Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Christian Magerl, Ulrich Leiner, Rosi Steinberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 21.04.2016 Bewertungen der Schadstoffproblematik in Zusammenhang mit den Sprengstoffsuchgeräten am Flughafen München II Wir fragen die Staatsregierung: 1. Von wem wurden der TÜV Nord und das Institut Fresenius mit einer bzw. vier Messungen beauftragt, auf denen die Stellungnahme des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Ludwig-Maximilian-Universität (LMU) unter anderem basiert? 2. Aus welchen Gründen wurden dem LMU-Institut offenbar die Mess- und Analyseergebnisse der Müller-BBM GmbH bzw. der Gesellschaft für Umweltchemie nicht vorgelegt , die den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses des Landtags übermittelt wurde und auf die im Bericht der Staatsregierung zu den Drucksachen 17/8762 und 17/8807 Bezug genommen wird, während die Messberichte vom TÜV Nord und vom Institut Fresenius in dem Bericht der Staatsregierung nicht erwähnt werden? 3. Welche Geräte wurden vom Institut Fresenius getestet, die laut LMU im März 2015 in Betrieb genommen wurden, während am Flughafen München die ersten Geräte laut Bericht der Staatsregierung erst Ende August 2015 angeliefert wurden? 4. Wie beurteilt die Staatsregierung den Umstand, dass die „Ferndiagnose“ der LMU, die von einer „Facette des Sick Building Syndroms“ schreibt und „leichte lokale irritative Effekte an Nasen- und Augenschleimhäuten“ für möglich hält, welche nach Expositionsende nach Stunden bzw. spätestens nach ein bis zwei Tagen abklingen würden, ansonsten „gesundheitliche Beeinträchtigungen auf toxikologischer Ebene für den Zeitraum nach Beendigung der Exposition“ jedoch ausschließt, mit den tatsächlichen Krankheitsverläufen, wie sie im Ausschuss geschildert wurden (wochen- und monatelange Krankschreibung, Kuraufenthalte), nicht übereinstimmen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 31.05.2016 1. Von wem wurden der TÜV Nord und das Institut Fresenius mit einer bzw. vier Messungen beauftragt, auf denen die Stellungnahme des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Ludwig-Maximilian- Universität (LMU) unter anderem basiert? Die Firma D-TeC System Consulting, der Vertreiber der Geräte des Typs Sniffer in Deutschland, hat den TÜV Nord mit einer beziehungsweise das Institut Fresenius mit 4 Messungen des Typs Sniffer beauftragt. Die Messungen fanden mit Geräten statt, die nicht am Flughafen München eingesetzt sind. Sämtliche Messungen kamen zu dem Ergebnis, dass keine schädlichen Ausgasungen feststellbar waren. 2. Aus welchen Gründen wurden dem LMU-Institut offenbar die Mess- und Analyseergebnisse der Müller- BBM GmbH bzw. der Gesellschaft für Umweltchemie nicht vorgelegt, die den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses des Landtags übermittelt wurden und auf die im Bericht der Staatsregierung zu den Drucksachen 17/8762 und 17/8807 Bezug genommen wird, während die Messberichte vom TÜV Nord und vom Institut Fresenius in dem Bericht der Staatsregierung nicht erwähnt werden? Die Nichterwähnung der Mess- und Analyseergebnisse der Müller-BBM GmbH in der Stellungnahme der LMU ergibt sich bereits aus dem zeitlichen Kontext der Erstellung dieser Unterlagen. Die Stellungnahme der LMU datiert auf den 30. Oktober 2015, wohingegen die Messung durch die Firma Müller-BBM GmbH erst in der Nacht vom 2. auf den 3. November 2015 durchgeführt wurde. Die Auswertung der Messung der Firma Müller-BBM GmbH erfolgte durch Gutachten vom 23. November 2015, also zeitlich nach dem Erstellungsdatum der LMU-Stellungnahme und konnte daher dort keine Berücksichtigung finden. Die LMU-Stellungnahme wird jedoch durch das nachfolgende Mess- und Analyseergebnis der Müller-BBM GmbH vollumfänglich bestätigt. Die Gutachten des TÜV Nord und des Instituts Fresenius (mit für den Gerätehersteller entlastendem Ergebnis) wurden von dem Vertreiber dieses Gerätetyps als Parteigutachten in Auftrag gegeben. Mangels Besitz der entsprechenden Verwertungsrechte konnten diese Gutachten bislang dem Gesundheitsausschuss nicht vorgelegt werden. Daher wurden sie nur beiläufig im mündlichen Bericht des Vertreters der Staatsregierung erwähnt. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.08.2016 17/11744 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11744 3. Welche Geräte wurden vom Institut Fresenius getestet , die laut LMU im März 2015 in Betrieb genommen wurden, während am Flughafen München die ersten Geräte laut Bericht der Staatsregierung erst Ende August 2015 angeliefert wurden? Ein Widerspruch zum Bericht der Staatsregierung ist nicht feststellbar, weil es sich, wie bereits ausgeführt, bei den getesteten Geräten nicht um Münchener Geräte handelte. Gleichwohl wird höchstvorsorglich darauf hingewiesen, dass Ende August 2015 die Seriengeräte dieses Typs in München angeliefert wurden, jedoch, wie auch im Bericht der Staatsregierung ausgeführt, drei Testgeräte seit Frühjahr 2015 in München im Probebetrieb im Einsatz waren. 4. Wie beurteilt die Staatsregierung den Umstand, dass die „Ferndiagnose“ der LMU, die von einer „Facette des Sick Building Syndroms“ schreibt und „leichte lokale irritative Effekte an Nasen- und Augenschleimhäuten “ für möglich hält, welche nach Expositionsende nach Stunden bzw. spätestens nach ein bis zwei Tagen abklingen würden, ansonsten „gesundheitliche Beeinträchtigungen auf toxikologischer Ebene für den Zeitraum nach Beendigung der Exposition “ jedoch ausschließt, mit den tatsächlichen Krankheitsverläufen, wie sie im Ausschuss geschildert wurden (wochen- und monatelange Krankschreibung , Kuraufenthalte), nicht übereinstimmen? Weder ist eine schädliche Ausgasung der Geräte nachweisbar noch – diese Ausgasung unterstellt – eine Kausalität dieser Ausgasung für die geschilderten tatsächlichen Krankheitsverläufe . Zur Beantwortung dieser Frage hat im Übrigen die Sicherheitsgesellschaft am Flughafen München mbH eine aktuelle Stellungnahme der LMU eingeholt, die hierzu ergänzend Folgendes ausführt: „Eine Diagnose und damit auch eine Ferndiagnose wird immer in Bezug auf ein bestimmtes Individuum gestellt. Die Stellungnahme des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Klinikums der Universität München (LMU) nimmt jedoch personenunabhängig eine toxikologische Bewertung von möglichen Expositionen gegenüber VOC (Anm.: VOC = flüchtige organische Verbindungen) vor. Für viele arbeits- und umweltmedizinische Gefahrstoffe sind die stoffspezifischen gesundheitlichen Auswirkungen in Abhängigkeit vom Expositionsumfang bekannt. Ein Kausalzusammenhang zwischen einer Exposition und gesundheitlichen Einschränkungen kann nicht allein aus einer zeitlichen Koinzidenz abgeleitet werden. Sowohl stoffspezifische Wirkungsweisen als auch zeitliche Wirkungsprofile müssen berücksichtigt werden. So erhöht z. B. eine relevante Exposition gegenüber Asbestfasern das Risiko für die Entstehung eines Pleuramesothelioms mit einer Latenzzeit von mindestens 15 Jahren, führt aber nicht zu akuten gesundheitlichen Beschwerden. Eine grenzwertüberschreitende Exposition gegenüber organischen Lösemitteln kann z. B. akute neurologische Symptome wie Benommenheit, Schwindelgefühl und Kopfschmerzen während der Exposition verursachen, aber keine Reizerscheinungen an den Atemwegen mit Husten .“