Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer SPD vom 20.04.2016 Kriminalität durch ausländische Callcenter Nachdem der Enkeltrick seit Jahren in den Medien thematisiert wird und auch in Bayern zahlreiche Präventionsmaßnahmen ergriffen wurden, hat sich das Vorgehen der Täter verändert. Über ausländische Callcenter wird den Opfern der Gewinn eines Gewinnspiels in Aussicht gestellt, sobald sie in finanzielle Vorleistung treten. Ein Gewinn wird in diesen Fällen nie ausgezahlt und das Geld ist weg. Zusätzlich haben die Täter die Adressen und Daten der Opfer erfolgreicher Betrugsversuche. Mit weiteren Betrugsversuchen in unterschiedlichster Form ist dann zu rechnen. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. a) Welche Präventionsmaßnahmen gegen Betrugsversuche durch Callcenter-Anrufe sind eingeleitet worden? b) Wie wird versucht, potenzielle Opferkreise möglichst flächendeckend zu erreichen? 2. a) Wie viele Anzeigen gab es in Bayern aufgrund Betrugs durch Callcenter? b) Wie viele davon konnten aufgeklärt werden? c) Wie sind die Beamten dabei vorgegangen? 3. a) Bei wie vielen Fällen führt die Spur ins Ausland? b) Um welche Länder handelt es sich dabei? c) Welche Schwierigkeiten ergeben sich dadurch? 4. a) Wie viele Polizisten in Bayern sind mit der Verfolgung dieser Straftaten beauftragt? b) Gibt es Kooperationen zwischen der Bayerischen Polizei und dem Ausland, um die Hintermänner des Callcenter -Betrugs zur Verantwortung zu ziehen? c) Bejahendenfalls: Wie sind die Kooperationen ausgestaltet ? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 31.05.2016 1. a) Welche Präventionsmaßnahmen gegen Betrugsversuche durch Callcenter-Anrufe sind eingeleitet worden? b) Wie wird versucht, potenzielle Opferkreise möglichst flächendeckend zu erreichen? Nach den vorliegenden Erkenntnissen sind Zielgruppe und Opfer der, meist aus dem Ausland operierenden, „Callcenter- Anrufer“ vorwiegend ältere Menschen. Um potenzielle Opfer dieser Betrugsstraftaten zu warnen, setzt die Bayer. Polizei insbesondere auf umfangreiche Aufklärung der potenziellen Opfer und auf entsprechende Öffentlichkeitsarbeit. Auf der Internetseite des Programms Polizeiliche Kriminalprävention des Bundes und der Länder (ProPK, www. polizei-beratung.de) gibt es eine Vielzahl von Informationen und Präventionshinweisen zu sämtlichen bekannten Betrugsphänomenen. Die zudem von ProPK herausgegebenen Broschüren „Sicher zu Hause“ und „Sicher Leben“ sind speziell an Senioren gerichtet und informieren in erster Linie über Kriminalitätsformen, bei denen vorwiegend ältere Menschen zu Schaden kommen. Diese Broschüren werden im Rahmen von Vorträgen und anderen Präventionsmaßnahmen der Bayer. Polizei verteilt und liegen auch bei den örtlichen Polizeiinspektionen auf. Zur Sensibilisierung älterer Mitmenschen vor spezifischen Gefahrensituationen gibt es darüber hinaus sogenannte „Sicherheitsberater für Senioren“, die von der Bayer. Polizei beschult werden. Hierbei handelt es sich um ehrenamtlich tätige Senioren, oftmals pensionierte Polizeibeamte, die bei Vorträgen und anderen Präventionsveranstaltungen Gleichaltrigen entsprechende Verhaltenstipps geben sollen. Auf diese Weise wird möglichst flächendeckend ein großer Kreis von potenziellen Geschädigten erreicht. 2. a) Wie viele Anzeigen gab es in Bayern aufgrund Betrugs durch Callcenter? Strafbare Handlungen in Zusammenhang mit „Callcenter- Betrügereien“ werden – abhängig vom Ausgangssachverhalt – in der Regel als so bezeichneter „sonstiger Betrug“ abgearbeitet. In der bundesweit einheitlichen Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) gibt es keine speziellen Deliktsschlüssel oder sonstige Rechercheparameter für das Phänomen „Callcenter-Betrug“. Daher kann die Zahl der in Bay- ern angezeigten Delikte statistisch nicht erhoben werden. Auch auf Basis eines im polizeilichen Vorgangsverwaltungssystem 2014 eingeführten Lageschlagworts lassen sich hierzu keine belastbaren statistischen Zahlen erheben. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.08.2016 17/11777 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11777 b) Wie viele davon konnten aufgeklärt werden? Da die angefragten Delikte nicht in der PKS recherchiert werden können, kann eine belastbare Aussage hinsichtlich der Anzahl der aufgeklärten Delikte nicht getroffen werden. c) Wie sind die Beamten dabei vorgegangen? Die Vorgehensweise der Beamten orientiert sich am jeweiligen Einzelfall und ist von den jeweils vorhandenen Ermittlungsansätzen abhängig. In der Regel wird in Fällen des „Callcenter-Betrugs“ versucht , über die beim Geschädigten angezeigte Telefonnummer des Callcenters den Anschlussinhaber zu ermitteln. Dies wird aber häufig dadurch erschwert, dass die Täter mithilfe technischer Mittel die angezeigte Telefonnummer verfälschen (sog. „Call-ID-Spoofing“). Bei vollendeten Betrugsfällen kann zudem versucht werden , die Geldströme nach erfolgten Geldtransfers zu verfolgen und den – meist im Ausland befindlichen – Geldabholer zu ermitteln. Bei den in Zusammenhang mit diesem Phänomen oft verwendeten Bargeldtransfers mittels Western Union ist dies jedoch schwierig, da die Abholer im Ausland sich das Geld nicht selten mit falschen Personalien oder unter Verwendung gefälschter Personaldokumente auszahlen lassen. 3. a) Bei wie vielen Fällen führt die Spur ins Ausland? Nach Einschätzung der ermittlungsführenden Dienststellen führen in der überwiegenden Mehrheit der Fälle die Spuren ins Ausland. Aufgrund der unter 2 a beschriebenen Konstellation in Bezug auf die PKS-Recherche lässt sich die genaue Zahl der Fälle mit Auslandsbezügen jedoch statistisch nicht genau beziffern. b) Um welche Länder handelt es sich dabei? Nach Einschätzung der ermittlungsführenden Dienststellen weisen die meisten Fälle Bezüge in die Türkei auf. Als weitere Länder wurden Bulgarien, die Dominikanische Republik, Ghana und (in Einzelfällen) Spanien genannt. c) Welche Schwierigkeiten ergeben sich dadurch? Weitergehende und ggf. gerichtsverwertbare Ermittlungsergebnisse sind häufig nur im Zuge förmlicher Rechtshilfeersuchen zu erlangen, was in den meisten Fällen einen nicht unerheblichen Zeitverzug mit sich bringt. Nach Auskunft verschiedener ermittlungsführender Dienststellen bringen auch die oft sehr unterschiedlichen rechtlichen Voraussetzungen in den jeweiligen Herkunftsländern der Täter erhebliche Schwierigkeiten mit sich. Beispielhaft seien hier Recherchen zu Inhabern von Telefonanschlüssen angeführt, die sich aufgrund unterschiedlicher rechtlicher Rahmenbedingungen in Bezug auf Registrierung und Beauskunftung von Telefonanschlussinhabern oft sehr schwierig und langwierig gestalten. 4. a) Wie viele Polizisten in Bayern sind mit der Verfolgung dieser Straftaten beauftragt? Die Zuständigkeit für die kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung richtet sich nach dem Delikt, das dem jeweils zur Anzeige gebrachten Sachverhalt zugrunde liegt. Im Phänomenbereich „Callcenter-Betrug“ dürften daher in den meisten Fällen die Kriminalpolizeidienststellen ermitteln, die originär für die Verfolgung von Betrugsstraftaten zuständig sind. Eigene Organisationseinheiten, die ausschließlich im Phänomenbereich „Callcenter-Betrug“ ermitteln, gibt es nicht. Von daher ist es nicht möglich, konkret zu beziffern, wie viele Polizeibeamte mit der Verfolgung dieser Straftaten beauftragt sind. b) Gibt es Kooperationen zwischen der Bayerischen Polizei und dem Ausland, um die Hintermänner des Callcenter-Betrugs zur Verantwortung zu ziehen ? c) Bejahendenfalls: Wie sind die Kooperationen ausgestaltet ? Systematische und auf Dauer angelegte Kooperationen zwischen der Bayer. Polizei und ausländischen Behörden, die speziell auf die Bekämpfung des „Callcenter-Betrugs“ abzielen , bestehen nicht. Jedoch gibt es bei Fällen mit Auslandsbezug immer wieder fallbezogene Kooperationen bayerischer Ermittlungsdienststellen mit ausländischen Behörden. Ausgestaltung und Umfang solcher Kooperationen orientieren sich am jeweiligen Einzelfall und sind von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren abhängig, weshalb hierzu keine allgemeingültige Aussage getroffen werden kann.