Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Michael Piazolo FREIE WÄHLER vom 25.04.2016 Technologietransferzentren in Bayern: Sachstand und Entwicklung Ich frage die Staatsregierung: 1. Nach welchen objektiven Kriterien richtet sich die Höhe der Anschubfinanzierung der Technologietransferzentren (TTZ) und wie wird diese bemessen? 2. Müssen sich die TTZ jährlich um eine erneute Anschubfinanzierung bewerben bzw. wie genau erfolgt hierbei ein ggf. notwendiges Vergabeprozedere bzw. Bewerbungsverfahren? 3. Nach welchen Kriterien wird die Höhe der Grundfinanzierung und Anschubfinanzierung bemessen? a) Besteht nach Gewährung einer Grundfinanzierung nach wie vor der Anspruch einer weiteren Anschubfinanzierung ? b) Wie, nach welchen Kriterien, wird zwischen Anschubfinanzierung und Grundfinanzierung der TTZ genau differenziert? 4. Welche Verzögerungen können während der Aufbauphase in Betracht kommen bzw. welche Art von Verzögerungen sind hierbei konkret gemeint? a) Welche Kriterien werden zur Bestimmung einer Verzögerung herangezogen? b) Bei welchen TTZ war dies bereits der Fall (bitte mit Nennung des Grundes)? 5. Bei welchen TTZ war eine Verlängerung der Anschubfinanzierungsphase bereits der Fall? a) Welche Kosten wurden hier, verursacht durch die Verlängerung , von kommunaler Seite übernommen? b) Wie hoch waren diese Kosten (bitte aufgeschlüsselt nach Kommunen und TTZ)? 6. Wie viele Arbeitsplätze und getätigte Ausgründungen wurden im Zuge der Etablierung der TTZ konkret geschaffen (bitte aufschlüsseln nach Kommunen/Regionen )? 7. Wie bewertet die Staatsregierung die Entwicklung der Technologietransferzentren hinsichtlich des gesteckten Zieles, einer Stärkung des regionalen Raumes Vorschub zu leisten, und welche objektiven Kriterien werden hierbei herangezogen? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 30.06.2016 1. Nach welchen objektiven Kriterien richtet sich die Höhe der Anschubfinanzierung der Technologietransferzentren (TTZ) und wie wird diese bemessen ? Die staatliche Anschubfinanzierung der Technologietransferzentren im Bereich der Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HaW) und Technischen Hochschulen richtet sich nach der jeweiligen Veranschlagung im Staatshaushalt; diese erfolgt zumeist aus Sondermitteln, wie dem Nord- und Ost-Bayern-Programm, Aufbruch Bayern oder dem Aktionsplan Demografischer Wandel, ländlicher Raum. Die Veranschlagung wiederum beruht auf dem von den Träger-Hochschulen für den vorgesehenen Aufgabenbereich bezifferten Bedarf für technische Ausstattung und Personalkosten. 2. Müssen sich die TTZ jährlich um eine erneute Anschubfinanzierung bewerben bzw. wie genau erfolgt hierbei ein ggf. notwendiges Vergabeprozedere bzw. Bewerbungsverfahren? Es ist keine jährlich neue Bewerbung um die staatliche Anschubfinanzierung nötig, sondern es sind lediglich die Zuweisungen der Jahresraten im Rahmen der Gesamtfinanzierung zu beantragen. 3. Nach welchen Kriterien wird die Höhe der Grundfinanzierung und Anschubfinanzierung bemessen? Die Höhe der Anschubfinanzierung beruht, wie in Frage 1 dargestellt, auf dem von der Hochschule bezifferten Bedarf an technischer Ausstattung und Personalkosten. Die Höhe der – bei erfolgreicher Evaluierung im Anschluss an die Anschubfinanzierung zu gewährenden – staatlichen Grundfinanzierung soll die nicht aus Drittmitteln refinanzierbaren Kosten abdecken; dies betrifft vor allem Overhead-Kosten in öffentlichen Verbundforschungsprogrammen, die dort nur eingeschränkt refinanziert werden können, wie etwa Betriebskosten oder nach Ende der Anschubfinanzierungsphase anfallende Unterbringungskosten. a) Besteht nach Gewährung einer Grundfinanzierung nach wie vor der Anspruch einer weiteren Anschubfinanzierung ? Die Gewährung der Grundfinanzierung schließt an die Anschubfinanzierungsphase an; es können noch etwaige vorhandene Reste aus der Anschubfinanzierung zugewiesen werden. Eine weitere – im Sinne einer zusätzlichen – Anschubfinanzierung ist dann nicht mehr vorgesehen. b) Wie, nach welchen Kriterien, wird zwischen Anschubfinanzierung und Grundfinanzierung der TTZ genau differenziert? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.09.2016 17/12322 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12322 Die Anschubfinanzierung betrifft die auf regelmäßig 5 Jahre befristete Aufbauphase des TTZ und dient vor allem der Finanzierung von Personalkosten und Investitionen in die technische Ausstattung. Die (nach erfolgreicher Evaluierung ) gewährte und grundsätzlich auf Dauer angelegte Grundfinanzierung dient der Abdeckung von Kostenpositionen , die aus Drittmitteleinnahmen nicht refinanziert werden können, wie etwa Betriebs- und Unterbringungskosten. Die derzeitigen Haushaltsansätze gehen von einem durchschnittlich erforderlichen Grundfinanzierungsbetrag in Höhe von 200.000 Euro jährlich pro erfolgreichem TTZ aus. In begrenztem Umfang sind dabei Abweichungen nach oben und unten auf Grundlage der genannten Parameter möglich. 4. Welche Verzögerungen können während der Aufbauphase in Betracht kommen bzw. welche Art von Verzögerungen sind hierbei konkret gemeint? a) Welche Kriterien werden zur Bestimmung einer Verzögerung herangezogen? Beim Aufbau der TTZ wird von einer regelmäßig 5-jährigen Anschubfinanzierungsphase ausgegangen. Zum Ende dieser Phase ist ein erfolgreicher Betrieb angestrebt, der eine positive Evaluierung erwarten lässt, die wiederum die Grundlage für eine auf Dauer angelegte staatliche Grundfinanzierung darstellt. Als Verzögerungen sind in diesem Zusammenhang diejenigen Umstände anzusehen, die dazu führen, dass zum Ende der Anschubfinanzierungsphase eine positive Evaluierung noch nicht erwartet werden kann. Dies können beispielsweise Verzögerungen bei der Bereitstellung der Räumlichkeiten sein oder Berufungsverfahren für (Stiftungs-)Professuren, die längere Zeit als erwartet benötigen , was dann zu entsprechenden Verzögerungen bei der Entwicklung von Drittmitteleinnahmen führt. Ferner können Verzögerungen bei der Erteilung von Industrieaufträgen oder bei öffentlichen Forschungsprogrammen auftreten. In diesen Fällen wird dem betroffenen TTZ durch eine Verlängerung der Anschubfinanzierungsphase mehr Zeit gegeben, das angestrebte Ziel zu erreichen. b) Bei welchen TTZ war dies bereits der Fall (bitte mit Nennung des Grundes)? Bislang kam es bei folgenden TTZ zu Verzögerungen, die zu einer Verlängerung der Anschubfinanzierungphase führten: • Beim TTZ Nördlingen (getragen von der HaW Augsburg) wurde die Anschubfinanzierungsphase von ursprünglich 31.10.2014 bis 31.07.2016 verlängert. Das Projekt war an die Berufung mehrerer Stiftungsprofessuren gekoppelt , deren Finanzierung zwar planmäßig erreicht werden konnte, deren Besetzung sich aber verzögert hat, da anfangs keine entsprechend qualifizierten Bewerber gefunden werden konnten. • Beim TTZ Kaufbeuren (getragen von der HaW Kempten im Rahmen des Technologienetzwerks Allgäu) wurde die Anschubfinanzierungsphase von ursprünglich 30.09.2016 bis 30.11.2020 verlängert. Es kam zu Verzögerungen bei der Besetzung von zwei ausgeschriebenen Professuren. Bei einer Professur kam es nach dem Ausscheiden des Stelleninhabers zur Notwendigkeit einer Nachbesetzung, sodass beide Professuren erst 2015 endgültig besetzt werden konnten. Hinzu kam, dass Industrieunternehmen in der Region, von denen Forschungs- und Entwicklungsaufträge erwartet wurden, wegen finanzieller Schwierigkeiten keine Aufträge vergeben haben. • Beim TTZ Kempten (getragen von der HaW Kempten im Rahmen des Technologienetzwerks Allgäu) wurde die Anschubfinanzierungsphase von ursprünglich 30.06.2016 bis 31.12.2016 verlängert. Dies lag an Verzögerungen bei der Beantragung und Durchführung von Projekten der angewandten Forschung und Entwicklung, vor allem in Kooperation mit Unternehmen der Region. • Beim TTZ Memmingen (getragen von der HaW Kempten im Rahmen des Technologienetzwerks Allgäu) wurde die Anschubfinanzierungsphase von ursprünglich 30.06.2016 bis 30.06.2017 verlängert. Durch die Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für Fotovoltaik bedurfte es einer Anpassung des inhaltlichen Ausrichtung des TTZ . • Beim Anwenderzentrum Glas in Spiegelau (getragen von der TH Deggendorf in Kooperation mit der Universität Bayreuth) wurde die Anschubfinanzierung von 2015 bis 2019 verlängert. Mit der Verlängerung sollte dem Anwenderzentrum die Teilnahme an einem Projekt des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) ermöglicht werden. • Beim TTZ Weißenburg (getragen von der TH Deggendorf in Kooperation mit der HaW Ansbach) wurde die Verlängerung der Anschubfinanzierung von 2016 bis 2020 beantragt . Mit der Verlängerung soll dem TTZ ebenfalls die Teilnahme an einem EFRE-Projekt ermöglicht werden. 5. Bei welchen TTZ war eine Verlängerung der Anschubfinanzierungsphase bereits der Fall? Dies war bei den unter 4 b genannten TTZ der Fall. a) Welche Kosten wurden hier, verursacht durch die Verlängerung, von kommunaler Seite übernommen ? Bei einer Verlängerung der Anschubfinanzierungsphase werden regelmäßig die Unterbringungskosten, in Form der Fortsetzung einer mietkostenfreien Raumüberlassung, sowie Betriebskosten weiterhin von kommunaler/örtlicher Seite übernommen. Während der Verlängerung der Anschubfinanzierungsphase fällt jedoch auch aufseiten des TTZ bzw. der sie tragenden Hochschulen zusätzlicher Aufwand an, vor allem für das nicht aus der Anschubfinanzierung finanzierte Personal, das in verschiedener Hinsicht zum Aufbau des TTZ beiträgt. b) Wie hoch waren diese Kosten (bitte aufgeschlüsselt nach Kommunen und TTZ)? Für die einzelnen Technologietransferzentren, deren Anschubfinanzierungsphase verlängert wurde, bedeutet dies für die Höhe der zu übernehmenden Kosten: • TTZ Nördlingen: Über die Zeit der Verlängerung fielen für die Kommunen (Stadt Nördlingen und Landkreis Donau- Ries als Gesellschafter der TCW GmbH) rd. 30.000 € an Kosten an. Berücksichtigt man allerdings, dass durch das verzögerte Anlaufen des Projekts in der Anfangsphase einige Räumlichkeiten nicht bereitgestellt werden mussten , ergeben sich über die gesamte Zeit der verlängerten Anschubfinanzierungsphase für die Kommunen lediglich Mehrkosten von rd. 2.100 €. Der aufseiten der Hochschule Augsburg während der Verlängerung der Anschubfinanzierungsphase aufgetretene Aufwand (vor allem Kosten für Personal und Ausschreibungen /Berufungsverfahren), der nicht durch die Anschubfinanzierung abgedeckt ist, ist mit 143.000 € zu beziffern. Drucksache 17/12322 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 • TTZ Kaufbeuren: Während der Verlängerung fallen für die Kommune rd. 30.000 € p. a. an Kosten an. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der ursprüngliche Vertrag zur mietfreien Überlassung der Räumlichkeiten mit einer Laufzeit von fünf Jahren wegen der Verzögerungen erst zum 01.04.2014 wirksam wurde (mit Laufzeitende zum 31.03.2017), sodass zusätzliche Kosten für die Kommune nur vom 01.04.2017 bis 30.11.2020 entstehen. Diese Kosten belaufen sich auf insgesamt rd. 110.000 €. Der aufseiten der Hochschule Kempten während der Verlängerung der Anschubfinanzierungsphase aufgetretene Aufwand, der nicht durch die Anschubfinanzierung abgedeckt ist, ist mit 22.500 € p. a. zu beziffern. • TTZ Kempten: Die von der Kommune zu tragenden Kosten belaufen sich auf rd. 30.000 € p. a., für die verlängerte Anschubfinanzierungsphase von 6 Monaten also auf rd. 15.000 €. Der aufseiten der Hochschule Kempten während der Verlängerung der Anschubfinanzierungsphase aufgetretene Aufwand, der nicht durch die Anschubfinanzierung abgedeckt ist, ist mit 22.500 € p. a. zu beziffern. • TTZ Memmingen: Für die Kommune treten keine zusätzlichen Kosten auf, da der Vertrag zur mietzinsfreien Überlassung der Räumlichkeiten erst zum 01.07.2012 wirksam wurde (mit Laufzeit bis 30.06.2017). Der auf Seiten der Hochschule Kempten während der Verlängerung der Anschubfinanzierungsphase aufgetretene Aufwand, der nicht durch die Anschubfinanzierung abgedeckt ist, ist mit 22.500 € p.a. zu beziffern. • TAZ Spiegelau: Durch die Verlängerung der Anschubfinanzierungsphase treten für die Kommune keine zusätzlichen Kosten auf, da die Evaluierung zur Gewährung einer staatlichen Grundfinanzierung planmäßig durchgeführt wird. • TTZ Weißenburg: Für die Kommune treten keine zusätzlichen Kosten auf, da die mietzinsfreie Überlassung der Räumlichkeiten erst 2015 begonnen hat (mit Laufzeit bis 2020). 6. Wie viele Arbeitsplätze und getätigte Ausgründungen wurden im Zuge der Etablierung der TTZ konkret geschaffen (bitte aufschlüsseln nach Kommunen /Regionen)? Beziffert werden können aufgrund einer Abfrage bei den betreffenden Hochschulen nur die direkt am TTZ tätigen Bediensteten sowie die Zahl der Ausgründungen und die Zahl der dort versicherungspflichtig Beschäftigten: TTZ Beschäftigte (2015) Zahl der Ausgründungen (bis 2015) Beschäftigte in Ausgründungen (bis 2015) Amberg 40 10 26 Bad Neustadt 39 - - Cham 13 - - TTZ Beschäftigte (2015) Zahl der Ausgründungen (bis 2015) Beschäftigte in Ausgründungen (bis 2015) Dingolfing 13 1 5 Freyung 15 1 3 Grafenau 11 - - Kaufbeuren 2 - - Kempten 18 4 Memmingen 9 - - Nördlingen 19 - - Obernburg (Zewis) 51 4 - Ruhstorf a. d. Rott 8 - - Spiegelau 11 - - Teisnach 24 2 2 Weiden 59 6 23 Weihenstephan- Triesdorf-Ansbach - - - Weißenburg 6 - - 7. Wie bewertet die Staatsregierung die Entwicklung der Technologietransferzentren hinsichtlich des gesteckten Zieles, einer Stärkung des regionalen- Raumes Vorschub zu leisten, und welche objektiven Kriterien werden hierbei herangezogen? Über die in Frage 6 dargestellten Angaben hinaus sind die Auswirkungen von TTZ auf das Umfeld in den bereits vorliegenden Evaluierungen für die Technologietransferzentren in Teisnach und Freyung thematisiert worden. Danach sind direkte Auswirkungen auf Bevölkerungsentwicklung, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und die Gewerbesteuereinnahmen zwar nicht direkt belegbar, der Gutachter führt aber aus, dass die Ansiedlung des TTZ zu der insgesamt positiven Entwicklung dieser Kenngrößen mittelbar beigetragen habe. Ebenso stellt der Gutachter deutliche Impulse für die regionale Wirtschaft heraus, insbesondere im Hinblick auf die positive Resonanz der kooperierenden Unternehmen sowie den starken Wunsch von Unternehmen , sich in Hochschulnähe anzusiedeln. In Teisnach wurden die Flächen zur Ansiedlung von Unternehmen im TTZ-Umfeld erweitert. Von Unternehmensseite wird die ingenieurwissenschaftliche Kompetenz der TTZ für die Region geschätzt; zudem wird auch die verbesserte Möglichkeit gesehen, Hochschulabsolventen für die Unternehmen der Region zu gewinnen. Insgesamt bedeutet die Ansiedlung der Technologietransferzentren auch für die Kommunen eine erhebliche Stärkung sowie eine erhöhte Attraktivität für Unternehmensansiedlungen .