Demnach sind für die Hopfenerzeugung in Bayern rund 1.400 Voll-Arbeitskräfte1 und für die Gerstenerzeugung rund 400 Voll-Arbeitskräfte2 notwendig. Diese Zahlen beziehen sich ausschließlich auf die notwendigen Voll-Arbeitskräfte für die Betriebszweige Sommergerste bzw. Hopfen. Sie geben keine Auskünfte über die Anzahl der zur Erledigung der Arbeit eingesetzten Personen. 1 (15.272 ha Hopfen x 203 AKh/ha)/2.200 AKh/AK und Jahr. 2 (104.000 ha Sommergerste x 8,7 AKh/ha)/2.200 AKb/AK und Jahr. b) in Mälzereien? Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Herstellung von Malz (WZ 2008 Nr. 1106) zum 30.09.2015: Bayern 362 Oberbayern - Niederbayern - Oberpfalz * Oberfranken * Mittelfranken * Unterfranken 42 Schwaben * *) Aus Datenschutzgründen und Gründen der statistischen Geheimhaltung werden Zahlenwerte von 1 oder 2 und Daten, aus denen rechnerisch auf einen solchen Zahlenwert geschlossen werden kann, anonymisiert. Gleiches gilt, wenn eine Region oder ein Wirtschaftszweig 1 oder 2 Betriebe aufweist oder einer der Betriebe einen so hohen Beschäftigtenanteil auf sich vereint, dass die Beschäftigtenzahl praktisch eine Einzelangabe über diesen Betrieb darstellt (Dominanzfall). c) in der Brauereiwirtschaft? Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Herstellung von Bier (WZ 2008 Nr. 1105) zum 30.09.2015: Bayern 11.928 Oberbayern 4.072 Niederbayern 1.333 Oberpfalz 846 Oberfranken 1.882 Mittelfranken 866 Unterfranken 700 Schwaben 2.229 3. a) Wie viel Bier wurde in Bayern (bitte nach Regierungsbezirken getrennt aufgliedern) und Deutschland in den vergangenen fünf Jahren produziert? Gesamtjahreserzeugung in Hektolitern (hl) 2011 2012 2013 2014 2015 Bayern 21.894.799 22.111.600 22.237.93222.717.834 22.935.104 Deutschland 91.633.63190.041.04188.667.01789.417.766 88.423.153 Separate Zahlen für die Regierungsbezirke sind nicht verfügbar . b) Welcher Bierkonsum steht dem in Bayern und Deutschland gegenüber und wie hat dieser sich in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? Bierabsatz in hl 2011 2012 2013 2014 2015 Bayern 22.102.75122.138.83222.313.08723.158.068 23.746.339 Deutschland 98.335.21496.554.62894.662.87295.661.990 95.733.313 Der Bayerische Brauerbund verwendet als Basis für die Berechnung des Pro-Kopf-Bierverbrauchs nicht den Bierabsatz der amtlichen Statistik, sondern den selbst errechneten Bierausstoß, der die tatsächlich vor Ort produzierte Biermenge einschließlich alkoholfreien Bieres abbilden soll. Auf dieser Basis ergeben sich nachfolgende Zahlen: Pro-Kopf-Bierverbrauch in Deutschland in Litern: 2010: 107,4 2011: 109,3 2012: 107,3 2013: 106,6 2014: 107,0 Für Bayern existieren keine eigens erfassten Zahlen. Der Bayerische Brauerbund geht davon aus, dass sich der Bierkonsum in Bayern im Bereich von etwa 135–140 Litern bewegt . c) Welcher Anteil des in Bayern bzw. in Deutschland produzierten Bieres wurde in den letzten 5 Jahren exportiert? Betriebe von Unternehmen mit im Allgem. 20 oder mehr Beschäftigten der Herstellung von Bier (WZ 2008 Nr. 1105), Exportquote bezogen auf den Umsatz in % 2011 2012 2013 2014 2015 Bayern 12,0 13,1 13,8 14,4 14,7 Deutschland 8,2 9,0 9,6 10,1 11,2 Drucksache 17/11573 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 4. Wie lässt sich das Reinheitsgebot, für dessen Beibehaltung sich 2014 laut einer Forsa-Umfrage 85 % der Deutschen ausspachen, mit dem Nachweis von Glyphosat und Mikroplastik in Bieren vereinbaren? In der Presse wurde das Reinheitsgebot verknüpft mit Glyphosat : Glyphosatrückstände im Bier wiedersprächen dem Reinheitsgebot. Dies trifft nicht zu. Das Reinheitsgebot für Bier regelt, aus welchen be stimmten Zutaten Bier hergestellt werden darf. Davon zu trennen ist die mögliche Belastung eines Bieres mit Glyphosatrückständen oder mit Mikroplastik. 5. Wie viele Biere wurden im Rahmen der Lebensmittelüberwachung 2014 und 2015 untersucht und welche Ergebnisse aus den Kontrollen liegen vor (bitte getrennt nach ausländischen, deutschen und bayerischen Bieren aufgliedern)? Ausland Deutschland* Bayern Beanstandung 3 195 194 Sachverständigenäußerung 8 273 244 ohne Beanstandung 95 1.074 1.005 Probenanzahl 106 1.542 1.443 *) Deutschland inkl. Bayern 6. a) Welche Rolle spielt der heimische Hopfenanbau in Bayern für die Brauereiwirtschaft? Die bayerischen Hopfenanbaugebiete Hallertau und Spalt sind die bundesweit bedeutendsten Hopfenanbaugebiete. Rund 85 Prozent der deutschen Hopfenanbaufläche bzw. rund 30 % der weltweiten Hopfenanbaufläche befindet sich in Bayern. Die bayerischen Brauereien verwenden zum Bierbrauen größtenteils Hopfen aus Bayern. Insbesondere für die Brauereien, die entweder Hopfensorten benötigen, die ausschließlich in Bayern angebaut werden, oder die die regionale Herkunft des Hopfens betonen, ist der Hopfenanbau in Bayern unverzichtbar. b) Inwiefern wird der Hopfenanbau in Bayern vom Klimawandel beeinflusst? Der Hopfenanbau wird wie jedes andere pflanzliche Produktionsverfahren von den Folgen des Klimawandels betroffen sein. Diese sind z. B. das vermehrte Auftreten von Unwetterereignissen wie Starkregen, Hagel oder Sturm, eine Zunahme von Naturkatastrophen wie Hochwasser und zunehmende Trockenheit und Hitze während der Vegetationszeit. Trockenheit und Hitze beeinflussen den Hopfen stark, wie die Erfahrungen des Jahres 2015 zeigten. Die Trockenheit führte zu Mindererträgen von rund 30 Prozent. Die Gerüstanlagen des Hopfens sind besonders anfällig gegen Starkwind , insbesondere zu Zeiten, wenn der Hopfen voll entwickelt ist und die Hopfenanlage hohen Windwiderstand bietet. In der Folge kann die Gerüstanlage bei starkem Wind bzw. Sturmböen teilweise oder völlig zusammenbrechen. Starke Niederschläge können zu Bodenerosion führen, insbesondere bei Hopfengärten mit starker Hangneigung und ohne Erosionsschutzmaßnahmen. Hochwasserschäden an Hopfen sind überall dort möglich, wo Hopfen im Überschwemmungsbereich von Bächen und Flüssen angebaut wird. Die Folgen von Überflutungen reichen von Wachstumsdepressionen bis zum vollständigen Absterben der Hopfenpflanze. c) Welche Schadorganismen beim Hopfenanbau werden durch den Klimawandel in Zukunft eine größere Rolle spielen und wie wird dem vorgebeugt? Infolge des Temperaturanstiegs durch den Klimawandels ist häufiger mit milderen Wintern zu rechnen. In den Monaten mit Vegetation steigt die Wahrscheinlichkeit von trocken-warmen Wetterabschnitten und von Hitzeperioden an. Durch beides wird besonders das Auftreten tierischer Schäd inge begünstigt. Im Hopfenanbau erhöht sich in warmen Jahren speziell die Gefahr des Befalls durch die Gemeine Spinnmilbe (Tertranychus urticae), ein Schädling, der potenziell zu Totalverlusten führen kann. Dem Schädling wird durch Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutzes begegnet. Gegenmaßnahmen sollen nach Überschreiten wissenschaftlich ermittelter Bekämpfungsschwellen erfolgen. Die Etablierung und die Kontrolle der Spinnmilben durch Raubmilben werden im Rahmen der Forschung untersucht. Ziel der Arbeiten ist die Entwicklung eines praxistauglichen Verfahrens der biologischen Schädlingskontrolle. Zugleich wird aber auch die ausreichende Verfügbarkeit von wirksamen Mitteln gegen diesen Schädling noch wichtiger, um einen sicheren Schutz des Hopfens zu gewährleisten und um durch einen regelmäßigen Wirkstoffwechsel die Bildung von Resistenzen bei den Schädlingen zu verhindern. Neben der Spinnmilbe werden durch höhere Temperaturen auch die Aktivität des Hopfenerdflohes (Pylloides attenuatus ) und der Hopfenblattlaus (Phorodon humult) gefördert . Bei beiden Schädlingen zeichnen sich aktuell noch keine Ansätze für den gezielten Einsatz von Gegenspielern ab, sodass die notwendige Kontrolle des Schädlingsbefalls durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Rahmen der guten fachlichen Praxis erfolgt. 7. Inwieweit beeinflusst der Vertrieb von ausländischen Bieren, die nicht an das Reinheitsgebot gebunden sind, die bayerische Bierproduktion, insbesondere auch neuartige Biere mit besonderen Geschmacksnoten und anderen Herstellungsprozessen , wie das sogenannte Craft-Bier? Das Reinheitsgebot dient deutschen Brauereien als etabliertes und bekanntes Qualitätsmerkmal. Verbunden mit dem hervorragenden Ruf, den deutsches und insbesondere bayerisches Bier weltweit genießt, stellt das Reinheitsgebot ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal für die deutschen Brauereien dar. Der vergleichsweise geringe Anteil an importierten Bieren am deutschen Biermarkt ist nicht zuletzt dem Reinheitsgebot zu verdanken. Der Bierabsatz aus den Importen (registrierte Empfänger) lag 2015 deutschlandweit bei knapp 5,5 Mio. hl, was einem Gesamtbierabsatz von knapp 96 Mio. hl gegenübersteht. Dies entspricht einer Quote von unter 6 %. Bezogen auf Bayern liegt diese Quote sogar bei unter 3 %. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass das Reinheitsgebot den Vertrieb ausländischer Biere in Bayern beflügelt. In Bezug auf die Craft-Bier-Bewegung ist darauf hinzuweisen , dass auch nach dem bayerischen Reinheitsgebot Craft-Bier gebraut werden kann. Die hohe Kunstfertigkeit und Kreativität, die die Craft-Brauer für sich beanspruchen, kann mittels der großen Vielfalt von Hopfen- und Malzsorten sowie Brautechniken realisiert werden. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11573 Die Craft-Bewegung trifft dabei in Bayern auf fruchtbaren Boden. Gerade in Bayern wird traditionell die Wertschätzung von hoch qualitativem Bier gelebt. Dies äußert sich unter anderem in einer dem deutschen Trend entgegenstrebenden steigenden Biererzeugung (vgl. Antwort zu Frage 3 a). Auf der anderen Seite sollte die Craft-Bewegung auch als willkommene Belebung des Biermarktes verstanden werden . Kunden werden wieder verstärkt auf die Bedeutung von Qualität und Regionalität hingewiesen, beides traditionelle Tugenden der bayerischen Brauereilandschaft. Dazu ermutigt die Bereitschaft, neue Geschmacksrichtungen zu erkunden, Braumeister zu kreativen Neuschöpfungen oder zur Wiederbelebung alter Rezepturen. Die erhöhte Zahlungsbereitschaft von Craft-Biertrinkern schließlich vermag den enormen Preisdruck abzusenken, der vor allem durch den Preiskampf der großen Unternehmen an die kleinen und mittleren Brauereien weitergegeben wird. Dies ermöglicht verstärkt Brauereien unterhalb der Schwelle zur industriellen Bierproduktion eine rentable Marktteilnahme. 8. Welchen mengenmäßigen Anteil haben Spezialitätenbrauereien mit Craft-Bieren in Bayern? Für den Begriff „Craft-Bier“ bzw. „Craft-Brauerei“ existiert keine offizielle Definition. Der Ausdruck beschreibt das Selbstverständnis und den Anspruch der Brauereien an sich, die sich der Bewegung zuordnen. Dies sind üblicherweise Brauereien mit einem vergleichsweise geringen Bierausstoß bei hohem handwerklichen Anspruch. Soweit man jedoch beispielsweise US-amerikanische Größenverhältnisse zugrunde legt, könnte man nach diesem Ansatz sämtliche bayerischen Brauereien der Craft-Bewegung zuordnen. Der Deutsche Brauerbund verzichtet in seiner Definition auf den Bezug zur Größe und versteht unter Craft-Bieren meist hopfen- und malzbetonte, aromaintensive Biere, die nach dem Reinheitsgebot gebraut werden und von Regionalität und Experimentierfreude geprägt sind. Dazu ist anzumerken , dass mittlerweile auch große Brauereikonzerne verschiedene ihrer Produkte als Craft-Biere bewerben. Auf dieser Basis ist eine fundierte Aussage über den Anteil von Craft-Brauereien nicht möglich. Eine getrennte Ausweisung von Spezialitätenbrauereien mit Craft-Bieren wird dement sprechend nicht vorgenommen. Eine näherungsweise Aussage kann getroffen werden, indem die Zahl der Mikrobrauereien jährliche Erzeugung weniger als 3.000 hl) als Hilfsgröße herangezogen wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht alle Mikrobrauereien Craft-Bier produzieren, auf der anderen Seite aber auch immer mehr mittelgroße und große Brauereien Craft-Biere in ihr Sortiment aufnehmen. Der Anteil der Mikrobrauereien ist in Deutschland seit 2006 um gut 20 % gestiegen und liegt nun bei knapp zwei Drittel aller in Deutschland betriebenen Brauereien. Der Anteil am deutschlandweiten Absatz (ohne Bayern) hingegen liegt bei unter 0,5 %. In Bayern kommt dieser Wert immerhin auf über 1 %.