Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 13.07.2016 Die Schriftliche Anfrage wird nach Einbindung des Bayerischen Landeskriminalamtes (BLKA), des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord und des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz (BayLfV) sowie im Einvernehmen mit der Bayerischen Staatskanzlei, dem Staatsministerium der Justiz (StMJ), dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW), dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi), sowie dem Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) wie folgt beantwortet : 1. a) Welche Rolle spielen nach Einschätzung der Staatsregierung soziale Netzwerke im Internet bei der Radikalisierung von bisher nicht auffällig gewordenen Personen hinsichtlich Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit? Das Internet und die sozialen Netzwerke haben sich in den letzten Jahren zunehmend als Orte der Sozialisation, der Identitäts- und Meinungsbildung entwickelt. Damit sind viele Chancen und Vorteile, jedoch auch Gefahren verbunden. So wird durch den virtuellen Raum eine schnelle Verbreitung von Hassbotschaften und unangemessenen Inhalten erleichtert oder überhaupt erst ermöglicht. Den virtuellen Raum nutzen zunehmend auch extremistische Gruppierungen, um sich zu vernetzen und insbesondere junge Menschen, die in ihrem Demokratieverständnis noch nicht gefestigt sind, für sich zu gewinnen. So verfügen die meisten extremistischen Gruppierungen über Auftritte im Internet oder in sozialen Netzwerken, um potenziell interessierte Personen anzusprechen und für ihre Überzeugungen zu werben. Die rechtsextremistische Partei „Der Dritte Weg“ (III. Weg) unterhält beispielsweise neben einer Homepage auch ein Facebook-Profil sowie einen YouTube-Kanal. Nach Erkenntnissen des BayLfV und Angaben von jugendschutz .net, dem gemeinsamen Kompetenzzentrum der Länder für den Jugendschutz im Internet, hat sich der Ton in sozialen Netzwerken verschärft, seitdem mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Vor allem in den sozialen Netzwerken werden Meinungen geäußert, welche die Schwelle zu Straftaten überschreiten. Das Gefühl, sich in sozialen Netzwerken anonym und unbeobachtet äußern zu können, dürfte bei vielen Personen die Scheu vor beleidigenden und volksverhetzenden Äußerungen herabgesetzt haben. Hinzu kommt, dass in geschlossenen Gruppen eine gewisse Eigendynamik entstehen kann, die Teilnehmer dazu veranlasst , sich in derartiger Weise zu äußern. Regelmäßig stoßen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von jugendschutz. net auf Darstellungen, in denen Juden, Muslime, Sinti und Roma oder Homosexuelle ohne Umschweife zu Menschen zweiter Klasse degradiert werden. 17. Wahlperiode 30.09.2016 17/12692 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter SPD vom 19.05.2016 Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit im Internet (Facebook Moosburg) Bezugnehmend auf aktuelle Presseveröffentlichungen zum Thema rechtsradikaler Hetze im Internet, insbesondere in Facebook-Gruppen, und insbesondere den Veröffentlichungen zu einem „braunen Sumpf“ in Facebook-Gruppen mit Bezug zur Stadt Moosburg, frage ich die Staatsregierung: 1. a) Welche Rolle spielen nach Einschätzung der Bayerischen Staatsregierung soziale Netzwerke im Internet bei der Radikalisierung von bisher nicht auffällig gewordenen Personen hinsichtlich Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit? b) Welche Konzepte hat die Staatsregierung entwickelt, um rassistischer Hetze im Internet präventiv zu begegnen ? c) Welche Konzepte zu den besonderen Anforderungen der Strafverfolgung im Internet hat die Staatsregierung entwickelt? 2. a) Welche Maßnahmen zur Radikalisierungsprävention unterhalb des Handlungsauftrags des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz existieren für den Bereich der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit im Internet? b) Welche Konzepte hat die Staatsregierung entwickelt, um Entwicklungen im Bereich der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit im Internet nachvollziehen zu können, die unterhalb der Handlungsschwelle des Verfassungsschutzes angesiedelt sind? 3 . a) Wie schätzt die Staatsregierung den konkreten Fall in Moosburg ein? b) Welche Strafanzeigen wurden in diesem Zusammenhang gestellt (bitte aufschlüsseln nach Anzahl der Verdächtigen und Tatvorwürfen, Stand des Verfahrens, Zuordnung zu politisch motivierter Kriminalität)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12692 Grundsätzlich bietet der virtuelle Raum für Extremisten die Möglichkeit, mit bisher nicht auffällig gewordenen Personen in Kontakt zu treten und diese zu radikalisieren. Wichtigster Faktor im Radikalisierungsprozess ist aber nach wie vor der persönliche Kontakt zu sogenannten Gefährdern. b) Welche Konzepte hat die Staatsregierung entwickelt , um rassistischer Hetze im Internet präventiv zu begegnen? 2. a) Welche Maßnahmen zur Radikalisierungsprävention unterhalb des Handlungsauftrags des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz existieren für den Bereich der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit im Internet? b) Welche Konzepte hat die Staatsregierung entwickelt um Entwicklungen im Bereich der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit im Internet nachvollziehen zu können, die unterhalb der Handlungsschwelle des Verfassungsschutzes angesiedelt sind? Der Staatsregierung ist es ein Anliegen von höchster Priorität , Rassismus in jeglicher Form – hierzu gehört auch rassistische Hetze im Internet – präventiv zu begegnen. Bayernweit wird dementsprechend ein breites Spektrum an vielfältigen Präventions- und Bildungsmaßnahmen durchgeführt . Bereich des StMBW: Die Rassismus- und Extremismus-Prävention im schulischen Bereich durch Menschenrechts- und Demokratieerziehung sowie durch interkulturelle Bildung zählt zu den Bildungs- und Erziehungsaufgaben aller Schulen und ist folglich Grundlage in allen Bereichen pädagogischer Arbeit (vgl. u. a. entsprechende Verankerungen in den Lehrplänen ). Ebenso gehört die Anleitung der Kinder und Jugendlichen zu einem verantwortlichen Umgang insbesondere mit den neuen Medien zu den fachlichen und fachübergreifenden Bildungszielen. Im Unterricht kommt der Medienbildung eine stetig zunehmende Bedeutung zu. Im Onlineportal „mebis – Landesmedienzentrum Bayern“ des StMBW finden Lehrkräfte und Eltern u. a. auch Informationen, Tipps, Unterrichtsanregungen und digitale Medien zur Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus im Netz, Nationalsozialismus, Gewaltverherrlichung sowie medialen Manipulationsstrategien . Studien zur Mediennutzung und Medienwirkung sowie Hinweise zu rechtlichen Aspekten und Beratungsinstitutionen mit ihren Ansprechpartnern bei Missbrauch von Medienangeboten ergänzen das Angebot zur Medienbildung . Zudem steht den Schulen in Bayern das Netzwerk der Medienpädagogisch-informationstechnischen Beratung (MIB) zur Verfügung. Rund 120 medienpädagogisch-informationstechnische Berater aller Schularten unterstützen die Schulgemeinschaft in der Medienerziehung durch Lehrerfortbildungen , schulische Informationsabende für Eltern und Schulprojekte. Ein ganz wesentliches Element im schulischen Bereich sind des Weiteren die Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz, die an die neun Schulberatungsstellen in Bayern angebunden sind. Ihre Tätigkeit ist präventiv und erziehungsbegleitend konzipiert und strukturiert. Ihr liegt ein ganzheitlicher Ansatz zugrunde. Dieser weitgefasste Ansatz schließt die präventive Befassung mit politischem Extremismus im Internet konstitutiv mit ein und spielt eine wichtige Rolle bei den einschlägigen Veranstaltungen und Gesprächen. Die fachliche Aktualität der Inhalte wird dabei durch die enge Kooperation mit der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) sichergestellt, die als eigens für die Extremismus-Prävention eingerichtete staatliche Institution hier eine für Bayern singuläre Expertise aufweist. Ergänzend zu dieser grundlegenden Struktur der Präventionsarbeit auch im Bereich der Bedrohung durch Extremismus im Internet bietet die Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit bzw. das StMBW zum einen Unterstützung im Bereich der Vernetzung einzelner auf diesem Gebiet tätiger staatlicher wie nichtstaatlicher Akteure und Institutionen . Beispielsweise wurde hierzu am 06.10.2015 ein Vernetzungstreffen im StMBW in enger Kooperation mit dem Bayerischen Bündnis für Toleranz konzipiert, organisiert und durchgeführt. Zum anderen trägt das vielfältige Angebot zahlreicher Veranstaltungen dazu bei, der im Antrag beschriebenen Gefährdung entgegenzutreten (z. B. Kooperationsveranstaltung „Den Wind aus den Segeln nehmen“ der Landeszentrale und des Museumspädagogischen Zentrums im Herbst 2016: u. a. Fokussierung der Rolle des Internets bezüglich der inhaltlichen und pädagogischen Auseinandersetzung mit Rassismus und politischem Extremismus). Bereich des StMAS: Als weiteres Präventionskonzept wurde bereits 2007 die Landeskoordinierungsstelle Bayern gegen Rechtsextremismus (LKS) eingerichtet. Zentrale Aufgabenstellung der beim Bayerischen Jugendring angesiedelten LKS ist eine aktive Vermittlungs- und Unterstützungsarbeit zur Ausweitung und Verstetigung der Auseinandersetzung mit den Themenbereichen Rechtsextremismus, Rassismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) in Bayern. Zu den Aufgaben der LKS zählen unter anderem: •    Steuerung  des  Beratungsnetzwerkes  Bayern  gegen  Rechtsextremismus; •    fachliche Beratung und Begleitung des landesweiten Beratungsgremiums durch Vernetzung von Akteuren und Multiplikator(inn)en) zur nachhaltigen Auseinandersetzung mit den oben genannten Themenfeldern; •    Landeszentrale Anlaufstelle  zur Anzeige  von Krisensituationen mit rechtsextremem, fremdenfeindlichem, antisemitischem oder rassistischem Hintergrund; •    Weitervermittlung an die regionalen Beratungsstellen gegen Rechtsextremismus sowie die Elternberatung und B.U.D. – Beratung, Unterstützung und Dokumentation für Opfer rechtsextremer Gewalt; •    Vermittlung  von  Expert(inn)en  für  Vorträge,  Fortbildungen und Workshops zur Sensibilisierung von Multiplikator (inn)en; •    Bereitstellung von Informationsmaterialien; Insbesondere mit ihren präventiv ausgerichteten Angeboten fördert die LKS vor allem Wachsamkeit und vermittelt Handlungssicherheit. Dazu gehört auch, Multiplikatoren vor Ort argumentativ und pädagogisch zu schulen, um gegen extremistische Parolen aus dem Internet gewappnet zu sein (z. B. in der Verbands- und Vereinsarbeit). Zudem hat die Staatsregierung mit dem zivilgesellschaftlichen Träger Ufuq.de e. V. eine landesweite Fachstelle zur Prävention von religiös begründeter Radikalisierung mit Sitz in Augsburg eingerichtet. Ufuq.de unterstützt insbesondere die pädagogische Praxis zu den Themen Islam, Islamismus und Islamfeindlichkeit und bietet unter anderem auch Infor- Drucksache 17/12692 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 mationen zu und Maßnahmen gegen menschenverachtende Einstellungen im Internet an. Darüber hinaus finden sich weitere wichtige Präventionsangebote , mit denen auch rassistischer Hetze im Internet begegnet werden kann, im Aufgabenbereich des StMAS, der neben der Primärprävention – weit im Vorfeld eines konkreten Verdachts – auch die selektive Prävention umfasst, die konkret die Entstehung von Radikalisierung von gefährdeten Gruppen verhindern möchte. Im phänomenübergreifenden Bereich sind hier insbesondere Maßnahmen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe zu nennen, die positiv auf die Lebensbedingungen, speziell von sozial benachteiligten jungen Menschen einwirken . Zur Verbesserung der Rahmenbedingungen, die sich in vielen Fällen als Nährboden für eine Radikalisierung erweisen, setzt die Staatsregierung deshalb im Feld der Kinder- und Jugendhilfe stark auf präventive Angebote und die Stärkung von Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit junger Menschen. Wie in allen anderen Handlungsfeldern ist auch in der Jugendhilfe die Prävention von Rechtsextremismus eine Querschnittsaufgabe. Das Bayerische Landesjugendamt berät die Jugendämter in Einzelfällen und bietet bei Bedarf geeignete Fortbildungsveranstaltungen an, beispielsweise zum „Rechtsradikalismus unter Jugendlichen“. Darüber hinaus existieren in Bayern seit 2009 flächendeckend Koordinierende Kinderschutzstellen (KoKi – Netzwerk frühe Kindheit) und rund 180 Erziehungsberatungsstellen , die bei Bedarf an weiterführende Hilfsangebote verweisen können. Durch die Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS) werden seit 2003 sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche gezielt unterstützt und gestärkt. Zur beruflichen Eingliederung benachteiligter junger Menschen fördert der Freistaat seit 1983 ein hochwertiges Angebot an ganzheitlichen Projekten der arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit , insbesondere in Jugendwerkstätten. Auch der Jugendschutz im Internet wurde weiterentwickelt. So beschäftigt sich jugendschutz.net verstärkt mit Rechtsextremismus im Internet und veröffentlicht seine Erkenntnisse unter www. hass-im-netz.info. Das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ wurde ebenfalls ausgebaut und umfasst mittlerweile 390 Schulen in ganz Bayern. Bereich des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr (StMI): Die bereits seit 2012 gültige Rahmenkonzeption für die polizeiliche Kriminalprävention in Bayern sieht den Themenbereich „Rechtsextremismus“ als verpflichtenden Baustein im Gesamtangebot der Polizeilichen Kriminalprävention vor. Zur Gewährleistung bayernweit einheitlicher Standards wurde im Auftrag des StMI durch das BLKA ein Präventionsordner „Rechtsextremismus“ erstellt, der derzeit überarbeitet und um das Thema „rechtsradikale Hetze im Internet, insbesondere in Facebook-Gruppen“ (Stichwort: „Hass-Posting “) ergänzt wird. Damit ist zugleich sichergestellt, dass im Bereich der polizeilichen Kriminalprävention (z. B. an Schulen ) dieser Deliktsbereich thematisiert wird. Der Landtag hat mit dem Beschluss über den Nachtragshaushalt 2016 u. a. eine Stellenmehrung für das BayLfV ermöglicht. Hierdurch kann auch die Abteilung 3 „Rechtsextremismus und -terrorismus“ personell erheblich aufgestockt werden, um die Auskunfts- und Analysefähigkeiten zu stärken . Gerade die Aufklärung im Internet nimmt hierbei eine besondere Stellung ein. Darüber hinaus bietet die BIGE als zentraler Baustein des Anfang 2009 von der Staatsregierung beschlossenen Handlungskonzeptes gegen Rechtsextremismus entsprechende Informationsvorträge bzw. Workshops und Beratungen für Bürger, Schulen, Kommunen sowie für den Bereich der Aus- und Fortbildung für Polizei und Justiz und für sonstige Bedarfsträger an. Dabei wird über die vielfältigen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus im Internet aufgeklärt , Medienkompetenz vermittelt und Handlungsoptionen aufgezeigt. Anhand von Fallbeispielen werden Erscheinungsformen , Gefahrenaspekte bzw. Wirkung und mögliche Gegenmaßnahmen dargestellt. 1. c) Welche Konzepte zu den besonderen Anforderungen der Strafverfolgung im Internet hat die Staatsregierung entwickelt? Im Hinblick auf Cybercrime im Sinne von „Tatmittel Internet “, darf grundsätzlich auf die Antwort der Bayerischen Staatsregierung vom 20.02.2016 auf Frage 1 der Schriftlichen Anfrage des Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Gantzer vom 13.01.2016 zum Thema „Cybercrime-Stellen in Bayern“ verwiesen werden, die auch strukturelle und organisatorische Maßnahmen innerhalb des StMI aufzeigt (vgl. LT-Drs. 17/10273). Darüber hinaus darf diesbezüglich auf die Antwort der Staatsregierung vom 11.02.2016 auf die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Annette Karl vom 11.01.2016 zum Thema „Möglichkeiten zur Anzeige von Hasskommentaren und Aufforderungen zu Straftaten in Onlinekommunities“ (vgl. LT-Drs. 17/9994) sowie die für die Jahre 2014 und 2015 erstellten Berichte des StMI, die in Vollzug der Beschlüsse des Bayerischen Landtags vom 23.10.2014 betreffend „Evaluation der Bayerischen Cybersicherheitsstrategie“ (LT- Drs. 17/3664) und „Regelmäßiger Bericht zu „Cybercrime“ in Bayern“ (LT-Drs. 17/3665) abgegeben wurden, verwiesen werden. Spezielle Konzepte zur Bekämpfung von Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Internet erfordern , dem Tatmittel Internet immanent, ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen. Im Lichte der Koordinierung polizeilicher Maßnahmen hat sich die Arbeitsgruppe Kripo daher im Rahmen ihrer Sondersitzung vom 25.11.2015 mit der „Bekämpfung von Hasspostings “ beschäftigt. Vor diesem Hintergrund wurde durch die Kommission Staatsschutz am 09.12.2015 beschlossen, eine Bund-Länder-Projektgruppe unter Geschäftsführung des Bundeskriminalamt sowie der Beteiligung der Länder Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein- Westfalen einzurichten, welche sich mit der Erstellung eines bundesweit abgestimmten Konzeptes befasst. Bayern ist in dieser Projektgruppe durch das Bayerische Landeskriminalamt vertreten. Die Entwicklung von Bekämpfungskonzepten in Sachen Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit im Internet ist somit Gegenstand intensiver Befassung der Polizeien der Länder und des Bundes. Hinsichtlich finaler Ergebnisse ist jedoch zunächst der Abschluss der Bund- Länder-Projektgruppe (BLPG) „Bekämpfung von Hasspostings “ abzuwarten. 3. a) Wie schätzt die Staatsregierung den konkreten Fall in Moosburg ein? Am 11.05.2016 wurde durch die Polizeiinspektion Moosburg ein Pressebericht der Tageszeitung „Freisinger Tagblatt“ an Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/12692 die Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Erding mit der Bitte um Überprüfung des Sachverhalts in strafrechtlicher Hinsicht übermittelt. In dem Artikel wurden mehrere Personen des politischen Lebens namentlich erwähnt. In einer Zwischenüberschrift wurden Vereinsfunktionäre, Polizeibeamte und Stadträte genannt. Aus dem Artikel war zu entnehmen, dass sich in zwei geschlossenen Internetforen, namentlich „Moosburg Frank und frei“ und „Deutschland für jung und alt“, nicht nur Personen beteiligen, die man aufgrund von Äußerungen dem politischen Lager „rechts“ zuordnen konnte. Namentlich wurde ein Stadtrat benannt, der „den braunen Parolen in diesen Gruppen etwas entgegensetzt“. Nach vorläufiger Bewertung des Textes ergaben sich insbesondere aufgrund der Darstellung eines Konterfeis von Adolf Hitler sowie abwertender Äußerungen über Muslime Anhaltspunkte für die Erfüllung von Straftatbeständen gegen unbekannte Personen in den Internetforen. Der Pressebericht wurde deshalb noch am 11.05.2016 an die Staatsanwaltschaft Landshut mit der Bitte um rechtliche Würdigung weitergeleitet. Dem BayLfV waren die beiden Internetgruppen aus dem Raum Moosburg vor der Presseberichterstattung nicht bekannt , da es sich im vorliegenden Fall um sog. geschlossene Gruppen handelt. Geschlossene Gruppen zeichnen sich dadurch aus, dass die Gruppenteilnahme entweder von einer persönlichen Einladung abhängt, also Kennverhältnisse voraussetzt, die nicht ohne Weiteres zu erlangen sind oder durch einen Administrator bestätigt werden muss. Somit können solche Kommunikationsverläufe im Internet nicht nachvollzogen werden. Vor diesem Hintergrund verstärkt das BayLfV seine Bemühungen mit verdeckt operierenden Mitarbeitern auch in entsprechende extremistische (geschlossene) Internetgruppen aufgenommen zu werden, um darin agierende extremistische Personen zu identifizieren. Bewertungen von Internetgruppen als extremistisch gestalten sich oftmals schwierig, da einzelne Meinungsäußerungen oft nicht der Gruppe insgesamt zuzurechnen sind. b) Welche Strafanzeigen wurden in diesem Zusammenhang gestellt (bitte) aufschlüsseln nach Anzahl der Verdächtigen und Tatvorwürfen, Stand des Verfahrens, Zuordnung zu politisch motivierter Kriminalität)? Bei der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft Landshut und bei der KPI Erding gingen bisher keine Strafanzeigen ein. Nachdem die Staatsanwaltschaft Landshut mit Telefax vom 11.05.2016 von der zuständigen KPI Erding über den Artikel im „Freisinger Tagblatt“ vom selben Tag in Kenntnis gesetzt wurde (vgl. Antwort zu Frage 3 a), leitete sie – dem Legalitätsprinzip entsprechend – ein Ermittlungsverfahren gegen einen Beschuldigten wegen des Tatvorwurfes des Beschimpfens von Religionsgemeinschaften (§ 166 Strafgesetzbuch StGB) und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB) ein. Der Straftatbestand des § 86 a StGB unterfällt als klassisches Staatsschutzdelikt per se dem Phänomenbereich der „politisch motivierten Kriminalität“, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Landshut sowie der KPI Erding dauern an.