6. Welche Maßnahmen gedenkt die Staatsregierung zu ergreifen , um sicherzustellen, dass alle Asylbewerber im Landkreis Erding ihre Ausgaben decken können, ohne einer Bevormundung vonseiten des Landratsamtes ausgesetzt zu sein? 7. Wie würde sich die Situation darstellen, wenn anstelle einer solchen im Landkreis Erding eingeführten Chipkarte eine Variante eingeführt würde mit einem Teil der Leistungen für Asylbewerber auf einer Chipkarte und dem zweiten Teil der Leistungen in Form von Bargeld? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 06.06.2016 1. Wie bewertet die Staatsregierung die Einführung von Chipkarten anstelle von Bargeld für Asylbewerber im Landkreis Erding im Hinblick auf die einschlägige Asyl-Rechtsgrundlage? Chipkartenlösungen können grundsätzlich sowohl in verwaltungsorganisatorischer , personeller und logistischer als auch in finanzieller Hinsicht eine sinnvolle Lösung darstellen . Im Rahmen der bundesgesetzlichen Vorgaben des § 3 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) obliegt es grundsätzlich dem örtlichen Träger (Sozialamt), anhand der konkreten Umstände vor Ort über die Auszahlungsmodalitäten (bar oder unbar; Geld, Überweisung, Chipkarte, etc.) bei der Leistungserbringung zu entscheiden. 2. Wie bewertet die Staatsregierung diese Chipkarte dahingehend, dass für die Verteilung von Wertgutscheinen dem Gesetz nach eine Unterscheidung zwischen Asylbewerbern in Erstaufnahmeeinrichtungen , Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften und dezentraler Unterbringung sowie Asylbewerbern , die länger als 15 Monate in Deutschland sind, gemacht werden soll? Die in §§ 2, 3 AsylbLG angelegte Differenzierung der Leistungsform (Geld- oder Sachleistung) nach Art der Unterbringung bzw. Aufenthaltsdauer in Verbindung mit Rechtstreue schließt den Einsatz eines Chipkartensystems im Rahmen der Leistungsgewährung nicht aus. Vielmehr sind hier die Gegebenheiten des Einzelfalles und insbesondere auch die Funktionsweise der Chipkarte entscheidend. 17. Wahlperiode 11.08.2016 17/11803 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Doris Rauscher SPD vom 29.04.2016 Chipkarten statt Bargeld für Asylbewerber im Landkreis Erding Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie bewertet die Staatsregierung die Einführung von Chipkarten anstelle von Bargeld für Asylbewerber im Landkreis Erding im Hinblick auf die einschlägige Asyl- Rechtsgrundlage? 2. Wie bewertet die Staatsregierung diese Chipkarte dahingehend , dass für die Verteilung von Wertgutscheinen dem Gesetz nach eine Unterscheidung zwischen Asylbewerbern in Erstaufnahmeeinrichtungen, Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften und dezentraler Unterbringung sowie Asylbewerbern, die länger als 15 Monate in Deutschland sind, gemacht werden soll? 3. Wie bewertet die Staatsregierung die neue Praxis im Landkreis Erding im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das Geldleistungen für Asylbewerber vorgesehen hat? 4. Welche Haltung vertritt die Staatsregierung angesichts der Tatsache, dass es vonseiten des Landratsamtes offenbar möglich sein soll, bestimmte Produkte und Produktgruppen für den Erwerb durch die Chipkarte zu sperren und damit die Asylbewerber in ihrem Einkaufsverhalten einzuschränken? 5. Wie schätzt die Staatsregierung die Situation dahingehend ein, dass die Nutzung dieser Chipkarten offenbar aufgrund technischer Mängel nicht flächendeckend möglich ist und Asylbewerber entsprechend nicht auf die ihnen zustehenden Leistungen zugreifen können? 5.1 Wie bewertet die Staatsregierung die Aussage des Landrats im Hinblick auf die ihm bekannten Probleme in der Umsetzung, dass er darauf hoffe, „dass die Geschäftsleute darauf reagieren“ werden, und er somit keine weiteren Maßnahmen ergreifen möchte, um die umfassende Versorgung von Asylbewerbern vonseiten des Landratsamtes sicherzustellen? 5.2 Wie bewertet die Staatsregierung die Tatsache, dass Asylbewerber durch den vollständigen Ersatz von Bargeld keinerlei Möglichkeit mehr haben, Kleinigkeiten zu erwerben bzw. diese nur mit erhöhten Kosten für die Nutzung einer bargeldlosen Bezahlung, wie dies in manchen Geschäften und Läden mittels einer Sondergebühr üblich ist, möglich sein könnte? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11803 3. Wie bewertet die Staatsregierung die neue Praxis im Landkreis Erding im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das Geldleistungen für Asylbewerber vorgesehen hat? Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 18.07.2012 nicht die Leistungsgewährung in Form von Geldleistungen für Asylbewerber angeordnet. Es führt vielmehr aus: „Ob [der Gesetzgeber] das Existenzminimum durch Geld-, Sach- oder Dienstleistungen sichert, bleibt grundsätzlich ihm überlassen.“ Diese Rechtsprechung lässt ausdrücklich alle Arten der Leistungsgewährung zu, die sich auch im Asylbewerberleistungsgesetz wiederfinden. 4. Welche Haltung vertritt die Staatsregierung angesichts der Tatsache, dass es vonseiten des Landratsamtes offenbar möglich sein soll, bestimmte Produkte und Produktgruppen für den Erwerb durch die Chipkarte zu sperren und damit die Asylbewerber in ihrem Einkaufsverhalten einzuschränken ? Das Kartensystem basiert nach Auskunft des Landratsamtes Erding auf dem im Handel weitverbreiteten Maestro-System . Die ausgegebenen Chipkarten sind daher bei nahezu allen EC-/Kreditkarten-Akzeptanzstellen einsetzbar. Nach Angaben des Landratsamtes Erding soll auch die Abhebung von Bargeld mittels der Chipkarte ermöglicht werden. Eine Einschränkung ist daher nach den gemachten Angaben des Landratsamtes Erding nicht ersichtlich. Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) hat aber die Regierung von Oberbayern gebeten, die konkrete Umsetzung vor Ort auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu prüfen. 5. Wie schätzt die Staatsregierung die Situation dahingehend ein, dass die Nutzung dieser Chipkarten offenbar aufgrund technischer Mängel nicht flächendeckend möglich ist und Asylbewerber entsprechend nicht auf die ihnen zustehenden Leistungen zugreifen können? Siehe hierzu Antwort zu Frage 4. 5.1 Wie bewertet die Staatsregierung die Aussage des Landrats im Hinblick auf die ihm bekannten Probleme in der Umsetzung, dass er darauf hoffe, „dass die Geschäftsleute darauf reagieren“ werden, und er somit keine weiteren Maßnahmen ergreifen möchte, um die umfassende Versorgung von Asylbewerbern vonseiten des Landratsamtes sicherzustellen ? Siehe hierzu Antwort zu Frage 4. 5.2 Wie bewertet die Staatsregierung die Tatsache, dass Asylbewerber durch den vollständigen Ersatz von Bargeld keinerlei Möglichkeit mehr haben, Kleinigkeiten zu erwerben bzw. diese nur mit erhöhten Kosten für die Nutzung einer bargeldlosen Bezahlung, wie dies in manchen Geschäften und Läden mittels einer Sondergebühr üblich ist, möglich sein könnte? Siehe hierzu Antwort zu Frage 4. 6. Welche Maßnahmen gedenkt die Staatsregierung zu ergreifen, um sicherzustellen, dass alle Asylbewerber im Landkreis Erding ihre Ausgaben decken können, ohne einer Bevormundung vonseiten des Landratsamtes ausgesetzt zu sein? Im Rahmen der bundesgesetzlichen Vorgaben des § 3 AsylbLG obliegt es grundsätzlich dem örtlichen Träger (Sozialamt ), anhand der konkreten Umstände vor Ort über die Auszahlungsmodalitäten (bar oder unbar; Geld, Überweisung, Chipkarte, etc.) bei der Leistungserbringung zu entscheiden. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 4. 7. Wie würde sich die Situation darstellen, wenn anstelle einer solchen im Landkreis Erding eingeführten Chipkarte eine Variante eingeführt würde mit einem Teil der Leistungen für Asylbewerber auf einer Chipkarte und dem zweiten Teil der Leistungen in Form von Bargeld? Im Rahmen der bundesgesetzlichen Vorgaben können Chipkarten eine sinnvolle Lösung darstellen. Vgl. dazu die Antworten zu den Fragen 1 und 2.