Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Markus Ganserer, Gisela Sengl, Claudia Stamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 28.04.2016 Der Ausbau der A 8 von München bis zur Landesgrenze im Entwurf zum Bundesverkehrswegeplan 2030 Der Ausbau der A 8 von München bis zur Landesgrenze ist im Entwurf zum Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 (A008-G010-BY) mit vier Teilprojekten enthalten, aber nur als Gesamtprojekt bewertet worden, obwohl sich dadurch zwangsläufig gravierende „Unschärfen“ ergeben müssen. Insgesamt hat das Projekt ein dramatisch schlechtes Nutzen -Kosten-Verhältnis (NKV) von 1,2 und das im BVWP 2030 eingefügte Projekt widerspricht den bisherigen Planungen der Autobahndirektion Südbayern. Der Teilabschnitt „Bernauer Berg bis Felden“ war bislang im „Weiteren Bedarf“ eingruppiert und kein Bestandteil der Planungen, wohingegen der Teilabschnitt AS Frasdorf–AS Bernau im BVWP 2003 im Vordringlichen Bedarf eingruppiert war. Es existiert auch bereits ein Vorentwurf, der in Berlin zum Sichtvermerk vorgelegt wurde. Im Projekt „A008-G010-BY“ ist dieser Abschnitt völlig ausgenommen , obwohl er aufgrund des Gefälles der angestrebten Entwurfsklasse 1 völlig widerspricht. Wird der Bernauer Berg nun von jeglicher Planung ausgenommen, wird er ein ewiger Engpass bleiben. Dafür ist plötzlich der Bereich Felden bis Grabenstätt enthalten, der bislang nie in der Diskussion stand und laut Auskunft der Autobahndirektion Südbayern vom 25.02.2016 nicht beplant wird. Es ist der einzige Bereich, der bereits mit Standstreifen ausgestattet ist, allerdings bei vier Fahrspuren (4+2). Die für 2030 prognostizierte mittlere Verkehrsbelastung beträgt laut BVWP-Entwurf 73.000 Kfz/24 h. Tatsächlich werden für 2030 im Nullfall der amtlichen Prognose für die Anschlussstelle Felden allerdings nur 56.300 Kfz/24 h bzw. für den Planfall für diese Anschlussstelle nur 58.600 Kfz/24 h prognostiziert (Quelle: Prof. Kurzak, Verkehrsuntersuchung A 8 München–Salzburg im Abschnitt Rosenheim-Landesgrenze, Prognose 2030, Mai 2013). Folgt man den Prognosen von Prof. Kurzak, werden bereits im Abschnitt „Rosenheim–Achenmühle“ und weiter auf 65 km bis zur Landesgrenze 73.000 Kfz/24 h niemals erreicht. Prof. Kurzaks Prognosen liegen also deutlich darunter. Die zu erwartende Verkehrsbelastung in dem Abschnitt des Teilprojekts „A008-G10-BY-T3-BY“ und „A008- G010-BY-T4-BY“ ist derart gering, dass entsprechend den Richtlinien auch ein 4+2-Ausbau möglich ist. Wir fragen die Staatsregierung: 1. a) Warum wurden die Teilprojekte nicht einzeln bewertet, wo doch die zu erwartenden Verkehrszahlen für die einzelnen Abschnitte derart unterschiedlich sind und außerdem in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen eingruppiert sind? b) Wie wirkt sich dieses Vorgehen der Zusammenfassung auf das NKV aus? c) Wie hoch sind die NKVs für die einzelnen Teilprojekte? 2. a) Wie wird die Herausnahme des Bereichs Bernauer Berg begründet? b) Wird der Bernauer Berg dadurch nicht dauerhaft ein Engpass bleiben, da das hohe Gefälle eine dauerhafte Gefahrenstelle bleiben wird? c) Wie hoch waren die bisherigen Planungskosten für den Abschnitt Bernauer Berg–Felden? 3. a) Wie wird die Inkludierung des Abschnittes Felden– Grabenstätt begründet? b) Wie kommt man zur Aussage im Hauptprojekt, dass keinerlei Überschwemmungsgebiete tangiert werden, wenn man den Chiemsee im Planungsgebiet hat und die AS Grabenstätt beim letzten Hochwasser vollständig zerstört wurde? c) Wie kann die Umweltbelastung im Teilprojekt A008- G010-BY-T4-BY als „mittel“ eingestuft werden, wenn es Bauabschnitte gibt, für die eine äußerst aufwendige Variantenuntersuchung gemacht wurde und man jeder dieser Varianten eine erhebliche Beeinträchtigung attestieren muss, die im Umweltbericht des Projektdossiers sogar explizit erwähnt wird? 4. a) Wie hoch waren die bisherigen Planungskosten im Abschnitt Jechling–Bundesgrenze? b) Ist es sinnvoll, zum jetzigen Zeitpunkt ein Planfeststellungsverfahren für diesen Abschnitt einzuleiten? c) Ist dieses geplant? 5. a) Weshalb haben die großen Probleme in der Planung mit dem Hochwasserschutz allein im Bereich Piding im Umweltbericht des BVWP keinerlei Erwähnung gefunden ? b) Weshalb hat die Berührung des Wasserschutzgebietes in Anger im Umweltbericht des BVWP keinerlei Erwähnung gefunden? c) Warum wurden und werden die Alternativen eines bedarfsgerechten 4+2-Ausbaus nicht untersucht, obwohl diese in jedem Fall zu einem sehr viel besseren NKV führen und damit eine Realisierung des Projektes deutlich wahrscheinlicher machen würden? 6. a) Wie viele der Brückenbauwerke wurden in den letzten Jahren saniert bzw. erneuert und erfüllen deshalb wieder die für den Betrieb der Autobahn notwendigen Voraussetzungen? b) Wie hoch waren die Kosten für die Erneuerung der Brückenbauwerke in den letzten fünf Jahren? c) Welche Brückenbauwerke werden derzeit saniert? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 08.08.2016 17/11741 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11741 7. a) Wie ist der Umstand gewertet, dass die Ausbaupläne ab der Landesgrenze in Österreich eingestellt wurden und somit im Ortsbereich Bad Reichenhall eine Verringerung der Fahrleistung erfolgen wird? b) Wie hoch waren die Kosten für den Planungsdialog inklusive der internen Personalkosten? c) Wie hoch waren die Kosten für externe Gutachter (Raumplaner) im Rahmen des Verfahrens? 8. a) Warum wurde der Abschnitt Felden–Grabenstätt damals nicht einbezogen, woraufhin nun grundlegende Zahlen fehlen? b) Wie errechnet sich ein im BVWP angegebener Flächenverbrauch von nur 87,4 ha, wenn alleine in den laufenden Planfeststellungsverfahren des Teilprojektes 3 für einen Bruchteil der Strecke höhere Flächenverbräuche öffentlich zugänglich dokumentiert sind? c) Ist das Projekt volkswirtschaftlich vertretbar, obwohl sich über 200 Millionen EUR Barwert aus Reisezeitgewinnen kleiner 1 Minute ergeben, die für einzelne Verkehrsteilnehmer eine kaum spürbare „Verbesserung“ darstellen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 31.05.2016 1. a) Warum wurden die Teilprojekte nicht einzeln bewertet , wo doch die zu erwartenden Verkehrszahlen für die einzelnen Abschnitte derart unterschiedlich sind und außerdem in unterschiedliche Dringlichkeitsstufen eingruppiert sind? b) Wie wirkt sich dieses Vorgehen der Zusammenfassung auf das NKV aus? c) Wie hoch sind die NKVs für die einzelnen Teilprojekte ? 2. a) Wie wird die Herausnahme des Bereichs Bernauer Berg begründet? b) Wird der Bernauer Berg dadurch nicht dauerhaft ein Engpass bleiben, da das hohe Gefälle eine dauerhafte Gefahrenstelle bleiben wird? 3. a) Wie wird die Inkludierung des Abschnittes Felden– Grabenstätt begründet? b) Wie kommt man zur Aussage im Hauptprojekt, dass keinerlei Überschwemmungsgebiete tangiert werden, wenn man den Chiemsee im Planungsgebiet hat und die AS Grabenstätt beim letzten Hochwasser vollständig zerstört wurde? c) Wie kann die Umweltbelastung im Teilprojekt A008-G010-BY-T4-BY als „mittel“ eingestuft werden , wenn es Bauabschnitte gibt, für die eine äußerst aufwendige Variantenuntersuchung gemacht wurde und man jeder dieser Varianten eine erhebliche Beeinträchtigung attestieren muss, die im Umweltbericht des Projektdossiers sogar explizit erwähnt wird? 5. a) Weshalb haben die großen Probleme in der Planung mit dem Hochwasserschutz allein im Bereich Piding im Umweltbericht des BVWP keinerlei Erwähnung gefunden? b) Weshalb hat die Berührung des Wasserschutzgebietes in Anger im Umweltbericht des BVWP keinerlei Erwähnung gefunden? 7. a) Wie ist der Umstand gewertet, dass die Ausbaupläne ab der Landesgrenze in Österreich eingestellt wurden und somit im Ortsbereich Bad Reichenhall eine Verringerung der Fahrleistung erfolgen wird? 8. a) Warum wurde der Abschnitt Felden–Grabenstätt damals nicht einbezogen, woraufhin nun grundlegende Zahlen fehlen? b) Wie errechnet sich ein im BVWP angegebener Flächenverbrauch von nur 87,4 ha, wenn alleine in den laufenden Planfeststellungsverfahren des Teilprojektes 3 für einen Bruchteil der Strecke höhere Flächenverbräuche öffentlich zugänglich dokumentiert sind? c) Ist das Projekt volkswirtschaftlich vertretbar, obwohl sich über 200 Millionen EUR Barwert aus Reisezeitgewinnen kleiner 1 Minute ergeben, die für einzelne Verkehrsteilnehmer eine kaum spürbare „Verbesserung“ darstellen? Die Bewertung der Projekte im Rahmen der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes ist dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vorbehalten. Bayern war und ist in die Einzelheiten der Bewertung nicht eingebunden, die zu den Einschätzungen und Einstufungen im Referentenentwurf des neuen Bundesverkehrswegeplans geführt haben bzw. die ggf. noch aus der erfolgten Öffentlichkeitsbeteiligung abgeleitet werden. Die o. a. Fragen zur Bewertung und Darstellung der Projekte können daher nur vom BMVI beantwortet werden. 2. c) Wie hoch waren die bisherigen Planungskosten für den Abschnitt Bernauer Berg–Felden? Die Kosten für die Entwurfsplanungen im Abschnitt Bernauer Berg – Felden betrugen seit 2011 rund 0,8 Millionen €. 4. a) Wie hoch waren die bisherigen Planungskosten im Abschnitt Jechling–Bundesgrenze? Die Kosten für die Entwurfsplanungen im Abschnitt Jechling – Bundesgrenze betrugen seit 2011 rund 1,5 Millionen €. b) Ist es sinnvoll, zum jetzigen Zeitpunkt ein Planfeststellungsverfahren für diesen Abschnitt einzuleiten ? Derzeit werden die Unterlagen für den Vorentwurf fertiggestellt . Der Vorentwurf wird dem BMVI zur Erteilung des Gesehenvermerks vorgelegt. Voraussetzung für die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens ist dieser Gesehenvermerk sowie eine entsprechende Einstufung im Bundesverkehrswegeplan (BVWP 2030). c) Ist dieses geplant? Die Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens ist derzeit noch nicht konkret geplant (vgl. 4 b). Drucksache 17/11741 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 5. c) Warum wurden und werden die Alternativen eines bedarfsgerechten 4+2-Ausbaus nicht untersucht, obwohl diese in jedem Fall zu einem sehr viel besseren NKV führen und damit eine Realisierung des Projektes deutlich wahrscheinlicher machen würden ? Ein Ausbau der Autobahn mit vier Fahrstreifen und zwei Standstreifen wurde im Rahmen des vorangegangenen Planungsdialogs untersucht und ausführlich diskutiert. Dieser Ausbaustandard wurde nicht weiterverfolgt, da damit die hohen Verkehrsbelastungen – beispielsweise im Ferienreiseverkehr – nicht zufriedenstellend abgewickelt werden können . Gegenüber den durchschnittlichen täglichen Verkehren liegt die Durchschnittsbelastung in den Monaten Juli und August um rund 40 % über dem Jahresmittelwert. Die Spitzenbelastungen in diesen Monaten und auch an Wochenenden außerhalb dieser Monate werden nach dem 6-streifigen Ausbau deutlich über der Kapazitätsgrenze eines 4-streifigen Querschnitts liegen. Nur ein 6-streifiger Ausbauquerschnitt stellt damit eine ausreichende Leistungsfähigkeit und Qualität des Verkehrsablaufs über das ganze Jahr hinweg gesehen sicher. Auch könnten Lärmschutzmaßnahmen nach den geltenden Gesetzen und Regelwerken nicht im gleichen Umfang wie bei einem 6-streifigen Ausbau realisiert werden. 6. a) Wie viele der Brückenbauwerke wurden in den letzten Jahren saniert bzw. erneuert und erfüllen deshalb wieder die für den Betrieb der Autobahn notwendigen Voraussetzungen? In den letzten fünf Jahren wurden 72 Brückenbauwerke saniert bzw. erneuert. Hinweis: Bei den Erneuerungen wurde aufgrund des beabsichtigten 6-streifigen Ausbaus aus wirtschaftlichen Gründen teilweise nur eine begrenzte Lebensdauer der Bauwerke vorgesehen. b) Wie hoch waren die Kosten für die Erneuerung der Brückenbauwerke in den letzten fünf Jahren? In den letzten fünf Jahren wurden insgesamt ca. 62 Millionen Euro (brutto) für die Instandsetzung/Erneuerung von Brückenbauwerken verausgabt. Davon entfallen rund 40 Millionen Euro (brutto) auf Ersatzneubauten . Darin enthalten ist mit 25,8 Millionen Euro (brutto) auch die Talbrücke Bergen, welche im Vorgriff auf den 6-streifigen Streckenausbau bereits 6-streifig hergestellt wurde. Rund 22 Millionen Euro (brutto) wurden für Instandsetzungen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit verausgabt. c) Welche Brückenbauwerke werden derzeit saniert? Derzeit werden Bauwerke im Bereich der Anschlussstelle Traunstein/Siegsdorf (BW 167, BW 168), bei Neukirchen (BW 180), über die Pidinger Ache (BW 218) und am Autobahndreieck Inntal (BW 86) erneuert. Allgemeiner Hinweis: Auf der Bundesautobahn A 8 Ost besteht derzeit an rund 91 Brückenbauwerken weiterer Erhaltungsbedarf, um kurz- und mittelfristig die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. 7. b) Wie hoch waren die Kosten für den Planungsdialog inklusive der internen Personalkosten? c) Wie hoch waren die Kosten für externe Gutachter (Raumplaner) im Rahmen des Verfahrens? Eine detaillierte Aussage zu diesen Fragen ist nicht möglich, da die Daten nicht gesondert ermittelt wurden. Die Kosten für Planungsleistungen externer Ingenieurbüros (Stadtplanung , Landschaftsplanung, Variantenplanung, Wirtschaftlichkeitsprüfung ) betrugen rund 1,2 Millionen Euro.