Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer FREIE WÄHLER vom 10.05.2016 Anzahl und Registrierung der Migranten/Flüchtlinge in Bayern Laut Medienberichten kann nicht exakt gesagt werden, wie viele Migranten sich tatsächlich in Deutschland aktuell aufhalten . Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Wie wurden bzw. werden Personen, die die Staatsgrenze der Bundesrepublik Deutschland als Flüchtlinge/Migranten überqueren (betrifft hier ausschließlich Bayern), registriert , wo und wann geschieht das? 2. Welche Registrierungsverfahren werden von den Behörden angewandt? 3. Wie wird verhindert, dass Personen doppelt oder gar nicht registriert werden? 4. Wie viele Asylbewerber und Flüchtlinge wurden seit Januar 2015 in Bayern registriert und wie viele leben im Moment in Bayern, aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken ? 5. Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Anzahl der Nichtregistrierten? 6. Wie wird mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen beim Grenzübertritt verfahren, wie wird das Alter dieser Flüchtlinge bestimmt und wie sicher ist das angewandte Verfahren für die Altersbestimmung? 7. Wie weit ist Bayern bei der Einspeisung der Daten in „MARiS“ (Migration-Asyl-Reintegrationssystem) im Jahr 2015 vorangekommen, wie ist der aktuelle Stand in 2016 und wann werden Datenabgleiche von den Meldedaten erfolgen können? 8. Was unternimmt der Freistaat Bayern konkret, damit die unterschiedlichen Systeme in den Bundesländern kompatibel werden und ein Datenaustausch schnell und sicher erfolgen kann? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 17.06.2016 Die Schriftliche Anfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Peter Bauer wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. Wie wurden bzw. werden Personen, die die Staatsgrenze der Bundesrepublik Deutschland als Flüchtlinge / Migranten überqueren (betrifft hier ausschließlich Bayern), registriert, wo und wann geschieht das? In der Vergangenheit wurden Migranten je nach erstem Kontakt mit einer Behörde in unterschiedlichen Bundes- oder Landessystemen erfasst. Dies konnten beim Aufgriff durch die Bundes- oder Landespolizei polizeiliche Systeme sein, beim direkten Eintreffen in den Aufnahmeeinrichtungen Systeme der Unterbringungsverwaltung oder des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Registrierung und des Datenaustausches zu aufenthalts- und asylrechtlichen Zwecken (Datenaustauschverbesserungsgesetz) vom 02.02.2016 sollen Asyl- und Schutzsuchende sowie Personen , die unerlaubt nach Deutschland einreisen oder sich unerlaubt aufhalten, unabhängig von der Behörde des Erstkontakts in das Ausländerzentralregister (AZR) als zentrales Kerndatensystem gespeichert werden. Hierzu übermitteln alle befugten Behörden die von ihnen beim Erstkontakt erhobenen Daten an das AZR zur Speicherung. In der Regel sind dies aufgrund der Grenzkontrollen Bundespolizei oder BAMF, die in Grenznähe in den Bearbeitungsstraßen oder Warteräumen des Bundes die vollständige Registrierung vornehmen. Wenn ein Asylbewerber direkt in einer der bayerischen Aufnahmeeinrichtungen ankommt, erfolgt die Registrierung nunmehr dort. 2. Welche Registrierungsverfahren werden von den Behörden angewandt? Mit dem Datenaustauschverbesserungsgesetz werden alle Behörden, welche einen Erstkontakt zu einem Asylbewerber haben können, beispielsweise Bundes- und Landespolizei, BAMF, Aufnahmeeinrichtungen, Ausländerbehörden verpflichtet , eine erkennungsdienstliche Behandlung mit Datenerfassung , Lichtbild und Fingerabdrücken durchzuführen und die Daten in das AZR zu speichern. 3. Wie wird verhindert, dass Personen doppelt oder gar nicht registriert werden? Wie bereits unter 2. dargestellt, sind die zuständigen Behörden im Rahmen des ersten Kontakts zu einer entsprechenden Registrierung der Personen verpflichtet. Durch das Fingerabdruck-Schnellabgleichverfahren (sog. Fast-ID) werden Doppelregistrierungen im AZR vermieden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.09.2016 17/12065 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12065 Das Fast-ID-Verfahren (auch bezeichnet als AFIS-Schnellabgleich ) ist eine Form der erkennungsdienstlichen Überprüfung bzw. der schnellen Feststellung der Identität anlässlich von polizeilichen Personenkontrollen. Mittels dieses Verfahrens kann überprüft werden, ob die Fingerabdrücke einer Person bereits gespeichert sind. Auch das BAMF sowie die Aufnahmeeinrichtungen können mittels dieses Fast-ID-Abgleichs vor entsprechender Registrierung des Asylbewerbers feststellen, ob dieser bereits von einer anderen Behörde registriert und die entsprechenden Daten im Kerndatensystem erfasst wurden. 4. Wie viele Asylbewerber und Flüchtlinge wurden seit Januar 2015 in Bayern registriert und wie viele leben im Moment in Bayern, aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken ? Seit 01.01.2015 wurden in Bayern 1.297.823 (Stand 31.05.2016) Asylsuchende aufgegriffen, von denen zuständigkeitshalber nach Königsteiner Schlüssel ein Teil in andere Länder weitergeleitet wurde. In Bayern verblieben sind 189.290 (Stand 31.05.2016) Asylbewerber. Zum Stand 30.04.2016 waren in Bayern 155.433 Asylbewerber untergebracht. Die Verteilung auf die Regierungsbezirke stellt sich wie folgt dar: Regierungsbezirk Untergebrachte Oberbayern 54.669 Niederbayern 14.255 Oberpfalz 12.066 Oberfranken 11.965 Mittelfranken 23.878 Unterfranken 16.733 Schwaben 21.867 Bayern 155.433 5. Wie hoch schätzt die Staatsregierung die Anzahl der Nichtregistrierten? Eine solche Zahl kann seriöserweise nicht benannt werden. Es ist allerdings anzumerken, dass die Staatsregierung bereits frühzeitig eine lückenlose Registrierung in unmittelbarer Grenznähe gefordert hat. Der Bund hat im Dezember 2015 das Registrierungsverfahren mit der Zielsetzung umgestellt, dass eine möglichst grenznahe Registrierung aller ankommenden Flüchtlinge vor Verteilung auf die Bundesländer erfolgt. Bis zur Einführung des nun geltenden „Kerndatensystems“ erfolgte die Registrierung teilweise in unterschiedlichen Systemen, zwischen denen nur eingeschränkt Möglichkeiten für einen Abgleich bestanden. Wenn öffentlich von einem Registrierungsrückstand gesprochen wird, bezieht sich dies in der Regel auf das BAMF, das die Personen noch nicht in seinem System angelegt hatte. Nachdem nun das zentrale Kerndatensystem eingeführt wurde, beabsichtigt das BAMF, eine Aufarbeitung der Registrierungsrückstände bis spätestens Ende des Jahres 2016 zu schaffen. 6. Wie wird mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen beim Grenzübertritt verfahren, wie wird das Alter dieser Flüchtlinge bestimmt und wie sicher ist das angewandte Verfahren für die Altersbestimmung? Werden Minderjährige beim Grenzübertritt durch die Bundespolizei als unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) erkannt oder erscheint die behauptete Minderjährigkeit zumindest denkbar, dann werden diese nach Durchführung der polizeilichen Maßnahmen an das zuständige Jugendamt übergeben. Hinsichtlich des Verfahrens zur Altersbestimmung von UMA wird auf die Drucksache 17/7886 vom 25.09.2015, Pkt. 6.1 des Landtags verwiesen: „Die Feststellung der Minderjährigkeit ist Aufgabe der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration hat in enger Abstimmung mit der Fachpraxis und angelehnt an die „Handlungsempfehlungen zum Umgang mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“ der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter entsprechende Empfehlungen veröffentlicht (siehe dazu: http://inobhutnahme-bayern. de/download_altersbegutachtung.html). Als Entscheidungsgrundlage sind insbesondere die Inaugenscheinnahme des jungen Menschen, das persönliche Gespräch und ggf. ein medizinisches Sachverständigengutachten heranzuziehen.“ 7. Wie weit ist Bayern bei der Einspeisung der Daten in „MARiS“ (Migration-Asyl-Reintegrationssystem) im Jahr 2015 vorangekommen, wie ist der aktuelle Stand in 2016 und wann werden Datenabgleiche von den Meldedaten erfolgen können? Bei MARiS handelt es sich um ein System des BAMF. Die unmittelbare Eingabe von Daten sowie die Aktualisierung des dortigen Datenbestandes obliegen dem BAMF. Bayern unterstützt hier jedoch mittelbar, indem Daten, die z. B. die Aufnahmeeinrichtungen an das Kerndatensystem übermitteln, auch für das BAMF in MARiS zur Verfügung stehen, da die Speicherung aufgrund bestehender technischer Rahmenbedingungen vorübergehend sowohl im AZR wie auch in MARiS erfolgt. Zukünftig soll aber das AZR das bundeseinheitliche Kerndatensystem abbilden. Im Meldewesen wird die Anbindung der Meldebehörden (Gemeinden) an das Kerndatensystem bzw. der Datenaustausch zwischen Meldebehörden und Kerndatensystem dadurch umgesetzt, dass der Fachstandard für die elektronische Kommunikation im Meldewesen vom zuständigen länderübergreifenden Fachgremium (bundeseinheitlich) entsprechend angepasst wird. Auf dieser Grundlage wird die von den Meldebehörden verwendete Fachsoftware von den jeweiligen Fachverfahrensherstellern für die (automatisierte ) elektronische Kommunikation mit dem geplanten Kerndatensystem ertüchtigt. Da für die erforderliche technische Anpassung des Fachstandards ein zeitlicher Vorlauf erforderlich ist, hat der Bundesgesetzgeber das Inkrafttreten der das Meldewesen betreffenden Regelungen für den 01.11.2016 – und damit später als die sonstigen Regelungen des Datenaustauschverbesserungsgesetzes – vorgesehen. 8. Was unternimmt der Freistaat Bayern konkret, damit die unterschiedlichen Systeme in den Bundesländern kompatibel werden und ein Datenaustausch schnell und sicher erfolgen kann? Mit dem Datenaustauschverbesserungsgesetz und dem Ausbau des AZR zu einem bundesweiten „Kerndatensystem “ werden einem erweiterten Kreis an öffentlichen Stellen über das AZR die im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt. Neben den die Registrierung vornehmenden zuständigen Stellen sind dies insbesondere die Asylbewerberleistungsbehörden , die Bundesagentur für Arbeit, die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und die für den öffentlichen Gesundheitsdienst zuständigen Stellen, die Drucksache 17/12065 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Jugendämter sowie die Meldebehörden. Zusätzlich sollen auch diese Behörden zum Teil nicht nur zum Datenabruf aus dem AZR berechtigt sein, sondern auch die Befugnis zur Übermittlung bestimmter Daten aus ihrem Aufgabenbereich an das Register erhalten. Die erforderlichen technischen Voraussetzungen wie auch noch nicht bestehende Anbindungen der tangierten Behörden an das Kerndatensystem werden derzeit realisiert. Damit wird ein schneller und sicherer Datenaustausch zwischen allen beteiligten Behörden sichergestellt.