Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 23.06.2016 1. a) In welchem Umfang könnte bei optimalem Staustufenmanagement am Lech in Bayern sowie am Oberlauf der Donau bis zur Mündung des Lechs der Bau neuer Flutpolder vermieden werden? An Staustufen kann prinzipiell durch Absenken des Wasserspiegels im Vorfeld eines Hochwassers Retentionsraum geschaffen werden. Die für den Hochwasserschutz einsetzbaren Volumina hängen von der Größe des Stauraums, der Leistungsfähigkeit des Wehrs und dem jeweiligen Hochwasserereignis ab. Der abgesenkte Stauraum füllt sich mit anlaufendem Hochwasser wieder auf. Wie viel Rückhalteraum dann noch zur Verfügung steht, wenn die Hochwasserspitze ankommt, hängt somit stark vom jeweiligen Ereignis ab. Grundsätzlich gilt, je größer ein Hochwasserereignis ist, desto geringer ist das Potenzial von Staustufen für eine Wellendämpfung . Bei sehr großen bzw. extremen Hochwasserabflüssen , bei denen Flutpolder zum Einsatz kommen, kann u. U. kein Potenzial mehr vorhanden sein. Eine Vorabsenkung von Staustufen ist darüber hinaus auch nicht immer möglich (z. B. wenn durch die erzeugte temporäre Abflusserhöhung im unterhalb liegenden Flussabschnitt eine ungünstige Wellenüberlagerung zu einer Verschärfung der Hochwassersituation dort führen würde). Selbst ein optimales Staustufenmanagement an der Donau kann aus diesen Gründen die geplanten Flutpolder nicht ersetzen , sondern diese allenfalls in ihrer Wirkung ergänzen. Bei der Staustufenkette am Lech ist die Besonderheit, dass mit dem Forggensee als Kopfspeicher ein großes Potenzial zur Hochwasserbeeinflussung vorhanden ist. Durch die im Bescheid zum Forggensee aufgenommene Möglichkeit der Vorabsenkung, die Ertüchtigung der Hochwasserentlastungsanlage und die Absenkung des Stauziels wurden enorme Verbesserungen in der Hochwasserschutzfunktion erzielt. Die Maßnahmen am Forggensee wirken sich auch günstig auf das Hochwassergeschehen an der Donau in den Fällen aus, in denen das Einzugsgebiet oberhalb des Forggensees maßgebend zum Hochwassergeschehen an der Donau beiträgt. Insofern verstärkt die Vorabsenkung des Forggensees als Kopfspeicher der Staustufenkette die Risikoreduktion auch an der Donau, kann aber die geplanten Flutpolderstandorte nicht ersetzen, da mit dem Forggensee nur ein kleiner Teil des Einzugsgebiets abgedeckt wird. 17. Wahlperiode 31.08.2016 17/12253 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Nikolaus Kraus FREIE WÄHLER vom 19.05.2016 Hochwasserschutzmaßnahmen in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. a) In welchem Umfang könnte bei optimalem Staustufenmanagement am Lech in Bayern sowie am Oberlauf der Donau bis zur Mündung des Lechs der Bau neuer Flutpolder vermieden werden? b) Hat die Staatsregierung dies wissenschaftlich explizit untersuchen lassen, und wenn ja, wann und von wem? 2. a) Wurde und wird der Forggensee bei drohendem Hochwasser abgesenkt, um zusätzliches Rückhaltevolumen zu schaffen? b) Wenn ja, in welcher Größenordnung? c) Wenn nein, warum nicht? 3. Kann innerhalb eines fertiggestellten Polders vollumfänglich Landwirtschaft betrieben werden? 4. Wie viel von der im Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020plus geplanten Gewässerstrecke von 2.500 km wurde bislang renaturiert? 5. Wie viel von der im Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020plus geplanten Uferfläche von 10.000 ha wurde bislang renaturiert? 6. Wie hat sich die in Bayern als Dauergrünland genutzte Fläche seit dem Jahr 2005 entwickelt (Abnahme/Zunahme bitte pro Regierungsbezirk in Prozent sowie in Hektar)? 7. In welchen amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebieten wurden seit dem Jahr 2005 wie viele Hektar Grünland in Ackerland umgebrochen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12253 b) Hat die Staatsregierung dies wissenschaftlich explizit untersuchen lassen, und wenn ja, wann und von wem? Die Technische Universität (TU) München hat in ihren Donaustudien bereits die Möglichkeiten zur Vorabsenkung an einzelnen Staustufen untersucht. Derzeit laufen noch Untersuchungen zur Hochwasserbewirtschaftung der gesamten Staustufenketten in den verschiedenen Abschnitten der Donau. Mit Ergebnissen ist Ende 2016 zu rechnen. Die Möglichkeiten eines Staustufenmanagements am Lech wurden zwischen 2001 und 2004 im Rahmen der Lechstudie untersucht. 2. a) Wurde und wird der Forggensee bei drohendem Hochwasser abgesenkt, um zusätzliches Rückhaltevolumen zu schaffen? b) Wenn ja, in welcher Größenordnung? c) Wenn nein, warum nicht? Der im Ursprungsbescheid von 1960 festgelegte Hochwasserrückhalteraum am Forggensee (Stauhöhe 781,00– 782,00 mNN, Volumen ca. 16 Mio. m³) wurde durch den Ergänzungsbescheid vom Mai 2006 auf den Stauraum 780,50–782,00 mNN erweitert (zusätzlich ca. 7,5 Mio. m³). Mit dem in 2005 erfolgten Umbau der Hochwasserentlastung kann eine Absenkung unter die Kote 780,50 mNN erfolgen . Dazu hat das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Kempten ein Eingriffsrecht bei der Hochwasserbewirtschaftung und kann bei großen Starkniederschlagsvorhersagen eine Vorabsenkung des Forggensees verlangen, um zusätzlichen Hochwasserrückhalteraum frei zu machen. Die Höhe der Vorabsenkung ist abhängig von der Zuverlässigkeit der Vorhersage , der Situation im Stauraum und den Abflussverhältnissen unterhalb der Forggensees. 3. Kann innerhalb eines fertiggestellten Polders vollumfänglich Landwirtschaft betrieben werden? Die Polderflächen, welche nicht durch Bauwerke (z. B. Einlass - und Auslassbauwerk, Dämme) in Anspruch genommen werden, können grundsätzlich weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden. 4. Wie viel von der im Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020plus geplanten Gewässerstrecke von 2.500 km wurde bislang renaturiert? Bislang wurde eine Gewässerstrecke von ca. 2.600 km renaturiert . 5. Wie viel von der im Hochwasserschutz-Aktionsprogramm 2020plus geplanten Uferfläche von 10.000 ha wurde bislang renaturiert? Bislang wurde eine Fläche von ca. 2.500 ha renaturiert. 6. Wie hat sich die in Bayern als Dauergrünland genutzte Fläche seit dem Jahr 2005 entwickelt (Abnahme /Zunahme bitte pro Regierungsbezirk in Prozent sowie in Hektar)? Im Zeitraum 2003 bis 2014 hat in Bayern das Dauergrünland um mehr als 5 Prozent abgenommen. Seit 06.06.2014 besteht in Bayern eine Genehmigungspflicht für den Umbruch von Dauergrünland. 7. In welchen amtlich festgesetzten Überschwemmungsgebieten wurden seit dem Jahr 2005 wie viele Hektar Grünland in Ackerland umgebrochen? Hierzu wird auf die Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 16.04.2014 „Hochwasserschutz in Bayern II: Wasserrückhalt in der Fläche“ (Drs. 17/2516) verwiesen. Auswertungen für die Jahre 2014 und 2015 liegen nicht vor und müssten erst durch das StMELF programmiert werden.