6. Inwiefern ist es für die Finanzverwaltung überprüfbar, ob eine veräußernde oder kaufende Personen- oder Kapitalgesellschaft allein oder im Wesentlichen dazu gegründet wurde, der Grunderwerbsteuerpflicht zu entgehen? Antwort des Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 28.06.2016 1. a) Hält die Staatsregierung das oben genannte Vorgehen des Verpackens von Grundbesitz in Unternehmen zum Zweck der Grunderwerbsteuervermeidung für legal oder legitim? Werden Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften übertragen , liegt nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 a bis 3 a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) ein steuerbarer Erwerbsvorgang vor. Die relevanten Erwerbsvorgänge stellen auf das Erreichen der 95-Prozent-Grenze ab. Diese Grenze ist erforderlich und sachgerecht, da nur die Übertragung von mindestens 95 Prozent der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft mit dem Erwerb eines Grundstücks gleichgestellt werden kann. b) Sieht die Staatsregierung angesichts der Ausweichmöglichkeiten von der Grunderwerbsteuer den Bedarf einer gesetzlichen Änderung? Ein sog. Share-Deal, bei dem sich ein Co-Investor zu mehr als 5 Prozent an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt , ist aus grunderwerbsteuerrechtlicher Sicht nicht als missbräuchlich anzusehen. Die derzeitige grunderwerbsteuerliche Rechtslage führt zu keinen systemwidrigen Steuerausfällen. Für eine Änderung des GrEStG besteht demgemäß – in Übereinstimmung mit der Haltung der Bundesregierung – keine Veranlassung. 2. Sind der Staatsregierung und der bayerischen Steuerverwaltung solche Share-Deals bekannt? Es sind Fälle bekannt, bei denen unterhalb der 95-Prozent- Grenze Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften übertragen worden sind. 3. In welcher Höhe entgehen dem Freistaat Bayern mit seinen Kommunen schätzungsweise aufgrund solcher Share-Deals jährlich Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer? Entsprechende Zahlen liegen nicht vor. 17. Wahlperiode 31.08.2016 17/12185 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Thomas Mütze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 20.05.2016 Share-Deals zur Vermeidung der Zahlung von Grunderwerbsteuer Wenn eine Beteiligung an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft mit Grundbesitz veräußert wird, ist dies grundsätzlich grunderwerbsteuerpflichtig, aber nur dann, wenn zumindest 95 % der gesamten Anteile übertragen werden. Diese 95 %-Regelung kann dazu genutzt werden, beispielsweise durch Einschalten eines zweiten Beteiligten – sogenannte Share-Deals – und durch Einbringen privaten Grundbesitzes in eine Kapitalgesellschaft, die Steuerpflicht zu vermeiden. Das ist sicherlich nicht im Sinne dieser gesetzlichen Regelung . Die Frage ist, wie die Steuerverwaltung und der Gesetzgeber solche Steuervermeidungsstrategien vermeiden können. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Hält die Staatsregierung das oben genannte Vorgehen des Verpackens von Grundbesitz in Unternehmen zum Zweck der Grunderwerbsteuervermeidung für legal oder legitim? b) Sieht die Staatsregierung angesichts der Ausweichmöglichkeiten von der Grunderwerbsteuer den Bedarf einer gesetzlichen Änderung? 2. Sind der Staatsregierung und der bayerischen Steuerverwaltung solche Share-Deals bekannt? 3. In welcher Höhe entgehen dem Freistaat Bayern mit seinen Kommunen schätzungsweise aufgrund solcher Share-Deals jährlich Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer ? 4. Auf welchem Weg können Finanzämter neben Veräußerungsanzeigen von Unternehmenskäufen oder -verkäufen , die für die Berechnung der Grunderwerbsteuer relevant sind, erfahren? 5. a) Wie hoch war im Jahr 2015 der Anteil der Veräußerer oder Käufer von Grundbesitz, der unaufgefordert eine Veräußerungsanzeige gegenüber den bayerischen Finanzämtern abgegeben hat? b) In wie vielen Fällen (in Prozent) musste die Steuerverwaltung die Veräußerungsanzeige einfordern? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12185 4. Auf welchem Weg können Finanzämter neben Veräußerungsanzeigen von Unternehmenskäufen oder -verkäufen, die für die Berechnung der Grunderwerbsteuer relevant sind, erfahren? Entsprechende Sachverhalte werden auch durch Kontrollmitteilungen der finanzamtlichen Betriebsprüfungs- und Veranlagungsstellen (Ertragsteuern) bekannt. 5. a) Wie hoch war im Jahr 2015 der Anteil der Veräußerer oder Käufer von Grundbesitz, der unaufgefordert eine Veräußerungsanzeige gegenüber den bayerischen Finanzämtern abgegeben hat? Bei Abschluss eines Kaufvertrags über ein inländisches Grundstück hat der beurkundende inländische Notar nach Maßgabe des § 18 GrEStG dem zuständigen Finanzamt hierüber schriftlich Anzeige zu erstatten. Für die Steuerschuldner (Erwerber und Veräußerer) besteht insoweit keine Anzeigepflicht. Die Notare kommen ihren Anzeigepflichten regelmäßig nach. b) In wie vielen Fällen (in Prozent) musste die Steuerverwaltung die Veräußerungsanzeige einfordern? Auf die Antwort zu Frage 5 a wird hingewiesen. 6. Inwiefern ist es für die Finanzverwaltung überprüfbar , ob eine veräußernde oder kaufende Personen - oder Kapitalgesellschaft allein oder im Wesentlichen dazu gegründet wurde, der Grunderwerbsteuerpflicht zu entgehen? Die Grunderwerbsteuer ist als Rechtsverkehrsteuer ausgestaltet , die sich grundsätzlich am Zivilrecht orientiert und nach Maßgabe des § 1 GrEStG Rechtsträgerwechsel bei Grundstücken erfasst. Die den relevanten Rechtsvorgängen zugrunde liegenden Motive der Beteiligten sind grunderwerbsteuerrechtlich unmaßgeblich. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die Besteuerungssystematik in Bezug auf Anteilsübertragungen an grundbesitzende Gesellschaften sind entsprechende Überprüfungen in der Regel nicht veranlasst.