Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann SPD vom 10.05.2016 Videoanhörungen in Haftanstalten Paragraph 454 Abs. 1 Satz 3 Strafprozessordnung (StPO) schreibt die mündliche Anhörung von Strafgefangenen im Rahmen der Strafvollstreckung vor. Diese Anhörungen müssen aber nicht persönlich stattfinden, sondern können auch per Video aufgezeichnet werden, was das jeweils zuständige Gericht festlegt. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Traunstein führt die Anhörungen in der Justizvollzugsanstalt Bernau nach Auskunft des Bayerischen Justiz ministeriums „ganz überwiegend per Videovernehmung durch.“ Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie ist die Anhörungspraxis in den anderen bayerischen Haftanstalten? b) Welchen Anteil haben audiovisuelle Anhörungen an der Gesamtzahl der Anhörungen nach § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO in anderen Haftanstalten Bayerns? 2. a) Ist der Staatsregierung bekannt, wie die Anhörungspraxis in den Haftanstalten der anderen Bundesländer ist? b) Ist der Staatsregierung bekannt, welchen Anteil audiovisuelle Anhörungen an der Gesamtzahl der Anhörungen nach § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO in Haftanstalten anderer Bundesländer haben? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 08.06.2016 Die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Hans- Ulrich Pfaffmann vom 10. Mai 2016 zum Thema „Videoanhörungen in Haftanstalten“ bezieht sich auf die seitens der zuständigen Strafvollstreckungskammern durchgeführten mündlichen Anhörungen gemäß § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO im Rahmen der Entscheidung über die Reststrafenaussetzung zur Bewährung. Das Gesetz schreibt in § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO die mündliche, nicht jedoch die persönliche Anhörung des Gefangenen vor. Die audiovisuelle Anhörung wird in Rechtsprechung und Literatur daher als rechtlich zulässig angesehen. Der Einsatz von Videotechnik im Anhörungsverfahren bietet dabei grundsätzlich verschiedene Vorteile. So ist etwa eine flexible und zeitnahe Anhörung des Gefangenen möglich. Da sich die Zahl der an einem Termin angehörten Personen reduziert, ist dem zuständigen Richter bei Abfassung der Entscheidung der Inhalt der Anhörung besser präsent, als wenn eine Vielzahl von Gefangenen an einem Termin angehört wird. Zudem werden nicht nur bei den Richtern, sondern auch für die Gefangenen erhebliche Fahrzeiten eingespart . Gegen die Anhörung mittels Videokonferenztechnik wird eingewandt, dass sich auf diese Weise unter Umständen ein persönlicher Eindruck nicht in gleichem Maße gewinnen lasse wie bei einer unmittelbaren Begegnung. Das jeweils zuständige Gericht legt in richterlicher Unabhängigkeit fest, in welcher konkreten Form es die mündlichen Anhörungen gemäß § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO durchführt. Seitens der verschiedenen Strafvollstreckungskammern wird von der Möglichkeit der audiovisuellen Anhörung in unterschiedlicher Weise Gebrauch gemacht. 1. a) Wie ist die Anhörungspraxis in den anderen bayerischen Haftanstalten? In fünf von 36 bayerischen Justizvollzugsanstalten (JVA) ist es derzeit möglich, Anhörungen durch die Strafvollstreckungskammern audiovisuell mithilfe von Videokonferenztechnik durchzuführen. Es handelt sich hierbei um die Justizvollzugsanstalten St. Georgen-Bayreuth, Bernau, Hof, Kaisheim und Niederschönenfeld. Während die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Traunstein weiterhin Anhörungen in der Justizvollzugsanstalt Bernau ganz überwiegend per Videovernehmung durchführt, erfolgen in den anderen vier Anstalten jeweils in weniger als 30 Fällen pro Jahr audiovisuelle Anhörungen. Die Strafvollstreckungskammern, die für Justizvollzugsanstalten mit entsprechender Möglichkeit der audiovisuellen Anhörung neben der JVA Bernau zuständig sind, machen von der Möglichkeit der Videokonferenz in unterschiedlichem Umfang Gebrauch. Während das Landgericht Augsburg, zuständig für die Justizvollzugsanstalten Kaisheim und Niederschönenfeld, Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.08.2016 17/11926 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11926 berichtet, dass eine Videoanhörung nur ausnahmsweise in Eilfällen erfolge, macht demgegenüber die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Hof, zuständig für die Justizvollzugsanstalt Hof, von der Videovernehmung regelmäßig Gebrauch. Lediglich in Fällen, in denen ein Dolmetscher benötigt werde, ein Verteidiger des Verurteilten der Anhörung beiwohnen wolle oder eine persönliche Anhörung vom Anzuhörenden ausdrücklich gewünscht werde, erfolge die Anhörung persönlich. Aufgrund der Größe der Justizvollzugsanstalt und der daraus resultierenden Belegungskapazität sind die absoluten Zahlen der durchgeführten Videoanhörungen in der Justizvollzugsanstalt Hof trotzdem relativ niedrig. Die übrigen Landgerichte gaben keine Stellungnahme ab, weil Videoanhörungen nicht oder nicht in relevanter Zahl durchgeführt würden. b) Welchen Anteil haben audiovisuelle Anhörungen an der Gesamtzahl der Anhörungen nach § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO in anderen Haftanstalten Bayerns ? In den Justizvollzugsanstalten werden keine gesonderten Aufzeichnungen über die Zahl der insgesamt durchgeführten Anhörungen geführt. Eine Aussage zum Anteil der audiovisuellen Anhörungen wäre seitens der Vollzugsanstalten daher nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand mittels Sichtung aller in Papierform geführten Gefangenenpersonalakten möglich. Auch bei den Landgerichten werden die durchgeführten Anhörungen nicht statistisch erfasst. Der Anteil der audiovisuellen Anhörungen ist daher auch vonseiten der Landgerichte nicht bezifferbar. 2. a) Ist der Staatsregierung bekannt, wie die Anhörungspraxis in den Haftanstalten der anderen Bundesländer ist? Erkenntnisse zur Anhörungspraxis in den Haftanstalten anderer Länder liegen hier nicht vor. b) Ist der Staatsregierung bekannt, welchen Anteil audiovisuelle Anhörungen an der Gesamtzahl der Anhörungen nach § 454 Abs. 1 Satz 3 StPO in Haftanstalten anderer Bundesländer haben? Erkenntnisse zum Anteil audiovisueller Anhörungen an der Gesamtzahl der Anhörungen in den Haftanstalten anderer Länder liegen hier nicht vor.