Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 29.01.2016 Situation von älteren Menschen mit Migrationshinter grund in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie viele ältere Menschen mit Migrationshintergrund leben in Bayern (definiert als 55 Jahre alt oder älter; bitte differenzieren nach Geschlecht, den Altersgruppen 55–65 Jahre und älter als 65 Jahre, nach Aufenthaltsdauer in Deutschland, Aufenthaltsstatus, Staatsangehörigkeit und Regierungsbezirk)? 1.2 Wie wird sich in Bayern der Bevölkerungsanteil der Menschen mit Migrationshintergrund, welche das Rentenalter erreicht haben, in den kommenden 20 Jahren nach Ansicht der Staatsregierung entwickeln? 1.3 Wie hoch ist der Anteil der älteren Menschen mit Migrationshintergrund , welche als Mieter oder Mieterinnen in öffentlich geförderten Wohnungen in Bayern leben im Vergleich zu Menschen ohne Migrationshintergrund ? 2.1 Wie ist der sozioökonomische Status von Menschen mit Migrationshintergrund in Bayern (bitte folgende Charakteristika angeben: Selbstständige, Angestellte, Rentenbezieher, Studierende, Leistungsempfänger von Grundsicherung oder sonstigen Sozialleistungen )? 2.2 Wie hoch ist das durchschnittliche Rentenniveau von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund auf Bundesebene und in Bayern? 2.3 Wie hoch sind die durchschnittlichen Rentenbezüge von Menschen mit Migrationshintergrund in Bayern (differenziert nach Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Herkunftsland und Aufenthaltstitel)? 3.1 Sind in Bayern ältere Menschen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu älteren Menschen ohne Migrationshintergrund stärker von Armut betroffen (bitte aufschlüsseln nach den Kriterien: Altersgruppen 55–65 Jahre und älter als 65 Jahre, Armutsgefährdung, relative Armut, Geschlecht und Regierungsbezirke)? 3.2 Existieren Konzepte zur Erfassung einer Dunkelziffer der in Bayern von Armut betroffenen Menschen, also Menschen ohne erfassbare Einkommensverhältnisse? 3.3 Sollte dies der Fall sein, wie schätzt die Staatsregierung dies ein? 4.1 Wie werden sich nach der Einschätzung der Staatsregierung die sozioökonomischen Lebensverhältnisse der Bevölkerungsgruppe „ältere Menschen mit Migrationshintergrund “ angesichts des demografischen Wandels zukünftig entwickeln? 4.2 Welche Maßnahmen sind nach Auffassung der Staatsregierung sinnvoll und notwendig, um die sozioökonomischen Lebensverhältnisse älterer Menschen mit Migrationshintergrund in Bayern zu verbessern? 4.3 Wurden entsprechende Maßnahmen bisher ergriffen? 5.1 Welche sozialen und kulturellen Angebote zum Beispiel in Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände, Seniorenheime , Seniorenvertretungen, Seniorenbüros, religiösen Einrichtungen oder Hospize stehen älteren Menschen mit Migrationshintergrund zur Verfügung beziehungsweise werden von diesen genutzt (bitte Zahlen für die Jahre 1990, 2000, 2005, 2010 sowie 2015 nennen)? 5.2 Sieht die Staatsregierung in Bayern einen Bedarf an kultur-, sprach- und religionssensibler Betreuung in Wohn- und Pflegeeinrichtungen für Senioren mit und ohne Migrationshintergrund? 6.1 Wie viele kirchliche und städtische Servicewohnanlagen (Einrichtungen des betreuten Wohnens), Senioren -WGs sowie Wohn- und Betreuungseinrichtungen existieren in Bayern? 6.2 Welche der oben genannten Einrichtungen werden von Menschen mit Migrationshintergrund genutzt? 6.3 Hat die Staatsregierung Erfahrungen mit der interkulturellen Öffnung in diesem Zusammenhang evaluiert? 7.1 Welchen Handlungsbedarf sieht die Staatsregierung im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung, Gesundheitsinformation , präventiver Angebote, psychosozialer Beratung und Betreuung sowie interkultureller Pflege älterer Menschen mit Migrationshintergrund in Bayern vor dem Hintergrund des demografischen Wandels? 7.2 Welche konkreten Pläne gibt es, um diesem Bedarf gerecht zu werden? 7.3 Welche umgesetzten Maßnahmen werden bereits in Anspruch genommen? 8.1 Welche Bildungs- und Weiterbildungsangebote werden von Menschen mit Migrationshintergrund ab 55 Jahren verstärkt in Anspruch genommen? 8.2 Hat sich in diesem Bereich in den letzten zehn Jahren eine Veränderung hinsichtlich des Bildungsverhaltens gezeigt? 8.3 Spielen Hochschulen, Volkshochschulen, Musikschulen und andere Bildungseinrichtungen in diesem Kontext eine Rolle bzw. liegen Teilnahmezahlen von Menschen mit Migrationshintergrund vor? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.08.2016 17/11945 Bayerischer Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11945 Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 07.06.2016 Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Christine Kamm wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr sowie dem Bayerischen Landesamt für Statistik wie folgt beantwortet: Zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund werden im Folgenden gemäß der Festlegung des Statistischen Bundesamtes gezählt: – alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten, – alle in Deutschland geborenen Ausländer und – alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil. 1.1 Wie viele ältere Menschen mit Migrationshinter grund leben in Bayern (definiert als 55 Jahre alt oder älter; bitte differenzieren nach Geschlecht, den Altersgruppen 55–65 Jahre und älter als 65 Jahre, nach Aufenthaltsdauer in Deutschland, Aufenthaltsstatus, Staatsangehörigkeit und Regie rungsbezirk)? Vorbemerkung: Alle aufgeführten Daten stammen vom Bayerischen Landesamt für Statistik. Daten aus dem Mikrozensus werden grundsätzlich in Tausend angegeben. Alle berechneten Summen wurden durch das Bayerische Landesamt für Statistik auf Basis der ungerundeten Daten berechnet, sodass es in der Summe zu Abweichungen in der Tausenderstelle kommen kann. Der Nachweis der in den Tabellen in Klammern aufgeführten Zahlen steht bei Zahlenwerten von 5.000–10.000 unter dem Vorbehalt, dass der Zahlenwert erhebliche Fehler aufweisen kann. Bei Zahlenwerten unter 5.000 erfolgen keine Angaben, da die Zahlen nicht sicher genug sind (in den Tabellen durch „/“ gekennzeichnet). Von bayernweit insgesamt rund 2.580.000 Personen mit Migrationshintergrund im Jahr 2014 waren laut der Ergebnisse des Mikrozensus 539.000 Personen 55 Jahre oder älter, davon 257.000 männlich und 282.000 weiblich. In der Altersgruppe der 55- bis unter 65-Jährigen befanden sich 265.000 Personen (davon 127.000 männlich und 139.000 weiblich), während 274.000 Personen 65 Jahre oder älter waren (davon 131.000 männlich und 144.000 weiblich). Für die Regierungsbezirke Bayerns liegen in Bezug auf Personen mit Migrationshintergrund keine Aufgliederungen nach Geschlecht bzw. Altersgruppen vor. Hier sind lediglich auf Tausend gerundete Absolutzahlen der gesamten Bevölkerung mit Migrationshintergrund verfügbar: Oberbayern: 1.131.000, Niederbayern: 181.000, Oberpfalz: 148.000, Oberfranken: 132.000, Mittelfranken: 394.000, Unterfranken : 213.000, Schwaben: 381.000, Bayern gesamt: 2.580.000. Die Zahlen zur Aufenthaltsdauer der Personen ab 55 Jahren stellen sich wie folgt dar (jeweils in Tsd.): Tab. 1: Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach Aufenthaltsdauer und Altersgruppen Detaillierter Migrationsstatus Insgesamt Darunter im Alter von … Jahren 55–65 65 und mehr Personen mit Migrationshintergrund 2.580 265 274 – mit einer Aufenthaltsdauer von Geburt an 806 (6) (5) unter 5 Jahren 276 (7) / 5– 0 Jahren 150 (7) / 10–15 Jahren 228 17 10 15–20 Jahren 229 30 22 20 Jahren und mehr 873 196 226 ohne Angabe zum Zuzugsjahr 18 / / Tab. 2: Männer mit Migrationshintergrund nach Aufenthaltsdauer und Altersgruppen Detaillierter Migrationsstatus Insgesamt Darunter im Alter von … Jahren 55–65 65 und mehr Personen mit Migrationshintergrund 1.300 127 131 – mit einer Aufenthaltsdauer von Geburt an 436 / / unter 5 Jahren 147 / / 5– 0 Jahren 64 / / 10–15 Jahren 101 (7) / 15–20 Jahren 110 13 (9) 20 Jahren und mehr 433 96 110 ohne Angabe zum Zuzugsjahr 10 / / Tab. 3: Frauen mit Migrationshintergrund nach Aufenthaltsdauer und Altersgruppen Detaillierter Migrationsstatus Insgesamt Darunter im Alter von … Jahren 55–65 65 und mehr Personen mit Migrationshintergrund 1.280 139 144 – mit einer Aufenthaltsdauer von Geburt an 370 / / unter 5 Jahren 130 / / 5– 0 Jahren 86 / / 10–15 Jahren 127 (9) (5) 15–20 Jahren 119 18 13 20 Jahren und mehr 440 101 117 ohne Angabe zum Zuzugsjahr (8) / / Zahlen zur Staatsangehörigkeit können der anliegenden Tabelle entnommen werden. Zum Aufenthaltsstatus liegen keine Daten vor. 1.2 Wie wird sich in Bayern der Bevölkerungsanteil der Menschen mit Migrationshintergrund, welche das Rentenalter erreicht haben, in den kommen den 20 Jahren nach Ansicht der Staatsregierung entwickeln? Eine Abschätzung der Entwicklung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Bayern für die kommenden 20 Jahre liegt nicht vor. Es stehen jedoch Ergebnisse aus dem Pro- Drucksache 17/11945 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 jekt „Analyse- und Prognosemöglichkeiten zu Personen mit Migrationshintergrund“ zur Verfügung, das das Bayerische Landesamt für Statistik bearbeitet. Der Zeithorizont dieser Vorausberechnung, die auf dem Mikrozensus 2011 basiert, ist das Jahr 2024. Derzeit wird eine Aktualisierung der Vorausberechnung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund auf Basis des Zensus 2011 mit einem erweiterten Zeithorizont erstellt. Tab. 4: Entwicklung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund (65-Jährige und Ältere) Alter (65 und mehr Jahre) 2011 2024 Änderung 2011–2024 in % Bevölkerung mit Migrationshintergrund 250.558 373.700 49 Bevölkerung ohne Migrationshintergrund 2.231.934 2.515.300 13 Der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an allen Personen in Bayern, welche das Rentenalter (65-Jährige und Ältere) bereits erreicht haben, lag im Jahr 2011 bei rund 10 Prozent (250.558 Personen). Im Jahr 2024 wird dieser Anteil nach den Vorausberechnungsergebnissen bei rund 13 Prozent (ca. 373.700 Personen) liegen. Die Zahl der 65-Jährigen und Älteren mit Migrationshintergrund in Bayern wird sich demnach von 2011 bis 2024 um ca. 123.100 Personen erhöhen, dies entspricht einem prozentualen Zuwachs von rund 49 Prozent. Als Altersgrenze für den Renteneintritt wurden einheitlich 65 Jahre angesetzt, wenngleich eine schrittweise Erhöhung dieser Altersgrenze auf 67 Jahre bis zum Jahr 2029 vorgesehen ist. Bei den Angaben zur Entwicklung des Bevölkerungsanteils der Menschen mit Migrationshintergrund ist zu beachten , dass es sich um Ergebnisse einer Vorausberechnung handelt, die im November 2013 veröffentlicht wurde. Zum Zeitpunkt der Annahmebildung und Modellerstellung war die aktuelle Entwicklung der Flüchtlingszahlen nicht absehbar und wurde somit nicht berücksichtigt. Neuere Angaben stehen nach Abschluss der – sich aktuell in Arbeit befindlichen – Aktualisierung der Vorausberechnung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund zur Verfügung. 1.3 Wie hoch ist der Anteil der älteren Menschen mit Migrationshintergrund, welche als Mieter oder Mieterinnen in öffentlich geförderten Wohnungen in Bayern leben im Vergleich zu Menschen ohne Migrationshintergrund? Die Belegstruktur von Sozialmietwohnungen nach Kriterien wie Alter und Migrationshintergrund wird nicht erfasst. Der Staatsregierung liegen daher hierzu keine Erkenntnisse vor. 2.1 Wie ist der sozioökonomische Status von Menschen mit Migrationshintergrund in Bayern (bitte folgen de Charakteristika angeben: Selbstständige, An gestellte, Rentenbezieher, Studierende, Leistungs empfänger von Grundsicherung oder sonstigen Sozialleistungen)? Daten zu den in der Fragestellung aufgezählten Charakteristika liegen nicht vor. Die nachfolgende Tabelle aus dem Mikrozensus 2014 (in Tsd.) zeigt, aus welchen Einkommensquellen die Personen ihren Lebensunterhalt überwiegend bestreiten (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik): Tab. 5: Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach überwiegendem Lebensunterhalt (siehe Anlage 1) Zur Verteilung der Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach deren Beteiligung am Erwerbsleben liefert der Mikrozensus 2014 folgende Ergebnisse (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik): Tab. 6: Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach Alter und Beteiligung am Erwerbsleben (in Tsd.) (Siehe Anlage 2) Zu Studierenden liegen keine Zahlen vor. Im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland sind in Bayern die Menschen mit Migrationshintergrund seltener erwerbslos. Deren Erwerbslosenquote lag in Bayern im Jahr 2013 bei 5,6 %, in Deutschland bei 8,2 % und in Westdeutschland bei 7,4 %. 2.2 Wie hoch ist das durchschnittliche Rentenniveau von Menschen mit und ohne Migrationshinter grund auf Bundesebene und in Bayern? Der Staatsregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Die gesetzliche Rentenversicherung erhebt keine Daten zum durchschnittlichen Rentenbezug und -niveau. 2.3 Wie hoch sind die durchschnittlichen Rentenbe züge von Menschen mit Migrationshintergrund in Bayern (differenziert nach Geschlecht, Staatsan gehörigkeit, Herkunftsland und Aufenthaltstitel)? Siehe Antwort zu Frage 2.2. 3.1 Sind in Bayern ältere Menschen mit Migrationshin tergrund im Vergleich zu älteren Menschen ohne Migrationshintergrund stärker von Armut betrof fen (bitte aufschlüsseln nach den Kriterien: Alters gruppen 55–65 Jahre und älter als 65 Jahre, Ar mutsgefährdung, relative Armut, Geschlecht und Regierungsbezirke)? Da es für eine absolute Armutsgefährdung (physisches Überleben ist aufgrund materiellen Mangels bedroht) in Deutschland und hoch entwickelten Staaten kein Maß gibt, wird zwischen „Armutsgefährdung“ und „relativer Armut“ im Folgenden nicht differenziert. Für Bayern liegen aus dem Mikrozensus 2014 Auswertungen zu Armutsgefährdungsquoten, armutsgefährdeten Personen sowie zum Äquivalenzeinkommen vor. Dabei zeichnet sich für Personen mit Migrationshintergrund über alle Altersklassen hinweg eine höhere Armutsgefährdung ab als für Personen ohne Migrationshintergrund. In der Klasse der Personen ab 65 Jahren beträgt die Armutsgefährdungsquote für Personen ohne Migrationshintergrund 15,3 %, bei den Personen mit Migrationshintergrund sind es 29,8 %. Eine Aufgliederung nach Geschlecht liegt hierzu nicht vor. Die Altersgruppe 55–65 Jahre wird nicht gesondert erfasst, sondern nur die Gruppe der 25- bis unter 65-Jährigen. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11945 Tab. 7: Indikatoren zur Einkommensverteilung* nach so ziodemografischen Merkmalen** Migrationshintergrund Armutsgefährdungsquoten 1) Armutsgefährdete Personen2) Äquivalenzeinkommen 3) Personen mit gültigen Einkommensangaben 4) % 1.000 EUR 1000 Insgesamt 11,5 1.392 1.663 12.135 Migrations hintergrund mit Migrationshintergrund 18,9 476 1.416 2.524 25 bis unter 65 15,9 225 1.511 1.412 65 und älter 29,8 80 1.192 267 ohne Migrati onshintergrund 9,5 916 1.729 9.612 25 bis unter 65 6,7 360 1.902 5.338 65 und älter 15,3 330 1.421 2.153 *) Gemessen am Bundesmedian des Äquivalenzeinkommens der Bevölkerung in Privathaushalten am Ort der Hauptwohnung mit gültigen Einkommensangaben. Das Äquivalenzeinkommen wird auf Basis der neuen OECD-Skala berechnet; **) Ergebnisse des Mikrozensus, IT.NRW – Die Hochrechnung basiert auf den fortgeschriebenen Ergebnissen des Zensus 2011. 1) Anteil der Personen mit einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 60% des Medians der Äquivalenzeinkommen; 2) Zahl der Personen mit einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 60% des Medians der Äquivalenzeinkommen; 3) Median des Äquivalenzeinkommens; 4) Bevölkerung in Privathaushalten am Ort der Hauptwohnung Die Armutsgefährdungsquoten können zudem auf Regierungsbezirksebene nachgewiesen werden. Auch hier zeigen sich die genannten Unterschiede zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund. Tab. 8: Armutsgefährdungsquoten nach Migrationshintergrund Migrationshinter - grund Regierungsbezirk Bayern Oberbayern Niederbayern Oberpfalz Oberfranken Mittelfranken Unterfranken Schwaben % Ins gesamt 8,9 12,3 12,1 13,6 14,0 13,1 12,1 11,5 Migrationshintergrund mit Migrationshin - tergrund 14,3 19,2 19,3 28,7 26,1 23,8 18,3 18,9 25 bis unter 65 12,0 15,8 15,1 28,2 22,1 20,6 15,1 15,9 65 und älter 20,9 / (39,1) / 40,2 46,6 32,3 29,8 ohne Migrationshin - tergrund 7,0 11,0 11,0 11,4 10,3 11,0 10,5 9,5 25 bis unter 65 4,9 7,8 6,9 9,0 7,5 7,8 7,4 6,7 65 und älter 11,7 19,8 20,0 14,5 14,9 18,6 16,3 15,3 3.2 Existieren Konzepte zur Erfassung einer Dunkel ziffer der in Bayern von Armut betroffenen Men schen, also Menschen ohne erfassbare Einkom mensverhältnisse? Nein, da dies methodisch nicht möglich ist. 3.3 Sollte dies der Fall sein, wie schätzt die Staatsre gierung dies ein? Entfällt. 4.1 Wie werden sich nach der Einschätzung der Staatsregierung die sozioökonomischen Lebens verhältnisse der Bevölkerungsgruppe „ältere Men schen mit Migrationshintergrund“ angesichts des demografischen Wandels zukünftig entwickeln? Spezifische Einschätzungen bzw. Prognosen zu den künftigen sozioökonomischen Lebensverhältnissen älterer Menschen mit Migrationshintergrund sind u. a. wegen des derzeit starken Zuzugs von Migrantinnen und Migranten mit einer hohen Prognoseunsicherheit verbunden. In den letzten Jahren war eine parallele Entwicklung der Armutsgefährdung bei Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zu beobachten. Die Armutsgefährdungsquote bei älteren Menschen mit und ohne Migrationshintergrund ist im Vergleich zwischen 2011 und 2014 leicht gestiegen. Tab. 9: Armutsgefährdungsquoten und die Anzahl armutsgefährdeter Personen nach Staatsangehörigkeit und Migrationshintergrund in Bayern, in Prozent, Prozentpunkten und Tausend Merkmal Armutsgefährdungsquoten armutsgefährdete Personen*) Veränderung 2011 -> 2014 2011 2012 2013 2014 2011 2014 % 1.000 %-Pkt. 1.000 Staatsangehörigkeit ohne deutsche Staatsangehörigkeit 22,2 21,0 21,7 22,4 224 272 0,2 48 mit deutscher Staatsangehörigkeit 10,1 10,1 10,2 10,3 1.097 1.120 0,2 23 Migrationshintergrund mit Migrationshintergrund 18,5 18,0 18,4 18,9 417 476 0,4 59 25 bis unter 65 16,1 15,4 15,1 15,9 200 225 -1,0 25 65 und älter 29,7 28,9 30,0 29,8 67 80 0,1 13 ohne Migrationshintergrund 9,4 9,4 9,4 9,5 904 916 0,1 12 25 bis unter 65 6,8 6,7 6,6 6,7 359 360 -0,1 1 65 und älter 14,8 14,7 15,5 15,3 304 330 0,5 16 *) Zahl der Personen mit einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 60% des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung in Privathaushalten am Ort der Hauptwohnung je 100 Personen, berechnet auf Basis der neuen OECD-Skala; Daten des Mikrozensus, IT.NRW. 4.2 Welche Maßnahmen sind nach Auffassung der Staatsregierung sinnvoll und notwendig, um die sozioökonomischen Lebensverhältnisse älterer Menschen mit Migrationshintergrund in Bayern zu verbessern? Da sich die Rente nach dem Erwerbseinkommen bemisst, ist es zur Vorbeugung von Altersarmut zunächst entscheidend , die Erwerbstätigkeit zu fördern. Für gewöhnlich haben all diejenigen, die fest im Arbeitsleben stehen, auch eine größere gesellschaftliche Teilhabe als Erwerbslose. Zur Integration in den Arbeitsmarkt und zum Verbleib in demselbigen ergreift die Staatsregierung verschiedene arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, – die sich an alle Menschen im erwerbsfähigen Alter gleichermaßen richten und somit auch den älteren Menschen mit Migrationshintergrund zugänglich sind, – zugunsten älterer Menschen, die allen unabhängig von deren Herkunft zugänglich sind, und – für Menschen mit Migrationshintergrund, die unabhängig vom Alter offen stehen, letztlich aber dennoch der Personengruppe der älteren Menschen mit Migrationshintergrund zugutekommen. Eine spezielle Handlungsstrategie für jede einzelne Personengruppe wäre aus Sicht der Staatsregierung nicht dien- Drucksache 17/11945 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 lich. Durch ein übergreifendes Angebot ist die Wahrscheinlichkeit , dass entsprechende Maßnahmen angeboten und wahrgenommen werden, deutlich größer. – Mit der Initiative „Ältere und Arbeitswelt“ hat die Staatsregierung beispielsweise zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern (AG HWK), dem Bayerischen Industrie- und Handelskammertag (BIHK), der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., dem Deutschen Gewerkschaftsbund Bayern (DGB Bayern) und der Regionaldirektion Bayern der Bundesagentur für Arbeit (RD Bayern) im Frühjahr 2011 einen Aktionsplan ins Leben gerufen, der die Beschäftigungssituation der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbessern soll. Am 07.05.2012 wurde das von den Arbeitsmarktakteuren gemeinsam erarbeitete Konzept der Initiative unterzeichnet und die Inhalte vorgestellt. Wesentliches Ziel ist es, älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine lange Erwerbstätigkeit bei guter Gesundheit und Motivation zu ermöglichen. Qualifizierung und lebenslanges Lernen spielen dabei eine herausragende Rolle. Hierfür soll im Rahmen der Ini-tiative mit verschiedenen Maßnahmen und Aktionen sensibilisiert werden. Das Vorgehen im Rahmen der Initiative „Ältere und Arbeitswelt “ wird in einer Arbeitsgruppe der Partner (unter Federführung des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales , Familie und Integration – StMAS) abgestimmt. Im jährlichen Turnus werden Veranstaltungen bei einem der Partner (StMAS, AG HWK, BIHK, vbw, DGB Bayern und RD Bayern) zu einem speziellen Thema durchgeführt. Am 06.04.2016 beispielsweise findet eine Tagung des DGB zum Thema „Alter(n)sgerechtes Arbeiten unter dem Vorzeichen der Digitalisierung“ statt. Eine weitere Veranstaltung ist von der vbw für den 14.09.2016 geplant. – Darüber hinaus werden von der Staatsregierung zahlreiche Projekte zur Wiedereingliederung und Sicherung der Beschäftigung (älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ) aus Mitteln des Arbeitsmarktfonds Bayern (AMF) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Ein Projekt zugunsten der älteren Menschen, das aus Mitteln des AMF gefördert wird, ist beispielsweise „Gesund und kompetent älter werden in der Altenpflege“. Dieses setzt auf drei Handlungsebenen an: Fachkräftegewinnung , Optimierung der Arbeitsgestaltung und Steigerung der Attraktivität des Berufsfelds. Ziel des Projektes ist, die Arbeit in der Altenpflege – durch alters- und alternsgerechte Arbeitsgestaltung – auch in höherem Alter zu ermöglichen und damit den Pflegekräften den Verbleib in der Pflege zu erleichtern. Die Attraktivität der Pflegeberufe soll erhöht, durch Qualifizierungseinheiten Fachpersonal akquiriert und in den Einrichtungen gehalten werden. Management und Führungskräfte werden zum Thema „altersgerechte Arbeitsgestaltung“ geschult. Auf der betrieblichen Ebene werden mit fünf Piloteinrichtungen die Arbeitsbedingungen so gestaltet, dass alterskritische Arbeitsbedingungen künftig vermieden werden, lebensphasenorientierte Arbeitszeitmodelle entwickelt, Potenziale älter werdender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter optimal genutzt und damit die Leistungsfähigkeit der Einrichtung langfristig gesichert werden können. – In der aktuellen Förderperiode 2014–2020 sind ESF-Aktionen insbesondere darauf ausgelegt, die Beschäftigung und die Erwerbsbeteiligung bisher benachteiligter Gruppen unabhängig vom Alter zu erhöhen. Das gilt vor allem für Langzeitarbeitslose, sozial benachteiligte Jugendliche, Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund. Im Rahmen der ESF-Aktion „Aktivierung und Grundqualifizierung von Menschen mit Migrationshintergrund“ werden deren spezifische Förderbedarfe aufgegriffen. Darüber hinaus stehen (älteren) Menschen mit Migrationshintergrund auch die anderen ESF-Aktionen offen. Die Förderung älterer Personen wird generell unter Berücksichtigung von deren spezifischen Förderbedarfen als Querschnittsziel behandelt. – Der zum 01.01.2015 eingeführte gesetzliche Mindestlohn von 8,50 € betrifft überproportional Menschen mit Migrationshintergrund . Zur Vorbeugung speziell von Altersarmut bei Frauen ist es entscheidend, die Erwerbstätigkeit der Frauen zu fördern: – Hierzu tragen insbesondere auch bedarfsgerechte, qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsangebote bei. Entscheidend ist dabei der weitere, qualitätsorientierte Ausbau der Kinderbetreuungsangebote. Zuständig sind hierfür nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz (BayKiBiG) die Gemeinden. Der Freistaat Bayern unterstützt die Gemeinden nachhaltig mit erheblichen Mitteln und trägt unter Berücksichtigung der Betriebs- und Investitionskostenförderung derzeit etwa 52 % der Grundkosten der Kinderbetreuung. In den letzten fünf Jahren hat die Staatsregierung die Ausgaben für die Förderung von Kindertageseinrichtungen um 90 % gesteigert. Im Haushalt 2016 sind allein für die Betriebskostenförderung etwa 1,45 Mrd. € eingeplant. Zudem unterstützt die Staatsregierung die Familien mit einem Beitragszuschuss in Höhe von 100 € monatlich zu den Kosten einer Kindertageseinrichtung im letzten Jahr vor der Einschulung (insgesamt rund 128 Mio. €) und stellt damit die Mehrheit der Eltern kostenfrei. – Zudem hat Ministerpräsident Horst Seehofer im Rahmen seiner Regierungserklärung vom 12.11.2013 eine Ganztagsgarantie ausgesprochen, wonach es bis 2018 in allen Schularten für jede Schülerin und jeden Schüler bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ein bedarfsgerechtes Ganztagsangebot geben soll. Neben dem weiteren Ausbau gebundener Ganztagsangebote wurde beim Ganztagsgipfel am 24.03.2015 insbesondere die schrittweise und bedarfsgerechte Einführung offener Ganztagsangebote in den Jahrgangsstufen 1–4 an Grund- und Förderschulen ab dem Schuljahr 2016/2017 beschlossen. – Bei der Bekämpfung von Altersarmut bei Frauen und für eine gelingende Erwerbsbiografie ist weiterhin die Förderung einer gleichberechtigten Erwerbsmöglichkeit von Frauen und Männern maßgeblich. Dies beginnt mit der Berufsorientierung, was bei jungen Menschen aus Familien mit Migrationshintergrund teils eine besondere Bedeutung hat. Wichtig ist es, eine vorschnelle Verengung auf wenige Tätigkeitsfelder zu vermeiden. Als Leitveranstaltung führt die Staatsregierung in mehrjährigem Rhythmus die Großveranstaltung „Berufsbildung “ durch und Veranstaltungen wie z. B. „Girls´ Day“ und „Boys´ Day“. Um Frauen (und Männern) den Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit nach einer Familienphase zu erleichtern, unterstützt die Staatsregierung ferner Orientierungs-, Coaching- und Qualifizierungsmaßnahmen , wie z. B. die Orientierungsseminare „Neuer Start“ (Förderung mit 50.000 € aus Landesmitteln) oder Projekte zur beruflichen Wiedereingliederung aus dem Arbeitsmarktfonds (Mittelvolumen: 2,1 Mio. €). Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11945 Darüber hinaus haben die Bayerische Staatsregierung und die bayerische Wirtschaft 2014 den „Familienpakt Bayern“ geschlossen und eine entsprechende Servicestelle eingerichtet, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu verbessern. – Eine ganzheitliche Unterstützung von Frauen im Erwerbsleben erfolgt außerdem durch die Servicestellen „Frau und Beruf“ in allen Regierungsbezirken Bayerns. Der Europäische Sozialfonds stellt für diese Aufgabe im Zeitraum von 2014–2020 Mittel in Höhe von 15 Mio. € zur Verfügung. Die Servicestellen bieten Coaching, Beratung und Qualifizierung für Frauen an. Die Förderung richtet sich primär an Frauen, die in der Phase der Berufsorientierung bzw. -rückkehr, zur Verbesserung ihrer aktuellen Beschäftigungssituation oder der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit Unterstützung benötigen. Die Maßnahme fördert weiter die Erwerbsbeteiligung der Frauen durch Unterstützung und Coaching für eine existenzsichernde Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit. Mit folgenden Maßnahmen hat die Staatsregierung die Alterssicherung gestärkt: – Insbesondere für eine verbesserte Armutsprävention ist mehr Flexibilität beim Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand erforderlich. Dies gilt auch für Menschen mit Migrationshintergrund, insbesondere wenn sie erst in fortgeschrittenem Lebensalter eine Erwerbstätigkeit in Deutschland aufgenommen haben. Zu Verbesserungen wird die von der Koalition auf Bundesebene kürzlich gefundene Lösung zur sog. Flexi-Rente führen. Dann soll es den Rentnerinnen und Rentnern leichter möglich sein, neben der Rente hinzuzuverdienen. Zusätzlich werden sie für den Hinzuverdienst künftig Rentenanwartschaften erwerben und ihr Alterseinkommen dadurch dauerhaft steigern können. – Die Sicherung eines auskömmlichen Lebensunterhalts im Alter betrifft verstärkt Frauen und vor allem Mütter, auch bei Menschen mit Migrationshintergrund. Mit der Mütterrente wird einer langjährigen Forderung Bayerns Rechnung getragen. Seit 01.07.2014 wird die Erziehungsleistung aller Mütter oder Väter, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, mit einem zusätzlichen Entgeltpunkt in der Alterssicherung honoriert. Die Ungleichbehandlung bei der Anerkennung von Kindererziehungszeiten wurde damit abgemildert und vor allem auch die heutige Rentnergeneration begünstigt. Das bedeutet ca. 350 € mehr Rente im Jahr pro Kind. Von der Mütterrente sind bundesweit ca. 8 Mio. Frauen begünstigt, davon etwa 1,1 Mio. in Bayern. – Verbesserungen insbesondere für ältere Frauen ergeben sich durch das zum 01.01.2016 in Kraft getretene Zweite Pflegestärkungsgesetz, da Zeiten der Pflege Angehöriger in der Rente besser anerkannt werden. Wer einen Angehörigen mit außerordentlich hohem Unterstützungsbedarf (Pflegegrad 5) pflegt, erhält um 25 % höhere Rentenbeiträge als bisher. 4.3 Wurden entsprechende Maßnahmen bisher ergrif fen? Siehe Antwort zu Frage 4.2. 5.1 Welche sozialen und kulturellen Angebote zum Beispiel in Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände, Seniorenheime, Seniorenvertretungen, Senioren büros, religiösen Einrichtungen oder Hospize ste hen älteren Menschen mit Migrationshintergrund zur Verfügung, beziehungsweise werden von die sen genutzt (bitte Zahlen für die Jahre 1990, 2000, 2005, 2010 sowie 2015 nennen)? Die Angebote der Einrichtungen stehen allen älteren Menschen zur Verfügung – mit oder ohne Migrationshintergrund. Im Hinblick auf die konkret angebotenen bzw. genutzten und mit Zahlen für die Jahre 1990, 2000, 2005, 2010 und 2015 belegbaren sozialen und kulturellen Angebote für ältere Menschen mit Migrationshintergrund liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Im Bereich der stationären Pflegeeinrichtungen (Seniorenheime ) geht die Staatsregierung davon aus, dass es in den rund 1.700 stationären Pflegeeinrichtungen in Bayern vereinzelt soziale und kulturelle Angebote gibt, die sich speziell an ältere Menschen mit Migrationshintergrund richten. Als Beispiel kann das Projekt „Inter-Kulturelle-Öffnung der Langzeitpflege IKÖ“ der Landeshauptstadt München genannt werden. Die Landeshauptstadt München unterstützt mit diesem Projekt ambulante, teil- und vollstationäre Pflegeeinrichtungen in München dabei, Angebote für pflegebedürftige Menschen mit Migrationshintergrund weiter zu entwickeln und umzusetzen. Dies erfolgt sowohl mit fünf Heimträgern in München als auch über entsprechende Qualifizierungsangebote . Darüber hinaus informiert eine Kampagne unter der Leitung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Oberbayern Migrantinnen und Migranten über das Projekt sowie über alle Angebote für ältere und pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige in München. Näheres zu diesem Projekt ist unter folgendem Link zu finden: http://www.muenchen.de/ik-pflege 5.2 Sieht die Staatsregierung in Bayern einen Bedarf an kultur, sprach und religionssensibler Betreu ung in Wohn und Pflegeeinrichtungen für Senio ren mit und ohne Migrationshintergrund? Im Bereich der stationären Pflegeeinrichtungen (Seniorenheime ) gibt es gesetzliche Regelungen, die speziell auch den Menschen mit Migrationshintergrund zugutekommen. Neben der gesetzlich vorgeschriebenen Förderung der Lebensqualität in diesen Einrichtungen, zu der auch die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben gehört (Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Pflege-, Betreuungsund Wohnqualität im Alter und bei Behinderung, Pflege- und Wohnqualitätsgesetz – PfleWoqG), schreibt das Gesetz in Art. 3 Abs. 3 Nr. 1 PfleWoqG vor, dass der Träger einer stationären Einrichtung sicherzustellen hat, dass Pflege- und Betreuungskräfte in ausreichender Zahl und mit der für die von ihnen zu leistende Tätigkeit erforderlichen persönlichen und fachlichen Eignung vorhanden sind, insbesondere regelmäßige Qualifizierungsangebote für die Beschäftigten gewährleistet sind und die interkulturelle Kompetenz der Betreuungs- und Pflegekräfte gefördert wird. Der Zugang zur Hospiz- und Palliativversorgung für Menschen mit Migrationshintergrund ist erschwert. Barrieren sind vor allem Sprach- und Kommunikationsprobleme. Vielen Migranten fehlen zudem Informationen über das deutsche Gesundheitssystem und die verschiedenen Möglichkeiten der Hospiz- und Palliativversorgung. Darüber hinaus fehlt Versorgungsdiensten im Hospiz- und Palliativbereich nicht selten der nachhaltige Zugang zur migrationsstämmigen Bevölkerung. Drucksache 17/11945 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 7 Die beiden folgenden, von der Staatsregierung geförderten Projekte, die bereits 2015 begonnen wurden, sollen dazu dienen, bayerische Migranten auf bestehende Angebote und Möglichkeiten aufmerksam zu machen und hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeit zu beraten, sowie Fachkräften und Fachdiensten der Hospiz- und Palliativversorgung den Zugang zur Zielgruppe zu erleichtern: – Das Projekt „Bayerische Informationskampagne zur Hospiz - und Palliativversorgung mit Migranten für Migranten“ hat die Umsetzung einer mehrsprachigen Informationskampagne zum Ziel, um die Dienste der Hospiz- und Palliativversorgung für Menschen mit Migrationshintergrund verstärkt und bedarfsorientiert zugänglich zu machen. – Im Projekt „Gute Versorgung am Lebensende für Menschen mit Migrationshintergrund – Bedürfnisse und Vorstellungen von Patienten zur Hospiz- und Palliativversorgung in Bayern“ sollen konkrete Vorstellungen, Erwartungen und Wünsche von Patienten mit Migrationshintergrund an eine Hospiz- und Palliativversorgung in Bayern erhoben werden. Für die Fachöffentlichkeit soll ein Leitfaden zum Thema „kulturell sensible Handlungsanweisungen für Gesundheitsberufe“ erstellt werden. Auch bei der Gewinnung von Pflegekräften spielt die interkulturelle Kompetenz eine wichtige Rolle. Deswegen werden mit der HERZWERKER-Kampagne, die bei jungen Menschen für eine Tätigkeit im Pflegebereich wirbt, seit 2013 auch ganz gezielt junge Menschen mit Migrationshintergrund angesprochen. 6.1 Wie viele kirchliche und städtische Servicewohn anlagen (Einrichtungen des betreuten Wohnens), SeniorenWGs sowie Wohn und Betreuungsein richtungen existieren in Bayern? Alternative Wohnformen, wie Betreutes Wohnen, Seniorenwohngemeinschaften , Seniorenhausgemeinschaften sowie generationenübergreifende Wohnformen sind private Wohnformen für ältere Menschen, für die das PfleWoqG nicht gilt. Vor diesem Hintergrund liegen auch keine statistischen Erhebungen vor. Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) geht bayernweit von rund 33.800 Wohneinheiten im Betreuten Wohnen aus. Dabei sind die zugrunde liegenden Konzepte in ihrer jeweiligen Ausprägung sehr unterschiedlich. Laut einer von der Staatsregierung durchgeführten Umfrage in 2014 existieren darüber hinaus in Bayern 18 Seniorenwohngemeinschaften , 57 Seniorenhausgemeinschaften und 44 generationenübergreifende Wohnformen. Eine Erhebung, wie viele davon kirchlich bzw. städtisch sind, liegt nicht vor. Die Zahl der kirchlich und städtisch betriebenen Servicewohnanlagen bzw. Einrichtungen des Betreuten Wohnens und der ambulant betreuten Wohngemeinschaften, die unter Art. 2 Abs. 3 PfleWoqG fallen, ist der Staatsregierung nicht bekannt. Laut statistischem Bericht „Einrichtungen für ältere Menschen in Bayern 2014 und ambulant betreute Wohngemeinschaften in Bayern 2014“ des Bayerischen Landesamts für Statistik (Stand: 15.12.2014) gab es insgesamt 386 kirchliche Einrichtungen für ältere Menschen (Altenheime, Altenwohnheime , Altenpflegeheime und Schwesternaltenheime) in Bayern (207 des Caritasverbands und 179 des Diakonischen Werks, Innere Mission) und insgesamt 153 Einrichtungen für ältere Menschen, die unter öffentlicher Trägerschaft (kommunaler oder sonstiger öffentlicher Träger) standen. Der Staatsregierung liegen keine Zahlen bezüglich der städtischen Einrichtungen vor. Es wird darauf hingewiesen , dass im Hinblick auf den vorgenannten statistischen Bericht 47 Einrichtungen dem Bayerischen Landesamt für Statistik keine Daten zur Verfügung gestellt haben. Laut statistischem Bericht „Pflegeeinrichtungen, ambulante sowie stationäre und Pflegegeldempfänger in Bayern – Ergebnisse der Pflegestatistik“ des Bayerischen Landesamts für Statistik (Stand: 15.12.2013) standen von den insgesamt 1.659 Pflegeheimen für ältere Menschen 141 Pflegeheime für ältere Menschen unter öffentlicher Trägerschaft , wovon wiederum 129 unter kommunaler und 12 unter sonstiger öffentlicher Trägerschaft standen. Der Staatsregierung liegen keine Zahlen bezüglich der städtischen Einrichtungen vor. Laut vorgenanntem statistischem Bericht gab es insgesamt 788 Pflegeheime für ältere Menschen, die unter der Trägerschaft der freien Wohlfahrtspflege standen. Der Bericht enthält jedoch keine Angaben zu den kirchlich betriebenen Pflegeheimen für ältere Menschen. 6.2 Welche der oben genannten Einrichtungen werden von Menschen mit Migrationshintergrund genutzt? Laut statistischem Bericht „Einrichtungen für ältere Menschen in Bayern 2014 und ambulant betreute Wohngemeinschaften in Bayern 2014“ des Bayerischen Landesamts für Statistik (Stand: 15.12.2014) lebten in den Einrichtungen für ältere Menschen (Altenheime, Altenwohnheime, Altenpflegeheime und Schwesternaltenheime), die unter kirchlicher Trägerschaft standen, insgesamt 857 Menschen mit Migrationshintergrund (497 des Caritasverbands und 360 des Diakonischen Werks, Innere Mission), und in denen, die unter öffentlicher Trägerschaft (kommunaler oder sonstiger öffentlicher Träger) standen, insgesamt 276 Menschen mit Migrationshintergrund. Im Übrigen liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. 6.3 Hat die Staatsregierung Erfahrungen mit der in terkulturellen Öffnung in diesem Zusammenhang evaluiert? Die Staatsregierung hat hierzu bislang keine Evaluierungen durchgeführt. 7.1 Welchen Handlungsbedarf sieht die Staatsregie rung im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung, Gesundheitsinformation, präventiver Angebote, psychosozialer Beratung und Betreuung sowie interkultureller Pflege älterer Menschen mit Mig rationshintergrund in Bayern vor dem Hintergrund des demografischen Wandels? Die Beantwortung der Frage erfolgt getrennt entsprechend der verschiedenen Themenbereiche: Pflege Zur Verbesserung der Versorgungslage älterer Menschen mit Migrationshintergrund muss deren Zugang zu bereits bestehenden Strukturen verbessert werden. Durch eine interkulturelle Öffnung der vorhandenen Einrichtungen und kultursensible Lotsen können kulturspezifische Zugangsbarrieren abgebaut werden. Im Hinblick auf die stationären Pflegeeinrichtungen, die unter das PfleWoqG fallen (Seniorenheime), sieht die Staatsregierung keinen Handlungsbedarf. Es wird auf die Antwort zu Frage 5.2 verwiesen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und Seite 8 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11945 des drohenden Fachkräftemangels, insbesondere in den Pflegeberufen, ist aber eine Anpassung der Rahmenbedingungen und qualitative Weiterentwicklung der Pflegeausbildung zwingend erforderlich. Pflegekräfte müssen für die Pflege aller Altersgruppen qualifiziert sein und dafür über ein umfassendes Wissen im Bereich der Pflege sowie die notwendigen fachlichen und personalen Kompetenzen verfügen . Krankenhausversorgung Menschen mit Migrationshintergrund haben denselben Anspruch auf akutstationäre Versorgung wie Menschen ohne Migrationshintergrund. Die Krankenhausplanung in Bayern orientiert sich allgemein am Bedarf für akutstationäre Behandlungskapazitäten unabhängig von der Herkunft der bayerischen Wohnbevölkerung. In den Krankenhäusern, deren Daten der Krankenhausplanung zugrunde gelegt werden , wird nicht erfasst, ob ein Patient mit oder ohne Migrationshintergrund behandelt wurde. Den vorliegenden Daten lässt sich somit nicht entnehmen, wie viele Menschen mit Migrationshintergrund in bayerischen Krankenhäusern behandelt wurden und ob hier eine unterschiedliche Morbidität zur Wohnbevölkerung ohne Migrationshintergrund besteht. Bisher wurden von keiner Seite Hinweise an die Krankenhausplanung herangetragen, nach denen die bestehende akutstationäre Versorgung in Bayern für ältere Menschen mit Migrationshintergrund nicht ausreichend wäre. Gesundheitsversorgung Im Wesentlichen unterliegt die Regelungskompetenz der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung dem Bundesgesetzgeber . Die nähere Ausgestaltung bzw. Umsetzung der bundesrechtlichen Vorgaben erfolgt durch die nach dem Willen des Gesetzgebers eigenverantwortlich tätigen Selbstverwaltungspartner auf Bundes- und auf Landesebene . Die Sicherstellung der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung ist daher gesetzliche Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) sowie der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB), nicht aber der Staatsregierung. Das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) führt zwar die Rechtsaufsicht über die landesunmittelbaren Krankenkassen sowie die KVB sowie die KZVB. Auf die konkrete Ausgestaltung des Versorgungsgeschehens hat die Staatsregierung aber keine inhaltliche Einflussmöglichkeit. Die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Gesundheitsversorgung sind zudem ein gesamtgesellschaftliches Problem. Maßnahmen, die dieser Herausforderung insbesondere auch im Hinblick auf die Versorgung älterer Mitbürger begegnen, können insoweit nicht an einzelnen Bevölkerungsgruppen festgemacht werden. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und somit auch im Rahmen der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung die Gewährung einer Verständigung mit den beteiligten Leistungserbringern in der jeweiligen – nichtdeutschen – Muttersprache generell nicht zum Leistungsumfang einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung gehört. Die Ermöglichung einer sprachlichen Verständigung zwischen Arzt bzw. Therapeut und Patient in einer nichtdeutschen Sprache durch Hinzuziehung eines Dolmetschers ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nicht als Nebenleistung zur Krankenbehandlung vom Leistungsanspruch der GKV-Versicherten umfasst (BSG-Urteil vom 06.02.2008 – B 6 KA 40/06 R). Gesundheitsförderung und Prävention Die Staatsregierung sieht in der gesundheitsbezogenen, präventiv orientierten Information von Menschen mit Migrationshintergrund eine wichtige Aufgabe. Daher fördert die Staatsregierung bereits seit dem Jahr 2008 ein Angebot, das spezifisch auf unterschiedliche Migrantengruppen zugeschnitten ist: „MiMi – Mit Migranten für Migranten“. In diesem Projekt zur interkulturellen Gesundheitsbildung werden in Deutschland gut integrierte Migrantinnen und Migranten unterschiedlicher Herkunft zu „Gesundheitsmediatoren“ ausgebildet, die anschließend in muttersprachlichen Veranstaltungen gesundheitsbezogene Informationen an hier lebende Landsleute weitergeben. Themen sind neben Basisinformationen zu Aufbau und Angeboten des deutschen Gesundheitssystems verschiedene Aspekte von Prävention und Gesundheitsförderung, die insbesondere auch für ältere Menschen von Interesse sind (z. B. gesunde Ernährung und Bewegung, seelische Gesundheit, Vorsorge und Früherkennung , Diabetes mellitus, Krebserkrankungen, Alter und Pflege). Träger und internationale Zentrale des MiMi-Projekts ist das Ethno-Medizinische Zentrum in Hannover (EMZ) e. V. Die Koordinationsstelle für MiMi in Bayern ist im Bayerischen Zentrum für Transkulturelle Medizin e. V. (BayZent) in München angesiedelt; bislang gibt es landesweit 10 Projektstandorte (Augsburg, Ingolstadt, München, Nürnberg, Schweinfurt, Bamberg, Coburg, Landshut, Regensburg und Würzburg), an denen die Mediatoren in insgesamt 36 Sprachen informieren, zu den häufigsten zählen Türkisch, Russisch und Arabisch. Im Projektverlauf hat sich MiMi zu einem Best-Practice- Programm für die Integration und interkulturelle Gesundheitsförderung von Migranten entwickelt. Im Oktober 2015 wurde das Projekt durch das European Health Forum Gastein mit dem Europäischen Gesundheitspreis („European Health Award“) ausgezeichnet. Darüber hinaus gibt es lokale Initiativen zu Gesundheitsinformation und gesundheitsbezogener Prävention für ältere Menschen mit Migrationshintergrund. Aus dem Wettbewerb um den Bayerischen Präventionspreis ist das Projekt „Alter , Migration und Gesundheit“ des Mehrgenerationenhauses Schweinau in Nürnberg bekannt, ein Modellprojekt für Türkisch, Russisch und Rumänisch sprechende Senioren (http://www.zpg-bayern.de/alter-migration-und-gesundheit. html). 7.2. Welche konkreten Pläne gibt es, um diesem Bedarf gerecht zu werden? Die Beantwortung der Frage erfolgt getrennt entsprechend der verschiedenen Themenbereiche: Pflege Die Staatsregierung plant die Förderung des Modellprojektes „Internationale Angehörigentutoren“ des Türkischdeutschen Vereins zur Integration behinderter Menschen e. V. in Nürnberg nach § 45 c des Sozialgesetzbuches (SGB) Elftes Buch (XI) mit einer Anteilsfinanzierung der sozialen und privaten Pflegeversicherung. Das Projekt soll dazu beitragen, dass eine kultursensible und muttersprachliche Begleitung älterer Zuwanderer mit einer demenziellen Erkrankung und ihrer Familien im Bereich der Versorgung gewährleistet wird. So werden Betroffene und ihre Angehörigen im Kontakt mit Ansprechpartnern der Drucksache 17/11945 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 9 Versorgungsstruktur (Ärzte, Behörden, Fachstellen, Pflegefachkräfte , …) durch Angehörigentutoren unterstützt. Die sprachlich kompetenten ehrenamtlich tätigen Angehörigentutoren haben ebenfalls eine Zuwanderungsgeschichte. Sie werden geschult und einer Familie entsprechend ihres kulturellen Hintergrundes als „Brückenbauer“ zugeteilt, sodass mit ihrer Hilfe die Angebotsstrukturen für die Betroffenen optimal genutzt werden können. Die häusliche Versorgung der älteren demenziell erkrankten Zuwanderer soll mithilfe der internationalen Angehörigentutoren verbessert und deren Angehörige entlastet werden. Der Vergabeausschuss nach § 45 c SGB XI hat sich für eine Förderung des Projekts ausgesprochen. Vor Bescheiderteilung sind vom Träger noch Ergänzungen zum Antrag nachzuliefern. Im Hinblick auf die stationären Pflegeeinrichtungen, die unter das PfleWoqG fallen, wird auf die Antwort zu Frage 7.1 verwiesen. Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung am 13.01.2016 den Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Pflegeberufe (PflBRefG) beschlossen. Die bisherigen drei Ausbildungen in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege werden mit einem neuen Berufsgesetz (Pflegeberufsgesetz – PflBG) zu einem einheitlichen Berufsbild zusammengeführt. Die Reform der Pflegeberufe soll durch die qualitative Weiterentwicklung der Ausbildungsstruktur und der Ausbildungsinhalte eine Anpassung der Pflegeausbildung an die erhöhten Anforderungen und die veränderten Strukturen in der Pflege bewirken. Nach dem Gesetzentwurf sollen den zukünftigen Auszubildenden u. a. soziale und kommunikative Kompetenzen vermittelt werden. Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme gebeten, auch die Vermittlung interkultureller Kompetenzen in die in § 5 PflBG-E festgelegten Ausbildungsziele ausdrücklich aufzunehmen. Die Bundesregierung wird diesem Vorschlag voraussichtlich zustimmen. Krankenhausversorgung Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels kommt dem Ausbau geriatrischer Versorgungsstrukturen im Allgemeinen eine große Bedeutung zu. Eine ganzheitlich, qualitätsorientierte Altersmedizin, die neben den körperlichen auch geistige, psychische und soziale Aspekte berücksichtigt, kommt dabei älteren Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zugute. Gemäß dem Geriatriekonzept von 1990 wurde zwischenzeitlich ein flächendeckendes Netz an wohnortnahen geriatrischen Rehabilitations-Einrichtungen aufgebaut. Derzeit gibt es in Bayern 62 stationäre geriatrische Rehabilitationseinrichtungen mit rund 2.800 Betten. Mit dem 2009 verabschiedeten Fachprogramm Akutgeriatrie sollen ergänzend zur bestehenden und bewährten Rehastruktur akutgeriatrische Angebote im Krankenhaus aufgebaut werden. Ziel ist, die Versorgung älterer Menschen dadurch bereits im Krankenhaus zu verbessern. Der Aufbau der Akutgeriatrien kommt gut voran (2009: 4 Einrichtungen, 2010: 26 Einrichtungen, 2013: 61 Einrichtungen). Aktuell gibt es in Bayern 81 Akutgeriatrien mit über 1.900 Betten. Die Studie „Auswirkung des Fachprogramms Akutgeriatrie auf die geriatrische Rehabilitation in Bayern“ zeigt, dass die Weiterentwicklung des Bayerischen Geriatriekonzepts hinsichtlich akutgeriatrischer Versorgungsstrukturen in der Praxis gut angenommen wird. Die neuen akutgeriatrischen Strukturen in Krankenhäusern eröffnen eine spezialisierte Behandlung für deutlich kränkere und pflegebedürftigere Patienten, als dies in nachgelagerten Rehabilitationseinrichtungen der Fall ist. Die geriatrische Versorgung in Akutkrankenhäusern und in geriatrischen Rehabilitationseinrichtungen ergänzen sich dabei in ihren Leistungsspektren. Ein Vergleich mit bundesdeutschen Zahlen belegt, dass die geriatrische Versorgung in Bayern im Hinblick auf die Erkrankungsschwere der Patienten differenzierte geriatrische Behandlungsmöglichkeiten aufweist und insgesamt mehr Patienten geriatrisch versorgt werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7.1 verwiesen. Gesundheitsversorgung Unabhängig von den Auswirkungen des demografischen Wandels wurden von den für die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung zuständigen Körperschaften bereits Maßnahmen getroffen, um insbesondere auf interkulturelle Anforderungen einzugehen. So führt die KVB für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung auf Nachfrage aus, dass beispielsweise die Zulassungsgremien seit Längerem geeignete Bewerber mit entsprechendem kulturellem Hintergrund im Rahmen von Auswahlentscheidungen bei Erstzulassungen oder bei Nachbesetzungen berücksichtigen, wenn in den jeweiligen Planungsbereichen ein hoher Anteil fremdsprachiger Versicherter lebt. Da es sich nicht um gesetzliche Zulassungsvoraussetzungen oder Auswahlkriterien handelt und zudem die Auswahlentscheidungen der richterlichen Nachprüfung unterliegen, kann diese Berücksichtigung nur bei ansonsten gleicher Eignung der Bewerber erfolgen. Außerdem ermöglicht es die KVB den in Bayern an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und Psychotherapeuten , in der Internet-Arztsuche der KVB freiwillig auf vorhandene Fremdsprachenkenntnisse hinzuweisen. Zur besseren Verständigung mit fremdsprachigen Patienten hält beispielsweise die KZVB für ihre Mitglieder auf ihrer Homepage Anamnese- und Aufklärungsbögen in vielen Sprachen vor. Eine interkulturelle Öffnung der ambulanten zahnärztlichen Versorgung hat sich nach Ansicht der KZVB insbesondere im Nachgang zum Wegfall der Zulassungsbeschränkung im vertragszahnärztlichen Bereich seit dem 01.04.2007 unmittelbar von selbst ergeben. Auf diese Weise konnten sich insbesondere Zahnärzte mit Migrationshintergrund nunmehr unmittelbar dort niederlassen, wo dies aufgrund der entsprechenden Bevölkerungsstruktur sinnvoll ist, da die Notwendigkeit einer Praxisnachfolge im Sinne von §§ 103 und 104 SGB V nicht mehr besteht. Die KZVB berät niederlassungswillige Zahnärzte dabei über individuelle Niederlassungsmöglichkeiten . Gesundheitsförderung und Prävention Aufgrund des Erfolgs und der starken Nachfrage im Projekt „MiMi“ ist für 2016 ein weiterer Ausbau des Projekts vorgesehen . Geplant sind u. a. die Schulung neuer Mediatoren in den bereits bestehenden Standorten sowie der Aufbau zweier weiterer Projektstandorte, voraussichtlich in Lindau gemeinsam mit den Landkreisen Oberallgäu und Ostallgäu sowie im Landkreis Main-Spessart. Dafür wurden die Projektmittel für die Förderphase bis 2018 um jährlich 70.000 € erhöht; insgesamt wurde das Projekt MiMi in Bayern von staatlicher Seite seit Beginn mit rund 630.000 € gefördert. 7.3 Welche umgesetzten Maßnahmen werden bereits in Anspruch genommen? Seite 10 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11945 Die Beantwortung der Frage erfolgt getrennt entsprechend der verschiedenen Themenbereiche: Pflege Das Projekt „Interkulturelles Netz Altenhilfe: Integration von älteren pflegebedürftigen bzw. von Pflegebedürftigkeit bedrohten Migranten und ihren Angehörigen in Augsburg unter besonderer Berücksichtigung von demenzerkrankten Migranten“ der SIC Gesellschaft für Forschung, Beratung, Organisationsentwicklung und Sozialmanagement mbH in Augsburg wurde als Modellprojekt nach § 45 c SGB XI vom 01.12.2010 bis 30.09.2015 von der Staatsregierung mit einer Anteilsfinanzierung der sozialen und privaten Pflegeversicherung gefördert. Ziel des Modellprojekts war es, spezifische Anlaufstellen für die Seniorengruppe anbieten zu können, die in den 50er-Jahren als türkische Migrantinnen und Migranten nach Deutschland kamen. Ausgehend von der Lebenslage und Kultur der älteren türkischen Migrantinnen und Migranten baute das Konzept darauf auf, die in der Migranten-Community vorhandenen Netze der gegenseitigen Unterstützung zu stärken. Außerdem wurde die Migranten-Community dabei unterstützt, über die vorhandenen Angebote der Altenhilfe in Augsburg informiert zu sein und diese ggf. in Anspruch zu nehmen. Das Modellprojekt ist sehr erfolgreich verlaufen. Das Zentrum Bayern Familie und Soziales bearbeitet derzeit den Antrag des Trägers auf Weiterführung des Projekts als ein nach § 45 d SGB XI gefördertes Angebot. Im Hinblick auf die stationären Pflegeeinrichtungen, die unter das PfleWoqG fallen, liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Im Bereich der Pflegeausbildung können entsprechende Maßnahmen noch nicht in Anspruch genommen werden, da die neue Pflegeausbildung nach dem Gesetzentwurf 2018 beginnen soll. Der Bundesrat hat sich in seiner Stellungnahme für die Verschiebung des Beginns der einheitlichen Pflegeausbildung um ein Jahr ausgesprochen. Krankenhausversorgung Es wird auf die Antwort zu den Fragen 7.1 und 7.2 verwiesen. Gesundheitsversorgung Es wird auf die Antwort zu den Fragen 7.1 und 7.2 verwiesen. Gesundheitsförderung und Prävention Die Veranstaltungen des Projekts MiMi werden sehr gut in Anspruch genommen. Für die bestehenden zehn Standorte wurden seit Projektbeginn 304 Gesundheitsmediatorinnen und -mediatoren ausgebildet, die bis zum Herbst 2015 (jüngste verfügbare Daten) landesweit 1.266 mehrsprachige Informationsveranstaltungen mit insgesamt 15.648 Teilnehmern durchgeführt haben. Darüber hinaus wurden schriftliche Materialien in mehreren Sprachen entwickelt. Bisher liegen vor: Wegweiser Psychotherapie (8 Sprachen), Wegweiser Vorsorgemaßnahmen und Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Erwachsene (15 Sprachen), Handreichung Brustkrebsfrüherkennung und -behandlung (8 Sprachen), Wegweiser Impfschutz (16 Sprachen), Wegweiser Diabetes (12 Sprachen) und Wegweiser Gesundheitssystem (17 Sprachen); insgesamt rund 60.000 Exemplare dieser Publikationen wurden bislang in Bayern ausgegeben. Im Übrigen wird auf die Antwort des StMGP vom 04.11.2015 auf die Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller verwiesen (siehe Drs. 17/8904). 8.1 Welche Bildungs und Weiterbildungsangebote werden von Menschen mit Migrationshintergrund ab 55 Jahren verstärkt in Anspruch genommen? Der Staatsregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 8.2 Hat sich in diesem Bereich in den letzten zehn Jah ren eine Veränderung hinsichtlich des Bildungs verhaltens gezeigt? Entfällt, siehe Antwort zu Frage 8.1. 8.3 Spielen Hochschulen, Volkshochschulen, Musik schulen und andere Bildungseinrichtungen in die sem Kontext eine Rolle bzw. liegen Teilnahmezah len von Menschen mit Migrationshintergrund vor? Der Staatsregierung sowie den Landesorganisationen der Erwachsenenbildung liegen keine Zahlen über die Nutzung des Bildungsangebotes durch diesen Teilnehmerkreis vor. Drucksache 17/11945 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 11 Anlage 1 Tab. 5: Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach überwiegendem Lebensunterhalt Alter (von ... bis unter ... Jahren) Überwiegender Lebensunterhalt insgesamt eigene Erwerbs-/ Berufstätigkeit Arbeitslosen - geld I Rente und Pension Einkünfte von Angehörigen eigenes Vermögen, Vermietung , Zinsen Altenteil lfd. Hilfe zum Lebens- Unterhalt*) Leistungen nach Hartz IV sonstige Unterstützungen (z.B. BAföG) Elterngeld Bevölkerung mit Migrationshintergrund unter 20 708 30 - / 659 / / (8) (8) - 20–40 793 543 13 / 167 / 10 24 18 11 40–60 676 509 12 17 88 (5) (6) 30 (7) / 60–65 128 57 (6) 38 14 / / (8) / - 65 und mehr 274 (9) / 228 16 / 14 / / - Zusammen 2 580 1 149 31 287 946 15 35 71 35 12 *) Einschl. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und andere Hilfen in besonderen Lebenslagen. Anlage 2 Tab. 6: Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach Alter und Beteiligung am Erwerbsleben (in Tsd.) Alter (von ... bis unter ...Jahren) Erwerbspersonen Bevölkerung zusammen Erwerbstätige 1) Erwerbslose zusammen darunter: Stellung im Beruf Selbstständige unbezahlt mithelfende Familienangehörige Beamte Angestellte 2) Arbeiter3) Bevölkerung mit Migrationshintergrund 15–20 159 49 44 / - / 12 (6) / 20–25 155 104 98 / / / 51 26 (7) 25–30 191 151 143 (7) / / 95 33 (8) 30–35 215 177 168 13 / / 110 42 (10) 35–40 232 193 184 18 / / 108 55 (9) 40–45 205 176 169 21 / / 94 52 (7) 45–50 182 159 152 16 / / 81 52 (7) 50–55 152 130 124 14 / / 60 49 (6) 55–60 137 109 103 11 / / 51 40 (6) 60–65 128 72 66 (9) / / 31 25 (6) 65 oder mehr 274 22 21 (8) / / (9) / / 1) Einschließlich Auszubildende in anerkannten Ausbildungsberufen. 2) Ohne Auszubildende in anerkannten Ausbildungsberufen; einschließlich geringfügig beschäftigter Schüler, Studenten, Rentner und Pensionäre. 3) Ohne Auszubildende in anerkannten Ausbildungsberufen. Seite 12 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/11945 Sc hr ift lic he A nf ra ge d er A bg eo rd ne te n C hr is tin e Ka m m Si tu at io n vo n äl te re n M en sc he n m it M ig ra tio ns hi nt er gr un d in B ay er n An la ge z ur F ra ge 1 .1 .: St aa ts an ge hö rig ke it de r ä lte re n M en sc he n m it M ig ra tio ns hi nt er gr un d in B ay er n (J ah r 2 01 4) Be vö lk er un g am O rt d er H au pt w oh nu ng n ac h M ig ra tio ns st at us u nd A lte rs gr up pe n 10 00 M it M ig ra tio ns hi nt er gr un d im e ng er en S in n un d zw ar De ut sc he Au slä nd er /in ne n m it de rz ei tig er b zw . f rü he re r S ta at sa ng eh ör ig ke it O hn e Al te r ( vo n … bi s u nt er … Ja hr en ) In s- M ig ra - m it ei ge ne r Eu ro pa na ch ric ht lic h ge sa m t tio ns - zu - M ig ra tio ns - oh ne m it oh ne hi nt er - sa m m en er fa hr un g ei ge ne ei ge ne r ei ge ne da vo n As ie n, oh ne gr un d M ig ra - M ig ra - M ig ra - Au s- An ga be Ge bi et da r. tio ns - tio ns - tio ns - in s- da ru nt er da ru nt er Af rik a Am er ik a tr al ie n bz w . de s de r zu - (S pä t- ) er fa h- er fa h- er fa h- ge - so ns - un d un zu - eh em al . eh em al . sa m - Au s- ru ng ru ng ru ng sa m t EU - 28 tig es Ru ss isc he O ze an ie n tr ef fe nd Ju go s- So w j et - m en sie d- Ita lien Po le n Ru m än ie n Eu ro pa Fö de - Tü rk ei la w ie n un io n le r ra tio n In sg es am t (a lle Al te rs kl as se n) 12 6 43 10 0 63 2 58 0 73 0 49 8 59 8 1 04 3 20 8 1 88 3 1 11 5 12 5 17 1 21 6 76 9 15 6 34 1 64 85 37 1 17 6 28 7 40 5 55 - 65 1 63 6 1 37 0 2 65 1 29 9 1 / 1 31 / 2 04 13 5 1 5 2 1 3 0 6 9 2 0 2 1 / (6 ) 3 5 1 8 3 3 5 4 65 u nd ä lte r 2 56 5 2 29 1 2 74 1 50 1 07 / 1 19 / 2 19 15 2 17 14 3 4 6 8 14 25 / (6 ) 2 4 2 4 32 4 1 M än ne r ( al le Al te rs kl as se n) 6 22 2 4 92 2 1 30 0 33 8 23 5 31 8 52 6 11 8 94 7 56 7 79 81 10 2 37 9 71 17 6 36 43 18 7 87 14 4 18 9 55 - 65 80 5 67 8 12 7 60 42 / 63 / 97 67 10 11 14 29 (8 ) (1 0) / / 17 (9 ) 12 23 65 u nd ä lte r 1 12 3 99 3 13 1 61 43 / 67 / 10 5 72 12 (6 ) 14 34 (7 ) 13 / / 11 10 17 17 Fr au en (a lle Al te rs kl as se n) 6 42 1 5 14 1 1 28 0 39 2 26 3 28 0 51 7 90 93 7 54 7 46 89 11 4 38 9 85 16 5 27 43 18 4 89 14 3 21 7 55 - 65 83 1 69 2 13 9 69 49 / 67 / 10 7 68 / 11 15 40 12 12 / / 18 (9 ) 21 31 65 u nd ä lte r 1 44 2 1 29 8 14 4 89 64 / 52 / 11 4 80 / (9 ) 21 34 7 12 / / 13 14 15 24