Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Bernhard Roos SPD vom 23.05.2016 Praxis der Straßenbauämter bei Deckensanierungen Anlässlich eines Gemeindebesuchs im Landkreis Freyung- Grafenau wurde ich mit der Beschwerde konfrontiert, dass im Verantwortungsbereich des Straßenbauamtes Passau Deckensanierungen – etwa bei der B 533 – abschnittsweise mit Vollsperrung durchzogen werden. Dies zieht natürlich weite Umfahrungsstrecken und Umleitungen mit teils Stau in Dörfern nach sich. Der Alternativvorschlag wären halbseitige Sperrungen mit Ampelregelung. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie ist die Praxis in anderen Straßenbauämtern in Niederbayern und anderen Regierungsbezirken? 2. Gibt es klare Handlungsvorschriften in den Vorgaben der Obersten Bayerischen Baubehörde in Sachen Erhaltungsmanagement von Staatsstraßen und Bundesstraßen ? 3. Werden die Erfahrungen mit differenten Vorgehensweisen jeweils evaluiert nach Maßgabe Zufriedenheit von Verkehrsteilnehmern – insbesondere Pendlern –, Kommunen und anderen Behörden? Antwort des Staatsministeriums für des Innern, für Bau und Verkehr vom 27.06.2016 1. Wie ist die Praxis in anderen Straßenbauämtern in Niederbayern und anderen Regierungsbezirken? Die Planungen der Verkehrsführungen erfolgen durch den Straßenbaulastträger jeweils individuell entsprechend den gegebenen Randbedingungen wie Länge der Baumaßnahme , Fahrbahnbreite, Verkehrsbelastung, Arbeitssicherheit, mögliche Umleitungsstrecken usw. nach den Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA). Dabei werden unter anderem die Belange Sicherheit, Leichtigkeit des Verkehrs, Wirtschaftlichkeit, Dauer der Baumaßnahme und Nachhaltigkeit des Bauens gegeneinander abgewogen. Halbseitige Sperrungen mit Lichtsignalregelungen bei längeren Deckensanierungen an Bundes- und Staatsstraßen scheiden oftmals von vornherein wegen zu geringer Fahrbahnbreite für den Arbeits-, Sicherheits- und Verkehrsraum, langer Umlaufzeiten einer Baustellenampel oder insgesamt langer Bauzeiten wegen kleinteiliger Abschnittsbildung aus. Geringe Fahrbahnbreiten sind auch Folge der neuen Arbeitsstättenregel ARS A5.2 (Anforderungen an Arbeitsplätze und Verkehrswege auf Baustellen im Grenzbereich zum Straßenverkehr), die 2013 vom Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) beschlossen wurde. Der ASTA ist eine Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und hat unter anderem die Aufgabe, technische Regeln zu ermitteln, mit denen die in der Verordnung über Arbeitsstätten (ArbStättV) gestellten Anforderungen konkretisiert werden, wonach die seitlichen Sicherheitsabstände von Arbeitsplätzen an Straßenbaustellen zum fließenden Verkehr erhöht werden müssen. Das bedeutet konkret für die in der Schriftlichen Anfrage genannte Deckensanierung an der B 533, dass selbst bei einer Beschränkung der Geschwindigkeit des an der Baustelle vorbeifließenden Verkehrs auf 30 km/h die vorhandene Fahrbahnbreite von 6,60 m für eine halbseitige Verkehrsführung nicht ausreicht, weil die verbleibende Restbreite für den fließenden Verkehr zu gering wäre. Die Fahrbahnbreite von 6,60 m wäre wie folgt aufzuteilen: • 3,30 m Baufeld der halbseitigen Deckensanierung • 0,20 m Fertigerüberstand • 0,80 m Arbeitsraum • 0,30 m seitlicher Sicherheitsabstand zum fließenden Verkehr • 2,00 m verbleibende Restbreite für den fließenden Verkehr Gemäß RSA ist bei einer halbseitigen Sperrung und Regelung mit einer Baustellenampel für den fließenden Verkehr eine Breite von mindestens 2,75 m erforderlich. Eine ausreichende Restbreite für den fließenden Verkehr bei halbseitigen Sperrungen steht damit erst ab vorhandenen Fahrbahnbreiten von mindestens 8 m zur Verfügung. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.09.2016 17/12266 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12266 Vor Erlass der verkehrsrechtlichen Anordnung durch die Straßenverkehrsbehörde erfolgt stets eine Abstimmung des geplanten Verkehrsführungskonzeptes mit der Verkehrsbehörde am Landratsamt, der Polizei und den betroffenen Gemeinden sowie bei Bedarf weiterer Beteiligter, wie z. B. dem öffentlichen Personennahverkehr oder Betrieben mit einem hohen Verkehrsaufkommen. Die Verkehrsteilnehmer werden in der Regel rechtzeitig durch Informationsschilder an der Strecke, Presse- und Medienarbeit sowie Informationen auf der Homepage der Staatlichen Bauämter über die Sperrungen in Kenntnis gesetzt. Diese Praxis ist bayernweit einheitlich. 2. Gibt es klare Handlungsvorschriften in den Vorgaben der Obersten Bayerischen Baubehörde in Sachen Erhaltungsmanagement von Staatsstraßen und Bundesstraßen ? Die Planungen der Verkehrsführungen erfolgen nach den RSA und weiteren verbindlichen Regularien wie die bereits genannte ASR A5.2. Die RSA beschreiben die verkehrsrechtlichen Sicherungen von Arbeitsstellen an und auf Straßen. Sie zielt auf den fließenden Verkehr neben der Baustelle. Die ASR A5.2 hat dagegen die Sicherheit der Arbeitnehmer in der Baustelle im Fokus. Die RSA gilt auf allen öffentlichen Straßen in Deutschland und ist Bestandteil der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung. Zudem gibt es speziell für das Strategische Straßennetz (Autobahnen und netzbedeutende Bundesstraßen) weitere Anweisungen für eine möglichst störungsfreie und umweltgerechte Abwicklung des überörtlichen Straßenverkehrs in Bayern oder die Anweisung für verkehrslenkende Maßnahmen in der Hauptreisezeit. Weitere Handlungsvorschriften für verkehrslenkende Maßnahmen bei Baumaßnahmen an Bundes- und Staatsstraßen gibt es aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen jeder einzelnen Deckensanierung nicht. Vielmehr bedarf es situationsbezogener Einzelfalllösungen. Die Baulastträger sind jedoch angehalten, die für die Durchführung der Maßnahme erforderlichen Verkehrsbeeinträchtigungen auf ein für die Baumaßnahme erforderliches Mindestmaß zu reduzieren. 3. Werden die Erfahrungen mit differenten Vorgehensweisen jeweils evaluiert nach Maßgabe Zufriedenheit von Verkehrsteilnehmern – insbesondere Pendlern –, Kommunen und anderen Behörden? Eine gezielte Evaluierung nach der Maßgabe Zufriedenheit von Verkehrsteilnehmern oder eine Evaluierung der Zufriedenheit der Anwohner in Bezug auf die kürzere Dauer der Baumaßnahme bei Vollsperrungen wird nicht durchgeführt. Eine solche würde – insbesondere bei den Pendlern – eine aufwendige Verkehrsbefragung mit weiterer Verkehrsbehinderung erfordern. Aufgrund der neuen Arbeitsschutzregelung der ARS A5.2 des BMAS sind an schmalen Fahrbahnen andere Verkehrsführungen ohnehin nicht mehr möglich. Dennoch stehen die Verkehrsführungen unter Beobachtung und werden bei auftretenden größeren Verkehrsbeeinträchtigungen entsprechend den sich ergebenden Möglichkeiten optimiert. Gewonnene Erkenntnisse werden bei künftigen Straßenbaumaßnahmen selbstverständlich berücksichtigt.