Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Horst Arnold SPD vom 03.02.2016 Prosperitätsklausel bei Förderungen des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF 2014–2020) Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Trifft es zu, dass in der aktuellen Förderperiode des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) 2014–2020 erneut bei Inanspruchnahme der Förderung eine Prosperitätsprüfung vorgenommen werden muss? b) Falls ja, auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgt die jeweilige Prosperitätsprüfung? c) Welche Zielsetzung verfolgt diese Vorgabe? 2. a) Trifft es zu, dass kein anderes deutsches Bundesland eine Prosperitätsprüfung in diesem Bereich rechtlich und tatsächlich vorschreiben beziehungsweise normieren will? b) Falls ja, wie begründet die Staatsregierung diese bayerische Exklusivität? 3. Wie viele Betriebe wurden aufgrund der Anwendung der Prosperitätsklausel in der vergangenen Förderperiode von einer Förderung ausgeschlossen (bitte jährliche Darstellung nach Landkreis und Regierungsbezirk )? 4. a) In welchen anderen Bereichen der kofinanzierten Förderung ist die Prosperitätsprüfung als Fördervoraussetzung festgelegt? b) Wird eine Prosperitätsprüfung bei den unter 4 a genannten Förderprogrammen seitens der EU ausdrücklich vorgeschrieben oder angeregt? 5. Wie beurteilt die Staatsregierung die These (unter anderem auch von Berufsverbänden vertreten), dass die Prosperitätsklausel im Bereich des EMFF wettbewerbsverzerrend wirkt und sich damit nachteilige Folgen für die Kleinteiligkeit der bayerischen Landwirtschaft ergeben? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 08.06.2016 Die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Horst Arnold wird in Abstimmung mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wie folgt beantwortet: 1. a) Trifft es zu, dass in der aktuellen Förderperiode des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) 2014–2020 erneut bei Inanspruchnahme der Förderung eine Prosperitätsprüfung vorgenommen werden muss? Ja. Die „Richtlinie zur Förderung der Fischerei in Bayern im Rahmen des Europäischen Meeres- und Fischereifonds EMFF“ (Richtlinie) vom 27. Januar 2016 legt in Nr. 5.2 eine Einkommensprosperitätsgrenze von 120.000 € für Verheiratete und von 90.000 € für Ledige fest. Dies entspringt einer Forderung des Bayerischen Obersten Rechnungshof (ORH) in seinem Jahresbericht 2005 (TN.32). b) Falls ja, auf welcher rechtlichen Grundlage erfolgt die jeweilige Prosperitätsprüfung? Nach Artikel 23 und 44 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO) ist für die Veranschlagung und Bewilligung von Zuwendungen neben dem erheblichen Staatsinteresse weitere Voraussetzung, dass die geplante Investition ohne die Zuwendung nicht oder nicht im notwendigen Umfang getätigt werden kann (sog. Subsidiaritätsprinzip). Die Leistungen des Staates haben insoweit nur subsidiären Charakter. Dieses Prinzip ist eng mit den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Notwendigkeit der Ausgaben sowie der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ihrer Verwendung (Artikel 6 und 7 BayHO) verbunden. Es ist nicht nur für die haushaltsrechtliche Veranschlagung, sondern als rechtsverbindliche, gerichtlich vollständig nachprüfbare tatbestandliche Voraussetzung auch bei der Entscheidung über die Vergabe von Haushaltsmitteln zu beachten. Die Leistungsfähigkeit des Zuwendungsempfängers ist daher im Rahmen der Förderung generell zu berücksichtigen. Dies wird auch vom ORH regelmäßig gefordert und durch die Regelung der Einkommensprosperität umgesetzt. c) Welche Zielsetzung verfolgt diese Vorgabe? Das damals geschaffene Prosperitätsverfahren stellt gegenüber der erforderlichen Einzelfallprüfung im EMFF eine Erleichterung und Vereinfachung dar. Zum einen beschränkt das geltende Prosperitätsverfahren die Prüfung der Leistungsfähigkeit auf das Einkommen gemäß Einkommenssteuerbescheid , sodass die Prüfung des Vermögens außer Betrachtung bleiben kann. Zum anderen wird durch die Regelungen in pauschalierender Weise angenommen, dass bei Personen unterhalb dieser Schwellen die finanzielle Leistungsfähigkeit nicht als zu groß gilt, als dass diese Per- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.08.2016 17/11920 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11920 sonen von der Förderung ausgeschlossen werden müssten. Schließlich ist – mittels Eigenerklärung und nur stichprobenweiser Prüfung – auch der Nachweis durch den Antragsteller und der Prüfaufwand der Verwaltung vereinfacht bzw. sehr begrenzt. 2. a) Trifft es zu, dass kein anderes deutsches Bundesland eine Prosperitätsprüfung in diesem Bereich rechtlich und tatsächlich vorschreiben beziehungsweise normieren will? Das Subsidiaritätsprinzip gilt in jedem Bundesland gemäß den dortigen Haushaltsordnungen entsprechend. Nach unseren aktuellen Recherchen ist Bayern jedoch das einzige Bundesland, in dessen EMFF-Richtlinien ein vereinfachendes Prosperitätsverfahren aufgenommen wurde. b) Falls ja, wie begründet die Staatsregierung diese bayerische Exklusivität? Siehe Antworten zu Frage 1 b und 1 c. 3. Wie viele Betriebe wurden aufgrund der Anwendung der Prosperitätsklausel in der vergangenen Förderperiode von einer Förderung ausgeschlossen (bitte jährliche Darstellung nach Landkreis und Regierungsbezirk)? Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da die davon betroffenen Betriebe keine Anträge stellen. Die Bedingungen der Prosperitätsgrenze sind seit ihrer Einführung zu Beginn der letzten Förderperiode (Europäischer Fischereifonds – EFF, 2007–2013) im Kreis der potenziellen Antragsteller bekannt. 4. a) In welchen anderen Bereichen der kofinanzierten Förderung ist die Prosperitätsprüfung als Fördervoraussetzung festgelegt? Im Zuständigkeitsbereich des StMELF ist die Prosperitätsprüfung nur noch beim Einzelbetrieblichen Investitionsförderprogramm (Agrarinvestitionsförderprogramm und Diversifizierung ) vorgegeben. Im Zuständigkeitsbereich des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie findet eine Prosperitätsprüfung ebenfalls bei den einzelbetrieblichen strukturpolitischen Investitionsförderprogrammen der Regionalen Wirtschaftsförderung statt (Bayerische Regionalprogramme (BRF) sowie Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe, Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW)). b) Wird eine Prosperitätsprüfung bei den unter 4 a genannten Förderprogrammen seitens der EU ausdrücklich vorgeschrieben oder angeregt? Die EU schreibt keine Prosperitätsprüfung vor. Die Prüfung der Prosperität ergibt sich allein aus dem deutschen bzw. bayerischen Haushaltsrecht, welches bei kofinanzierten Maßnahmen aufgrund des Einsatzes nationaler Mittel zu beachten ist. Es wird darauf hingewiesen, dass die Zielrichtung der fachlichen Regelungen des EU-Förderrechts anderen Zwecken dient als das Haushaltsrecht. Das „Schweigen “ des EMFF zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bzw. Prosperität ist daher nur logisch. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist konsequenterweise nicht im EU-Fachrecht, sondern in der EU-Haushaltsordnung enthalten . 5. Wie beurteilt die Staatsregierung die These (unter anderem auch von Berufsverbänden vertreten ), dass die Prosperitätsklausel im Bereich des EMFF wettbewerbsverzerrend wirkt und sich damit nachteilige Folgen für die Kleinteiligkeit der bayerischen Landwirtschaft ergeben? Eine Wettbewerbsverzerrung innerhalb Bayerns ist nicht zu sehen, da die Prosperitätsgrenze für alle Betriebe in gleicher Weise gilt. Jedoch ist ein gewisser Wettbewerbsnachteil zwischen den Betrieben Bayerns und anderer Bundesländer denkbar, da ohne die Prosperitätsgrenze auch größere Betriebe in den Genuss einer staatlichen Unterstützung kommen können. Bereits bisher kann aber in bedeutenden Ausnahmefällen mit besonders innovativem Charakter das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die in den Nrn. 5.2.1 und 5.2.2 der Richtlinie festgelegten Prosperitätskriterien für nicht anwendbar erklären, wenn hinreichend dargelegt wird, dass das Vorhaben ohne Fördermittel nicht realisierbar ist. Drucksache 17/11920 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3