Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 20.04.2016 Freiheitsbeschränkende Maßnahmen in heilpädagogischen Wohnheimen und Einrichtungen für behinderte Kinder und Jugendliche Nach Berichten des Bayerischen Rundfunks und anderer Medien kommt es insbesondere in heilpädagogischen Wohnheimen für Kinder und Jugendliche mit einer geistigen Behinderung in Bayern zum Einsatz freiheitsbeschränkender Maßnahmen und zur Anwendung unmittelbaren Zwangs. Als ausreichende rechtliche Grundlage gilt nach den Berichten in der überwiegenden Zahl der Einrichtungen eine pauschale Zustimmung der Eltern, die diese vor der Aufnahme ihres Kindes in eine Einrichtung geben (müssen), andernfalls würde ihnen der Heimplatz für ihr Kind verweigert . Zu den freiheitsbeschränkenden Maßnahmen zählen: • Einschließen der Kinder und Jugendlichen in ihr Zimmer am Tag; • Einschließen in das Zimmer für die ganze Nacht; • das kurzfristige Einsperren der Kinder in sog. Time-Out- Räume; • der Einsatz von geschlossenen, käfigartigen Spezialbetten ; • der Einsatz von verschließbaren Schutz- und Ganzkörperanzügen ; • die Fixierung der Kinder mit Gurten in Betten oder auf Stühlen. Die Anwendung von unmittelbarem körperlichen Zwang und der Einsatz freiheitsbeschränkender Maßnahmen widerspricht dem Recht auf gewaltfreie Erziehung sowie den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention und der UN-Behindertenrechtskonvention . Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. In welchen der 102 heilpädagogischen Heime und Internate für Kinder und Jugendliche mit Behinderung in Bayern werden freiheitsbeschränkende Maßnahmen gegenüber Kindern und Jugendlichen eingesetzt (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? a) Welche Einrichtungen verzichten grundsätzlich auf den Einsatz freiheitsbeschränkender Maßnahmen (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? b) Wie viele der rund 4.000 in heilpädagogischen Heimen und Internaten untergebrachten Kinder und Jugendlichen mit Behinderung waren in den letzten drei Jahren von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen betroffen (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? 2. In welchen Fällen erfolgte in den vergangenen fünf Jahren eine Überprüfung und Genehmigung der Anwendung von Zwangsmaßnahmen durch ein Familiengericht ? a) In welchen Fällen erfolgte in den vergangenen fünf Jahren eine Unterbringung nach § 1631 b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) mit Genehmigung des Familiengerichtes ? b) In welchen Fällen erfolgten freiheitsbeschränkende Maßnahmen in den vergangenen fünf Jahren ausschließlich auf der Grundlage einer Zustimmung des Sorgeberechtigten? 3. Welche Einrichtungen machen die pauschale Zustimmung der Eltern zu freiheitsbeschränkenden Maßnahmen zur Bedingung für die Vergabe eines Heimplatzes (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? a) Sind der Staatsregierung Fälle bekannt, in denen Eltern aufgrund der Nicht-Zustimmung zu freiheitsbeschränkenden Maßnahmen eine Unterbringung ihres Kindes verweigert wurde? b) Falls ja, wie will die Staatsregierung solche Fälle zukünftig vermeiden? 4. Mit welcher Begründung vertritt die Staatsregierung die Position, dass freiheitsbeschränkende Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderung keiner richterlichen Genehmigung bedürfen, obwohl es schon in einer Stellungnahme des Ministeriums vom 13.03.2012 heißt: „Mit anderen Worten, werden bei Kindern massiv einschränkende Maßnahmen wie Gurtfixierungen oder sedierende Medikamente eingesetzt , ist hierfür nach herrschender Meinung – wie bei Erwachsenen – eine gerichtliche Genehmigung erforderlich “? a) In welcher Form wurden die Regelungen und Standards in Bezug auf freiheitsbeschränkende Maßnahmen in den vergangenen Jahren an die völkerrechtlich bindenden Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention und UN-Behindertenrechtskonvention angepasst? b) Sieht die Staatsregierung einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, um bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen im Verlauf einer Unterbringung in offenen heilpädagogischen Einrichtungen, analog zu den Regelungen in der Jugendhilfe, einen richterlichen Genehmigungsvorbehalt einzuführen? 5. Wie erfolgt die Kontrolle freiheitsbeschränkender oder freiheitsentziehender Maßnahmen durch die zuständigen Aufsichtsbehörden der Bezirksregierungen genau ? a) Haben die Heimaufsichten ausreichende personelle Ressourcen und fachliches Know-how für eine effektive Kontrolle der heilpädagogischen Wohnheime und Internate? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.08.2016 17/11775 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11775 b) In wie vielen Fällen wurden durch die zuständigen Aufsichtsbehörden bei freiheitsbeschränkenden und anderen Zwangsmaßnahmen Fehlentwicklungen dokumentiert und Maßnahmen getroffen, um diese in Zukunft zu unterbinden (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? 6. In welchen heilpädagogischen Wohnheimen und Internaten gibt es geschlossene Abteilungen oder Stationen (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger )? a) Liegen für diese geschlossenen Abteilungen oder Stationen in allen Fällen die erforderlichen richterlichen Genehmigungen vor? b) Welche Dokumentations- und Meldepflichten bestehen für die Einrichtungsträger bei der Anwendung von freiheitsbeschränkenden oder freiheitsentziehenden Maßnahmen? 7. Auf welcher rechtlichen, therapeutischen und pädagogischen Grundlage erfolgt der Dauereinschluss von Kindern und Jugendlichen von bis zu 24 Stunden in Einzelzimmer? a) Auf welcher rechtlichen, therapeutischen und pädagogischen Grundlage erfolgt der Einschluss von Kindern und Jugendlichen in sog. Time-Out- oder Beruhigungsräumen ? b) Aus welchen Gründen wurden Kinder und Jugendliche in den vergangenen fünf Jahren in Betten, Stühlen und Rollstühlen fixiert (bitte auch den zeitlichen Umfang angeben)? 8. Wie beurteilt die Staatsregierung die Anwendung von unmittelbaren Zwangsmaßnahmen in heilpädagogischen Einrichtungen, wie den Einsatz von verschließbaren Ganzkörperanzügen und von abgesperrten Gitterbetten ? a) Welche rechtliche Befugnis hat das Personal in den Einrichtungen zur Anwendung der aufgeführten Zwangsmaßnahmen? b) Welche präventiven Konzepte und Fortbildungsangebote zur Deeskalation und Vermeidung von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen wurden in den vergangenen Jahren von den Trägern heilpädagogischer Einrichtungen entwickelt und umgesetzt? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 30.05.2016 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Kerstin Celina wird abgestimmt mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: Eine Unterbringung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung in heilpädagogischen Heimen, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, bedarf der Genehmigung des Familiengerichts. Unterbringungsähnliche Maßnahmen und sonstige freiheitsbeschränkende Maßnahmen bedürfen keiner gerichtlichen Genehmigung. Dies hat der Bundesgerichtshof mit der Entscheidung vom 7. August 2013 – XII ZB 559/11 – klargestellt. Die Regierungen prüfen bis Mitte des Jahres vor Ort alle 104 heilpädagogischen Heime und Internate für Kinder und Jugendliche mit Behinderung in Bayern auf die Anwendung freiheitsbeschränkender Maßnahmen. In diesem Zusammenhang hat das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) die Regierungen gebeten, auf folgende Umstände besonders zu achten: 1. Für die Einrichtung muss eine den aktuellen Gegebenheiten entsprechende Betriebserlaubnis in schriftlicher Form vorliegen. 2. Die Dokumentation aller freiheitsbeschränkenden Maßnahmen muss so gestaltet sein, dass die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und die Prüfung von Alternativen zu den jeweiligen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen deutlich wird. 3. Für jede einzelne freiheitsbeschränkende Maßnahme muss eine differenzierte, aktuelle und der Anwendung der Maßnahme vorausgehende Einwilligung der Eltern/ Sorgeberechtigten vorliegen. Die Erklärungen sind gemeinsam mit den Eltern/Sorgeberechtigten vorzubereiten . Zudem sind die Eltern/Sorgeberechtigten fortlaufend an allen wesentlichen Entscheidungen zu beteiligen. 4. Time-Out-Räume und vergleichbare Räume müssen bedarfsgerecht ausgestattet sein und es muss in diesen Fällen eine ständige Betreuung bzw. lückenlose Überwachung (ggf. auch mittels technischer Hilfsmittel) gewährleistet sein. Über das Ergebnis der Prüfung durch die Regierungen und die Einschätzung der eingesetzten Expertenrunde wird dem Landtag zu gegebener Zeit berichtet. Über die laufende Untersuchung hinausgehende Abfragen (bei den Trägern, den Einrichtungen selbst oder den Gerichten) sind leider in der für die Beantwortung der Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Aufwand nicht möglich gewesen. 1. In welchen der 102 heilpädagogischen Heime und Internate für Kinder und Jugendliche mit Behinderung in Bayern werden freiheitsbeschränkende Maßnahmen gegenüber Kindern und Jugendlichen eingesetzt (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? Vgl. hierzu die Vorbemerkung. Drucksache 17/11775 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 a) Welche Einrichtungen verzichten grundsätzlich auf den Einsatz freiheitsbeschränkender Maßnahmen (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? Vgl. hierzu die Vorbemerkung. b) Wie viele der rund 4.000 in heilpädagogischen Heimen und Internaten untergebrachten Kinder und Jugendlichen mit Behinderung waren in den letzten drei Jahren von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen betroffen (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? Vgl. hierzu die Vorbemerkung. 2. In welchen Fällen erfolgte in den vergangenen fünf Jahren eine Überprüfung und Genehmigung der Anwendung von Zwangsmaßnahmen durch ein Familiengericht? Vgl. hierzu die Vorbemerkung. a) In welchen Fällen erfolgte in den vergangenen fünf Jahren eine Unterbringung nach § 1631 b des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) mit Genehmigung des Familiengerichtes? Vgl. hierzu die Vorbemerkung. b) In welchen Fällen erfolgten freiheitsbeschränkende Maßnahmen in den vergangenen fünf Jahren ausschließlich auf der Grundlage einer Zustimmung des Sorgeberechtigten? Vgl. hierzu die Vorbemerkung. 3. Welche Einrichtungen machen die pauschale Zustimmung der Eltern zu freiheitsbeschränkenden Maßnahmen zur Bedingung für die Vergabe eines Heimplatzes (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? Vgl. hierzu die Vorbemerkung. a) Sind der Staatsregierung Fälle bekannt, in denen Eltern aufgrund der Nicht-Zustimmung zu freiheitsbeschränkenden Maßnahmen eine Unterbringung ihres Kindes verweigert wurde? Nein. b) Falls ja, wie will die Staatsregierung solche Fälle zukünftig vermeiden? Entfällt. 4. Mit welcher Begründung vertritt die Staatsregierung die Position, dass freiheitsbeschränkende Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderung keiner richterlichen Genehmigung bedürfen , obwohl es schon in einer Stellungnahme des Ministeriums vom 13.03.2012 heißt: „Mit anderen Worten, werden bei Kindern massiv einschränkende Maßnahmen wie Gurtfixierungen oder sedierende Medikamente eingesetzt ist hierfür nach herrschender Meinung – wie bei Erwachsenen – eine gerichtliche Genehmigung erforderlich“? Bei dem dargelegten Standpunkt, wonach freiheitsbeschränkende Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderung keiner richterlichen Genehmigung bedürfen , handelt es sich nicht um eine Position der Staatsregierung , sondern um eine nach dem 13. März 2012 ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Mit Beschluss vom 7. August 2013 (XII ZB 559/11) hat der Bundesgerichtshof die bis dahin umstrittene Frage der Genehmigungsbedürftigkeit von Fixierungen bei Kindern und Jugendlichen in einer heilpädagogischen Einrichtung dahingehend geklärt, dass derartige Maßnahmen nach geltendem Recht keiner gerichtlichen Genehmigung bedürfen. a) In welcher Form wurden die Regelungen und Standards in Bezug auf freiheitsbeschränkende Maßnahmen in den vergangenen Jahren an die völkerrechtlich bindenden Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention und UN-Behindertenrechtskonvention angepasst? Freiheitsbeschränkende Maßnahmen in heilpädagogischen Heimen sind mit der UN-Kinderrechtskonvention und der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar. b) Sieht die Staatsregierung einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf, um bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen im Verlauf einer Unterbringung in offenen heilpädagogischen Einrichtungen, analog zu den Regelungen in der Jugendhilfe, einen richterlichen Genehmigungsvorbehalt einzuführen? Die Staatsregierung prüft derzeit ergebnisoffen, ob für den Bereich der heilpädagogischen Einrichtungen der Behindertenhilfe , in denen Kinder und Jugendliche mit Behinderung untergebracht sind, im Hinblick auf unterbringungsähnliche Maßnahmen eine familiengerichtliche Genehmigung eingeführt werden sollte. 5. Wie erfolgt die Kontrolle freiheitsbeschränkender oder freiheitsentziehender Maßnahmen durch die zuständigen Aufsichtsbehörden der Bezirksregierungen genau? Die Regierungen kontrollieren die Einrichtungen der Behindertenhilfe auf der Grundlage von § 46 des Sozialgesetzbuches (SGB) Achtes Buch (VIII) vor Ort anlassbezogen , angekündigt oder unangekündigt, mindestens zweijährig, wenn erforderlich auch in sehr kurzen Zeitabständen . Überwachung und Kontrolle findet darüber hinaus durch die Bearbeitung der jährlichen Meldepflichten nach § 47 SGB VIII statt. Vgl. im Übrigen die Vorbemerkung. a) Haben die Heimaufsichten ausreichende personelle Ressourcen und fachliches Know-how für eine effektive Kontrolle der heilpädagogischen Wohnheime und Internate? Die Regierungen setzen ihr Personal in eigener Zuständigkeit und je nach Bedarf ein. Dem StMAS liegen keine Beschwerden vor, dass anlassbezogene Prüfungen aus Personalmangel nicht durchgeführt worden wären. Die Regierungen gehen jeder Beschwerde nach. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Heimaufsichten sind Diplompädagogen , Diplomsozialpädagogen oder Heilpädagogen, meist mit mehrjähriger Berufserfahrung. b) In wie vielen Fällen wurden durch die zuständigen Aufsichtsbehörden bei freiheitsbeschränkenden und anderen Zwangsmaßnahmen Fehlentwicklungen dokumentiert und Maßnahmen getroffen, um diese in Zukunft zu unterbinden (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11775 Die derzeitige Überprüfung der Heime (vgl. die Vorbemerkung ) ist noch nicht abgeschlossen. 6. In welchen heilpädagogischen Wohnheimen und Internaten gibt es geschlossene Abteilungen oder Stationen (bitte aufschlüsseln nach Einrichtung und Träger)? Vgl. hierzu die Vorbemerkung. a) Liegen für diese geschlossenen Abteilungen oder Stationen in allen Fällen die erforderlichen richterlichen Genehmigungen vor? Vgl. Antwort zu Frage 6. b) Welche Dokumentations- und Meldepflichten bestehen für die Einrichtungsträger bei der Anwendung von freiheitsbeschränkenden oder freiheitsentziehenden Maßnahmen? Die Dokumentationspflicht ergibt sich aus Ziffer 7 der Richtlinien für heilpädagogische Tagesstätten, Heime und sonstige Einrichtungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderung. Vgl. auch oben die Vorbemerkung. Die Meldepflichten ergeben sich aus § 47 Nr. 2 SGB VIII oder der Betriebserlaubnis. 7. Auf welcher rechtlichen, therapeutischen und pädagogischen Grundlage erfolgt der Dauereinschluss von Kindern und Jugendlichen von bis zu 24 Stunden in Einzelzimmer? Rechtliche Grundlage für den Einschluss eines Kindes oder Jugendlichen mit Behinderung im eigenen Zimmer in einem heilpädagogischen Heim ist die Einwilligung der Eltern/Sorgeberechtigten . Ein Einschluss zum Zwecke der Bestrafung ist niemals zulässig. In dem der Staatsregierung bekannten Fall lag für die Maßnahme eine Einwilligung zu einem bis zu 24-stündigen Einschluss täglich mit mehrmaligen Unterbrechungen am Tag vor. Grundlage für die Entscheidung sind und waren die kinder- und jugendpsychiatrische Begutachtung und Begleitung, die pädagogische Verhaltensbeobachtung im Alltag und die kontinuierliche engmaschige fachliche Reflexion im interdisziplinären Zusammenspiel von Kinderund Jugendpsychiatrie, psychologischem Fachdienst, pädagogischer Leitung, pädagogischem Gruppenpersonal und Lehrpersonal der Schule. a) Auf welcher rechtlichen, therapeutischen und pädagogischen Grundlage erfolgt der Einschluss von Kindern und Jugendlichen in sog. Time-Outoder Beruhigungsräumen? Rechtliche Grundlage für eine in aller Regel kurzfristige Unterbringung eines Kindes oder Jugendlichen mit Behinderung in einem heilpädagogischen Heim in einem Time- Out-Raum oder einem vergleichbaren Raum ist entweder die Einwilligung der Eltern/Sorgeberechtigten oder die Befugnis zur Abwendung einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Selbst- oder Fremdgefährdung. Das Gleiche gilt, wenn die betroffene Person in dem Raum eingeschlossen wird. Ein Einschluss zum Zwecke der Bestrafung ist niemals zulässig. Grundlage für die Entscheidung sind Einschätzungen im Hinblick auf mögliche Selbst- und Fremdgefährdungen durch das Personal der Einrichtung. b) Aus welchen Gründen wurden Kinder und Jugendliche in den vergangenen fünf Jahren in Betten, Stühlen und Rollstühlen fixiert (bitte auch den zeitlichen Umfang angeben)? Vgl. hierzu die Vorbemerkung. 8. Wie beurteilt die Staatsregierung die Anwendung von unmittelbaren Zwangsmaßnahmen in heilpädagogischen Einrichtungen, wie den Einsatz von verschließbaren Ganzkörperanzügen und von abgesperrten Gitterbetten? Es handelt sich um zulässige freiheitsbeschränkende Maßnahmen , die aber nur angewendet werden dürfen, wenn sie im Einzelfall – unter Berücksichtigung der Autonomie und Selbstbestimmung der betroffenen Person – geeignet, notwendig und verhältnismäßig sind. a) Welche rechtliche Befugnis hat das Personal in den Einrichtungen zur Anwendung der aufgeführten Zwangsmaßnahmen? Die Befugnis des Personals ergibt sich entweder aus einer Einwilligung der Eltern/Sorgeberechtigten oder besteht zur Abwendung einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Selbst- oder Fremdgefährdung. b) Welche präventiven Konzepte und Fortbildungsangebote zur Deeskalation und Vermeidung von freiheitsbeschränkenden Maßnahmen wurden in den vergangenen Jahren von den Trägern heilpädagogischer Einrichtungen entwickelt und umgesetzt ? Vgl. hierzu die Vorbemerkung.